Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.1222/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

6B_1222/2019

Urteil vom 21. Januar 2020

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Denys, Präsident,

Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,

Bundesrichterin van de Graaf,

Gerichtsschreiberin Unseld.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

Beschwerdeführer,

gegen

1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,

Frey-Herosé-Strasse 20, Wielandhaus, 5001 Aarau,

2. B.________,

vertreten durch Fürsprecher Dr. René Müller,

Beschwerdegegner.

Gegenstand

Mehrfache üble Nachrede,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts

des Kantons Aargau, Strafgericht, 2. Kammer,

vom 17. September 2019 (SST.2018.347 / ds).

Erwägungen:

1.

Das Bezirksgericht Muri sprach den Beschwerdeführer am 3. April 2018 der
mehrfachen üblen Nachrede (Art. 173 Ziff. 1 StGB) zum Nachteil des
Beschwerdegegners 2 sowie der Missachtung der signalisierten
Höchstgeschwindigkeit (Art. 90 Abs. 1 SVG) schuldig. In einem weiteren
Anklagepunkt sprach es ihn vom Vorwurf der üblen Nachrede frei. Freisprüche
erfolgten auch bezüglich der Vorwürfe der mehrfachen Beschimpfung, der
mehrfachen Widerhandlung gegen das Waffengesetz sowie des versuchten Betrugs.
Das Bezirksgericht verurteilte den Beschwerdeführer zu einer bedingten
Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu Fr. 50.-- sowie einer Busse von Fr. 500.--.
Das Obergericht des Kantons Aargau bestätigte am 17. September 2019 auf
Berufung des Beschwerdeführers das erstinstanzliche Urteil.

Der Beschwerdeführer beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, er sei vom
Vorwurf der mehrfachen üblen Nachrede freizusprechen und es sei festzustellen,
dass "Punkt 3, SVG" verjährt sei.

2.

Die Vorinstanz wirft dem Beschwerdeführer vor, er habe am 3. Juni 2016 zwei
ehrverletzende E-Mails an die C.________ AG geschickt, in welchen er den
Beschwerdegegner 2 einerseits des Betrugs und der Urkundenfälschung bezichtigt
habe und diesem andererseits zumindest implizit unterstellt habe, an mehreren
Tötungsdelikten beteiligt gewesen zu sein. Damit habe er den objektiven und
subjektiven Tatbestand der üblen Nachrede gemäss Art. 173 Ziff. 1 StGB in zwei
Fällen erfüllt. Der Beschwerdeführer habe die Vorwürfe ohne begründete
Veranlassung sowie in Beleidigungsabsicht vorgebracht, weshalb er zum
Entlastungsbeweis (Art. 173 Ziff. 2 und 3 StGB) nicht zuzulassen sei. Im
Übrigen vermöge er mangels genügender Substanziierung den Wahrheits- oder
Gutglaubensbeweis auch nicht zu erbringen. Er lege kein Urteil eines
Strafgerichts vor bzw. zeige nicht auf, welches Beweismittel den Beweis für
Betrug, Urkunden- und Tötungsdelikte hätte ermöglichen sollen. Der allgemeine
Hinweis auf die (angeblich) kriminelle Vergangenheit des Beschwerdegegners 2
genüge für den Wahrheitsbeweis nicht.

3.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat die Begehren und deren Begründung zu
enthalten (Art. 42 Abs. 1 BGG). In der Begründung ist in gedrängter Form
darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG;
BGE 143 I 377 E. 1.2 S. 380). Die Bestimmungen von Art. 95 ff. BGG nennen die
vor Bundesgericht zulässigen Beschwerdegründe. Hinsichtlich der Verletzung von
Grundrechten, inklusive Willkür bei der Sachverhaltsfeststellung (vgl. Art. 97
Abs. 1 BGG; BGE 143 IV 500 E. 1.1 S. 503, 241 E. 2.3.1 S. 244), besteht eine
qualifizierte Rügepflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG). Auf ungenügend begründete
Rügen oder bloss allgemein gehaltene appellatorische Kritik am angefochtenen
Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 145 I 26 E. 1.3 S. 30 mit
Hinweisen).

4.

Der Beschwerdeführer rügt einleitend "zum Vorwurf der üblen Nachrede und
Beschimpfung" betreffend einen "Vorfall vom 18. Juli 2016", der
Vorführungsbefehl vom 27. Februar 2017 und die zwangsweise Vorführung vom 31.
März 2017 seien unrechtmässig gewesen. Mangels einer korrekten Einvernahme sei
im Untersuchungsverfahren sein Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden,
was nicht durch die Gerichte geheilt werden könne.

Darauf ist nicht einzutreten. Die vom Beschwerdeführer behauptete
unrechtmässige Vorführung kann allenfalls zu einem Beweisverwertungsverbot
führen. Da der Beschwerdeführer nicht ansatzweise aufzeigt, den Schuldsprüchen
lägen unverwertbare Beweise zugrunde, braucht darauf jedoch nicht weiter
eingegangen zu werden.

5.

In der Sache rügt der Beschwerdeführer, der Beschwerdegegner 2 sei ausweislich
der rechtskräftigen Verurteilung ein hochkarätiger Drogenschieber. Es handle
sich bei diesem gemäss Internetrecherchen ohne Zweifel um eine Person mit
massiver krimineller Vergangenheit. Weiter würden sich aus dem
Bundesgerichtsurteil 5A_669/2010 vom 7. März 2011 Informationen zu dubiosen
Geschäften des Beschwerdegegners 2 ergeben. Mit seinen beiden E-Mails habe er
einzig die C.________ AG oder D.________ auf die aus dem Internet stammenden
Informationen aufmerksam machen wollen. Es sei zulässig, mit dem Stilmittel der
Polemik sachliche Kritik zu üben. Es sei ihm nicht darum gegangen, den
Beschwerdegegner 2 zu diffamieren oder zu beleidigen. Er habe zudem nicht
behauptet, der Beschwerdegegner 2 habe die in der Mail vom 3. Juni 2016
erwähnten Personen getötet, sondern lediglich die nachvollziehbare Frage
aufgeworfen, ob es sich tatsächlich um natürliche Todesfälle gehandelt habe. Er
sei sich nicht bewusst gewesen, dass seine Äusserungen ehrverletzend sein
könnten. Hinzu komme, dass das Bundesgerichtsurteil 5A_669/2010 vom 7. März
2011 der Wahrheit entspreche, womit der Wahrheitsbeweis erbracht sei.
Unbedeutende Übertreibungen seien straflos, da die Tatsachenbehauptungen nur in
den wesentlichen Zügen zutreffen müssten.

6.

6.1. Die Kritik des Beschwerdeführers ist unbegründet, soweit darauf überhaupt
eingetreten werden kann. Jemanden Straftaten wie des Betrugs und der
Urkundenfälschung zu bezichtigen und diesem implizit vorzuwerfen, er sei in
mehrere Tötungsdelikte verwickelt, ist ohne Zweifel ehrverletzend im Sinne von
Art. 173 Ziff. 1 Abs. 1 StGB. Die Vorinstanz verfällt nicht in Willkür, wenn
sie dem Beschwerdeführer vorwirft, er sei sich dessen bewusst gewesen.

6.2. Beweist der Beschuldigte, dass die von ihm vorgebrachte oder
weiterverbreitete Äusserung der Wahrheit entspricht, oder dass er ernsthafte
Gründe hatte, sie in guten Treuen für wahr zu halten, so ist er nicht strafbar
(Art. 173 Ziff. 2 StGB). Der Wahrheitsbeweis hinsichtlich des Vorwurfs einer
strafbaren Handlung kann nach der Rechtsprechung grundsätzlich nur durch eine
Verurteilung erbracht werden (BGE 132 IV 112 E. 4.2 S. 118; Urteile 6B_569/2018
vom 20. März 2019 E. 2.2; 6B_1442/2017 vom 24. Oktober 2018 E. 6.2.2, nicht
publ. in: BGE 144 I 234). Die Anforderungen an den Gutglaubensbeweis sind
unterschiedlich, je nachdem, ob der Täter jemanden "beschuldigt" oder
"verdächtigt". Wer Tatsachen als gegeben hinstellt, hat ernsthafte Gründe für
deren Annahme nachzuweisen. Er muss darlegen, dass er die nach den konkreten
Umständen und seinen persönlichen Verhältnissen zumutbaren Schritte unternommen
hat, um die Wahrheit seiner ehrverletzenden Äusserung zu überprüfen und für
gegeben zu erachten (Urteile 6B_569/2018 vom 20. März 2019 E. 2.2; 6B_1442/2017
vom 24. Oktober 2018 E. 6.2.2, nicht publ. in: BGE 144 I 234; je mit
Hinweisen).

Die Vorinstanz erachtet den Wahrheitsbeweis zutreffend als nicht erbracht, da
der Beschwerdeführer keine Strafurteile gegen den Beschwerdegegner 2 wegen
Betrugs, Urkundenfälschung oder Tötungsdelikten vorlegt. Aus dem vom
Beschwerdeführer angerufenen Bundesgerichtsurteil 5A_669/2010 vom 7. März 2011
geht zwar hervor, dass ein Rechtsgeschäft mit dem Beschwerdegegner 2 bzw. einer
gleichnamigen Person als nicht verfügungsberechtigtem Verkäufer eines
Schuldbriefs unter höchst dubiosen Umständen zustande gekommen sei, weshalb der
Erwerber des Schuldbriefs nicht als gutgläubig im Sinne von Art. 3 Abs. 2
i.V.m. Art. 936 Abs. 1 ZGB gelten konnte (Urteil, a.a.O., E. 4.3). Das erwähnte
Verfahren betraf indes eine zivilrechtliche Angelegenheit, wobei der
Beschwerdegegner 2 bzw. die gleichnamige Person selber am Verfahren nicht als
Partei beteiligt war. Ein Beweis für Straftaten des Beschwerdegegners 2 wie
Betrug und Urkundenfälschung lässt sich dem Entscheid daher nicht entnehmen.
Ebenso wenig vermag der Beschwerdeführer den Wahrheitsbeweis mit dem Hinweis
auf die von ihm geltend gemachte, mehr als 20 Jahre zurückliegende Verurteilung
des Beschwerdegegners 2 wegen Drogendelikten zu erbringen.

Der Beschwerdeführer zeigt auch nicht auf, er habe ernsthafte Gründe gehabt,
die strafrechtlichen Anschuldigungen in guten Treuen für wahr zu halten. Der
Gutglaubensbeweis kann daher ebenfalls nicht als erbracht gelten.

Ob die Vorinstanz den Beschwerdeführer in ihrer Hauptbegründung gestützt auf
Art. 173 Ziff. 3 StGB zu Recht vom Entlastungsbeweis ausschloss, kann
offenbleiben, da sie in der Eventualbegründung den Wahrheits- und
Gutglaubensbeweis im Sinne von Art. 173 Ziff. 2 StGB dennoch prüfte und zu
Recht verneinte.

Der vorinstanzliche Schuldspruch verstösst nicht gegen Bundesrecht.

7.

Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäss, das Verfahren wegen einfacher
Verkehrsregelverletzung sei infolge Verjährung einzustellen.

Das Bezirksgericht sprach den Beschwerdeführer am 3. April 2018 der einfachen
Verkehrsregelverletzung im Sinne von Art. 90 Abs. 1 SVG schuldig, weil er am 7.
Juli 2016 die signalisierte Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h um 12 km/h
überschritt. Dieser Schuldspruch wurde vom damals noch anwaltlich vertretenen
Beschwerdeführer im Berufungsverfahren nicht angefochten (angefochtenes Urteil
E. 1 S. 5). Die einfache Verkehrsregelverletzung verjährt in drei Jahren (Art.
109 StGB i.V.m. Art. 102 Abs. 1 SVG). Ist vor Ablauf der Verjährungsfrist ein
erstinstanzliches Urteil ergangen, so tritt die Verjährung nicht mehr ein (Art.
97 Abs. 3 StGB i.V.m. Art. 104 StGB und Art. 102 Abs. 1 SVG; BGE 143 IV 49 E.
1.3.2; 139 IV 62 E. 1.1; 135 IV 196 E. 2). Nicht ersichtlich ist daher, weshalb
die einfache Verkehrsregelverletzung verjährt sein soll. Der Beschwerdeführer
begründet dies auch nicht.

8.

Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf
eingetreten werden kann. Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dessen Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
ist in Anwendung von Art. 64 BGG wegen Aussichtslosigkeit abzuweisen. Der
finanziellen Lage des Beschwerdeführers ist mit reduzierten Gerichtskosten
Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG).

Dem Beschwerdegegner 2 ist keine Entschädigung zuzusprechen, da ihm im
bundesgerichtlichen Verfahren keine Umtriebe entstanden sind.

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.

Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.

Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau,
Strafgericht, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 21. Januar 2020

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Die Gerichtsschreiberin: Unseld