Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.110/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

6B_110/2019, 6B_111/2019, 6B_112_2019, 6B_113/2019

Urteil vom 3. Mai 2019

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Denys, Präsident,

Gerichtsschreiberin Arquint Hill.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Christoph Zobl,

Beschwerdeführer,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Luzern, Postfach 3439, 6002 Luzern,

Beschwerdegegnerin.

Gegenstand

Einstellung (Gefährdung des Lebens); Nichteintreten,

Beschwerden gegen die Beschlüsse des Kantonsgerichts Luzern, 1. Abteilung, vom
14. November 2018 (2N 18 75, 2N 18 76, 2N 18 77, 2N 18 78).

Der Präsident zieht in Erwägung:

1. 

Der Beschwerdeführer erwarb im März 2012 eine Liegenschaft in Luzern, welche in
den Jahren 2006 bis 2010 einem durchgreifenden Umbau unterzogen worden war. Am
2. Dezember 2016 erstattete der Beschwerdeführer Strafanzeige gegen diverse
Personen, welche am Umbau beteiligt gewesen waren. Er machte geltend, es seien
im Rahmen der Sanierung Brandschutzvorschriften und behördliche Auflagen
betreffend das Brandschutzkonzept in strafbarer Weise missachtet worden.

In der Folge eröffnete die Staatsanwaltschaft Abteilung 1 Luzern gegen
W.________ ein Strafverfahren wegen Widerhandlungen gegen das Planungs- und
Baugesetz des Kantons Luzern. Im Laufe der Untersuchung weitete sie diese
informell auf die Straftatbestände der Gefährdung des Lebens (Art. 129 StGB),
der Gefährdung durch Verletzung der Regeln der Baukunde (Art. 229 StGB) und der
Beseitigung oder Nichtanbringung von Sicherheitsvorrichtungen (Art. 230 StGB)
aus. Gegen X.________, Y.________ und Z.________ eröffnete die
Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren wegen Gefährdung durch Verletzung der
Regeln der Baukunde. Auf Ersuchen des Beschwerdeführers wurden die drei
Untersuchungen am 15. bzw. 16. Mai 2018 auf den Tatbestand der Gefährdung des
Lebens gemäss Art. 129 StGB ausgedehnt.

Am 6. Juni 2018 stellte die Staatsanwaltschaft die Strafverfahren in vier
separaten Verfügungen ein. Die dagegen gerichteten Beschwerden wies das
Kantonsgericht Luzern mit vier separaten Beschlüssen vom 14. November 2018 ab.

Der Beschwerdeführer wendet sich mit vier praktisch identischen
Beschwerdeeingaben an das Bundesgericht.

2. 

Die Verfahren 6B_110/2019, 6B_111/2019, 6B_112/2019 und 6B_113/2019 betreffen
den gleichen Lebenssachverhalt und identische Rechtsfragen. Sie sind zu
vereinigen und in einem Entscheid zu behandeln.

3. 

Die Privatklägerschaft ist zur Beschwerde in Strafsachen nur berechtigt, wenn
der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche
auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). Richtet sich die Beschwerde
gegen die Nichtanhandnahme oder die Einstellung eines Verfahrens, hat die
Privatklägerschaft nicht notwendigerweise bereits vor den kantonalen Behörden
Zivilforderungen erhoben. In jedem Fall muss sie im Verfahren vor Bundesgericht
darlegen, aus welchen Gründen sich der angefochtene Entscheid inwiefern auf
welche Zivilforderungen auswirken kann. Das Bundesgericht stellt an die
Begründung des Beschwerderechts strenge Anforderungen. Genügt die Beschwerde
diesen nicht, kann darauf nur eingetreten werden, wenn aufgrund der Natur der
untersuchten Straftat ohne Weiteres ersichtlich ist, um welche Zivilforderungen
es geht (BGE 141 IV 1 E. 1.1 S. 4 f. mit Hinweisen).

4. 

Der Beschwerdeführer führt zur Beschwerdelegitimation aus, am vorinstanzlichen
Verfahren teilgenommen zu haben. Er habe bereits in den Strafuntersuchungen
eine Kopie der Schadenersatzklage, die beim Bezirksgericht Luzern anhängig
gemacht worden sei, zu den Akten gereicht und darauf hingewiesen, dass er
Zivilansprüche geltend mache. In der Schadenersatzklage sei detailliert
dargelegt, weshalb ihm wegen der Mängelbehebungen an der von ihm erworbenen
Liegenschaft Kosten und dadurch ein Schaden in der Höhe von Fr. 851'780.45
entstanden sei. Dadurch sei bereits in der Untersuchung aufgezeigt worden, dass
die strafrechtlichen Anschuldigungen die Grundlage für die bereits gemachten
Zivilansprüche darstellten. Er werde seine Zivilansprüche gegen die einzelnen
Beschuldigten bis zum Abschluss der Untersuchung geltend machen und spätestens
vor den Schranken beziffern, substantiiert behaupten und belegen. Durch eine
Verurteilung und die damit einhergehende Bejahung der Deliktshaftung könne er
seine Schadenersatzansprüche gegen die Beschuldigten im Strafverfahren
adhäsionsweise durchsetzen. Gehe man davon aus, dass die Beschuldigten für den
desolaten und akut gefährlichen Zustand der Liegenschaft strafrechtlich
verantwortlich seien und er als Liegenschaftseigentümer die Mängel habe beheben
müssen, ergebe sich die zivilrechtliche Haftung der Beschuldigten aus Art. 41
i.V.m. Art. 50 OR. Er sei daher im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG
beschwerdelegitimiert (Beschwerde, S. 3 f.).

5. 

Dass der Beschwerdeführer am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen hat,
genügt zur Begründung seiner Legitimation nicht. Soweit er eine Gefährdung des
Lebens im Sinne von Art. 129 StGB behauptet, ist nicht ersichtlich oder
genügend dargetan, inwiefern er in eigenen Rechten betroffen sein soll. Er
benennt auch keinerlei konkrete Forderungen, die ihm unmittelbar aufgrund des
Straftatbestands der Gefährdung des Lebens zustehen könnten. Dies ist aufgrund
der Natur der untersuchten Straftat auch nicht ansatzweise ersichtlich. Ob er
allenfalls aus den beanzeigten Widerhandlungen gegen das kantonale Baugesetz,
der behaupteten Gefährdung durch Verletzung der Regeln der Baukunde und der
Beseitigung oder Nichtanbringung von Sicherheitsvorrichtungen straftatkausale
Schadenersatz- oder Genugtuungsforderungen hätte ableiten können, kann
dahingestellt bleiben; die Strafverfahren wurden diesbezüglich wegen Verjährung
eingestellt, was unangefochten blieb. Der Beschwerdeführer weist in seiner
Beschwerde zudem selber darauf hin, allfällige Zivilforderungen mit einer
Schadenersatzklage anhängig gemacht zu haben. Es stellt sich deshalb die Frage,
inwiefern ein aktuelles Interesse an der Behandlung der Beschwerde noch
besteht. Denn ein Adhäsionsprozess setzt voraus, dass keine anderweitige
Rechtshängigkeit vorliegt (Urteil 6B_107/2016 vom 3. Februar 2017 E. 3.4). Der
Beschwerdeführer hätte sich folglich dazu äussern müssen, weshalb der hängige
Zivilprozess einem Adhäsionsverfahren nicht entgegensteht und mithin ein
aktuelles Rechtsschutzinteresse bestehen soll. Auch hierzu verliert er in der
Beschwerde indessen kein Wort. Insgesamt ergibt sich, dass die Beschwerde den
Begründungsanforderungen an die Legitimation im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b
Ziff. 5 BGG offensichtlich nicht genügt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Anzumerken
bleibt, dass das Strafverfahren nicht bloss als Vehikel zur Durchsetzung
allfälliger zivilrechtlicher Ansprüche missbraucht werden darf und es nicht die
Aufgabe der Strafbehörden ist, dem Beschwerdeführer im Hinblick auf mögliche
Zivilprozesse die Mühen und das Kostenrisiko der Sammlung von Beweisen
abzunehmen (vgl. BGE 137 IV 246 E. 1.3.1; Urteil 6B_1092/2018 vom 5. Februar
2019 E. 2.2).

6. 

Unbesehen der fehlenden Legitimation in der Sache könnte der Beschwerdeführer
vor Bundesgericht rügen, im kantonalen Verfahren in seinen Parteirechten
verletzt worden zu sein. Allerdings kann auf diesem Weg keine indirekte
Überprüfung des Entscheids in der Sache erlangt werden (sog. "Star-Praxis"; BGE
141 IV 1 E. 1.1 mit Hinweisen).

Der Beschwerdeführer rügt, das Recht auf Beweis bzw. das rechtliche Gehör sei
verletzt. Er macht geltend umfangreiche Beweisanträge gestellt und begründet zu
haben. Er habe auch beantragt, dass das Expertengutachten im Zweifelsfall von
der Staatsanwaltschaft durch ein weiteres Gutachten zu überprüfen sei. Das
Kantonsgericht habe den staatsanwaltlichen Entscheid betreffend Abweisung der
Beweisanträge geschützt und dadurch Art. 318 StPO und Art. 29 Abs. 2 BV
verletzt.

Der Beschwerdeführer erhebt damit keine formelle Rüge, deren Beurteilung von
der Sache selbst getrennt werden könnte. Er verkennt, dass seine Beweisanträge
mit deren Ablehnung behandelt wurden. Sein Vorbringen zielt folglich auf die
materielle Überprüfung des angefochtenen Beschlusses ab, was unzulässig ist
(Beschwerde, S. 12).

7. 

Auf die Beschwerden kann im Verfahren nach Art. 108 BGG nicht eingetreten
werden. Ausgangsgemäss sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt der Präsident:

1. 

Die Verfahren 6B_110/2019, 6B_111/2019, 6B_112/2019 und 6B_113/2019 werden
vereinigt.

2. 

Auf die Beschwerden wird nicht eingetreten.

3. 

Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4. 

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Luzern, 1. Abteilung,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 3. Mai 2019

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill