Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.1024/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

6B_1024/2019

Urteil vom 29. Januar 2020

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Denys, Präsident,

Bundesrichterin van de Graaf, Koch,

Gerichtsschreiber Briw.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

vertreten durch Fürsprecher André Vogelsang,

Beschwerdeführer,

gegen

Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Nordring 8, 3013 Bern,

Beschwerdegegnerin.

Gegenstand

Landesverweisung (Art. 66a Abs. 1 lit. b StGB),

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern, 1. Strafkammer,
vom 27. Mai 2019

(SK 18 208).

Sachverhalt:

A.

Das Obergericht des Kantons Bern stellte auf Berufung des syrischen
Staatsangehörigen A.________ (Jahrgang 1995) gegen ein Strafurteil des
Regionalgerichts Bern-Mittelland vom 15. Februar 2018 die Rechtskraft der
Schuldsprüche wegen versuchter schwerer Körperverletzung, eventualvorsätzlich
am 14. März 2018 in Bern begangen, und wegen mehrfacher Hehlerei sowie der
bedingt ausgesprochenen Freiheitsstrafe von 21 Monaten (mit Anrechnung der
Untersuchungshaft von 59 Tagen) und der ebenfalls bedingt ausgesprochenen
Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu Fr. 30.-- fest.

Mit Berufung angefochten war die vom Regionalgericht angeordnete 6-jährige
Landesverweisung mit Ausschreibung im Schengener Informationssystem (SIS). Das
Obergericht ordnete eine Landesverweisung für die Dauer von 6 Jahren mit
Ausschreibung im SIS an.

B.

A.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das vorinstanzliche Urteil
in mehreren Punkten aufzuheben, auf eine Landesverweisung mit Ausschreibung im
SIS zu verzichten, die Berufungskosten dem Kanton Bern aufzuerlegen und ihm
(auszahlbar an den Verteidiger) für die Verteidigung im Berufungsverfahren Fr.
3'657.50 zuzusprechen sowie eventualiter die Sache an die Vorinstanz zur
Neubeurteilung zurückzuweisen; es sei ihm die unentgeltliche Rechtspflege (und
Verbeiständung) zu gewähren.

Erwägungen:

1.

1.1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des Art. 66a Abs. 2 StGB. Er
laste der Vorinstanz konkret an, dass sie es unterlassen habe, die aktuelle
Lage in Syrien und die daraus folgenden Konsequenzen einer Landesverweisung bei
der Beurteilung des Vorliegens eines schweren persönlichen Härtefalls zu
berücksichtigen (Beschwerde S. 4, 13 f.).

Er bestreite nicht, dass in seinem Fall zwingend eine Landesverweisung zu
prüfen sei. Die migrationsrechtlichen Kriterien (Integration,
Familienverhältnisse, finanzielle Verhältnisse, Anwesenheitsdauer,
Gesundheitszustand, Wiedereingliederung im Herkunftsland) könnten in seinem
Fall nicht unbesehen übernommen werden. Vielmehr seien zusätzlich die
strafrechtlichen Komponenten zu berücksichtigen wie beispielsweise die
Resozialisierungschancen im Heimatland bzw. in der Schweiz. Nach Urteil 6B_651/
2018 vom 17. Oktober 2018 E. 8.3.3 dürfe sich das Strafgericht nicht darauf
beschränken, die Situation des Ausländers in seinem Heimatland nur
oberflächlich zu prüfen. Eine prekäre Aufenthaltssituation könne vom
Gesetzgeber nur solange gewollt sein, als der Ausländer zeitnah zurückgeschafft
werden könne.

Syrien befinde sich seit acht Jahren im Bürgerkrieg. Der Grossteil des Landes
sei unter Kontrolle des Regimes von Baschar al-Assad. Auch die Vorinstanz
anerkenne, dass eine Rückschaffung nicht möglich und in naher Zukunft nicht
denkbar sei. Er halte sich seit fünf Jahren in der Schweiz auf. Seine
Verwandtschaft väterlicherseits wohne in Deutschland und jene mütterlicherseits
in der Schweiz. Fraglich sei, ob es aufgrund der anderen Anklageerhebung wegen
Angriffs, einfacher Körperverletzung, Drohung und Beschimpfung angesichts der
undurchsichtigen Verhältnisse und ohne sein Geständnis zu einer Verurteilung
kommen werde. Das dürfe bei der Interessenabwägung nicht berücksichtigt werden.
Seine privaten Interessen würden gegenüber den öffentlichen deutlich
überwiegen.

1.2.

1.2.1. Nach dem vorinstanzlich rekapitulierten Anklagesachverhalt und
erstinstanzlichen Urteil wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, er habe sich
beim Südeingang des Bahnhofs Bern dem vor dem Fussgängerstreifen wartenden
Privatkläger von hinten genähert und mit einem einseitig schneidenden
Taschenmesser mit einer Klingenlänge von 8 cm mehrfach auf den Privatkläger
eingestochen. Dabei habe er diesem eine Stichverletzung am rechten und zwei
Stichverletzungen am linken Oberschenkel zugefügt. Er habe diese
Sachverhaltsumschreibung der Anklageschrift in der Hauptverhandlung bestätigt
(Urteil S. 8, 15). Nach dem IRM begründeten die Verletzungen keine akute
Lebensgefahr, was aber möglich gewesen wäre, falls die in der Tiefe des
Oberschenkels verlaufenden Oberschenkelschlagader und/ oder -vene bzw. der
Ischiasnerv verletzt worden wären (Urteil S. 7). Dass sich nicht eine schwere
Verletzung verwirklichte, habe letztlich vom Zufall abgehängt; der
Beschwerdeführer habe sie durch sein Handeln zumindest in Kauf genommen (Urteil
S. 10). Die Erstinstanz führte bei der Strafzumessung aus, der Einsatz des
Messers zur Klärung von Konflikten müsse per se als rücksichtslos und
verwerflich bezeichnet werden; für das (hypothetisch) vollendete Delikt wären
30 Monate Freiheitsstrafe angemessen gewesen. Er habe aus niederen Beweggründen
und einem rein egoistischen Rachemotiv gehandelt; er hätte sich ohne weiteres
rechtskonform verhalten können (Urteil S. 11).

Die Vorinstanz hält fest, die Erstinstanz gehe bei einem Strafrahmen von 10
Jahren noch von einem leichten Verschulden aus. Das sei nicht weiter relevant.
Es gehe um die Verletzung eines sehr hohen Rechtsguts. Er habe sich seinem
Opfer von hinten genähert und ihm ohne Vorwarnung drei unkontrollierte,
ziemlich heftige Stiche mit einem Messer verpasst (Urteil S. 14).

1.2.2. Die Vorinstanz legt bei der Prüfung der Landesverweisung ausführlich die
erstinstanzlichen Erwägungen, die Vorbringen der Verteidigung, den Standpunkt
der Staatsanwaltschaft und die einschlägige bundesgerichtliche Rechtsprechung
dar.

Sie führt zur Situation des Beschwerdeführers aus, dieser sei 2014 in die
Schweiz eingereist und habe ein Asylgesuch gestellt, das am 3. Juli 2015
rechtskräftig abgewiesen worden sei; die Wegweisung sei im Zeitpunkt des
Asylentscheids wegen Unzumutbarkeit (Sicherheitslage in Syrien) nicht vollzogen
und der Vollzug zugunsten einer vorläufigen Aufnahme im Sinne von Art. 83 Abs.
4 Ausländergesetz (aAuG; heute: AIG; SR 142.20) aufgeschoben worden. Er habe
die Flüchtlingseigenschaft gemäss Art. 3 Asylgesetz (AsylG; SR 142.31) nicht
erfüllt, weil keine persönliche Verfolgungssituation vorgelegen habe. Er sei
jung, unverheiratet und kinderlos. Er lebe zusammen mit der ebenfalls aus
Syrien geflüchteten Mutter und zwei Brüdern. Bei der Entlassung aus der
Untersuchungshaft sei er unter Strafandrohung verpflichtet worden, der für ihn
organisierten Arbeit im Arbeitsintegrationsprogramm bis spätestens am 15. Juli
2017 nachzukommen. Das auf drei bis sechs Monate angelegte Arbeitstraining habe
er abgebrochen, obwohl ihm bei gutem Verlauf eine Vorlehre in Aussicht gestellt
worden sei. Bereits davor habe er das 10. Schuljahr abgebrochen. Ihm sei zugute
zu halten, dass er ziemlich gut Deutsch verstehe und spreche. Aktuell arbeite
er als Aushilfe im Service. Er habe sich um eine Vorlehre im Strassenbau
beworben. Er habe sich noch nicht weitergehend integriert und lebe von
Sozialhilfe, wobei anerkannt werde, dass eine Integration nicht von Beginn weg
einfach sei (Urteil S. 23 f.).

1.2.3. Die Vorinstanz führt unter Hinweis auf die Literatur aus, es seien
vorliegend keine völkerrechtlichen Verpflichtungen erkennbar, die mit der
Landesverweisung unmittelbar in Konflikt stünden (Urteil S. 24). Der
Beschwerdeführer sei kein anerkannter Flüchtling. Es sei nicht erwiesen, dass
bei einer Rückkehr Folter oder eine unmenschliche Behandlung drohten, da
andernfalls sein Asylgesuch hätte angenommen werden müssen. Ob Syrien im
Zeitpunkt des Vollzugs der Landesverweisung als Kriegsgebiet gelten werde oder
nicht, lasse sich zurzeit nicht sagen. Er sei bloss vorläufig aufgenommen
worden (Art. 44 Abs. 2 AsylG; Art. 83 Abs. 1 AIG) - wie aktuell bekannt alle
syrischen Staatsbürger.

Hinsichtlich einer Härtefallprüfung frage sich, ob die Vollzugsfrage bereits
vom Sachgericht umfassend zu berücksichtigen sei (mit Hinweis auf Urteil 6B_651
/2018 vom 17. Oktober 2018 E. 8.3.3). Nach dem einen Syrer betreffenden Urteil
6B_1245/2018 vom 20. Mai 2019 werde es Sache der vollziehenden Behörden sein,
eine Rückschaffung im Zeitpunkt des Vollzugs abzuklären. Nach einem ebenfalls
einen Syrer betreffenden Urteil 1B_334/2018 vom 30. Juli 2018 E. 5.2.2 habe die
Vorinstanz zu Recht festgestellt, dass sich im jetzigen Zeitpunkt nicht
beurteilen lasse, ob eine Ausschaffung nach Syrien vollzogen werden könne
(Urteil S. 25 f.).

Im Urteil 6B_651/2018 vom 17. Oktober 2018 E. 8.3.3 habe das Bundesgericht
bloss festgehalten, namentlich mit Blick auf das rechtliche Gehör habe eine
Auseinandersetzung mit dem Vollzug stattzufinden; es verlange keine umfassende
Prüfung und auch nicht, dass bei Zweifeln bezüglich des Vollzugs von der
Anordnung einer Landesverweisung abzusehen wäre. Die Vorinstanz schliesst,
Landesverweisungen von Syrern seien als grundsätzlich möglich und rechtlich
zulässig zu betrachten (Urteil S. 26).

Die Verteidigung äussere sich höchstens am Rande zu den Kriterien von Art. 31
VZAE (SR 142.201). Dass eine Resozialisierung in der Schweiz möglich sei,
scheine korrekt zu sein, doch sei nicht zu sehr aus diesem Blickwinkel heraus
zu argumentieren (Urteil S. 27). In Syrien lebten sein Grossvater und weiter
entfernte Verwandte. Ein Leben dort sei möglich. Junge könnten beim
Wiederaufbau des Landes helfen. Gemäss dem SEM drohten dem Beschwerdeführer
dort keine Verfolgung. Er würde bei seiner Rückkehr auch nicht aus einer
etablierten Situation herausgerissen. Da kein schwerer persönlicher Härtefall
vorliege, erübrige sich eine Gegenüberstellung von privaten und öffentlichen
Interessen (BUSSLINGER/ÜBERSAX, Härtefallklausel und migrationsrechtliche
Auswirkungen der Landesverweisung, in: Plädoyer 5/2016 S. 96, 102).

1.2.4. Die erstinstanzlich angeordnete Landesverweisung erweise sich als
verhältnismässig und sei zu bestätigen (Urteil S. 29). Ob sie jemals vollzogen
werden könne, sei offen. Eine Ausschaffung nach Syrien sei momentan nicht
möglich. Art. 66d StGB hindere die Anordnung der Landesverweisung nicht.

1.3.

1.3.1. Das Gericht verweist den Ausländer, der zu einer Katalogtat verurteilt
wird, unabhängig von der Höhe der Strafe für 5-15 Jahre aus der Schweiz. Die
Landesverweisung ist unabhängig davon anzuordnen, ob es beim Versuch geblieben
ist oder die Strafe bedingt oder unbedingt ausgesprochen wurde (BGE 144 IV 168
E. 1.4.1 S. 171). Schwere Körperverletzung (Art. 122 StGB) ist eine Katalogtat
im Sinne von Art. 66a Abs. 1 lit. b StGB. Der Beschwerdeführer anerkennt, dass
ein Fall der obligatorischen Landesverweisung vorliegt.

1.3.2. Von der Landesverweisung kann nur "ausnahmsweise" abgesehen werden, wenn
sie kumulativ (1) einen "schweren persönlichen Härtefall bewirken würde und (2)
die öffentlichen Interessen an der Landesverweisung gegenüber den privaten
Interessen des Ausländers am Verbleib in der Schweiz nicht überwiegen" (Art.
66a Abs. 2 StGB). Die Härtefallklausel ist restriktiv anzuwenden (BGE 144 IV
332 E. 3.3.1 S. 340, publ. in: Pra 6/2019 S. 698). Der 1995 in Syrien geborene
Beschwerdeführer reiste 2014 in die Schweiz ein und beging 2018 die Anlasstat.
Er kann sich mithin nicht auf die "besondere Situation" im Sinne von Art. 66a
Abs. 2 letzter Satz StGB berufen. Bei der Härtefallprüfung ist nicht
schematisch ab einer gewissen Aufenthaltsdauer eine Verwurzelung in der Schweiz
anzunehmen (zur Publikation bestimmte Urteile 6B_690/2019 vom 4. Dezember 2019
E. 3.4.4 und 6B_2/2019 vom 27. September 2019 E. 7.2.1). Es ist vielmehr anhand
der gängigen Integrationskriterien eine Einzelfallprüfung vorzunehmen (Urteile
6B_378/2018 vom 22. Mai 2019 E. 2.2 und 6B_627/2018 vom 22. März 2019 E.
1.3.5). Gegebenenfalls haben sich die Strafgerichte von den im Urteil in
Sachen I.M. c. Suisse vom 9. April 2019 (Req. 23887/16, Ziff. 68) resümierten
Kriterien zu Art. 8 EMRK leiten zu lassen (ausführlich Urteil 6B_48/2019 vom 9.
August 2019 E. 2.5).

Ein Härtefall lässt sich erst bei einem Eingriff von einer gewissen Tragweite
("di una certa porta") in den Anspruch des Ausländers auf das in Art. 13 BV
bzw. Art. 8 EMRK gewährleistete Privat- und Familienleben annehmen (Urteil
6B_371/2018 vom 21. August 2018 E. 2.5). Der volljährige Beschwerdeführer
beruft sich nicht auf die Rechtsprechung zu Art. 8 EMRK. Unter dem Titel des
"Familienlebens" müssten in seinem Fall neben einem gefestigten
Anwesenheitsrecht der Eltern ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis bestehen
(Urteil 2C_441/2018 vom 17. September 2018 E. 5.3 betr. Familiennachzug). Weder
der eine noch der andere Sachverhalt liegt vor. Unter dem Titel der Achtung des
Privatlebens im Sinne von Art. 8 Ziff. 1 EMRK genügen selbst eine lange
Anwesenheit und die damit verbundene normale Integration nicht; erforderlich
sind besonders intensive, über eine normale Integration hinausgehende private
Beziehungen beruflicher oder gesellschaftlicher Natur (BGE 144 II 1 E. 6.1 S.
13; Urteile 6B_1218/2019 vom 19. Dezember 2019 E. 2.3.1 f. und 2C_305/2018 vom
18. November 2019 E. 5.1). Solche Beziehungen sind nicht gegeben.

Anzumerken ist, dass der Beschwerdeführer als abgewiesener Asylbewerber mit dem
Status der vorläufigen Aufnahme kein gefestigtes Anwesenheitsrecht besitzt und
ausländerrechtlich jederzeit unter der Voraussetzung der Zumutbarkeit (Art. 83
Abs. 4 AIG) ausgewiesen werden kann. Die vorläufige Aufnahme fällt mit der
Landesverweisung dahin (Ar. 83 Abs. 9 AIG).

1.3.3. Das Bundesgericht befasst sich nur mit den Vorbringen zur
Rechtswidrigkeit, die in der Beschwerde konkret geltend gemacht werden (Urteil
5A_658/2014 vom 6. Mai 2015 E. 6.3.5 mit Hinweis auf BGE 140 III 86 E. 2 S. 88
ff.). Lediglich undifferenziert behauptete Verletzungen von Grundrechten (Art.
106 Abs. 2 BGG) prüft das Bundesgericht nicht von Amtes wegen, sondern nur
insoweit, als solche Rügen substanziiert in der Beschwerde vorgebracht und
begründet worden sind (BGE 145 V 304 E. 1.2 S. 306); ist das nicht der Fall,
tritt es darauf nicht ein (Urteil 6B_272/2018 vom 15. Mai 2018 E. 3.4). Der
Beschwerdeführer macht weder eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung noch
eine unzutreffende Beurteilung gestützt auf die Kriterien von Art. 31 VZAE
gemäss den Begründungsanforderungen von Art. 42 Abs. 2 i.V.m. Art. 97 Abs. 1
und Art. 106 Abs. 2 BGG geltend, so dass insoweit auf die Sache nicht
einzugehen ist. Er rügt indes, die Vorinstanz habe die "aktuelle Lage" in
Syrien nicht abgeklärt. Das hätte den schweren persönlichen Härtefall begründet
und die Interessenabwägung zu seinen Gunsten ausschlagen lassen müssen. Diese
Ansicht erweist sich angesichts der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (oben E.
1.2.3, worauf zu verweisen ist; unten E. 1.3.4) als nicht stichhaltig.

1.3.4. Das Bundesgericht hat sich mit der aufgeworfenen Vollzugsfrage im Urteil
2C_1106/2018 vom 4. Januar 2019 anlässlich der Ausschaffungshaft eines
syrischen Staatsangehörigen befasst. Es wies darauf hin, mit Blick auf die
Kompetenzverteilung bilde die Durchführbarkeit des Wegweisungsvollzugs im
Rahmen des Verfahrens auf Anordnung der Ausschaffungshaft den Gegenstand einer
nach pflichtgemässem Ermessen vorzunehmenden Prognose; massgebend sei, ob der
zwangsweise Wegweisungsvollzug mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in
absehbarer Zeit im Sinne von Art. 80 Abs. 6 lit. a AuG (heute: AIG; SR 142.20)
als durchführbar erscheine oder nicht (a.a.O., E. 3.2.2). Eine zwangsweise
Rückführung nach Syrien sei im heutigen Zeitpunkt nicht möglich, aber in
Vorbereitung (a.a.O., E. 4.2.1). Von einer tatsächlichen Undurchführbarkeit der
zwangsweisen Rückschaffung im Sinne von Art. 80 Abs. 6 lit. a aAuG [heute: AIG]
sei auszugehen, wenn keine oder bloss eine höchst unwahrscheinliche, rein
theoretische Möglichkeit bestünde, die Wegweisung zu vollziehen, nicht hingegen
bei einer ernsthaften, wenn auch allenfalls (noch) geringen Aussicht hierauf;
das SEM befinde sich im Austausch mit den syrischen Behörden, um die
Modalitäten einer zwangsweisen Rückschaffung festzulegen (a.a.O., E. 4.2.2).

1.3.5. Nach der wegweisungsrechtlichen Rechtsprechung hat die Behörde im
Zeitpunkt ihrer Entscheidung die Verhältnismässigkeit der Ausweisung oder des
Bewilligungswiderrufs zu prüfen und kann hinsichtlich der Frage der 
Zumutbarkeit der Ausweisung nicht auf die Vollzugsbehörde verweisen, weil im
Vollstreckungsverfahren nur die Unzulässigkeit geprüft werden müsse. Die
vorläufige Aufnahme als wegweisungsrechtliche Ersatzmassnahme könne jederzeit
aufgehoben werden, falls der Wegweisungsvollzug wieder zulässig, möglich oder
zumutbar erscheine (BGE 135 II 110 E. 4.2 S. 119; zur Publikation bestimmtes
Urteil 6B_2/2019 vom 27. September 2019 E. 9.4).

Aus dieser Rechtslage folgt, dass das Sachgericht zu prüfen hat, ob sich eine
Landesverweisung angesichts des Gesundheitszustands als verhältnismässig
erweist. Es kann hinsichtlich der Prüfung des Non-Refoulement-Prinzips oder
anderer zwingender Normen (Art. 66d StGB; Art. 83 AIG) nicht lediglich auf die
Vollzugsbehörde verweisen. Unter dem Gesichtspunkt der Gesundheit ist daher
entweder gegebenenfalls auf die Landesverweisung zu verzichten (Art. 66a Abs. 2
StGB und/oder Art. 8 Ziff. 2 EMRK) oder diese anzuordnen, falls sich die
Krankheit als heilbar oder medizinisch hinreichend behandelbar erweist (zur
Publikation vorgesehenes Urteil 6B_2/2019 vom 27. September 2019 E. 9.4). Diese
im Anwendungsfall auf die medizinische Gesundheit bezogenen Erwägungen
beanspruchen allgemeine Gültigkeit. Daher hat das Sachgericht die rechtliche
Durchführbarkeit der Landesverweisung zu prüfen (oben zitiertes Urteil 2C_1106/
2018 vom 4. Januar 2019 E. 4.1). Dabei ist zu beachten, dass die Art. 66a ff.
StGB den tatsächlichen Vollzug der Landesverweisung nicht regeln, sondern
insoweit in Art. 66d StGB weiter auf die zuständige kantonale Behörde
verweisen, womit die (vorläufig bestimmbare) Zulässigkeit des tatsächlichen
Vollzugs durch das Strafgericht primär gemäss Art. 66a ff. StGB und sekundär
nach AIG zu prüfen sein wird.

1.3.6. Wie erwähnt, ist hinsichtlich einer Landesverweisung eine
Einzelfallprüfung vorzunehmen (oben E. 1.3.2). Es erweist sich daher als
unbehelflich, gegen die vorinstanzliche Beurteilung lediglich die generelle
Lage im Heimatland zu erörtern, ohne irgendwelche individuell konkret
gefährdenden Umstände namhaft zu machen oder substanziieren zu können (Urteil
6B_841/2019 vom 15. Oktober 2019 E. 2.3 betr. Irak). Der Beschwerdeführer
äussert sich vor Bundesgericht zur allgemeinen Lage in Syrien und begründet
damit keine individuell-persönliche Gefährdung, d.h. keine "konkrete"
Gefährdung im Sinne von Art. 83 Abs. 4 AIG (insoweit ist auch auf die
Mitwirkungspflicht trotz des Untersuchungsgrundsatzes gemäss Art. 90 AIG
hinzuweisen, Urteil 2C_202/2018 vom 19. Juli 2019 E. 4.3 f. sowie E. 2.2 und
4.1 zur Begründungspflicht im diesbezüglichen bundesgerichtlichen
Beschwerdeverfahren). Die Vorinstanz stellt hingegen angesichts der
gerichtsnotorischen Situation in Syrien fest, dass die Wegweisung nach dem
Asylentscheid von 2015 lediglich "zur Zeit" wegen Unzumutbarkeit nicht
vollzogen werden könne bzw. aufgeschoben worden sei (Urteil S. 25). Der
vorinstanzliche Prognoseentscheid erscheint nicht als schlechterdings
unhaltbar, d.h. willkürlich. Die Vorinstanz setzt sich umfänglich mit der
Vollzugsfrage auseinander, soweit das einstweilen in der
Verhältnismässigkeitsprüfung geboten erscheint. Sie bejaht die Zumutbarkeit des
Vollzugs der Landesverweisung insbesondere gestützt auf den rechtskräftigen
Asylentscheid, wonach dem Beschwerdeführer in Syrien keine Verfolgung droht
(oben E. 1.2.3). Dass die Vorinstanz die Frage des tatsächlichen Vollzugs der
Landesverweisung angesichts der zurzeit volatilen Situation in Syrien letztlich
weder terminieren noch prognostisch definitiv entscheiden kann und offen lässt,
hat die verurteilte und verwiesene Person hinzunehmen.

2.

Auf die hinsichtlich einer Gutheissung der Beschwerde mit reformatorischer
bundesgerichtlicher Entscheidung gestellten Rechtsbegehren ist ausgangsgemäss
nicht mehr einzutreten.

3.

Die Beschwerde ist abzuweisen. Die Vollzugsproblematik kann im Rahmen der
strafrechtlichen Landesverweisung noch nicht als geklärt erachtet werden. Da
von einer Mittellosigkeit des Beschwerdeführers auszugehen ist, lässt sich das
Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gutheissen. Entsprechend sind keine
Gerichtskosten zu erheben. Der Anwalt hat Anspruch auf eine angemessene
Entschädigung aus der Gerichtskasse (Art. 64 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.

Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen.

3.

Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

4.

Der Anwalt des Beschwerdeführers wird mit Fr. 3'000.-- aus der
Bundesgerichtskasse entschädigt.

5.

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, 1.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 29. Januar 2020

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: Briw