Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.1013/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

6B_1013/2019

Urteil vom 3. April 2020

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Denys, Präsident,

Bundesrichterin van de Graaf,

Bundesrichterin Koch,

Gerichtsschreiber Traub.

Verfahrensbeteiligte

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,

Beschwerdeführerin,

gegen

A.________,

vertreten durch Rechtsanwalt Beat Hess,

Beschwerdegegner.

Gegenstand

Verwahrung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau,
Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 28. Juni 2019 (SBK.2019.6 / va).

Sachverhalt:

A. 

A.________ wurde im Jahr 1994 u.a. wegen versuchter sowie mehrfacher
vollendeter Vergewaltigung, mehrfacher sexueller Nötigung (teilweise unter
erschwerenden Umständen), Schändung, Freiheitsberaubung und qualifizierter
Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz zu einer Zuchthausstrafe von
zehn Jahren verurteilt (Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 15.
Dezember 1994). Anstelle des Strafvollzugs wurde die Verwahrung nach damaligem
Recht angeordnet. Diese Massnahme wurde mit obergerichtlichem Entscheid vom 12.
Februar 2009 durch eine stationäre therapeutische Massnahme (Art. 59 StGB)
ersetzt. Letztere wurde 2014 um fünf Jahre verlängert (Urteil des Obergerichts
vom 20. November 2014).

Am 16. Februar 2018 hob das Amt für Justizvollzug des Kantons Aargau die
stationäre Massnahme wegen Aussichtslosigkeit (Art. 62c Abs. 1 lit. a StGB)
"suspensiv auf den Zeitpunkt, an dem über den Antrag der Vollzugsbehörde auf
Anordnung einer Verwahrung entschieden sei", auf. Zugleich beantragte die
Behörde, es sei eine Verwahrung anzuordnen, eventuell wieder eine stationäre
therapeutische Massnahme. Das Bezirksgericht Lenzburg gab einem entsprechenden
Antrag der Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau statt und sprach gegen A.________
die Verwahrung nach Art. 62c Abs. 4 in Verbindung mit Art. 64 Abs. 1 lit. b
StGB aus (Entscheid vom 15. November 2018).

B. 

Das Obergericht des Kantons Aargau hiess die dagegen erhobene Beschwerde von
A.________ gut. Es ordnete eine stationäre therapeutische Massnahme auf eine
Dauer von fünf Jahren an (Entscheid vom 28. Juni 2019).

C. 

Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau führt Beschwerde in Strafsachen.
Sie beantragt die Anordnung einer Verwahrung nach Art. 62c Abs. 4 in Verbindung
mit Art. 64 Abs. 1 lit. b StGB. Eventuell sei die Sache zur neuen Beurteilung
an die Vorinstanz zurückzuweisen; subeventuell sei diese anzuweisen, vor einem
neuen Entscheid ein forensisch-psychiatrisches Gutachten einzuholen.

A.________ beantragt die unentgeltliche Rechtspflege.

Erwägungen:

1. 

Die beschwerdeführende Anklagebehörde macht geltend, der angefochtene Entscheid
beruhe auf einer offensichtlich unrichtigen resp. unvollständigen Feststellung
des Sachverhalts und auf willkürlicher Beweiswürdigung. Er verletze daher
Bundesrecht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

1.1. Die Vorinstanz kommt zum Ergebnis, dass die stationäre therapeutische
Massnahme nach wie vor erfolgversprechend ist und damit (gegenüber einer
Verwahrung) Vorrang hat (vgl. Art. 56 Abs. 2 und Art. 64 Abs. 1 lit. b StGB;
BGE 134 IV 315 E. 3.5 S. 323). Der forensisch-psychiatrischen Gutachterin
zufolge habe die bisherige Therapie das Rückfallrisiko zwar leicht verbessert;
die eingetretene Verbesserung sei nach Ansicht der Sachverständigen aber
weniger konkreten Therapieeffekten zuzuschreiben als dem disziplinierten
Wohlverhalten des Beschwerdegegners sowie Alterseffekten. Die Kombination einer
dissozialen Persönlichkeitsstörung mit psychopathischen Anteilen und einer
sexuell sadistischen Störung sei nach gutachterlichem Dafürhalten grundsätzlich
äusserst schwer behandelbar (angefochtener Entscheid E. 3.2 und 3.3.1). Die
gutachterliche Einschätzung stehe indes im Widerspruch zu den
Therapieverlaufsberichten und entsprechenden Aussagen eines im
obergerichtlichen Verfahren befragten behandelnden forensischen Psychiaters.
Danach habe sich die Legalprognose deutlich verbessert. Therapeutischerseits
werde abweichend vom Gutachten empfohlen, die stationäre Massnahme mit
begleiteten Vollzugslockerungen ("weitere schrittweise Progressionen")
fortzuführen. Was die Bewertung der Pathologie betreffe, so sei zu
berücksichtigen, dass das von der Gutachterin herangezogene diagnostische
Instrument PCL-R keine objektive Messung ermögliche und überdies nicht
sonderlich veränderungssensitiv sei. Die Gutachterin selbst habe in der
obergerichtlichen Verhandlung ausgesagt, es sei wichtig, dass sich die
Risikobeurteilung nicht allein auf solche Instrumente stütze; es müssten in
einer Gesamtbetrachtung auch im Verlauf der Therapie eingetretene Veränderungen
einbezogen werden, die in entsprechenden Testverfahren nicht abgebildet würden.
Die Gutachterin würdige indes hauptsächlich statische und weniger die
dynamischen Aspekte (E. 3.3.2-3.3.4). Die Vorinstanz schloss, der
Beschwerdegegner sei einer Behandlung nach wie vor zugänglich. In dubio pro
curatione sei davon auszugehen, dass eine weitere Verbesserung erzielbar sei.
Dass die Therapie einer chronischen psychischen Krankheit oft nur sehr langsam
wirke, liege in der Natur der Sache. Angesichts der suspensiv bedingten
Aufhebung der bisherigen Massnahme sei eine neue, auf eine Dauer von fünf
Jahren angelegte stationäre therapeutische Massnahme nach Art. 59 StGB
anzuordnen (E. 3.4).

1.2.

1.2.1. Die Oberstaatsanwaltschaft macht geltend, die bisherige Therapie habe
die Legalprognose bezüglich Sexualdelikten nicht deutlich verbessert. Das
forensisch-psychiatrische Gutachten von Frau Dr. B.________ vom 24. August 2017
weise bloss leichte Fortschritte aus. Diese Fortschritte seien zudem auf
äussere Anpassungsleistungen und nicht auf Effekte der Therapie zurückzuführen.
Das Obergericht stelle auf eine abweichende Einschätzung aus therapeutischer
Sicht (Therapieverlaufsberichte der Psychiatrischen Dienste der C.________ AG
vom 31. Oktober 2018 und vom 27. Mai 2019) ab; dies mit der Begründung, die
Einschätzung der Therapeuten berücksichtige die aktuelle Entwicklung besser.
Damit lasse die Vorinstanz ausser Acht, dass die Gutachterin ihre Feststellung,
es liege eine bloss leichte Verbesserung vor, begründe, während die Behandler
nicht schlüssig dartäten, inwiefern sich die Legalprognose deutlich verbessert
habe und worauf diese Veränderung effektiv zurückzuführen sei. Die zuständige
Therapeutin habe vor Obergericht auf die Frage nach Fortschritten seit der
letzten Begutachtung hin erklärt, man habe "den Stand gehalten"
(vorinstanzliches Protokoll S. 12). Somit sei von einer Stagnation auszugehen,
was im angefochtenen Entscheid indes ebenso ignoriert werde wie die
Feststellung der Gutachterin, der Beschwerdegegner sei "zuoberst auf der
Therapieerfolgspyramide angekommen". Angesichts der schwierig behandelbaren
komorbiden Situation (dissoziale Persönlichkeitsstörung, sexuell sadistische
Störung, Abhängigkeitssyndrome gegenüber verschiedenen Substanzen) sei
unwahrscheinlich, dass eine Verlängerung der stationären Massnahme die
Legalprognose noch wesentlich verbessere.

1.2.2. Die vorinstanzlichen Feststellungen über vergangene und künftig
erwartbare legalprognostisch relevante Effekte der therapeutischen Behandlung
im Rahmen einer stationären Massnahme sind tatsächlicher Natur. Die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann nur gerügt werden, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art.
95 BGG beruht und die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens
entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG). Offensichtlich
unrichtig ist eine Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (BGE 143
IV 241 E. 2.3.1 S. 244; 143 I 310 E. 2.2 S. 313). Dies trifft u.a. zu, wenn der
angefochtene Entscheid unhaltbar ist, weil ihm offenkundig fehlerhafte
Tatsachen zugrundegelegt werden (BGE 144 V 50 E. 4.2 S. 53; 143 IV 241 E. 2.3.1
S. 244). Dabei gilt hinsichtlich des Vorbringens, der Sachverhalt sei
offensichtlich unrichtig festgestellt worden, das strenge Rügeprinzip (Art. 106
Abs. 2 BGG). Demnach ist anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids
klar und detailliert darzulegen, inwiefern die vorinstanzliche
Sachverhaltsfeststellung willkürlich sein soll (BGE 141 IV 369 E. 6.3 S. 375).
Es genügt nicht, einen von den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz
abweichenden Sachverhalt zu behaupten oder die eigene Beweiswürdigung zu
erläutern (BGE 143 V 19 E. 2.2 S. 23).

1.2.3. Das Gericht würdigt Gutachten grundsätzlich frei (vgl. Art. 10 Abs. 2
StPO). In Fachfragen darf es nicht ohne triftige Gründe davon abweichen;
Abweichungen muss es begründen. Erscheint ihm die Schlüssigkeit des Gutachtens
in wesentlichen Punkten zweifelhaft, klärt es diese Zweifel, indem es
nötigenfalls ergänzende Beweise erhebt. Unterbleibt dies, kann ein Verstoss
gegen das Willkürverbot gegeben sein (BGE 142 IV 49 E. 2.1.3 S. 53; 141 IV 369
E. 6.1 S. 372), überdies eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 6
StPO).

1.2.4. Strittig sind im Wesentlichen die Wirkungen der bisherigen Therapie, aus
welchen auf die erwartbaren Wirkungen einer weitergeführten Therapie
geschlossen werden kann. Um eine solche Entwicklung zu erfassen, müssen zu
verschiedenen Zeitpunkten gemachte Beobachtungen miteinander verglichen werden.
Die Gutachterin selbst konnte sich unmittelbar - aus eigener Wahrnehmung - nur
auf Gegebenheiten zum Zeitpunkt der Untersuchung abstützen ("Querschnitt"). Um
diese Feststellungen mittels forensisch-psychiatrischer Erfahrungssätze in eine
"Längsschnitt"-Beurteilung einordnen zu können, braucht es Drittangaben, in
erster Linie der Therapeuten. Diese haben den Verlauf der Behandlung und deren
Effekte beim Beschwerdegegner über einen Zeitraum von rund neun Jahren hinweg
verfolgt. Im Rahmen der Beweiswürdigung durfte (und musste) die Vorinstanz die
Therapieverlaufsberichte ergänzend heranziehen, zumal darin der
Behandlungsverlauf und die Behandlungsperspektiven nachvollziehbar anhand
konkreter Gegebenheiten geschildert werden. So stützt sich die Annahme, die
Psychopathie-Anteile seien deutlich zurückgegangen, auf eine mehrjährige
Beobachtung des Alltagsverhaltens. Ein Rückgang der Dissozialität wird zwar
auch auf das geschlossene Massnahmesetting zurückgeführt; daneben spielten
indes therapeutische Fortschritte, ein alterstypischer Verlauf und die
Drogenabstinenz eine Rolle. Während der Beschwerdegegner früher "intramural"
dissoziale Verhaltensweisen in Zusammenhang mit der Drogenbeschaffung gezeigt
habe, grenze er sich jetzt trotz langjähriger schwerer Abhängigkeitsstörung
klar von jeglichem Konsum (intramural verfügbarer) illegaler Substanzen ab.
Dabei handle es sich um eine veränderte Einstellung und nicht bloss um eine
Anpassungsleistung. Nachhaltige Drogenabstinenz sei ein wichtiger
rückfallpräventiver Faktor. Unter dem Titel der deliktbezogenen therapeutischen
Interventionen sei ebenfalls eine veränderte Einstellung zu verzeichnen, was
die Übernahme von Verantwortung für die Sexualdelikte betreffe (Bericht vom 31.
Oktober 2018 S. 2 unten und S. 5 f.; Bericht vom 27. Mai 2019 S. 4).

Mit Blick auf diese (und weitere) konkreten Angaben kann nicht davon gesprochen
werden, die Vorinstanz habe sich ohne zureichende Gründe über eine
gutachterliche Beurteilung hinweggesetzt. Anhaltspunkte, wonach die Therapeuten
den bisherigen Behandlungserfolg übertrieben dargestellt oder - aus dem
therapeutischen Verhältnis heraus - advokatorisch zugunsten des Behandelten
Stellung genommen haben könnten, sind nicht ersichtlich. Damit besteht keine
Veranlassung, den Beweiswert der Berichte zu relativieren, in denen aus erster
Hand über den Therapieverlauf informiert wird. Der Umstand, dass die strittigen
Voraussetzungen einer stationären Massnahme (teilweise abweichend von den
Schlussfolgerungen der sachverständigen Begutachtung nach Art. 56 Abs. 3 StGB)
auch anhand der detaillierten Therapieverlaufsberichte beurteilt werden,
entzieht dem Massnahmeentscheid nicht ohne Weiteres die gesetzlich
vorgeschriebene gutachtliche Grundlage. Hier handelt es sich wohl nicht formal
(vgl. angefochtenes Urteil, S. 13 E. 3.4), aber doch der Sache nach um eine
Verlängerung der stationären therapeutischen Massnahme. Insofern ist darauf
hinzuweisen, dass das Gesetz im Rahmen von Art. 59 Abs. 4 StGB eine
Begutachtung nicht zwingend vorschreibt (BGE 135 IV 139 E. 2.1 S. 141; Urteil
6B_850/2013 vom 24. April 2014 E. 2.3.1). Im Übrigen hängt es stets von der
Beweislage im Einzelfall ab, ob dem Gutachten widersprechende Dokumente
selbständigen - ergänzenden - Beweiswert haben oder bloss den Beweiswert des
Gutachtens "erschüttern" mit der Folge, dass ein Ergänzungs- oder Obergutachten
einzuholen ist (vgl. BGE 142 IV 49 E. 2.1.3 S. 53; 141 IV 369 E. 6.1 S. 372
f.). Vorliegend durfte die Vorinstanz von einem hinreichend klaren
Beweisergebnis ausgehen und von einer Neubegutachtung absehen.

Soweit die Beschwerdeführerin Gutachten und Therapieverlaufsberichte würdigt,
ohne darzutun, inwiefern sich die Vorinstanz willkürlich der aus ihrer Sicht
unzutreffenden Einschätzung der Therapeuten angeschlossen habe, kann auf das
Rechtsmittel nicht eingetreten werden (oben E. 1.2.2; Art. 42 Abs. 2 BGG).

1.3. Die Beschwerdeführerin bemängelt, die Vorinstanz habe nicht abgeklärt,
welche zusätzlichen (risikowirksamen) Fortschritte eine Weiterführung der
Therapie bringen könnte und bis wann solche Fortschritte gegebenenfalls zu
erwarten wären. Die strittige Verlängerung der (bereits fast zehn Jahre
andauernden) stationären Massnahme setze entsprechende Feststellungen voraus.
Dabei reiche die bloss vage Möglichkeit einer Verringerung der Gefahr resp. die
Erwartung einer lediglich minimalen Verringerung nicht aus.

Die Vorinstanz stellt die gutachterliche Einschätzung in Rechnung, angesichts
des sehr schwer behandelbaren Störungskomplexes werde eine (weitere) Therapie
nur äusserst langwierig und kleinschrittig vonstatten gehen. Diese Prognose
zieht die deliktspräventive Eignung der stationären Massnahme nicht zwingend in
Zweifel. Die Rechtsprechung legt die von Gesetzes wegen erforderliche
Erwartung, mit der stationären Behandlung "lasse sich der Gefahr weiterer mit
[der] psychischen Störung in Zusammenhang stehender Taten begegnen" (Art. 59
Abs. 1 lit. b und Abs. 4 StGB), im Sinne von "deutlich verringern" aus (BGE 134
IV 315 E. 3.4.1 S. 321; Urteil 6B_1343/2017 vom 9. April 2018 E. 2.5.2). Die
Prognose, es sei in der Normdauer von (weiteren) fünf Jahren ein "deutlicher"
therapeutischer Fortschritt zu erwarten, richtet sich nach dem medizinisch
Erwartbaren. Die erforderliche Deutlichkeit der prognostisch erzielbaren
Wirkung kann daher nicht absolut bestimmt werden. Sie hängt von der Natur der
psychischen Störung und vom spezifischen Verlauf ihrer Behandlung ab. Würden
diese Individualitäten nicht berücksichtigt, so drohte die Anwendung von Art.
59 StGB bei nur schwer und längerfristig therapierbaren Störungen letztlich zu
stark eingeschränkt zu werden.

Zudem geht es bei der strittigen Fortsetzung der stationären Massnahme nach
Lage der Akten auch darum, Effekte der bisherigen Behandlung (oben E. 1.2.4) zu
sichern und auszubauen. In diesem Kontext ist die Schlussfolgerung der
Gutachterin Dr. B.________ bedeutsam, sofern es nicht zur Verwahrung komme,
gebe es "keine besseren oder effektiveren Optionen als die Fortführung der
therapeutischen Massnahme gemäss Art. 59 StGB, da dies die einzige Möglichkeit
eines dynamischen, engmaschigen Risikomanagements im Falle etwaiger
Vollzugslockerungen und Resozialisierungsschritte darstellt" (Gutachten S. 121
oben). Diese Ausführungen erfolgen vor dem Hintergrund der Feststellung, dass
der Beschwerdegegner seit Jahren Therapiebereitschaft zeige und sich im Rahmen
der Psychotherapie mit seiner Delinquenz auseinandersetze (Gutachten S. 119 f.
Ziff. 5 und 6). Mithin hält die Sachverständige eine Fortführung der
stationären Therapie grundsätzlich ebenfalls für möglich.

1.4. Der angefochtene Entscheid trägt dem Grundsatz Rechnung, dass eine
Verwahrung stets ultima ratio ist. Sind mehrere Massnahmen in gleicher Weise
geeignet, ist aber nur eine notwendig, so ordnet das Gericht diejenige an, die
den Täter am wenigsten beschwert (Art. 56a Abs. 1 StGB). Die Beschwerdeführerin
macht nicht geltend, dass innert Fünfjahresfrist von vornherein keine namhaften
weiteren Behandlungsziele mehr erreichbar sind, mithin die Legalprognose nicht
verbessert werden kann (vgl. BGE 134 IV 315 E. 5 S. 327).

2. 

Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten wird. Es sind keine
Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG). Das Gesuch des
Beschwerdegegners, der nicht zur Vernehmlassung eingeladen war, um
unentgeltliche Rechtspflege (Art. 64 BGG) ist gegenstandslos.

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist.

2. 

Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3. 

Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird als gegenstandslos
abgeschrieben.

4. 

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau,
Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 3. April 2020

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: Traub