Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Revision 5F.6/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

5F_6/2019

Urteil vom 11. November 2019

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Herrmann, Präsident,

Bundesrichter Schöbi, Bovey,

Gerichtsschreiber von Roten.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

Gesuchsteller,

gegen

B.________,

Gesuchsgegner.

Gegenstand

Ausstand (Erbschaftsangelegenheit),

Gesuch um Revision des Urteils des Schweizerischen Bundesgerichts 5A_475/2019
vom 13. Juni 2019

(Entscheid ZK 19 285, ZK 19 286).

Sachverhalt:

A.

A.a. A.________ (Kläger) und seine Schwester C.________ (Klägerin) erhoben am
1. März 2019 beim Regionalgericht Berner Jura-Seeland je eine "zivilrechtliche
Auskunfts- und Informationsklage im Erbfall" gegen eine Bank und gegen eine
Versicherung. Vertreten wurden die Kläger durch D.________, Ehemann der
Klägerin und Arzt von Beruf.

A.b. Der Gerichtspräsident B.________ lud die Kläger mit Verfügung vom 17. März
2019 ein, ihre Eingaben innert einer Nachfrist bis am 9. April 2019 in
verständlicher Form nochmals einzureichen, andernfalls die Eingaben als nicht
erfolgt gelten. Mit Verfügung vom 26. März 2019 stellte er fest, dass die von
der Verbesserung innert Nachfrist betroffenen Klagen trotz erneuter Eingabe
unverständlich geblieben sind und damit als nicht erfolgt gelten.

A.c. Am 27. März 2019 verlangten die Kläger die Begründung der Verfügung vom
26. März 2019. Sie schrieben dem Gerichtspräsidenten weiter Folgendes:
"Gleichzeitig erklären die Kläger, dass das von Ihnen an den Tag gelegte
Verhalten das Vorliegen eines Ausstandsgrundes gemäss Art. 47 lit. f. ZPO
begründet" (S. 1). Nach Ausführungen zur Verständlichkeit ihrer Eingaben
schliesst das Schreiben mit folgendem Satz: "Mit dieser Eingabe wird also der
Gerichtspräsident für befangen erklärt, sein an den Tag gelegtes Verhalten
explizit gerügt und es wird eine Begründung für die erlassene Verfügung
verlangt" (S. 4). Unterzeichnet ist das Schreiben von D.________ für die
Kläger.

A.d. In einer Eingabe vom 1. April 2019 an den Gerichtspräsidenten nehmen die
Kläger Bezug auf ihr Schreiben vom 27. März 2019 und betonen, sie hätten zudem
"das Vorliegen der Voraussetzungen von Art. 47 lit. f. ZPO sofort nach
entdecken der durch Ihre Person an den Tag gelegten Befangenheit dem Gericht
angezeigt" (S. 1). Beantragt wurde unter anderem förmlich, es sei gerichtlich
der Ausstand des Präsidenten für alle Verfahren, die die Kläger in der
Erbangelegenheit dem Gericht zur Beurteilung vorlegen werden, zu verfügen.
Unterzeichnet ist das Schreiben von D.________ einzig für die Klägerin.

A.e. Am 8. April 2019 zogen die Kläger ihre Klagen zurück.

B. 

Das Regionalgericht unter Präsident E.________ schrieb das Ausstandsgesuch
mangels Rechtsschutzinteresses als gegenstandslos vom Protokoll ab (Entscheid
vom 16. Mai 2019). Der Kläger gelangte dagegen an das Obergericht des Kantons
Bern, das auf seine Beschwerde mangels rechtsgenüglicher Begründung nicht
eintrat (Entscheid vom 4. Juni 2019). Desgleichen trat das Bundesgericht auf
die anschliessende Beschwerde des Klägers nicht ein (Urteil 5A_475/2019 vom 13.
Juni 2019).

C. 

Mit Eingabe vom 1. Juli 2019 beantragt der Kläger (im Folgenden: Gesuchsteller)
dem Bundesgericht, das Urteil 5A_475/2019 vom 13. Juni 2019 aufzuheben, sein
Revisionsgesuch gutzuheissen, seine im Verfahren 5A_475/2019 gestellten
Rechtsbegehren gutzuheissen und ihm die unentgeltliche Rechtspflege zu
bewilligen, alles unter Kosten und Entschädigungsfolge zulasten der
Eidgenossenschaft und/oder des Kantons Bern. Er wiederholt ferner seine im
Verfahren 5A_475/2019 gestellten Begehren im Wortlaut, insbesondere
Begehren-Ziff. 4, der Gerichtspräsident B.________ (fortan: Gesuchsgegner) "sei
für alle vom Kläger beim Regionalgericht Berner Jura Seeland eingereichten
Klagen für befangen zu erklären und anzuweisen [,] in den Ausstand zu treten"
(S. 2 des Gesuchs).

Das Bundesgericht hat die Akten, aber keine Vernehmlassungen eingeholt. Der
Gesuchsteller hat mit Schreiben vom 17. Juli 2019 sein Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege zurückgezogen und den Kostenvorschuss für das Revisionsverfahren
bezahlt.

Erwägungen:

1. 

Ausdrücklich keinen Revisionsgrund erblickt der Gesuchsteller darin, dass das
Bundesgericht im Verfahren 5A_475/2019 vor Ablauf der gesetzlichen
Beschwerdefrist von dreissig Tagen entschieden hat (S. 3 f. des Gesuchs).
Darauf einzugehen erübrigt sich somit (vgl. dazu immerhin: LAURENT MERZ, in:
Basler Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, 3. Aufl. 2018, N. 43 zu Art. 42
BGG).

2. 

Der Gesuchsteller beruft sich auf den Revisionsgrund gemäss Art. 121 lit. c
BGG, wonach die Revision eines Entscheids des Bundesgerichts verlangt werden
kann, wenn einzelne Anträge unbeurteilt geblieben sind (S. 5 des Gesuchs).

2.1. Zur Begründung führt der Gesuchsteller aus, es entspreche den Tatsachen,
dass vorliegend das Bundesgericht Anträge auch stillschweigend nicht geprüft
habe. Dies sei insbesondere im Hinblick auf diejenigen Anträge zu beziehen,
über die das Bundesgericht nicht entschieden und die es ausser acht gelassen
habe. Vorliegend habe der Präsident das Rechtsbegehren Ziff. 4 der
Beschwerdeschrift, durch das die Feststellung der Befangenheit des
erstinstanzlichen Gerichtspräsidenten beantragt werde, nicht beantwortet (S. 6
f. des Gesuchs).

2.2. Das Bundesgericht hat in seinem Urteil 5A_475/2019 den Beschwerdeantrag
"um Befangenerklärung des Beschwerdegegners" (S. 2 im Abs. 4 des Sachverhalts)
ausdrücklich erwähnt, ist dann aber aber auf die Beschwerde und folglich auch
auf den erwähnten Beschwerdeantrag nicht eingetreten (E. 4 S. 4). Der
behauptete Revisionstatbestand ist somit nicht erfüllt (Urteil 1F_16/2008 vom
11. August 2008 E. 3, in: SJ 2008 I S. 465; seither z.B. Urteile 6F_7/2019 vom
21. März 2019 E. 1; 5F_3/2015 vom 13. August 2015 E. 4.1; 4F_1/2012 vom 24.
Februar 2012 E. 2.2; 5F_6/2011 vom 13. Juli 2011 E. 2).

2.3. Entgegen der Ansicht des Gesuchstellers schliesst der Revisionsgrund
gemäss Art. 121 lit. c BGG bundesgerichtliche Nichteintretensentscheide nicht
aus. Er deckt sich zwar mit dem Verbot der formellen Rechtsverweigerung (BGE
115 II 288 E. 5 S. 293; 128 III 234 E. 4a S. 242), doch verstösst das Gericht
nicht dagegen, wenn es auf ein Begehren nicht eintritt, weil für dessen
materielle Behandlung die prozessualen Voraussetzungen fehlen (Urteile 5A_257/
2009 vom 26. Oktober 2009 E. 3.5; 2C_608/2017 vom 24. August 2018 E. 5.2).

3. 

Der Gesuchsteller beruft sich auf den Revisionsgrund gemäss Art. 121 lit. d
BGG, wonach die Revision eines Entscheids des Bundesgerichts verlangt werden
kann, wenn das Gericht in den Akten liegende erhebliche Tatsachen aus Versehen
nicht berücksichtigt hat (S. 5 des Gesuchs).

3.1. Das Versehen soll nach der Darstellung des Gesuchstellers in folgender E.
3 des Urteils 5A_475/2019 unterlaufen sein (Hervorhebungen neu beigefügt) :

"Die Beschwerde hat eine Begründung zu enthalten,..

Das Obergericht hat festgehalten, dass die Vorbringen des Beschwerdeführers
insofern an der Sache vorbeigingen, als im vorliegenden Verfahren nicht die
Retournierung der Klagen, sondern die Abschreibung des Ausstandsverfahrens zu
prüfen sei, in welchem allein die Schwester Partei gewesen sei und mithin dem
Beschwerdeführer die Legitimation zur Erhebung eines Rechtsmittels abgehe,
zumal er nicht geltend mache, dass ihm die Teilnahme an jenem
Ausstandsverfahren verweigert bzw. er zu Unrecht nicht zur Teilnahme zugelassen
worden wäre.

Mit dieser Erwägung setzt sich der Beschwerdeführer nicht in einer den
dargelegten Anforderungen genügenden Weise auseinander,..

Soweit schliesslich das Gegenteil der in beiden kantonalen Entscheiden für das
Bundesgericht verbindlich getroffenen Feststellung (Art. 105 Abs. 1 BGG),
wonach im Ausstandsverfahren nur die Schwester Partei gewesen sei, behauptet
wird, steht dies in Widerspruch zu den vom Beschwerdeführer im
bundesgerichtlichen Verfahren selbst eingereichten Unterlagen (in Beilage 7
wurde mit Eingabe vom 27. März 2019 eine Begründung für die Retournierung der
Klagen verlangt und ein Ausstandsgesuch angekündigt; in Beilage 8 wurde das
Ausstandsgesuch am 1. April 2019 schliesslich eingereicht [vgl. Rechtsbegehren
8 und 9], dies aber explizit einzig im Namen der Schwester)...." 

Das Versehen erblickt der Gesuchsteller darin, dass das Bundesgericht annehme,
er habe mit seinem Schreiben vom 27. März 2019 an das erstinstanzliche Gericht
die Einreichung eines Ausstandsgesuchs angekündigt, doch sei dem Schreiben
nirgends zu entnehmen, dass noch ein explizites Ausstandsgesuch folgen werde.
Vielmehr sei dem Schreiben zu entnehmen, dass der erstinstanzliche Richter nach
Art. 47 Abs. 1 lit. f als befangen zu betrachten sei und deshalb in den
Ausstand zu treten habe (mit Hinweis auf S. 4 unten). Zur Erheblichkeit dieser
versehentlich nicht berücksichtigten Tatsache führt der Gesuchsteller aus, die
korrekte Kenntnisnahme des Schreibens vom 27. März 2019 hätte ergeben, dass er
nicht bloss ein Ausstandsgesuch angekündigt, sondern an die Adresse des
erstinstanzlichen Gerichtspräsidenten ein gehörig formuliertes Gesuch um
Ausstand eingereicht habe und deshalb im Ausstandsverfahren Partei gewesen sei
(S. 7 f. des Gesuchs).

3.2. Das Bundesgericht hat die angerufenen Belegstellen geprüft und im
Sachverhalt wiedergegeben (Art. 105 Abs. 2 BGG). Im Schreiben der Kläger vom
27. März 2019 (Bst. A.c oben) heisst es, dass der Gesuchsteller dem
Gesuchsgegner erklärt hat, sein Verhalten begründe einen Ausstandsgrund
("Gleichzeitig erklären die Kläger,.."), bzw. den Gesuchsgegner für befangen
erklärt hat ("Mit dieser Eingabe wird also der Gerichtspräsident für befangen
erklärt,.."). Eine blosse Erklärung ist indessen kein Antrag, wie ihn der
Gesuchsteller bzw. sein Vertreter im kantonalen Verfahren durchaus förmlich und
richtig zu formulieren wusste (z.B. Bst. C oben: "...für befangen zu erklären
und anzuweisen [,] in den Ausstand zu treten"). Wie der Verfasser des
Schreibens vom 27. März 2019 die darin abgegebene "Erklärung" zudem selber
verstanden hat, ergibt sich deutlich aus dem im Sachverhalt wiedergegebenen
Schreiben vom 1. April 2019 (Bst. A.d oben), wonach die Kläger im Schreiben vom
27. März 2019 die Befangenheit des Gesuchsgegners angezeigt hätten ("das
Vorliegen der Voraussetzungen von Art. 47 lit. f. ZPO sofort... dem Gericht
angezeigt"). Einen förmlichen Antrag, es sei gerichtlich der Ausstand des
Präsidenten für alle Verfahren, die die Kläger in der Erbangelegenheit dem
Gericht zur Beurteilung vorlegen werden, zu verfügen, hat im Schreiben vom 1.
April 2019 dann aber nur die Schwester des Gesuchstellers gestellt.

3.3. Die Feststellung des Bundesgerichts, dass im Schreiben vom 27. März 2019
eine blosse Erklärung abgegeben und kein förmliches Ausstandsbegehren gestellt,
sondern nur "ein Ausstandsgesuch angekündigt" wird, beruht folglich auf einer
Würdigung der weiteren Eingaben des Gesuchstellers und des Schreibens vom 1.
April 2019, das wie das Schreiben vom 27. März 2019 vom gleichen Verfasser
stammt. Es liegt bundesgerichtliche Beweiswürdigung vor, gegen die mit Revision
nicht aufzukommen ist. Denn ein Versehen im Sinn von Art. 121 lit. d BGG liegt
nur vor, wenn eine Tatsache oder ein bestimmtes Aktenstück übersehen oder mit
einem falschen Wortlaut wahrgenommen worden ist. Der Revisionsgrund ist demnach
nicht gegeben, wenn das Bundesgericht die fraglichen Aktenstellen und
Vorbringen zwar durchaus berücksichtigt, aber nicht so gewürdigt und beurteilt
hat, wie die gesuchstellende Partei dies wünscht und im Beschwerdeverfahren
beantragt hatte (Urteil 5F_3/2011 vom 4. Mai 2011 E. 2.1; seither z.B. Urteile
5F_24/2018 vom 1. Juli 2019 E. 1; 4F_17/2018 vom 9. Oktober 2018 E. 2.2).
Gerade darauf aber zielt die vom Gesuchsteller beantragte Revision ab. Es geht
vorliegend weder um ein Übersehen von Tatsachen oder Aktenstücken noch um die
falsche Wahrnehmung des Wortlauts, und es steht ausser Frage, dass das
Bundesgericht die fraglichen Schreiben in ihrer äusseren Erscheinung richtig
wahrgenommen hat. Bestritten werden will hier vielmehr einzig die beweismässige
Würdigung, was der Gesuchsteller bzw. sein Vertreter in seinem Schreiben mit
der verwendeten Formulierung "erklären" inhaltlich hat sagen wollen, mithin die
Ermittlung des inneren Willens des Gesuchstellers und des Gehalts der von ihm
gemachten Aussagen. Diese Würdigung unterliegt nicht der Revision.

4. 

Aus den dargelegten Gründen muss das Revisionsgesuch abgewiesen werden, soweit
darauf einzutreten ist. Der Gesuchsteller wird damit kostenpflichtig (Art. 66
Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Das Revisionsgesuch wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 

Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Gesuchsteller auferlegt.

3. 

Dieses Urteil wird den Parteien, dem Regionalgericht Berner Jura-Seeland und
dem Obergericht des Kantons Bern, 2. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 11. November 2019

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Herrmann

Der Gerichtsschreiber: von Roten