Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Subsidiäre Verfassungsbeschwerde 5D.111/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

5D_111/2019

Urteil vom 7. Februar 2020

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied,

Bundesrichter von Werdt, Schöbi,

Gerichtsschreiber Levante.

Verfahrensbeteiligte

A.________ GmbH,

vertreten durch Rechtsanwalt Adrian Fiechter,

Beschwerdeführerin,

gegen

SUVA Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Unterstrasse 15, 9000 St.
Gallen,

Beschwerdegegnerin.

Gegenstand

Definitive Rechtsöffnung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 21.
März 2019 (BR.2019.2).

Sachverhalt:

A.

A.a. Mit Entscheid vom 7. Januar 2019 erteilte die Einzelrichterin des
Bezirksgerichts Arbon der SUVA Schweizerische Unfallversicherungsanstalt in der
gegen die A.________ GmbH laufenden Betreibung Nr. xxx des Betreibungsamtes
Arbon für ausstehende Prämien der obligatorischen Unfallversicherung die
definitive Rechtsöffnung für Fr. 20'090.30 zuzüglich Zinsen. Als
Rechtsöffnungstitel wurden die Prämienrechnungen vom 4. Juni 2018 und 11. Juli
2018 vorgelegt.

A.b. Die A.________ GmbH gelangte gegen den erstinstanzlichen Entscheid an das
Obergericht des Kantons Thurgau. Sie beantragte die Aufhebung und in der Sache
die Abweisung des Gesuchs um definitive Rechtsöffnung. Das Obergericht wies die
Beschwerde am 21. März 2019 ab, soweit es darauf eintrat.

B.

Am 24. Mai 2019 hat die A.________ GmbH beim Bundesgericht subsidiäre
Verfassungsbeschwerde erhoben. Die Beschwerdeführerin verlangt die Aufhebung
des obergerichtlichen Entscheides und erneuert das Begehren um Abweisung der
definitiven Rechtsöffnung.

Mit Verfügung vom 10. Oktober 2019 ist der Beschwerde die aufschiebende Wirkung
gewährt worden.

Es sind die kantonalen Akten, indes keine Vernehmlassungen in der Sache
eingeholt worden.

Erwägungen:

1.

1.1. Angefochten ist der Entscheid eines oberen kantonalen Gerichts, das als
Rechtsmittelinstanz über eine Rechtsöffnung in der Höhe von Fr. 20'090.30
befunden hat. Dagegen steht die Beschwerde in Zivilsachen nicht zur Verfügung.
Die Streitwertgrenze wird nicht erreicht, und eine Rechtsfrage von
grundsätzlicher Bedeutung wird nicht geltend gemacht und ist auch nicht
ersichtlich. Damit wird die Eingabe der Beschwerdeführerin als subsidiäre
Verfassungsbeschwerde entgegengenommen (Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 1
lit. b und Abs. 2 lit. a, Art. 75 Abs. 1 und Art. 113 BGG). Die
Beschwerdeführerin ist als Schuldnerin vom angefochtenen Entscheid besonders
betroffen und daher zur Beschwerde berechtigt (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG).

1.2. Mit der Verfassungsbeschwerde kann einzig die Verletzung
verfassungsmässiger Rechte geltend gemacht werden (Art. 116 BGG).
Verfassungsrügen müssen gemäss dem strengen Rügeprinzip präzise vorgebracht und
begründet werden (Art. 117 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG). Dies bedeutet, dass
anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheides klar und einlässlich
darzulegen ist, inwiefern verfassungsmässige Rechte verletzt sein sollen (BGE
142 III 364 E. 2.4).

1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 118 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und
Beweismittel dürfen nur soweit vorgebracht werden, als erst der angefochtene
Entscheid dazu Anlass gibt. Neue Begehren sind nicht zulässig (Art. 117 i.V.m.
Art. 99 BGG).

2.

Anlass zur Beschwerde gibt die Erteilung der definitiven Rechtsöffnung an die
Beschwerdegegnerin und der Einwand der Beschwerdeführerin betreffend die
Zustellung der Verfügung. Strittig ist insbesondere der Umfang der
richterlichen Fragepflicht im Rahmen des Schriftenwechsels.

2.1. Die definitive Prämienrechnung der Beschwerdegegnerin stellt unter
bestimmten Voraussetzungen eine Verfügung und damit einen definitiven
Rechtsöffnungstitel dar (Art. 80 Abs. 2 Ziff. 2 SchKG i.V.m. Art. 54 Abs. 2
ATSG; BGE 143 III 162 E. 2). Dass dies vorliegend der Fall ist, stellt die
Beschwerdeführerin nicht mehr in Frage und ist insoweit vom Bundesgericht nicht
zu erörtern. Zu den Voraussetzungen gehört grundsätzlich der Nachweis der
Vollstreckbarkeit (Art. 80 Abs. 1 SchKG) einer Verfügung und damit der Nachweis
der Zustellung (BGE 141 I 97 E. 7.1).

2.2. Die Erstinstanz stellte der (damals nicht anwaltlich vertretenen)
Beschwerdeführerin das Rechtsöffnungsgesuch samt Beilagen zu und lud sie zur
Stellungnahme ein. Mit Schreiben vom 13. November 2018 führte die
Beschwerdeführerin aus, sie könne "nicht nachvollziehen wie es zu dieser
Forderung" komme. Dem Rechtsöffnungsgesuch der Beschwerdegegnerin wurde am 7.
Januar 2019 stattgegeben. Gegenüber der Vorinstanz machte die (nunmehr
anwaltlich vertretene) Beschwerdeführerin geltend, die definitive
Prämienrechnung nicht erhalten und darum auch keine Möglichkeit für eine
Einsprache gehabt zu haben. Die Vorinstanz erachtete dieses Vorbringen als neu
und daher unbeachtlich.

2.3. Konkret wirft die Beschwerdeführerin der Vorinstanz vor, sich nicht mit
dem Umstand befasst zu haben, dass die Erstinstanz ihre gerichtliche
Fragepflicht nicht wahrgenommen hatte. Diese Unterlassung dürfe ihr nun nicht
zum Nachteil gereichen. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin hätte die
Vorinstanz die Konkretisierung ihres Einwandes gegen die Prämienrechnungen noch
zulassen müssen und nicht als (un-zulässiges) Novum behandeln dürfen. Dieses
Vorgehen komme einer willkürlichen Anwendung der ZPO gleich und führe im
Ergebnis zu einer offensichtlich falschen Sachverhaltsfeststellung.

2.3.1. Ist das Vorbringen einer Partei unklar, widersprüchlich, unbestimmt oder
offensichtlich unvollständig, so gibt ihr das Gericht durch entsprechende
Fragen Gelegenheit zur Klarstellung und zur Ergänzung (Art. 56 ZPO). Die
gerichtliche Fragepflicht soll verhindern, dass eine Partei wegen
Unbeholfenheit ihres Rechts verlustig gehen soll. Hingegen dient sie nicht
dazu, prozessuale Nachlässigkeiten auszugleichen. Wie weit das Gericht
eingreifen soll, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (vgl. BGE 142 III
462 E. 4.3; Urteile 5A_206/2016 vom 1. Juni 2016 E. 4.2.2 und 5A_921/2014 vom
11. März 2015 E. 3.4.2).

2.3.2. Im vorinstanzlichen Verfahren machte die Beschwerdeführerin eine Reihe
von Einwänden gegen den Verfügungscharakter der Prämienrechnungen geltend.
Zudem seien ihr diese nie zugestellt worden. Sie habe erst im
Rechtsöffnungsverfahren davon Kenntnis erhalten, was sie auch sinngemäss
vorgebracht habe. Aus diesen Ausführungen lässt sich keine Kritik gegenüber der
Erstinstanz entnehmen, dass diese die gerichtliche Fragepflicht nicht
wahrgenommen habe. Weshalb sich die Vorinstanz ungeachtet einer fehlenden Rüge
gleichwohl mit der Eingabe der Beschwerdeführerin vom 13. November 2018 an die
Erstinstanz hätte befassen und insbesondere nachfragen müssen, welcher konkrete
Einwand darin erhoben werde, geht aus den Vorbringen der Beschwerdeführerin
nicht hervor. Die Beschwerdeführerin beschränkt sich darauf, der Vorinstanz
eine willkürliche Anwendung der ZPO vorzuwerfen, ohne dies jedoch
rechtsgenügend zu begründen. Die Rüge, dass die Erstinstanz die Fragepflicht
(Art. 56 ZPO) verkannt habe, wird dem Bundesgericht erstmals unterbreitet,
obwohl es möglich war, diese im kantonalen Beschwerdeverfahren vorzubringen und
von der Vorinstanz - als Rechtsmittelinstanz (Art. 75 Abs. 2 BGG) - aufgrund
der konkreten Umstände materiell beurteilen zu lassen. Auf das Vorbringen der
Beschwerdeführerin, das auf blosse Kritik am erstinstanzlichen Entscheid
hinausläuft, ist nicht einzutreten (BGE 143 III 290 E. 1.1).

2.4. Im Weiteren wirft die Beschwerdeführerin der Vorinstanz Willkür vor, da
sie ihr Vorbringen, die Prämienrechnungen nicht erhalten zu haben, als ein
Novum behandelte. Im Wesentlichen begründet die Beschwerdeführerin dies mit der
unterlassenen Fragepflicht, deren Folgen sie als Prozesspartei nicht zu tragen
habe. Wie vorangehend dargelegt, wurde die Tragweite der gerichtlichen
Fragepflicht im kantonalen Verfahren nicht aufgeworfen, weshalb es dabei
bleibt, dass die Vorinstanz sich damit nicht von sich aus befassen musste.
Damit wird dem Vorwurf der Verletzung verfassungsmässiger Rechte sowie des
überspitzten Formalismus bei Anwendung des Novenverbotes (Art. 326 Abs. 1 ZPO)
die Grundlage entzogen. Darauf kann nicht eingetreten werden.

2.5. Schliesslich wirft die Beschwerdeführerin der Vorinstanz vor, als Folge
der willkürlichen Anwendung der ZPO zum Ergebnis gelangt zu sein, dass sie die
Prämienrechnungen erhalten habe. Diese Feststellung des Sachverhalts sei
willkürlich. In Wirklichkeit habe sie die Prämienrechnungen nie erhalten und
habe sich darum gegen die geforderten Beiträge nicht wehren können. Daher fehle
es an einem definitiven Rechtsöffnungstitel, was zur Aufhebung des
Rechtsöffnungsentscheides führen müsse. Wie bereits vorangehend ausgeführt,
konnte die Vorinstanz den Einwand der Beschwerdeführerin, die Prämienrechnungen
nicht erhalten zu haben, nicht berücksichtigen, da dieses Vorbringen neu und
damit unzulässig war. Damit war die Vorinstanz an die Feststellung der
Erstinstanz gebunden. Inwiefern die Sachverhaltsfeststellung auf einer
Verletzung verfassungsmässiger Rechte beruhen soll (Art. 118 Abs. 2 BGG), legt
die Beschwerdeführerin nicht dar. Auf die Sachverhaltsrüge kann nicht
eingetreten werden.

2.6. Nach dem Gesagten werden gegenüber der Vorinstanz, welche mit ihrem
Entscheid die Erteilung der definitiven Rechtsöffnung an die Beschwerdegegnerin
geschützt hat, keine Rügen erhoben, die den Anforderungen genügen (E. 1.2).

3. Auf die Beschwerde ist insgesamt nicht einzutreten. Ausgangsgemäss werden
die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.

Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.

Die Gerichtskosten von Fr. 2'500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Thurgau
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 7. Februar 2020

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Escher

Der Gerichtsschreiber: Levante