Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.964/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

5A_964/2019

Urteil vom 15. Januar 2020

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Herrmann, Präsident,

Bundesrichter von Werdt, Schöbi,

Gerichtsschreiberin Scheiwiller.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

Beschwerdeführer,

gegen

B.________,

vertreten durch Rechtsanwältin Therese Rotzer-Mathyer,

Beschwerdegegnerin.

Gegenstand

Ehescheidung (Güterrecht, Gerichtskosten),

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Nidwalden,
Zivilabteilung, vom 29. August 2019 (ZA 19 6 P 19 12).

Sachverhalt:

Das Kantonsgericht Nidwalden schied mit Urteil vom 13. November 2018 die Ehe
von A.________ und B.________.

Die dagegen erhobene Berufung von A.________ hiess das Obergericht des Kantons
Nidwalden mit Urteil vom 29. August 2019(Postaufgabe: 18. Oktober 2019) in
Bezug auf den Kostenentscheid gut; im Übrigen wies es die Berufung ab.

Mit Beschwerde vom 27. November 2019 wendet sich A.________ (Beschwerdeführer)
an das Bundesgericht. Er beantragt die vollumfängliche Aufhebung des
vorinstanzlichen Entscheides. Zudem beantragt er für das Verfahren vor
Bundesgericht die unentgeltliche Rechtspflege. Das Bundesgericht erhob am 28.
November 2019 einen Kostenvorschuss und wies den Beschwerdeführer auf die für
die Behandlung eines Armenrechtsgesuchs erforderlichen Unterlagen hin. Das
Bundesgericht hat die kantonalen Akten, jedoch keine Vernehmlassungen
eingeholt.

Erwägungen:

1. 

Die Beschwerde richtet sich gegen den Endentscheid (Art. 90 BGG) einer letzten
kantonalen Instanz (Art. 75 Abs. 1 BGG). Der für die vorliegende
vermögensrechtliche Zivilsache (Art. 72 Abs. 1 BGG) massgebliche Streitwert von
Fr. 30'000.-- (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG) ist erreicht (Art. 51 Abs. 1 lit. a
BGG). Der Beschwerdeführer ist zur Beschwerde berechtigt (Art. 76 Abs. 1 BGG),
und die Beschwerdefrist wurde eingehalten (Art. 100 Abs. 1 BGG). Die Beschwerde
gemäss Art. 72 ff. BGG ist grundsätzlich zulässig.

2.

2.1. Mit der Beschwerde in Zivilsachen können Rechtsverletzungen gemäss Art. 95
f. BGG geltend gemacht werden. Das Bundesgericht wendet das Recht in diesem
Bereich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es befasst sich grundsätzlich
nur mit formell ausreichend begründeten Einwänden (Art. 42 Abs. 2 BGG), was
eine Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Entscheid erfordert (BGE 142 III
364 E. 2.4 S. 368 mit Hinweis). Die Rüge der Verletzung verfassungsmässiger
Rechte ist klar und detailliert zu erheben und soweit möglich zu belegen (Art.
106 Abs. 2 BGG [sog. Rügeprinzip]; BGE 142 III 364 E. 2.4 S. 368 mit
Hinweisen).

Soweit der Beschwerdeführer der Vorinstanz im Zusammenhang mit dem
Gutachtensauftrag die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vorwirft,
fehlt es an der Auseinandersetzung mit den vorinstanzlichen Ausführungen,
weshalb darauf nicht einzutreten ist.

2.2. Der von der Vorinstanz festgestellte Sachverhalt ist für das Bundesgericht
grundsätzlich verbindlich (Art. 105 Abs. 1 BGG). Diesbezüglich kann nur eine
willkürliche Sachverhaltsfeststellung gerügt werden, für welche das strenge
Rügeprinzip gilt; auf ungenügend begründete Rügen und appellatorische Kritik
kann das Bundesgericht hingegen nicht eintreten (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 140
III 264 E. 2.3 S. 266).

Die Beschwerde besteht im Wesentlichen in einer Sachverhaltsschilderung aus
eigener Sicht (z.B. Der Betrag auf dem Premiumkonto bei der Bank C.________ AG
stelle zu teilende Errungenschaft dar, das Darlehen im Betrag von Fr.
160'000.-- sei durch D.________ und die Steuerverwaltung bestätigt worden),
ohne dass diesbezüglich irgendwelche Verfassungsrügen, insbesondere nicht die
Rüge der willkürlichen Sachverhaltsfeststellung, erhoben würden. Darauf ist
nicht einzutreten.

3.

3.1. In rechtlicher Hinsicht rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung des
Anspruchs auf rechtliches Gehör, da von der Vorinstanz "rechtswidrig" keine
Frist zur Abgabe einer Replik angesetzt wurde. Diese Möglichkeit sei ihm als
Laie "unverständlicherweise" verweigert worden.

3.1.1. Mit Schreiben vom 6. Juni 2019 hat die Vorinstanz dem Beschwerdeführer
die Berufungsantwort der Beschwerdegegnerin zur Kenntnisnahme zugestellt. Die
Vorinstanz wies zudem darauf hin, dass kein zweiter Schriftenwechsel angeordnet
wird.

3.1.2. Die ZPO sieht als Regel einen Schriftenwechsel vor (Art. 312 ZPO); ein
zweiter Schriftenwechsel wird nur ausnahmsweise angeordnet (Art. 316 Abs. 2
ZPO; BGE 138 III 252 E. 2.1 S. 253). Einen Rechtsanspruch auf einen zweiten
Schriftenwechsel besteht mithin nicht.

3.1.3. Davon zu unterscheiden ist der aus dem rechtlichen Gehör (Art. 29 Abs. 1
und 2 BV und Art. 6 Abs. 1 EMRK) fliessende Anspruch der Parteien, von allen
dem Gericht eingereichten Stellungnahmen Kenntnis zu erhalten und sich dazu zu
äussern (BGE 142 III 48 E. 4.1.1 S. 52 f. mit zahlreichen Hinweisen). Dieses
Replikrecht steht einer Partei unabhängig davon zu, ob die eingereichte Eingabe
neue und erhebliche Elemente enthält (BGE 144 III 117 E. 2.1 S. 118) und ob sie
im konkreten Fall massgebend sein kann. Die Partei allein entscheidet, ob eine
neue Eingabe Bemerkungen erfordert (BGE 139 I 189 E. 3.2 S. 192). Das Recht auf
Kenntnisnahme von und Stellungnahme zu Eingaben der übrigen
Verfahrensbeteiligten dient dem fairen Verfahren in dem Sinne, dass die
Verfahrensparteien die Möglichkeit haben, sich substanziell zu Vorbringen der
Gegenpartei zu äussern. Das blosse Beharren darauf, das letzte Wort zu haben,
ohne dass damit eine effektive Rechtswahrnehmung verbunden wäre, ist
demgegenüber nicht schutzwürdig (Urteil 5A_615/2018 vom 28. Januar 2019 E.
2.3). Die Wahrnehmung des Replikrechts setzt ferner voraus, dass die fragliche
Eingabe der Partei vor Erlass des Urteils zugestellt wird, damit sie sich
darüber schlüssig werden kann, ob sie sich dazu äussern will (BGE 137 I 195 E.
2.3.1 S. 197 mit Hinweisen). In diesem Sinne ist der Prozesspartei die konkrete
Möglichkeit zur Replik einzuräumen (BGE 133 I 100 E. 4.3-4.6 S. 102 ff. mit
Hinweisen; Urteil 9C_557/2008 vom 3. April 2009 E. 3.2, nicht publ. in: BGE 135
III 289). Hierzu genügt es grundsätzlich, den Parteien die Eingaben zur
Information zuzustellen (im Einzelnen BGE 138 I 484 E. 2.4 S. 487; s. auch
Urteil 5A_825/2012 vom 17. April 2013 E. 3.3).

3.1.4. Im vorliegenden Fall geht es einzig um die Frage, ob die Zustellung der
Berufungsantwort "zur Kenntnisnahme", d.h. ohne Ansetzung einer Frist zur
Replik, eine Verletzung des rechtlichen Gehörs darstellt. Nach der
Rechtsprechung ist die Zustellung einer Eingabe zur Kenntnisnahme jedenfalls
dann zulässig, wenn von den Parteien erwartet werden kann, dass sie umgehend
unaufgefordert Stellung nehmen oder eine Stellungnahme beantragen (BGE 138 I
484 E. 2.4 S. 487; auch Urteil 5A_615/2018 vom 28. Januar 2019 E. 2.3.2 mit
Hinweisen), was insbesondere bei anwaltlich Vertretenen oder Rechtskundigen der
Fall ist (Urteil 4A_581/2013 vom 7. April 2014 E. 2.2; in BGE 138 I 484 war die
Partei anwaltlich vertreten).

Der Beschwerdeführer kommt vorliegend zwar ohne anwaltliche Vertretung ans
Bundesgericht. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass er seit 2003 wiederholt ohne
anwaltliche Unterstützung in zahlreichen Verfahren prozessiert bzw. prozessiert
hat, und zwar bis vor Bundesgericht (zuletzt u.a.: Verfahren 5A_774/2019 sowie
Urteile 1B_343/2018 vom 30. Oktober 2018 und 5A_538/2018 vom 3. August 2018).
Unter diesen Umständen kann man den Beschwerdeführer als prozesserfahren
bezeichnen, so dass er keinen weitergehenden Schutz geniesst als anwaltlich
vertretene Parteien (Urteil 5A_615/2018 vom 28. Januar 2019 E. 2.3.2).
Entsprechend hätte er wissen müssen, dass er unaufgefordert und ohne
Fristansetzung auf die Berufungsantwort zu reagieren hat. Die Vorinstanz fällte
ihren Entscheid am 29. August 2019, womit der Beschwerdeführer knapp zwei
Monate und damit mehr als genügend Zeit hatte, um auf die Berufungsantwort zu
reagieren (vgl. E. 3.1.1), wenn er dies hätte tun wollen bzw. für nötig
erachtet hätte. Zu beachten ist ferner, dass die Vorinstanz den
Beschwerdeführer darauf hingewiesen hat, dass kein zweiter Schriftenwechsel
angeordnet bzw. vonseiten Gericht keine weitere Gelegenheit zur Stellungnahme
eingeräumt würde. Insofern durfte der Beschwerdeführer nicht mit einer Replik
zuwarten, bis die Vorinstanz den Entscheid fällt oder er zur Stellungnahme
aufgefordert wird.

Aus dem Gesagten folgt, dass die Vorinstanz das rechtliche Gehör des
Beschwerdeführers, indem sie ihm bei der Zustellung der Berufungsantwort keine
Frist zur Replik angesetzt hat, nicht verletzt hat.

3.2. Weiter macht der Beschwerdeführer mit allgemeinem Verweis auf die
Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) geltend,
sein Anspruch auf Teilnahme im Verfahren bzw. sein Gehörsanspruch sei durch die
Vorinstanz willkürlich und "krass" verletzt worden, nachdem sie keine
Verhandlung durchgeführt habe. Diesbezüglich ist dem Beschwerdeführer
entgegenzuhalten, dass es im Rahmen des vorinstanzlichen Berufungsverfahrens
nach der Kann-Vorschrift von Art. 316 Abs. 1 ZPO im Ermessen des Gerichts lag,
ob es von Amtes wegen eine Verhandlung durchführen wollte (BGE 142 III 413 E.
2.2.1 S. 414 mit Hinweis). Soweit der Beschwerdeführer sinngemäss die
Verletzung von Art. 29 Abs. 2 BV bzw. Art. 6 Ziff. 1 EMRK geltend machen
möchte, zeigt er nicht auf, inwiefern die Regelung nach Art. 316 Abs. 1 ZPO mit
dem übergeordneten Verfassungs- bzw. Völkerrecht nicht vereinbar wäre. Mangels
Substanziierung kann auf diese Rüge deshalb nicht eingegangen werden.

4. 

Nach dem Gesagten ist die Beschwerde offensichtlich unbegründet und deshalb im
Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG abzuweisen, soweit auf sie
eingetreten werden kann. Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Er hat keine Parteientschädigung zu leisten,
da der Beschwerdegegnerin kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden ist
(Art. 68 Abs. 1 BGG). Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche
Rechtspflege für die Verfahrenskosten ist mit der Bezahlung des
Kostenvorschusses gegenstandslos geworden, hätte aber auch wegen
Aussichtslosigkeit der Rechtsbegehren abgewiesen werden müssen, wie die
vorstehenden Erwägungen belegen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 

Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege für das
bundesgerichtliche Verfahren wird als gegenstandslos abgeschrieben.

3. 

Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt und
mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.

4. 

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Nidwalden,
Zivilabteilung, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 15. Januar 2020

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Herrmann

Die Gerichtsschreiberin: Scheiwiller