Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.858/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

5A_858/2019

Urteil vom 25. Februar 2020

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Herrmann, Präsident,

Bundesrichter von Werdt, Schöbi,

Gerichtsschreiber Sieber.

Verfahrensbeteiligte

A.A.________,

vertreten durch Rechtsanwalt Mathias Buchmann,

Beschwerdeführerin,

gegen

B.A.________,

vertreten durch Rechtsanwältin Annina Gegenschatz,

Beschwerdegegner.

Gegenstand

Eheschutz,

Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern, 2. Abteilung, vom 18.
September 2019 (3B 18 81).

Sachverhalt:

A. 

A.A.________ (geb. 1980; Beschwerdeführerin) und B.A.________ (geb. 1982;
Beschwerdegegner) heirateten am 25. Juli 2012. Sie sind die Eltern der beiden
Kinder C.A.________ (geb. 2012) und D.A.________ (geb. 2016). Im Juli 2018
haben die Ehegatten den gemeinsamen Haushalt aufgehoben.

Mit Entscheid vom 7. Dezember 2018 regelte das Bezirksgericht Luzern auf Antrag
der Ehefrau das Getrenntleben. Dabei stellte es unter anderem die Kinder unter
die alternierende Obhut und regelte die jeweiligen Betreuungszeiten. Ausserdem
legte es die von B.A.________ an A.A.________ sowohl für diese selbst als auch
die Kinder zu bezahlenden Unterhaltsbeiträge fest.

B. 

Auf Berufung des Ehemanns hin passte das Kantonsgericht Luzern den
bezirksgerichtlichen Entscheid in verschiedenen Punkten an. Dabei legte es auch
den von diesem zu bezahlenden Ehegatten- und Kindesunterhalt neu fest.

C. 

Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 28. Oktober 2019 gelangt A.A.________ an das
Bundesgericht. Sie beantragt, das Urteil des Kantonsgerichts sei im
Unterhaltspunkt insoweit aufzuheben, als B.A.________ zu verpflichten sei, ihr
ab dem 1. Januar 2019 monatlich folgende Unterhaltsbeiträge zu bezahlen: Für
C.A.________ Fr. 1'038.-- bis zum 31. Oktober 2019 und Fr. 983.-- ab dem 1.
November 2019, für D.A.________ Fr. 1'904.-- bis zum 31. Oktober 2019 und Fr.
1'785.-- ab dem 1. November 2019 und für sich selbst Fr. 110.-- bis zum 31.
April 2019 und Fr. 296.-- ab dem 31. Mai 2019. Eventuell sei das Urteil des
Kantonsgerichts im Unterhaltspunkt aufzuheben und die Sache zur Neuberechnung
der Unterhaltsbeiträge ab dem 1. Januar 2019 an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Ausserdem ersucht A.A.________ für das bundesgerichtliche Verfahren um
unentgeltliche Rechtspflege und Beiordnung ihres Rechtsanwalts als
unentgeltlichen Vertreter.

Das Bundesgericht hat die Akten des kantonalen Verfahrens, indes keine
Vernehmlassungen eingeholt.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerde richtet sich gegen einen Endentscheid (Art. 90 BGG) einer
letzten kantonalen Instanz (Art. 75 Abs. 1 BGG) in einer Eheschutzsache. Vor
Bundesgericht steht nur die Unterhaltsfrage und damit eine vermögensrechtliche
Zivilsache im Streit (Art. 72 Abs. 1 BGG; vgl. Urteil 5A_341/2018 vom 21.
September 2018 E. 1.1). Der erforderliche Streitwert von Fr. 30'000.-- ist
erreicht (Art. 74 Abs. 1 Bst. b i.V.m. Art. 51 Abs. 1 Bst. a und Abs. 4 BGG).
Die Beschwerde in Zivilsachen ist das zutreffende Rechtsmittel. Die
Beschwerdeführerin ist nach Art. 76 Abs. 1 BGG zur Beschwerde berechtigt und
die Beschwerdefrist ist eingehalten (Art. 100 Abs. 1 und Art. 45 Abs. 1 BGG).
Auf die Beschwerde ist unter Vorbehalt der nachfolgenden Ausführungen
einzutreten.

1.2. Eheschutzentscheide gelten als Entscheide über vorsorgliche Massnahmen
nach Art. 98 BGG (BGE 133 III 393 E. 5.1 und 5.2). Mit der Beschwerde gegen
solche Entscheide kann nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt
werden. Auch eine Berichtigung oder Ergänzung der Sachverhaltsfeststellungen
der Vorinstanz kommt nur infrage, wenn diese verfassungsmässige Rechte verletzt
hat (BGE 133 III 585 E. 4.1).

Es gilt das strenge Rügeprinzip nach Art. 106 Abs. 2 BGG. Das bedeutet, dass
der Schriftsatz der rechtsuchenden Partei die wesentlichen Tatsachen und eine
kurz gefasste Darlegung darüber enthalten muss, welche verfassungsmässigen
Rechte inwiefern durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sind. Das
Bundesgericht prüft demnach nur klar und detailliert erhobene und soweit
möglich belegte Rügen. Auf ungenügend begründete Rügen und rein appellatorische
Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE 142 III 364 E. 2.4;
141 I 36 E. 1.3; 140 III 264 E. 2.3). Wird eine Verletzung des Willkürverbots
(Art. 9 BV) geltend gemacht (vgl. zu diesem BGE 142 II 433 E. 4.4; 140 III 167
E. 2.1), reicht es nicht aus, die Lage aus der eigenen Sicht darzulegen und den
davon abweichenden angefochtenen Entscheid als willkürlich zu bezeichnen. Es
ist im Einzelnen darzutun, inwiefern das kantonale Gericht willkürlich
entschieden haben soll und der angefochtene Entscheid deshalb an einem
qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet (BGE 136 I 49 E. 1.4.1; 134
II 244 E. 2.2).

2. 

Die Beschwerdeführerin wirft dem Kantonsgericht (einzig) die willkürliche
Festsetzung des ihr bei der Unterhaltsberechnung ab dem 1. Januar 2019
angerechneten (tatsächlichen) Einkommens vor.

2.1. Die Beschwerdeführerin geht einer selbständigen Erwerbstätigkeit nach und
betreibt ein Nagelstudio in Luzern. Zur Berechnung ihres Einkommens ab dem 1.
Januar 2019 erwog das Kantonsgericht, bei selbständiger Erwerbstätigkeit sei
auf das Durchschnittseinkommen in der Regel der letzten drei Jahre abzustellen.
Besonders gute oder besonders schlechte Abschlüsse müssten aber ausser Betracht
bleiben. Entsprechend sei das Geschäftsergebnis für das zweite Halbjahr 2018
nicht zu berücksichtigen, da dieses nicht repräsentativ sei. Aufgrund der
Trennung der Parteien und der ungewissen Fremdbetreuungssituation der Kinder
habe die Beschwerdeführerin in dieser Zeit weniger arbeiten können. Bezüglich
dieses zweiten Halbjahres 2018 verwies das Kantonsgericht ausserdem auf das
Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach ab Oktober 2018 eine neue
Geschäftsstruktur und in der Folge ein vermindertes Einkommen bestanden habe.
Soweit die Beschwerdeführerin aber geltend mache, die Zahlen für das erste
Halbjahr 2018 seien beschönigt, erhebe sie keine genügend substanziierten
Einwände. Mangels Vorliegens weiterer Geschäftsabschlüsse stellte die
Vorinstanz für die Einkommensberechnung auf die Nettoerträge des Jahres 2017
und des ersten Halbjahres 2018 ab. Ausserdem berücksichtigte sie Ersparnisse
aus dem Wegfall der Mehrwertsteuerpflicht sowie einer Reduktion des Mietzinses
für das Geschäftslokal. Auf diese Weise gelangte die Vorinstanz zu einem
Einkommen von Fr. 4'979.-- im Monat bei einem vollen Pensum und von monatlich
Fr. 3'950.-- für einen Beschäftigungsgrad von 80 %.

Zum massgebenden Beschäftigungsgrad hielt die Vorinstanz fest, die
Beschwerdeführerin habe während des Zusammenlebens der Parteien zu 100 %
gearbeitet. Im Januar 2018 habe sie das Pensum auf 80 % reduziert, wobei die
Reduktion darin bestanden habe, dass sie nur noch von Dienstag bis Samstag
gearbeitet habe. Wer fünf ganze Tage arbeite, leiste zwar an sich ein volles
Arbeitspensum. Aufgrund der Betreuung der Kinder und der Schulzeiten, welche
nicht einen vollen Arbeitstag abdecken würden, habe die Beschwerdeführerin
entgegen dem Bezirksgericht aber nicht voll erwerbstätig sein können und sei
ihr dies auch nicht zumutbar. Es sei ab Januar 2018 daher von einem Pensum von
80 % auszugehen.

2.2. Die Beschwerdeführerin beanstandet das Vorgehen des Kantonsgerichts im
Grundsatz nicht. Allerdings habe die Vorinstanz festgestellt, dass die
Beschwerdeführerin ab Januar 2018 nicht mehr sechs, sondern nur noch fünf Tage
gearbeitet habe. Gleichzeitig habe das Kantonsgericht festgehalten, dass ein
volles Arbeitspensum erbringe, wer fünf ganze Tage pro Woche erwerbstätig sei.
Gemäss diesen Feststellungen habe die Beschwerdeführerin im Jahr 2017 ein
Pensum von 120 % erreicht. Dies sei von der Vorinstanz bei der
Einkommensberechnung für das Jahr 2017 nicht berücksichtigt worden. Der für
dieses Jahr festgestellte Betrag - er bleibt ansonsten unbestritten - hätte
daher um einen Sechstel gekürzt werden müssen, was irrtümlich unterblieben sei.
Damit stehe die Einkommensberechnung im klaren Widerspruch zu den von der
Vorinstanz selbst getroffenen tatsächlichen Feststellungen und sei willkürlich.

Mit ihrem Vorbringen verkennt die Beschwerdeführerin das angefochtene Urteil.
Vorab geht sie im Grundsatz fehl, wenn sie aus den Ausführungen der Vorinstanz
für das Jahr 2018 etwas zu den Feststellungen über ihren Beschäftigungsgrad im
Jahr 2017 ableitet. Das Kantonsgericht hielt vielmehr unzweideutig fest, dass
die Beschwerdeführerin bis zur Trennung der Ehegatten - diese erfolgte gemäss
Feststellung der Erstinstanz im Juli 2018 (vorne Bst. A) - und damit auch im
Jahr 2017 zu 100 % gearbeitet hat. Sodann missversteht die Beschwerdeführerin
auch die Ausführungen des Kantonsgerichts zum Jahre 2018: Zwar hat die
Vorinstanz festgehalten, dass zu 100 % arbeite, wer an fünf ganzen Tagen die
Woche einer Beschäftigung nachgehe. Für die Beschwerdeführerin hat sie aber
gerade verneint, dass diese fünf ganze Tage in der Woche arbeite. Vielmehr ging
das Kantonsgericht davon aus, die Beschwerdeführerin habe an ihren insgesamt
fünf Arbeitstagen in der Woche aufgrund der ebenfalls zu leistenden
Kinderbetreuung nur zu 80 % ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen können (und
müssen). Damit hat die Vorinstanz weder die von der Beschwerdeführerin
angesprochenen Feststellungen getroffen, noch hat sie das massgebende Einkommen
in der Folge widersprüchlich berechnet. Die Beschwerde erweist sich insoweit
als unbegründet.

2.3. Die Beschwerdeführerin bringt sodann vor, dass sich ab dem 1. Oktober 2018
die Struktur ihres Geschäfts geändert habe. Das Kantonsgericht habe in diesem
Zusammenhang nur berücksichtigt, dass die Geschäftsmiete gesunken sei.
Unberücksichtigt geblieben sei dagegen, dass die Beschwerdeführerin ab März
bzw. Oktober 2018 gewisse Dienstleistungen (Permanent Make-Up, Waxing,
Pediküre) nicht mehr habe anbieten können, welche einen erheblichen Teil ihres
Umsatzes ausgemacht hätten. Dies alles habe die Beschwerdeführerin im
Berufungsverfahren vorgebracht und nachgewiesen. Ebenso habe sie geltend
gemacht, dass unter diesen Umständen für die Berechnung ihres Einkommens nur
auf das zweite Halbjahr 2018 abgestellt werden dürfe. Das Kantonsgericht habe
sowohl die vorgetragenen Tatsachen als auch die eingereichten Beweismittel -
deren Richtigkeit seien nicht hinterfragt worden - ausser Acht gelassen und es
daher unterlassen, das Einkommen der Beschwerdeführerin angemessen zu
reduzieren. Dieses Vorgehen sei willkürlich.

Anders als die Beschwerdeführerin meint, hat das Kantonsgericht von der
Umstrukturierung des Geschäfts und ihren Ausführungen zum schlechten
Geschäftsgang im zweiten Halbjahr 2018 Kenntnis genommen, auch wenn es nicht
auf die Einzelheiten eingegangen ist (vgl. E. 2.1 hiervor). Die entsprechende
Rüge geht daher fehl. Das Kantonsgericht ging sodann nicht von einer generellen
Reduktion des Einkommens der Beschwerdeführerin ab der zweiten Jahreshälfte
2018 aus. Vielmehr war es der Ansicht, der tiefe Umsatz in dieser Zeit sei als
aussergewöhnlicher und nicht repräsentativer Abschluss nicht weiter zu
berücksichtigen. Mit dieser Würdigung der tatsächlichen Geschehnisse und mit
den rechtlichen Grundlagen, auf welche das Kantonsgericht sich stützt, setzt
die Beschwerdeführerin sich nicht auseinander. Vielmehr stellt sie den
Überlegungen des Kantonsgerichts im Ergebnis einfach ihre eigene Darstellung
zur Massgeblichkeit der Zahlen des zweiten Halbjahres 2018 bei der
Einkommensberechnung entgegen und bezeichnet Erstere als willkürlich. Dies
genügt den strengen Begründungsanforderungen von Art. 106 Abs. 2 BGG nicht
(vorne E. 1.2) und auf die Beschwerde ist insoweit nicht einzutreten.

3.

3.1. Nach dem Ausgeführten vermag die Beschwerdeführerin keine Willkür bei der
Festsetzung des ihr angerechneten Einkommens aufzuzeigen. Die Beschwerde
erweist sich als unbegründet, soweit darauf einzutreten ist. Auf die weiteren
Ausführungen der Beschwerdeführerin bezüglich der Auswirkungen der dem
Kantonsgericht vorgeworfenen Verfehlungen auf die Berechnung der
Unterhaltsbeiträge ist unter diesen Umständen nicht mehr einzugehen.

3.2. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten der
Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigung ist
keine zu sprechen, da dem obsiegenden Beschwerdegegner mangels Einholens einer
Vernehmlassung kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden ist (Art. 68
Abs. 1 und 2 BGG). Das Gesuch der Beschwerdeführerin um unentgeltliche
Rechtspflege im bundesgerichtlichen Verfahren ist abzuweisen, da die Beschwerde
nach dem Ausgeführten als aussichtslos qualifiziert werden muss (Art. 64 Abs. 1
BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.

2. 

Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3. 

Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

4. 

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Luzern, 2. Abteilung,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 25. Februar 2020

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Herrmann

Der Gerichtsschreiber: Sieber