Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.606/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

5A_606/2019

Urteil vom 3. Dezember 2019

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Herrmann, Präsident,

Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Bovey,

Gerichtsschreiber Levante.

Verfahrensbeteiligte

A.________ AG,

Beschwerdeführerin,

gegen

Konkursamt Luzern, Museggstrasse 21, 6004 Luzern.

Gegenstand

Kollokationsplan und Lastenverzeichnis (Spezialliquidation/Schätzung),

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Luzern, 1. Abteilung als
obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, vom 12.
Juli 2019 (2K 19 5).

Sachverhalt:

A.

A.a. Am 26. Februar 2019 erstellte das Konkursamt Luzern im Konkurs über die
B.________ AG den Kollokationsplan und das Lastenverzeichnis. Das Verfahren
beschränkt sich auf die Spezialliquidation nach Art. 230a Abs. 2 SchKG einer 6½
Zimmer-Maisonettewohnung samt zwei Kellern in U.________ (Stockwerkanteil Nr.
xxx am Grundstück Nr. yyy). Der Schätzungswert wurde mit Fr. 3'000'000.--
aufgeführt. Kollokationsplan samt Lastenverzeichnis wurden vom 1. bis 21. März
2019 beim Konkursamt aufgelegt.

A.b. Die A.________ ist als Inhaberin eines Schuldbriefes über Fr.
1'000'000.--, 3. Pfandstelle, lastend auf dem Stockwerkanteil Nr. xxx, für eine
Forderung von Fr. 1'071'670.-- kolloziert.

B.

B.a. Mit Eingabe vom 20. März 2019 gelangte die A.________ AG gegen das
Lastenverzeichnis und den Kollokationsplan an das Bezirksgericht Luzern als
untere kantonale Aufsichtsbehörde nach SchKG. Sie verlangte eine Neuschätzung
des Stockwerkanteils Nr. xxx. Mit Entscheid vom 6. Mai 2019 trat das
Bezirksgericht auf die Beschwerde wegen Verspätung nicht ein.

B.b. Daraufhin wandte sich die A.________ an das Kantonsgericht Luzern als
obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs und
wiederholte ihr Begehren um eine Neuschätzung des Stockwerkanteils Nr. xxx. Die
Beschwerde wurde am 12. Juli 2019 abgewiesen.

C.

Die A.________ ist mit Beschwerde in Zivilsachen vom 2. August 2019 an das
Bundesgericht gelangt. Die Beschwerdeführerin erneuert den im kantonalen
Verfahren gestellte Antrag auf Neuschätzung.

Es sind die kantonalen Akten, indes keine Vernehmlassungen eingeholt worden.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerde in Zivilsachen gegen den Entscheid der oberen kantonalen
Aufsichtsbehörde in einer Konkurssache ist gegeben (Art. 19 SchKG i.V.m. Art.
72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 2 lit. d und Art. 75 Abs. 2 BGG).

1.2. Die Beschwerdeführerin ist als Pfandgläubigerin vom Entscheid über die
Neuschätzung eines Konkursaktivums besonders berührt und daher zur Beschwerde
berechtigt (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG).

1.3. Mit der vorliegenden Beschwerde kann insbesondere die Verletzung von
Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). In der Beschwerde ist in
gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt
(Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 143 I 377 E. 1.2). Die Verletzung verfassungsmässiger
Rechte ist ebenfalls zu begründen, wobei hier das Rügeprinzip gilt (Art. 106
Abs. 2 BGG; BGE 142 III 364 E. 2.4).

1.4. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und
Beweismittel sind nur zulässig, soweit der vorinstanzliche Entscheid dazu
Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).

2.

2.1. Die Vorinstanz bestätigte die Ansicht des Bezirksgerichts, dass die
Beschwerde gegen den Kollokationsplan samt Lastenverzeichnis innert zehn Tagen
ab Publikation der Auflage im SHAB zu erfolgen habe; diese Frist sei im
konkreten Fall nicht eingehalten worden. Zudem bestehe im Rahmen des
summarischen Konkursverfahrens kein Anspruch auf eine Neuschätzung nach Art. 9
Abs. 2 VZG.

2.2. Demgegenüber ist die Beschwerdeführerin der Meinung, dass auf ihre
Beschwerde einzutreten sei, da sie innert zehn Tagen nach Einsichtnahme in den
aufgelegten Kollokationsplan samt Lastenverzeichnis erhoben worden sei.
Gestützt auf Art. 257 Abs. 3 SchKG habe sie das Recht auf eine Neuschätzung der
Liegenschaft in U.________, die umgehend angeordnet werden müsse.

3.

Anlass zur Beschwerde gibt der im Rahmen einer Spezialliquidation gemäss Art.
230a Abs. 2 SchKG erstellte Kollokationsplan samt Lastenverzeichnis. Strittig
ist insbesondere die das Lastenverzeichnis aufgenommene Schätzung der zur
Verwertung anstehenden Liegenschaft.

3.1. Mit der Einstellung des Konkurses mangels Aktiven ist das Konkursverfahren
beendet und die juristische Person ist im Handelsregister grundsätzlich zu
löschen (Art. 159 Abs. 3 und Abs. 5 lit. a HRegV). Gleichwohl besteht sie zu
Konkurszwecken weiter und der Konkursbeschlag bleibt bestehen, soweit sich in
der Konkursmasse mit Pfandrechten belastete Vermögenswerte befinden. Verlangt
ein Pfandgläubiger die Verwertung seines Pfandes, so nimmt das Konkursamt von
Amtes wegen die Spezialliquidation nach Art. 230a Abs. 2 SchKG vor. Das Gesetz
regelt diese Verwertung nicht eigens, weshalb das summarische Konkursverfahren
zur Anwendung kommt (BGE 140 III 462 E. 5.1; 97 III 34 E. 3; Urteil 5A_272/2016
vom 4. August 2016 E. 2.1; LORANDI, Einstellung des Konkurses über juristische
Personen mangels Aktiven, AJP 1999 S. 41, 43; GASSER, Die Liquidation nach Art.
230a SchKG, in: Schuldbetreibung und Konkurs im Wandel, 2000, S. 61; VOUILLOZ,
La suspension de la faillite faute d'actif, Jusletter 28. Oktober 2019, Rz. 59,
69).

3.2. Vorab wirft die Beschwerdeführerin der Vorinstanz vor, den Sachverhalt
unvollständig festgehalten zu haben. Tatsächlich geht aus dem angefochtenen
Entscheid nicht hervor, dass der Konkurs über die B.________ AG in Liquidation
zuvor mangels Aktiven eingestellt worden sei, wie die Beschwerdeführerin
schildert. Allerdings gelten Tatsachen, die im Handelsregister eingetragen
sind, als allgemein bekannte (notorische) Tatsachen (BGE 143 IV 380 E. 1.1.1;
138 II 557 E. 6.2; Urteil 5A_168/2018 vom 17. Januar 2019 E. 2.4), und dem
zentralen Firmenindex des Eidgenössischen Amtes für das Handelsregister sowie
dem Schweizerischen Handelsamtsblatt (SHAB) lässt sich entnehmen, dass der
Einzelrichter des Bezirksgerichts Luzern mit Entscheid vom 6. Juni 2017 das
Konkursverfahren mangels Aktiven eingestellt hat. Entscheidend ist im konkreten
Fall zudem, dass das Konkursamt nunmehr die Spezialliquidation einer
Liegenschaft nach Art. 230a Abs. 2 SchKG durchführt, was sich auch dem
Kollokationsplan entnehmen lässt.

3.3. Die Beschwerdeführerin besteht auch vor Bundesgericht darauf, gegen den im
Lastenverzeichnis aufgeführten Schätzwert rechtzeitig Beschwerde erhoben zu
haben. Sie weist darauf hin, dass der Kollokationsplan samt Lastenverzeichnis
vom 1. bis 21. März 2019 zur Einsicht aufgelegen habe. Am 19. März 2019 habe
sie darin Einsicht genommen, womit die zehntägige Beschwerdefrist zu laufen
begonnen habe und mit ihrer Beschwerde vom 20. März 2019 eingehalten wurde.

3.3.1. Nach den vorinstanzlichen Feststellungen wurde die Auflage des
Kollokationsplans samt Lastenverzeichnis vom 1. bis 21. März 2019 im SHAB vom
1. März 2019 publiziert. Damit hat die zehntägige Beschwerdefrist (Art. 17
SchKG) nach Auffassung der Vorinstanz am 1. März 2019 zu laufen begonnen. Dass
die Beschwerdeführerin unverschuldeterweise erst nach Ablauf der
Beschwerdefrist die Unterlagen einsehen konnte, bringe sich nicht vor. Damit
schützte die Vorinstanz im Ergebnis die Auffassung des Bezirksgerichts, dass
die Beschwerde zu spät eingereicht wurde.

3.3.2. Die Beschwerdeführerin wendet ein, dass entgegen der Praxis des
Bundesgerichts der Fristenlauf für die Beschwerde gegen die Schätzung auf die
volle Auflagedauer des Kollokationsplans auszudehnen sei. Damit habe in ihrem
Fall die Beschwerdefrist mit der Einsichtnahme begonnen und sei eingehalten
worden.

3.3.3. Im Verfahren nach Art. 230a Abs. 2 SchKG ist (ohne Beteiligung von
Drittklassgläubigern) ein Kollokations- bzw. Lastenverzeichnis zu erstellen
(Urteil 5A_796/2016 vom Urteil vom 4. September 2017 E. 3.3; LORANDI, a.a.O.,
S. 43; VOUILLOZ, La suspension [...], a.a.O., N. 69, 70; SCHMID/JENT-SØRENSEN,
Zur Liquidation juristischer Personen nach Art. 230a SchKG, in: Festschrift
Isaak Meier, 2015, S. 645). Gemäss ständiger Praxis des Bundesgerichts beginnt
allgemein die Frist zur Anfechtung des Kollokationsplans und damit des
Lastenverzeichnisses mit der Publikation der Auflage im SHAB. Anders als in der
Spezialexekution steht das Lastenverzeichnis nämlich nicht für sich, sondern es
bildet einen Bestandteil des Kollokationsplans (Art. 247 Abs. 2 SchKG). Der
Fristbeginn gilt gleichermassen für die Anfechtung des Lastenverzeichnisses wie
für die Beschwerde nach Art. 17 SchKG (Urteil 5A_66/2010 vom 16. November 2010
E. 5, in SJ 2011 I S. 204; vgl. BGE 135 III 545 E. 2). Diese Ansicht wird von
der Lehre durchwegs geteilt (u.a. GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur
la poursuite pour dettes et la faillite, Bd. III, 2001, N. 17 zu Art. 249).

3.3.4. Den Vorbringen der Beschwerdeführerin lassen sich keine Argumente
entnehmen, wonach die Vorinstanz den Fristenlauf für die Beschwerde nach Art.
17 SchKG entgegen der bundesgerichtlichen Rechtsprechung beurteilt hätte. Damit
bleibt es dabei, dass die Beschwerde verspätet eingereicht worden ist.

3.4. In der Sache besteht die Beschwerdeführerin auf der Anordnung einer
Neuschätzung der zur Verwertung anstehenden Liegenschaft.

3.4.1. Die Vorinstanz hat ungeachtet der als verspätet erachteten Beschwerde zu
den Vorbringen der Beschwerdeführerin gegen die Schätzung Stellung genommen.
Dabei hat sie diese zuerst auf den Unterschied einer Beschwerde gegen die
Schätzung und eines Gesuchs um Neuschätzung hingewiesen. Die Kritik an der
Schätzung hat sie alsdann als Beschwerde interpretiert, da sinngemäss ein
falsches Vorgehen bei der Erstellung des Lastenverzeichnisses gerügt werde. In
Wirklichkeit werde aber bloss eine fehlende objektive Bewertung ins Feld
geführt, welche mit dem Hinweis auf den Zeitablauf und den damit verbunden
Veränderungen auf dem Immobilienmarkt in U.________ begründet werde. Ein
solcher Einwand könnte aber nur im Rahmen einer Neuschätzung nach Art. 9 Abs. 2
VZG geprüft werden. Die Vorinstanz kam alsdann zum Schluss, dass der Art. 9
Abs. 2 VZG im summarischen Konkursverfahren - und damit auch im Verfahren nach
Art. 230a Abs. 2 SchKG - nicht zur Anwendung komme. Massgebend seien einzig die
Art. 122 ff. VZG und die Verordnung des Bundesgerichts über die
Geschäftsführung der Konkursämter (KOV), welche eine analoge Vorschrift zu Art.
9 VZG oder einen Verweis darauf nicht vorsähen. Die Vorinstanz stützte ihre
Ansicht auf einen bundesgerichtlichen Entscheid (BGE 114 III 29 E. 3c), wonach
nichts darauf hinweise, dass diese Bestimmung im (summarischen)
Konkursverfahren anwendbar wäre (Urteil 5A_195/2010 vom 17. Juni 2010 E. 2.2;
VOUILLOZ, La liquidation sommaire de la faillite, AJP 2001 S. 973; AMONN, in:
Die Rechtsprechung [...], ZBJV 1990 S. 575; LUSTENBERGER, in: Basler Kommentar,
Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl. 2010, N. 46 zu Art.
231).

3.4.2. Die Beschwerdeführerin geht auf die Voraussetzungen einer Beschwerde
gegen die Schätzung und die Abgrenzung zum Gesuch um eine Neuschätzung im
vorliegenden Verfahren nicht ein (vgl. dazu BGE 133 III 537 E. 4). Sie
beschränkt sich vor Bundesgericht auf die Frage einer Neuschätzung. Dabei
stellt sie sich auf den Standpunkt, dass das Bundesgericht in seinem Urteil
(BGE 114 III 29 E. 3) die auf Gesetzesebene vorgesehene Regelung von Art. 257
Abs. 3 SchKG übersehen und sich stattdessen nur mit Art. 9 VZG befasst habe.
Soweit die Beschwerdeführerin hierbei den Vorrang einer gesetzlichen Bestimmung
vor einer Verordnung betonen möchte, kann ihr im Hinblick auf die Möglichkeit
einer Neuschätzung nicht gefolgt werden. In Art. 257 SchKG wird einzig die
öffentliche Bekanntmachung der Versteigerung geregelt und nicht die Auflage des
Kollokationsplans samt Lastenverzeichnis (Art. 249 SchKG). Der Hinweis an die
Grundpfandgläubiger in Art. 257 Abs. 3 SchKG ermöglicht ihnen mitzubieten
(BÜRGI, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs,
2. Aufl. 2010, N. 7 zu Art. 257). Hingegen schafft ihnen die Mitteilung der
Versteigerung und damit des Steigerungswertes keine (neue) Möglichkeit, den
letzteren im Verfahren des summarischen Konkurses bzw. der Spezialliquidation
nach Art. 230a Abs. 2 SchKG anzufechten.

4.

Nach dem Gesagten ist der Beschwerde insgesamt kein Erfolg beschieden.
Ausgangsgemäss trägt die Beschwerdeführerin die Verfahrenskosten (Art. 66 Abs.
1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.

Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.

Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Konkursamt Luzern und dem
Kantonsgericht Luzern, 1. Abteilung als obere kantonale Aufsichtsbehörde über
Schuldbetreibung und Konkurs, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 3. Dezember 2019

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Herrmann

Der Gerichtsschreiber: Levante