Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.569/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

5A_569/2019

Urteil vom 17. Oktober 2019

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Herrmann, Präsident,

Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Bovey,

Gerichtsschreiber Levante.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

vertreten durch

Rechtsanwalt Flurin Turnes,

Beschwerdeführerin,

gegen

B.________,

vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Sebastian Reichle,

Beschwerdegegnerin,

Betreibungsamt Appenzeller Vorderland.

Gegenstand

Aufhebung des Arrestbeschlags,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts Appenzell Ausserrhoden,
Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs, vom 25. Juni 2019

(AB 19 3).

Sachverhalt:

A.

A.a. Am 27. September 2017 leitete A.________ beim Betreibungsamt Appenzeller
Vorderland gegen B.________ die Betreibung Nr. xxx auf Zahlung von Fr.
660'000.-- plus Zinsen ein. Gleichzeitig erwirkte sie beim Kantonsgericht
Appenzell Ausserrhoden die Verarrestierung der Forderung von B.________
gegenüber der Swisslos Interkantonalen Landeslotterie in der Höhe von Fr.
650'000.-- netto (Fr. 1 Mio. abzüglich Verrechnungssteuer von 35 %).

A.b. B.________ erhob in der Betreibung Nr. xxx Rechtsvorschlag. A.________
ersuchte den Einzelrichter des Kantonsgerichts Appenzell Ausserrhoden um
Gewährung der definitiven Rechtsöffnung. Als Rechtsöffnungstitel legte sie das
rechtskräftige Strafurteil des Obergerichts des Kantons Appenzell Ausserrhoden
vom 24. Juni 2003 vor, mit welchem B.________ adhäsionsweise zur Begleichung
einer Zivilforderung von Fr. 660'000.-- verpflichtet worden war. B.________
erhob die Einrede der Verjährung. Das Rechtsöffnungsgesuch wurde am 5. März
2018 abgewiesen. Der anschliessenden Beschwerde an das Obergericht war kein
Erfolg beschieden. Das Bundesgericht wies die von A.________ erhobene
Beschwerde in Zivilsachen mit Urteil 5A_730/2018 vom 25. März 2019 ebenfalls
ab.

B.

B.a. Mit Eingabe vom 5. Juni 2019 ersuchte A.________ beim Kantonsgericht
erneut um Bewilligung eines Arrestes betreffend den beim Betreibungsamt
verarrestierten Betrag von einer Million Franken (brutto) und um Erlass des
entsprechenden Arrestbefehls. Die Einzelrichterin wies das Gesuch am 7./11.
Juni 2019 ab.

B.b. Mit Verfügung vom 11. Juni 2019 stellte das Betreibungsamt fest, dass der
Rechtsvorschlag in der Betreibung Nr. xxx von keiner Gerichtsinstanz beseitigt
war und innert zehn Tagen seit Erlass des Bundesgerichtsurteils vom 25. März
2019 von der Gläubigerin keine Klage erhoben worden war. Demzufolge hob es den
Arrestbeschlag auf und stellt die sofortige Auszahlung des Betrages von netto
Fr. 650'000.-- an B.________ in Aussicht.

B.c. Gegen die Aufhebungsverfügung des Betreibungsamtes reichte A.________
Beschwerde beim Obergericht als Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und
Konkurs ein. Sie beantragte die Aufhebung der Arrestaufhebungsverfügung und die
Vormerkung des erneuten Arrestgesuchs. Die Beschwerde wurde vom Obergericht am
25. Juni 2019 abgewiesen.

C.

A.________ ist mit Beschwerde in Zivilsachen vom 15. Juli 2019 an das
Bundesgericht gelangt. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung des
obergerichtlichen Entscheides und erneuert ihre im kantonalen Verfahren
gestellten Rechtsbegehren. Am 15. August 2019 hat sie ihre Beschwerde ergänzt.

Mit Verfügung vom 11. September 2019 ist der Beschwerde - entgegen
Stellungnahme und Antrag von B.________ (Beschwerdegegnerin) - die
aufschiebende Wirkung zuerkannt worden.

Es sind die kantonalen Akten, indes keine Vernehmlassungen in der Sache
eingeholt worden.

Erwägungen:

1.

1.1. Angefochten ist der Entscheid einer kantonalen Aufsichtsbehörde, die als
Rechtsmittelinstanz über eine betreibungsamtliche Verfügung befunden hat.
Dagegen ist die Beschwerde in Zivilsachen gegeben (Art. 19 SchKG i.V.m. Art. 72
Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 2 lit. c und Art. 75 Abs. 1 BGG).

1.2. Die Beschwerdeführerin ist als Gläubigerin von der Aufhebung des Arrestes
besonders berührt und daher ohne weiteres zur Beschwerde berechtigt (Art. 76
Abs. 1 lit. b BGG).

1.3. Die vom Betreibungsamt verfügte Aufhebung des Arrestes ist ein
Endentscheid und stellt keine vorsorgliche Massnahme im Sinne von Art. 98 BGG
dar. Damit kommt der vom 15. Juli bis und mit dem 15. August geltende
Fristenstillstand für die gesetzliche Beschwerdefrist von zehn Tagen zum Tragen
(Art. 46 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 e contrario BGG, Art. 100 Abs. 2 lit. b BGG).
Die Beschwerde samt Ergänzung ist somit fristgerecht eingereicht worden. 

1.4. Mit der vorliegenden Beschwerde kann insbesondere die Verletzung von
Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). In der Beschwerde ist in
gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt
(Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 143 I 377 E. 1.2). Die Verletzung verfassungsmässiger
Rechte ist ebenfalls zu begründen, wobei hier das Rügeprinzip gilt (Art. 106
Abs. 2 BGG; BGE 142 III 364 E. 2.4).

1.5. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und
Beweismittel sind nur zulässig, soweit der vorinstanzliche Entscheid dazu
Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdeführerin weist auf den
Entscheid des Obergerichts vom 15. Juli 2019 hin, mit welchem in Gutheissung
der Beschwerde der Entscheid des Arrestgerichts vom 7. Juni 2019 (betreffend
Abweisung des Arrestbegehrens vom 5. Juni 2019; Verfahren Nr. SV 19 103)
aufgehoben und gleichzeitig ein Arrestbefehl an das Betreibungsamt erlassen
worden ist. Das Vorbringen ist unbeachtlich, da erst nach dem angefochtenen
Entscheid (vom 25. Juni 2019) entstandene Tatsachen nicht durch diesen
veranlasst worden und daher unzulässig sind (BGE 133 IV 342 E. 2.1).

2.

2.1. Nach Ansicht der Vorinstanz sind die Voraussetzungen für das Dahinfallen
des am 29. September 2017 auf Ersuchen der Beschwerdeführerin vollzogenen
Arrestes offensichtlich erfüllt, weshalb das Betreibungsamt den Arrestbeschlag
zu Recht aufgehoben habe.

2.2. Die Beschwerdeführerin verweist demgegenüber auf ihr erneutes Arrestgesuch
vom 5. Juni 2019, womit eine Aufhebung des bereits bestehenden
Arrestesbeschlags nicht zulässig sei.

3.

Anlass zum vorliegenden Verfahren gibt das Dahinfallen eines Arrestes.

3.1. Der Arrest fällt ex lege dahin, wenn der Gläubiger ihn nicht fristgerecht
prosequiert, wenn er die Klage oder die Betreibung zurückzieht oder erlöschen
lässt oder wenn er mit seiner Klage vom Gericht endgültig abgewiesen wird (Art.
280 SchKG). Das Betreibungsamt stellt zu gegebener Zeit das Dahinfallen des
Arrestes fest und gibt die verarrestierten Gegenstände frei. Geschieht dies
nicht, so kann der Schuldner jederzeit verlangen, dass die Freigabe nachgeholt
wird (BGE 106 III 92 E. 1; Urteil 5A_308/2011 vom 8. September 2011 E. 1.3). Es
handelt sich dabei nicht um eine (eigentliche) Aufhebung des Arrestes, sondern
vielmehr um die Freigabe der Arrestgegenstände von Amtes wegen, da der Arrest
nicht prosequiert wurde oder das Gericht dem Gläubiger die Vollstreckung
definitiv versagt hat (BGE 138 III 528 E. 4.3; REISER, in: Basler Kommentar,
Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl. 2010, N. 1 zu Art.
280). 

3.2. Im vorliegenden Fall erliess das Betreibungsamt am 11. Juni 2019 eine
Verfügung, in welcher es festhielt, dass die Beschwerdeführerin keine
definitive Rechtsöffnung für die in Betreibung gesetzte Forderung von Fr.
660'000.-- plus Zinsen erlangen konnte. Im Anschluss an das (abschlägige)
Urteil des Bundesgerichts vom 25. März 2019 habe sie innert der Frist von zehn
Tagen beim zuständigen Gericht keine Anerkennungsklage erhoben. Somit sei der
Arrestbeschlag über den Betrag von Fr. 650'000.-- aufzuheben und der
Arrestschuldnerin nach Rechtskraft dieser Verfügung auszuzahlen. Die Vorinstanz
schützte diesen Standpunkt und wies darauf hin, dass es vorliegend einzig um
den am 27. September 2017 angeordneten Arrest (Nr. SV 17 194) gehe. Das zweite
Arrestgesuch vom 5. Juni 2019 habe keinen Einfluss auf das vorliegende
Verfahren, so dass dessen derzeitiger Verfahrensstand (Abweisung des
Arrestgesuchs mit Entscheid [Nr. SV 19 103] des Arrestgerichts vom 7. Juni
2019) keine Rolle spiele.

3.3. Die Beschwerdeführerin macht vorab eine Verletzung verschiedener Regeln
des Bundesrechts geltend. So beruft sie sich auf Art. 142 OR und betont, dass
der Richter die Verjährung nicht von Amtes wegen berücksichtigen dürfe. Weiter
beruft sie sich auf Art. 38 SchKG, wonach eine Betreibung voraussetzungslos
angehoben werden könne, was ihr verwehrt worden sei. Schliesslich bringt sie
vor, es sei ihr nicht möglich gewesen, eine gemäss den Anforderungen von Art.
67 SchKG entsprechende Betreibung anzuheben, was obligationenrechtlich zu einer
Missachtung von Art. 134 Abs. 1 Ziff. 6 OR geführt habe.

3.3.1. Diese Vorbringen der Beschwerdeführerin sind nur teilweise verständlich.
Soweit dies überhaupt der Fall ist, beziehen sie sich auf ihr Gesuch um
Gewährung der definitiven Rechtsöffnung. Die Beschwerdeführerin äussert sich
vorliegend erneut zur Frage der Verjährung und nimmt nicht zur Kenntnis, dass
das Bundesgericht in seinem Urteil 5A_730/2018 vom 25. März 2019 dazu eine
Antwort gegeben hat. Es hat insbesondere die Auffassung des Obergerichts in
seinem Entscheid vom 2. August 2018 bestätigt, dass die Verjährung in der
Betreibung Nr. xxx eingetreten und die definitive Rechtsöffnung daher zu Recht
verweigert worden ist. Darauf ist vorliegend nicht zurückzukommen.

3.3.2. Zudem ist kein Zusammenhang zwischen dem im Rechtsöffnungsverfahren
geprüften Einwand der Verjährung der Betreibungsforderung und der vorliegend
strittigen Freigabe der verarrestierten Vermögenswerte erkennbar, womit auf das
Vorbringen nicht einzutreten ist.

3.4. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin kommt Art. 280 SchKG gar nicht zur
Anwendung, da es um ein erneutes Arrestgesuch gehe. Das Betreibungsamt sei im
Vorfeld - d.h. bei der Beurteilung der Frage, ob der Arrest Nr. SV 17 194
dahingefallen sei - auf die Rechtshängigkeit des neuen Gesuchs hingewiesen
worden, was von diesem nicht richtig eingeordnet worden sei. Darin liege eine
Rechtsverweigerung im Sinne von Art. 17 SchKG.

3.4.1. Mit dieser Sichtweise berücksichtigt die Beschwerdeführerin nicht, dass
es vorliegend einzig um die Rechtmässigkeit der betreibungsamtlichen Verfügung
vom 11. Juni 2019 geht. Das Betreibungsamt hatte von Amtes wegen zu prüfen, ob
der am 29. September 2017 vollzogene Arrest Nr. SV 17 194 dahingefallen war.
Die Erwägung der Vorinstanz, dass dieser Arrest dahingefallen ist, stellt die
Beschwerdeführerin gar nicht in Frage. Hingegen musste das Betreibungsamt nicht
berücksichtigen, ob ein erneutes Arrestbegehren beim Richter eingereicht worden
war. Gegenstand der betreibungsamtlichen Verfügung vom 11. Juni 2019 ist das
Dahinfallen des Arrestes Nr. SV 17 194, nicht die Frage eines Arrestes im
Verfahren Nr. SV 19 103. Ob die Voraussetzungen für die Bewilligung eines
Arrestes gegeben sind, befindet nämlich einzig das Arrestgericht (Art. 272 Abs.
1 SchKG); dabei kommt das summarische Verfahren zur Anwendung (Art. 251 lit. a
ZPO). Dem Betreibungsamt und der Aufsichtsbehörde kommt demgegenüber die Rolle
der Vollzugsbehörde zu, weshalb sie dem Arrestbefehl Folge zu leisten haben.
Sie sind nicht befugt, den Arrestbefehl auf seine materielle Begründetheit hin
zu überprüfen. Der Vollzug darf nur verweigert werden, wenn sich der
Arrestbefehl als offensichtlich nichtig erweisen sollte (BGE 136 III 379 E.
3.1). So wie das Betreibungsamt einen Arrestbefehl zu vollziehen hat, so kann
es - umgekehrt - Massnahmen eines dahingefallenen Arrestes nicht von sich aus
weiterführen (BGE 93 III 67 E. 3 a.E.) oder gar ohne Arrestbefehl vollziehen. 

3.4.2. Demnach durfte die Vorinstanz sich als Aufsichtsbehörde zum Dahinfallen
des Arrestes und der Freigabe des verarrestierten Vermögenswertes äussern, ohne
einen Bezug zum erneuten Arrestgesuch herstellen zu müssen. Zwar lässt die
Abweisung eines Arrestbegehrens durch die Arrestbehörde eine spätere
Wiederholung des Gesuches grundsätzlich zu (vgl. BGE 60 I 253 E. 2; 138 III 382
E. 3.2.2; u.a. KREN KOSTKIEWICZ, Schulthess-Kommentar SchKG, 2017, N. 29 zu
Art. 272). Diese Möglichkeit verschafft dem Arrestgläubiger indes kein Recht
auf "Vormerkung" des erneuten Gesuches beim Betreibungsamt mit dem Ziel und der
Wirkung, die Freigabe der verarrestierten Vermögenswerte zu verhindern. Sofern
das Arrestgericht das erneute Gesuch bewilligt, wird es einen Arrestbefehl
erlassen, und das Betreibungsamt wird diesen vollziehen.

3.5. Nach dem Gesagten ist der Vorinstanz keine Verletzung von Bundesrecht
vorzuwerfen, wenn sie die vom Betreibungsamt angeordnete Freigabe der
verarrestierten Forderung geschützt hat.

4.

Der Beschwerde ist kein Erfolg beschieden. Ausgangsgemäss trägt die
Beschwerdeführerin die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der
Beschwerdegegnerin, die mit ihrem Antrag um Abweisung des Gesuches um
aufschiebende Wirkung unterlegen ist, ist kein entschädigungspflichtiger
Aufwand entstanden.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.

Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.

Dieses Urteil wird den Parteien, dem Betreibungsamt Appenzeller Vorderland und
dem Obergericht Appenzell Ausserrhoden, Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung
und Konkurs, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 17. Oktober 2019

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Herrmann

Der Gerichtsschreiber: Levante