Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.51/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

5A_51/2019

Urteil vom 7. Oktober 2019

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied,

Bundesrichter Schöbi, Bovey,

Gerichtsschreiber Levante.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

vertreten durch Rechtsanwalt Paul Brantschen,

Beschwerdeführer,

gegen

B.________,

Beschwerdegegner.

Gegenstand

Provisorische Rechtsöffnung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom
30. November 2018 (40/2018/9/D).

Sachverhalt:

A.

A.a. Am 7. Oktober 2017 stellte B.________ in der gegen A.________ laufenden
Betreibung Nr. aaa (Betreibungsamt Schaffhausen) das Gesuch um provisorische
Rechtsöffnung für Fr. 275'385.50 nebst 4% Zins auf Fr. 168'962.35 seit dem 12.
November 2016. Als Rechtsöffnungstitel legte er eine Vereinbarung vor, welche
die Parteien am 26./30. November 2012 abgeschlossen hatten.

A.b. Mit Verfügung vom 23. November 2018 erteilte die Einzelrichterin des
Kantonsgerichts Schaffhausen B.________ die provisorische Rechtsöffnung im
beantragten Umfang.

B. 

Daraufhin reichte A.________ beim Obergericht des Kantons Schaffhausen
Beschwerde ein und beantragte die Abweisung des Rechtsöffnungsbegehrens. Am 30.
November 2018 wies der Einzelrichter die Beschwerde ab.

C. 

Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 17. Januar 2019 ist A.________ an das
Bundesgericht gelangt. Der Beschwerdeführer beantragt die Aufhebung des
obergerichtlichen Entscheides und die Abweisung des Rechtsöffnungsbegehrens.
Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Mit Verfügung vom 5. Februar 2019 ist das Gesuch des Beschwerdeführers um
Gewährung der aufschiebenden Wirkung abgewiesen worden.

Es sind die kantonalen Akten, indes keine Vernehmlassungen in der Sache
eingeholt worden.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerde richtet sich gegen den Endentscheid einer letzten
kantonalen Instanz, die als oberes Gericht über die Rechtsöffnung, mithin eine
Schuldbetreibungs- und Konkurssache entschieden hat (Art. 72 Abs. 2 lit. a,
Art. 75 Abs. 1 BGG). Die gesetzliche Streitwertgrenze wird erreicht (Art. 74
Abs. 1 lit. b BGG). Die Beschwerde in Zivilsachen ist daher gegeben. Der
Beschwerdeführer ist als Schuldner zur Beschwerde berechtigt (Art. 76 Abs. 1
lit. b BGG).

1.2. Mit der vorliegenden Beschwerde kann insbesondere die Verletzung von
Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). In der Beschwerde ist in
gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt
(Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 143 I 377 E. 1.2). Die Verletzung verfassungsmässiger
Rechte ist ebenfalls zu begründen, wobei hier das Rügeprinzip gilt (Art. 106
Abs. 2 BGG; BGE 142 III 364 E. 2.4).

1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und
Beweismittel sind nur zulässig, soweit der vorinstanzliche Entscheid dazu
Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).

2. 

Das Obergericht hat die Auffassung des Kantonsgerichts bestätigt, dass die
zwischen den Parteien geschlossene Vereinbarung vom 26./30. November 2012 eine
Schuldanerkennung darstelle, welche zur Erteilung der provisorischen
Rechtsöffnung berechtige. Sie verwarf den Einwand des Schuldners, dass die
Vereinbarung in Verletzung der für die Rechtsanwälte geltenden berufs- und
standesrechtlichen Grundsätze zustandegekommen und daher nichtig sei.

3. 

Anlass zur Beschwerde gibt ein Rechtsöffnungsverfahren, in welchem der
Schuldner die Nichtigkeit des Vertrages geltend macht, welcher vom Gläubiger
als provisorischer Rechtsöffnungstitel vorgelegt wird.

3.1. Beruht die Forderung auf einer durch öffentliche Urkunde festgestellten
oder durch Unterschrift bekräftigten Schuldanerkennung, so kann der Gläubiger
die provisorische Rechtsöffnung verlangen (Art. 82 Abs. 1 SchKG). Der Richter
spricht dieselbe - im summarischen Verfahren (Art. 251 lit. a ZPO) - aus,
sofern der Betriebene nicht Einwendungen, welche die Schuldanerkennung
entkräften, sofort glaubhaft macht (Art. 82 Abs. 2 SchKG). Glaubhaft gemacht
ist eine Tatsache dann, wenn für ihr Vorhandensein aufgrund objektiver
Anhaltspunkte eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht, selbst wenn das Gericht
noch mit der Möglichkeit rechnet, dass sie sich nicht verwirklicht haben
könnte. Im provisorischen Rechtsöffnungsverfahren sind alle Einreden und
Einwendungen zulässig, welche geeignet sind, die Schuldanerkennung zu
entkräften. Der Betriebene kann sich dabei auch mit rechtlichen Einwänden
behelfen und z.B. geltend machen, dass die Schuldanerkennung nichtig sei (BGE
145 III 20 E. 4.1.2; 132 III 140 E. 4.1.2). Der Richter beachtet im
Rechtsöffnungsverfahren von Amtes wegen, ob die Betreibungsforderung auf einem
nichtigen Vertrag beruht. Nichtigkeitsgründe wie Unmöglichkeit,
Widerrechtlichkeit oder der Verstoss gegen die guten Sitten müssen daraus klar
hervorgehen oder vom Betriebenen glaubhaft gemacht werden (STAEHELIN, in:
Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl.
2010, N. 49 zu Art. 82). Das Rechtsöffnungsverfahren ist ein reines
Vollstreckungsverfahren, in welchem der Richter einzig entscheidet, ob eine
bestimmte Betreibung fortgesetzt werden kann (BGE 96 I 4 E. 3b; 94 I 365 E. 6);
es hat - als blosses Zwischenverfahren der Schuldbetreibung - ausschliesslich
betreibungsrechtlichen Charakter (BGE 78 I 45 E. 2; 133 III 645 E. 5.3).
Bereits aus diesem Grund eignet es sich in der Regel nicht für die Prüfung
strafrechtlich relevanter Vorwürfe. Zudem ist das Rechtsöffnungsverfahren ein
Urkundenprozess, in dem nicht der Bestand der vom Gläubiger geltend gemachten
Forderung an sich, sondern einzig das Vorliegen seines Vollstreckungstitels
geprüft wird (BGE 142 III 720 E. 4.1 mit Hinweisen; vgl. bereits BGE 58 I 363
E. 2 S. 369).

3.2. Im vorliegenden Falle haben die Parteien am 26./30. November 2012 eine
Vereinbarung abgeschlossen; dieses Dokument haben beide persönlich
unterzeichnet. Darin bestätigt der Beschwerdeführer gemäss einer vorangehenden
Vereinbarung als Mitglied einer einfachen Gesellschaft dem Beschwerdegegner
solidarisch den Betrag von Fr. 370'629.25 zuzüglich 4% Verzugszinsen seit 1.
Januar 2008 zu schulden (Ziff. 1). In Ergänzung dieser Vereinbarung bestätigt
der Beschwerdegegner, dass der Beschwerdeführer bereits einen Betrag von total
Fr. 50'000.-- bezahlt habe, der auf die Gesamtschuld angerechnet werde; die
Überweisung sei auf das Klientengelderkonto von Rechtsanwalt C.________ erfolgt
(Ziff. 3). Nun verpflichtet sich der Beschwerdeführer, quartalsweise (am 31.
Januar, 30. April, 31. Juli sowie 31. Oktober, erstmals am 31. Januar 2013)
mindestens Fr. 25'000.-- auf das Klientengelderkonto von Rechtsanwalt
C.________ einzuzahlen, bis die Gesamtschuld vollumfänglich getilgt sei. Der
Beschwerdeführer sei jederzeit berechtigt, höhere Zahlungen vorzunehmen oder
die Restschuld in einem Zuge zu tilgen (Ziff. 4). Mit vollumfänglicher
Bezahlung der Gesamtschuld (einschliesslich Verzugszinsen) erklären sich die
Parteien per Saldo aller Ansprüche auseinandergesetzt (Ziff. 5).

3.3. Vorab wirft der Beschwerdeführer der Vorinstanz vor, zum Einwand der
Nichtigkeit infolge Verletzung der anwaltlichen Standesregeln nicht klar
Stellung genommen zu haben und macht eventualiter die Verletzung der
Begründungspflicht geltend. Seiner Ansicht nach hätte die Vorinstanz sich dazu
äussern müssen, ob es ihm gelungen sei, die Verletzung von Standesregeln
glaubhaft zu machen. Stattdessen habe die Vorinstanz bloss festgehalten, selbst
eine unzulässige Doppelvertretung habe keinen Einfluss auf die Nichtigkeit des
Rechtsöffnungstitels. Im kantonalen Verfahren - so der Beschwerdeführer - habe
er den entscheidenden Sachverhalt vorgetragen. Falls das Bundesgericht seinen
vor der Vorinstanz erhobenen Einwand gegen den Rechtsöffnungstitel nicht
bereits als glaubhaft erachte, könne es die erforderlichen zusätzlichen
Feststellungen anhand der bereits im kantonalen Verfahren gemachten Darlegungen
selber vornehmen. Ob die Vorinstanz sich zum Einwand der Nichtigkeit des
Rechtsöffnungstitels äussern musste, hängt indes von der Rechtsfrage ab, ob er
auf einem Sachverhalt beruht, der hierfür relevant sein kann. Wie sich aus der
nachfolgenden Begründung ergibt, kann dies im konkreten Rechtsöffnungsverfahren
nicht geklärt werden. Damit erwächst der Vorinstanz kein Vorwurf, weil sie die
entsprechenden Vorbringen nicht auf ihre Glaubhaftigkeit geprüft und dazu
Stellung genommen hat. Weder liegt diesbezüglich ein unvollständiger
Sachverhalt vor noch eine Verletzung der Begründungspflicht.

3.4. Nach Ansicht des Beschwerdeführers ist die Vereinbarung vom 26./20.
November 2012 nichtig, da sie in Verletzung von Art. 12 lit. c des
Bundesgesetzes über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte vom 23. Juni
2000 (SR 935.61; BGFA) abgeschlossen worden sei. In den Jahren 2004 bis und mit
2014 habe Rechtsanwalt C.________ durchgehend beide Parteien beraten und
vertreten. Besonders schwer wiege die Tatsache, dass der Rechtsanwalt auch in
der vorliegend interessierenden Angelegenheit gleichzeitig für beide Seiten
tätig gewesen sei. Die Vereinbarung vom 26./30. November 2012 sei aufgrund der
Interessenkollision von Rechtsanwalt C.________ nichtig, was die Vorinstanz von
Amtes wegen hätte berücksichtigen müssen.

3.4.1. Die in Art. 12 lit. c BGFA statuierte Berufsregel verpflichtet die
Anwälte, jeden Konflikt zwischen den Interessen ihrer Klientschaft und den
Personen, mit denen sie geschäftlich oder privat in Beziehung stehen, zu
meiden. Es handelt sich um einen Grundpfeiler des Anwaltsrechts ("règle
cardinale"), der eng verbunden ist mit der Pflicht zu einer sorgfältigen und
gewissenhaften Berufsausübung im Interesse des Klienten. Zudem dient sie dem
korrekten Funktionieren der Rechtspflege (BGE 145 IV 218 E. 2.1, 2.5). Stellt
eine Behörde einen konkreten Interessenkonflikt fest, so spricht sie keine
disziplinarische Massnahme gegen den Anwalt aus, sondern auferlegt ihm ein
Vertretungsverbot. Zwar wurde das Verbot des Interessenkonflikts wie alle
Berufsregeln im öffentlichen Interesse erlassen (FELLMANN, in: Kommentar zum
Anwaltsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 2 zu Art. 12). Indes ist der Rechtsuchende
davon direkt und konkret betroffen, weil ihm auf diese Weise der Beizug des
Anwalts seiner Wahl verwehrt wird (vgl. BGE 138 II 162 E. 2). Welche Folgen
sich aus der Missachtung des Verbots des Interessenkonflikts durch den Anwalt
auf die Vornahme einer Prozesshandlung oder den Abschluss einer Vereinbarung
ergeben, ist eine Frage der materiellen Rechts.

3.4.2. Zwar trifft es zu, wie die Vorinstanz ausführt, dass keine der Parteien
ein Anwaltspatent hat und demzufolge diesen Beruf nicht ausüben kann. Damit
finden die Berufsregeln des BGFA auf sie keine Anwendung. Davon zu
unterscheiden ist aber, ob und inwieweit die allfällige Verletzung von
Berufsregeln durch einen (beratenden) Anwalt sich auf die Gültigkeit der
Vereinbarung auswirkt. Ob es im konkreten Fall zu einer unzulässigen
Doppelvertretung gekommen ist, wie der Beschwerdeführer vorbringt, kann allein
aufgrund der Vereinbarung nicht festgestellt werden. Daran ändert auch die
Aufnahme des Kundengelderkontos des Anwaltes als Zahlstelle noch nichts. Die
Vorinstanz musste daher nicht von Amtes wegen feststellen, ob die Vereinbarung
nichtig sei. Damit bleibt die Frage, ob die Vorbringen des Beschwerdeführers
genügen, um die Nichtigkeit der Vereinbarung als glaubhaft erscheinen zu
lassen. Dies erfordert nicht nur die Prüfung seiner tatsächlichen Vorbringen,
sondern auch der Rechtswirkungen eines sich daraus allenfalls ergebenden
standeswidrigen Verhaltens einer Drittperson auf die Gültigkeit der
Vereinbarung. Die Klärung dieser Fragen sprengt die Grenzen des summarischen
Verfahrens klarerweise. Beizufügen bleibt, dass das vom Beschwerdeführer
angerufene Verbot der Doppelvertretung nur in einem Verfahren uneingeschränkt
gilt, nicht aber im Falle einer Rechtsberatung durch den Anwalt (FELLMANN,
a.a.O., N. 99 zu Art. 12).

3.5. Nach dem Gesagten kann der Vorinstanz keine Verletzung von Bundesrecht
vorgeworfen werden, weil sie die als provisorischen Rechtsöffnungstitel
vorgelegte Vereinbarung nicht als nichtig erachtet hat.

4. 

Der Beschwerde ist kein Erfolg beschieden. Ausgangsgemäss trägt der
Beschwerdeführer die Verfahrenskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 

Die Gerichtskosten von Fr. 6'500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 

Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Schaffhausen und
dem Kantonsgericht Schaffhausen schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 7. Oktober 2019

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Escher

Der Gerichtsschreiber: Levante