Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.494/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

5A_494/2019

Urteil vom 25. Juli 2019

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Herrmann, Präsident,

Bundesrichter von Werdt, Schöbi,

Gerichtsschreiberin Scheiwiller.

Verfahrensbeteiligte

A.A.________,

handelnd durch B.A.________,

und diese vertreten durch

Rechtsanwältin Seraina Herold,

Beschwerdeführer,

gegen

Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) Bern,

C.________.

Gegenstand

Wiedererwägung (Kindesschutz),

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern, Kindes- und
Erwachsenenschutzgericht, vom 4. Juni 2019 (KES 19 329).

Sachverhalt:

A.

A.a. B.A.________ und C.________ sind die Eltern von A.A.________ (geb. 2004).
Das Kind steht unter der alleinigen elterlichen Sorge und Obhut der
Kindsmutter. Am 4. Juli 2018 eröffnete die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde
Bern (KESB) auf Meldung der behandelnden Kinderärztin hin ein
Kindesschutzverfahren. Mit Zwischenentscheid vom 19. Dezember 2018 beauftragte
die KESB zum einen Dr. phil. D.________, von der Universitätsklinik U.________
mit der Erstellung eines Gutachtens, welches sich im Wesentlichen zur
physischen und psychischen Gesundheit von A.A.________ sowie zu den
Familienverhältnissen und zur Erziehungsfähigkeit der Eltern äussern sollte.
Zum anderen forderte die KESB die Universitätsklinik V.________ und die Klinik
W.________ zur Aufbietung zu einem Vorsorgetermin mit anschliessender
Berichterstattung auf. Gleichzeitig wies sie die Kindseltern zur Gewährleistung
der Wahrnehmung besagter Vorsorgetermine durch den Sohn an. Auf die dagegen
erhobene Beschwerde trat das Obergericht des Kantons Bern, Zivilabteilung,
Kindes- und Erwachsenenschutzgericht (nachfolgend: Obergericht), mit Entscheid
vom 24. Januar 2019 mangels nicht leicht wieder gutzumachenden Nachteils nicht
ein.

A.b. Mit Schreiben vom 27. März 2019 ersuchte A.A.________, handelnd durch
seine Mutter, die KESB um Wiedererwägung und Aufhebung des Entscheids vom 19.
Dezember 2018. Weiter seien die erlassenen Kindesschutzmassnahmen aufzuheben
und das eröffnete Kindesschutzverfahren einzustellen, wobei keine
Verfahrenskosten aufzuerlegen seien. Die KESB trat darauf mit Entscheid vom 3.
April 2019 mangels Wiederaufnahmegründe nicht ein.

B.

Dagegen erhob A.A.________, handelnd durch seine Mutter, Beschwerde beim
Obergericht, dem er das Eintreten auf das Wiedererwägungsgesuch vom 27. März
2019, die Wiedererwägung und Aufhebung des Entscheides der KESB vom 19.
Dezember 2018, die Aufhebung der erlassenen Kindesschutzmassnahmen und
Einstellung des eröffneten Kindesschutzverfahrens beantragte. Mit Entscheid vom
4. Juni 2019 wies die Vorinstanz die Beschwerde ab, soweit sie darauf eintrat.

C.

Gegen diesen Entscheid erhob A.A.________ (Beschwerdeführer), handelnd durch
seine Mutter, mit Eingabe vom 17. Juni 2019 Beschwerde in Zivilsachen mit dem
Begehren um dessen Aufhebung und Eintreten auf das Wiedererwägungsgesuch sowie
Anweisung an die KESB, ihren Entscheid vom 19. Dezember 2018 in Wiedererwägung
zu ziehen und aufzuheben.

Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten, aber keine Vernehmlassungen
eingeholt.

Erwägungen:

1.

Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob die
Eintretensvoraussetzungen gegeben sind (BGE 144 V 97 E. 1 S. 99; 144 II 184 E.
1 S. 186).

2.

Angefochten ist ein Entscheid, mit dem die letzte kantonale Instanz (Art. 75
Abs. 1 BGG) die Abweisung des Gesuchs um Eintreten auf ein
Wiedererwägungsgesuch, um Wiedererwägung und Aufhebung des Entscheides der KESB
vom 19. Dezember 2018, um Aufhebung der erlassenen Kindesschutzmassnahmen und
um Einstellung des eröffneten Kindesschutzverfahrens bestätigt. Weil damit das
hängige Hauptverfahren nicht beendet wird, gilt er als Zwischenentscheid im
Sinne von Art. 93 BGG. Bei Zwischenentscheiden folgt der Rechtsweg jenem der
Hauptsache (BGE 137 III 380 E. 1.1 S. 382; 133 III 645 E. 2.2 S. 647). In der
Hauptsache geht es um Kindesschutzmassnahmen. Es handelt sich somit um einen
öffentlich-rechtlichen Entscheid ohne Vermögenswert, der in unmittelbarem
Zusammenhang mit dem Zivilrecht steht und gemäss Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 6
BGG der Beschwerde in Zivilsachen unterliegt. Der Beschwerdeführer ist
legitimiert (Art. 76 Abs. 1 BGG) und hat die Beschwerdefrist eingehalten (Art.
100 Abs. 1 BGG).

3.

3.1. Nach Art. 93 Abs. 1 BGG ist die Beschwerde gegen selbständig eröffnete
Vor- und Zwischenentscheide nur zulässig, wenn sie einen nicht wieder
gutzumachenden Nachteil bewirken können (lit. a) oder wenn die Gutheissung der
Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden
Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde
(lit. b). Was die erstgenannte Voraussetzung angeht, muss der Nachteil
rechtlicher Natur sein (BGE 138 III 333 E. 1.3.1 S. 335 mit Hinweisen). Nicht
wieder gutzumachen ist der Nachteil nur, wenn ihn auch ein für den
Beschwerdeführer günstiger Endentscheid nicht oder nicht vollumfänglich zu
beheben vermöchte (BGE 141 III 395 E. 2.5 S. 399 f.; 137 III 522 E. 1.3 S. 525
mit Hinweisen). Ausschlaggebend ist also, wie sich der Zwischenentscheid auf
die Hauptsache auswirkt (BGE 137 III 380 E. 1.2.2 S. 383). Die blosse
Möglichkeit eines nicht wieder gutzumachenden Nachteils rechtlicher Natur
genügt. Dagegen reichen rein tatsächliche Nachteile wie die
Verfahrensverlängerung oder -verteuerung nicht aus (BGE 138 III 190 E. 6 S.
192; 137 III 380 E. 1.2.1 S. 382; je mit Hinweisen). Nach der Rechtsprechung
obliegt es der Beschwerde führenden Partei darzutun, dass eine der beiden
Voraussetzungen nach Art. 93 Abs. 1 BGG erfüllt ist (BGE 137 III 324 E. 1.1 S.
329; 134 III 426 E. 1.2 S. 429), es sei denn, deren Vorliegen springe geradezu
in die Augen (BGE 141 III 80 E. 1.2 S. 81; 138 III 46 E. 1.2 S. 47).

3.2. Der Beschwerdeführer verkennt den Charakter des angefochtenen Entscheids
und setzt sich entsprechend nicht mit den hiervor dargelegten
Eintretensvoraussetzungen auseinander. Immerhin macht er geltend, dass er sich
seitens der KESB nicht gehört und aufgrund des Drucks und Zwangs ohnmächtig
fühle, und die unverrückbare Haltung der KESB sowie die "unsinnige"
Begutachtung in einer Therapiestelle, in der psychisch schwer kranke Menschen
und Suchtkranke behandelt werden, eine ernstzunehmende grosse Belastung und
gefühlte Stigmatisierung für ihn darstellten. Mit diesen Ausführungen schildert
er tatsächliche Nachteile, die keinen drohenden, nicht wieder gutzumachenden
Nachteil zu begründen vermögen.

Dass die Beschwerde nach Massgabe von Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG zulässig ist,
macht der Beschwerdeführer nicht geltend und wäre auch nicht zutreffend, zumal
mit Gutheissung seiner Anträge, welche auf die Aufhebung und Rückweisung der
Sache abzielen, nicht sofort ein Endentscheid herbeigeführt werden könnte.

4.

Nach dem Gesagten ist die Beschwerde unzulässig. Das Bundesgericht tritt nicht
darauf ein. Dieses Ergebnis befreit die KESB freilich nicht von der Pflicht,
alle oder einzelne Anordnungen jederzeit aufzuheben bzw. anzupassen, sollten
sie sich infolge veränderter Umstände als nicht mehr notwendig erweisen (vgl.
Art. 313 Abs. 1 ZGB). Als unterliegende Partei hat der Beschwerdeführer für die
Gerichtskosten aufzukommen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Dem Kanton ist keine
Parteientschädigung geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.

Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.

Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.

Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Kindes- und
Erwachsenenschutzbehörde (KESB) Bern, C.________ und dem Obergericht des
Kantons Bern, Kindes- und Erwachsenenschutzgericht, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 25. Juli 2019

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Herrmann

Die Gerichtsschreiberin: Scheiwiller