Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.48/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

5A_48/2019

Urteil vom 27. Januar 2020

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied,

Bundesrichter von Werdt, Schöbi,

Gerichtsschreiber Zingg.

Verfahrensbeteiligte

A.________ a.s.,

vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter Straub,

Beschwerdeführerin,

gegen

1. Konkursmasse der B.________ AG in Liquidation,

vertreten durch das Konkursamt Hochdorf,

dieses vertreten durch den ausserordentlichen Konkursverwalter C.________,

2. Konkursamt Hochdorf,

dieses vertreten durch den ausserordentlichen Konkursverwalter C.________,

beide vertreten durch Rechtsanwalt Richard Kottmann,

Gegenstand

Anfechtung eines Aktienkaufvertrags,

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Luzern, 1. Abteilung als
obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, vom 14.
Dezember 2018 (2K 18 6).

Sachverhalt:

A. 

Auf Gesuch der B.________ AG wurde dieser mit Entscheid des Bezirksgerichts
Hochdorf vom 19. Oktober 2016 die provisorische Nachlassstundung für vier
Monate bewilligt.

Am 13. Dezember 2016 schloss die B.________ AG eine Vereinbarung ab, gemäss
welcher sie der D.________ a.s, Tschechische Republik, (damals noch firmierend
unter E.________ a.s.) 6'725 Aktien der F.________ a.s., Slowakische Republik,
zu einem P reis von Fr. 300'000.-- verkaufte. Das Inkrafttreten der
Vereinbarung wurde von der Zustimmung der Nachlassrichterin und der Freigabe
der Aktien durch die Staatsanwaltschaft III Zürich abhängig gemacht.

Am 15. Dezember 2016 ersuchte die B.________ AG die Nachlassrichterin um
Ermächtigung nach Art. 298 Abs. 2 SchKG zum Vollzug der Vereinbarung vom 13.
Dezember 2016. Mit Entscheid vom 25. Januar 2017 stimmte die Nachlassrichterin
dem Aktienverkauf unter dem Vorbehalt zu, dass die Herausgabeverfügung der
Staatsanwaltschaft III Zürich vom 23. Januar 2017 rechtskräftig werde und diese
die Aktien tatsächlich herausgebe.

Am 13. Februar 2017 schlossen die B.________ AG und die D.________ a.s. ein
Share Purchase Agreement bezüglich des Verkaufs der Aktien. Diese wurden
gleichentags übertragen.

Mit Entscheid vom 21. Februar 2017 widerrief das Bezirksgericht die
provisorische Nachlassstundung bzw. verlängerte diese nicht und eröffnete über
die B.________ AG den Konkurs.

B. 

Am 29. Mai 2018 ersuchte die A.________ a.s. (fortan: Beschwerdeführerin) das
Konkursamt Hochdorf, dieses solle den Aktienkaufvertrag vom 13. Dezember 2016
anfechten. Das Konkursamt wies das Gesuch mit Verfügung vom 21. Juni 2018 ab.

C. 

Gegen diese Verfügung erhob die Beschwerdeführerin am 2. Juli 2018 Beschwerde
beim Bezirksgericht Hochdorf. Sie verlangte, die angefochtene Verfügung sei
aufzuheben und das Konkursamt sei anzuweisen, den Aktienkaufvertrag vom 13.
Dezember 2016/13. Februar 2017 fristgerecht anzufechten. Mit Entscheid vom 14.
September 2018 wies das Bezirksgericht die Beschwerde ab.

D. 

Dagegen gelangte die Beschwerdeführerin mit Beschwerde-Weiterzug vom 27.
September 2018 an das Kantonsgericht Luzern. Mit Entscheid vom 14. Dezember
2018 wies das Kantonsgericht den Beschwerde-Weiterzug ab, soweit es darauf
eintrat.

E. 

Gegen diesen Entscheid hat die Beschwerdeführerin am 14. Januar 2019 Beschwerde
in Zivilsachen an das Bundesgericht erhoben. Sie verlangt die Aufhebung des
angefochtenen Entscheids. Ihr Gesuch um Anfechtung des Aktienkaufvertrags sei
gutzuheissen und das Konkursamt anzuweisen, den Aktienkaufvertrag vom 13.
Dezember 2016/ 13. Februar 2017 fristgerecht anzufechten.

Das Bundesgericht hat die Akten beigezogen.

Das Kantonsgericht hat am 29. April 2019 Abweisung der Beschwerde beantragt.
Die Konkursmasse der B.________ AG in Liquidation und das Konkursamt haben mit
Beschwerdeantwort vom 12. Mai 2019(Postaufgabe) beantragt, die Beschwerde
abzuweisen, soweit auf sie einzutreten sei, und den Entscheid des
Kantonsgerichts zu bestätigen. Die Beschwerdeführerin hat zu den
Beschwerdeantworten am 24. Mai 2019 Stellung genommen. Dazu haben die
B.________ AG in Liquidation und das Konkursamt am 11. Juni 2019 Bemerkungen
eingereicht. Weitere Eingaben zur Sache sind nicht erfolgt.

Der ausserordentliche Konkursverwalter hat sich am 13. März, 15. April, 2.
September und 21. November 2019 nach dem Verfahrensstand erkundigt.

Erwägungen:

1. 

Gegen den angefochtenen Entscheid ist die Beschwerde in Zivilsachen
grundsätzlich zulässig (Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 2 lit. c, Art. 75,
Art. 76, Art. 90, Art. 100 Abs. 2 lit. a i.V.m. Art. 46 Abs. 1 lit. c i.V.m.
Art. 45 Abs. 1 BGG).

Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Beschwerdebegründung in gedrängter Form
darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Die
beschwerdeführende Partei hat in gezielter Auseinandersetzung mit den für das
Ergebnis des angefochtenen Entscheides massgeblichen Erwägungen aufzuzeigen,
welche Rechte bzw. Rechtsnormen die Vorinstanz verletzt haben soll (BGE 140 III
86 E. 2 S. 88 f.; 140 III 115 E. 2 S. 116). Strengere Anforderungen gelten für
Verfassungsrügen (Art. 106 Abs. 2 BGG). In der Beschwerdeschrift ist klar und
detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen,
welche verfassungsmässigen Rechte und inwiefern sie durch den kantonalen
Entscheid verletzt sein sollen (BGE 134 I 83 E. 3.2 S. 88; 142 III 364 E. 2.4
S. 368).

Die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen sind für das Bundesgericht
grundsätzlich verbindlich (Art. 105 Abs. 1 BGG). Gemäss Art. 97 Abs. 1 BGG kann
die Feststellung des Sachverhalts nur gerügt werden, wenn die
Sachverhaltsfeststellung offensichtlich unrichtig - d.h. willkürlich (Art. 9
BV; BGE 135 III 127 E. 1.5 S. 130 mit Hinweis) - ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die Behebung des Mangels
für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann. Will die beschwerdeführende
Partei die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz anfechten, muss sie
substantiiert darlegen, inwiefern die genannten Voraussetzungen erfüllt sein
sollen. Bei der Rüge der offensichtlich unrichtigen Sachverhaltsfeststellung
gilt das strenge Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht prüft nur
klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen; auf rein
appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE 140
III 16 E. 1.3.1 S. 18; 140 III 264 E. 2.3 S. 266).

2. 

Das Dispositiv des angefochtenen Entscheids lautet auf Abweisung des
Beschwerde-Weiterzugs, soweit darauf einzutreten sei. Wie aus den Erwägungen
hervorgeht, handelt es sich jedoch um einen Nichteintretensentscheid. Das
Kantonsgericht hat nämlich zunächst erwogen, dass auf den Beschwerde-Weiterzug
nicht einzutreten sei, weil die Beschwerdeführerin ihrer Begründungspflicht
nicht nachgekommen sei. Die Beschwerdeführerin habe bloss die
bezirksgerichtlichen Erwägungen und ihre vorinstanzlichen Ausführungen
wiedergegeben und erneut ihre Sicht der Dinge dargestellt, ohne sich mit den
Erwägungen des Bezirksgerichts auseinanderzusetzen. Das Kantonsgericht hat
allerdings danach zusätzlich ausgeführt, aus welchen Gründen der
Beschwerde-Weiterzug abzuweisen wäre, wenn auf ihn eingetreten werden könnte.
Da das Kantonsgericht jedoch zuvor bereits festgehalten hatte, dass auf den
Beschwerde-Weiterzug insgesamt - d.h. in allen seinen Teilen - nicht
eingetreten werden könne, handelt es sich bei diesen materiellen Ausführungen
um blosse Eventualerwägungen, die sich grundsätzlich im Dispositiv nicht
niederschlagen. Insoweit ist das Dispositiv des angefochtenen Entscheids
missverständlich formuliert.

3. 

Die Beschwerdeführerin macht eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29
Abs. 2 BV) geltend, da das Kantonsgericht ihr vorgeworfen habe, den
Beschwerde-Weiterzug nicht hinreichend begründet zu haben. Das Kantonsgericht
habe die Begründung der Beschwerdeführerin ignoriert und sich mit der
Begründung nicht auseinandergesetzt.

3.1. Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) verlangt, dass die
Behörde die rechtserheblichen Vorbringen der Parteien tatsächlich hört,
ernsthaft prüft und bei der Entscheidfindung angemessen berücksichtigt (BGE 136
I 184 E. 2.2.1 S. 188; 135 III 670 E. 3.3.1 S. 677; 134 I 83 E. 4.1 S. 88).
Daraus folgt die Verpflichtung der Behörde, ihren Entscheid zu begründen. Dabei
ist nicht erforderlich, dass sie sich mit allen Parteistandpunkten einlässlich
auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Vielmehr
kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Die
Begründung muss so abgefasst sein, dass sich die betroffene Person über die
Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der
Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann. In diesem Sinne müssen
wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat
leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt (BGE 145 III 324 E. 6.1 S.
326; 142 II 49 E. 9.2 S. 65; 137 II 266 E. 3.2 S. 270; 136 I 229 E. 5.2 S.
236).

3.2. Das Kantonsgericht hat den Beschwerde-Weiterzug - wie gesagt - als
ungenügend begründet erachtet (vgl. oben E. 2). Eine solche Schlussfolgerung
hat zwangsläufig zur Folge, dass auf die ungenügenden Ausführungen im
Rechtsmittel nicht im Einzelnen eingegangen zu werden braucht. Darin liegt
keine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Das Kantonsgericht hat auch dargelegt,
weshalb es zu diesem Schluss gekommen ist. Der Beschwerdeführerin war folglich
ohne weiteres ersichtlich, weshalb das Kantonsgericht auf den
Beschwerde-Weiterzug nicht eingetreten ist, und sie konnte den Entscheid des
Kantonsgerichts in voller Kenntnis dieses Umstands beim Bundesgericht
anfechten.

Im Übrigen hat das Kantonsgericht in einer Eventualerwägung die Angelegenheit
materiell beurteilt. Insoweit ist erst recht nicht ersichtlich, weshalb es die
Ausführungen der Beschwerdeführerin - auch wenn es sich um blosse
Wiederholungen des erstinstanzlich Gesagten handelt bzw. handeln sollte - nicht
berücksichtigt hätte.

3.3. Eine andere Frage ist, ob das Kantonsgericht zu Recht zum Schluss gekommen
ist, dass der Beschwerde-Weiterzug ungenügend begründet sei.

In dieser Hinsicht macht die Beschwerdeführerin geltend, sie habe alle
relevanten Erwägungen des Bezirksgerichts behandelt und erläutert, weshalb
diese nicht zutreffend seien. Sie habe konkret aufgezeigt, inwiefern das
Bezirksgericht den Sachverhalt unzutreffend festgestellt habe. Sie habe auch
aufgezeigt, dass die Erwägungen des Bezirksgerichts Bundesrecht verletzt
hätten. Sie verweist dabei auf einzelne Randziffern ihres Beschwerde-Weiterzugs
und auf eine einzelne Erwägung des bezirksgerichtlichen Entscheids. Dies genügt
jedoch den Begründungs- bzw. Rügeanforderungen (soweit es um
Tatsachenfeststellungen des Kantonsgerichts über den Inhalt des
Beschwerde-Weiterzugs geht) nicht. Die Beschwerdeführerin zeigt nicht
detailliert auf, inwiefern sie konkret auf die einzelnen massgeblichen
Erwägungen des bezirksgerichtlichen Entscheids eingegangen ist und inwiefern
die kantonsgerichtliche Beurteilung unzutreffend (bzw. willkürlich) sein soll,
dass sie bloss vor Bezirksgericht bereits Ausgeführtes wiederholt habe. Ihre
Ausführungen in der Beschwerde an das Bundesgericht erschöpfen sich in der
Behauptung, sie habe den Beschwerde-Weiterzug genügend begründet.

3.4. Soweit es um das Nichteintreten des Kantonsgerichts auf den
Beschwerde-Weiterzug geht, ist die Beschwerde demnach abzuweisen, soweit auf
sie eingetreten werden kann.

4. 

Da die kantonsgerichtlichen Erwägungen zum Nichteintreten das
kantonsgerichtliche Urteil alleine zu tragen vermögen und einzig das Dispositiv
missverständlich formuliert ist, erübrigt es sich grundsätzlich, auf die
Eventualerwägung des Kantonsgerichts und die entsprechenden Ausführungen der
Beschwerdeführerin einzugehen.

Der Vollständigkeit halber ist jedoch Folgendes anzufügen: Das Kantonsgericht
hat erwogen, dass die Nachlassrichterin dem Verkauf der 6'725 Aktien aus dem
Anlagevermögen der B.________ AG zugestimmt habe. Dieser Entscheid sei
unangefochten geblieben. Folglich könne dieses Rechtsgeschäft nicht mehr
angefochten werden (Art. 285Abs. 3 SchKG). Dies gelte nach den Materialien
(unter Hinweis auf die Botschaft vom 8. September 2010 zur Änderung des
Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs [Sanierungsrecht], BBl 2010
6476 Ziff. 2.6 und 6489 Ziff. 2.9) auch für eine Anfechtung infolge Irrtums
oder Täuschung nach Art. 31 OR.

Auf diese letztgenannte Erwägung geht die Beschwerdeführerin gar nicht ein. Sie
führt nur aus, Art. 285 Abs. 3 SchKG regle die Frage nicht, ob eine vom
Nachlassgericht genehmigte Handlung wegen Willensmängeln angefochten werden
dürfe, und es liege auf der Hand, dass mit Willensmängeln behaftete Handlungen
weiterhin anfechtbar seien. Weshalb Letzteres auf der Hand liegen soll und
inwiefern das Kantonsgericht die Materialien falsch verstanden haben soll, legt
die Beschwerdeführerin nicht dar. Auch insoweit genügt sie den
Begründungsanforderungen nicht. Infolgedessen könnte der Beschwerde selbst dann
kein Erfolg beschieden sein, wenn vor Bundesgericht auf die Eventualerwägung
des Kantonsgerichts einzugehen wäre.

5. 

Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt die Beschwerdeführerin die
Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Sie hat die Konkursmasse der B.________ AG
in Liquidation angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 BGG). Eine
Entschädigung für das Konkursamt fällt hingegen ausser Betracht (Art. 68 Abs. 3
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 

Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 

Die Beschwerdeführerin hat die Konkursmasse der B.________ AG in Liquidation
mit Fr. 5'000.-- zu entschädigen.

4. 

Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Kantonsgericht Luzern, 1.
Abteilung als obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und
Konkurs, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 27. Januar 2020

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Escher

Der Gerichtsschreiber: Zingg