Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.481/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

5A_481/2019

Urteil vom 5. Juli 2019

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied,

Bundesrichter Marazzi, Schöbi,

Gerichtsschreiber Zingg.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

Beschwerdeführer,

gegen

B.________ AG,

Beschwerdegegnerin.

Gegenstand

Provisorische Rechtsöffnung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau,
Zivilgericht, 4. Kammer, vom 8. Mai 2019 (ZSU.2019.92/BB/nl).

Erwägungen:

1. 

Mit Entscheid vom 1. April 2019 erteilte das Bezirksgericht Kulm der
Beschwerdegegnerin gegenüber dem Beschwerdeführer in der Betreibung Nr. xxx des
Regionalen Betreibungsamtes U.________ provisorische Rechtsöffnung für den
Betrag von Fr. 237'750.-- nebst Zins und das im Schuldbrief vom 28. Juli 1994
verbriefte Pfandrecht.

Gegen diesen Entscheid erhob der Beschwerdeführer am 12. April 2019 Beschwerde
an das Obergericht des Kantons Aargau. Mit Entscheid vom 8. Mai 2019 wies das
Obergericht die Beschwerde und das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für
das Beschwerdeverfahren ab. Es auferlegte ihm die Gerichtskosten von Fr.
1'500.--.

Gegen diesen Entscheid hat der Beschwerdeführer am 13. Juni 2019 (Postaufgabe)
Beschwerde an das Bundesgericht erhoben. Das Bundesgericht hat die Akten
beigezogen, aber keine Vernehmlassungen eingeholt.

2. 

Die Beschwerde in Zivilsachen ist grundsätzlich zulässig (Art. 72 Abs. 2 lit.
a, Art. 74 Abs. 1 lit. b, Art. 75, Art. 76, Art. 90, Art. 100 Abs. 1 BGG).

Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Beschwerdebegründung in gedrängter Form
darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Die
beschwerdeführende Partei hat in gezielter Auseinandersetzung mit den für das
Ergebnis des angefochtenen Entscheides massgeblichen Erwägungen plausibel
aufzuzeigen, welche Rechte bzw. Rechtsnormen die Vorinstanz verletzt haben soll
(BGE 140 III 86 E. 2 S. 88 f.; 140 III 115 E. 2 S. 116).

3. 

Das Obergericht hat erwogen, der Beschwerdeführer setze sich mit den
erstinstanzlichen Erwägungen zur Erteilung der provisorischen Rechtsöffnung
nicht ansatzweise auseinander. Stattdessen werfe er der Beschwerdegegnerin im
Zusammenhang mit der Kündigung des Hypothekarvertrags fehlende
Verhandlungsbereitschaft vor und dem Betreibungsamt Fehler bei der Anweisung an
die Mieter, die Zinsen an das Betreibungsamt zu zahlen. Diese Vorbringen seien
neu und - soweit es sich um Tatsachenbehauptungen handle - im
Beschwerdeverfahren unbeachtlich. Der Beschwerdeführer zeige nicht auf,
inwiefern das Bezirksgericht den Sachverhalt offensichtlich unrichtig
festgestellt oder das Recht unrichtig angewandt habe und dies sei auch nicht
ersichtlich. Soweit er geltend mache, vor Bezirksgericht wegen gesundheitlicher
Probleme keine Stellungnahme eingereicht zu haben, weil die Frist zu kurz
gewesen sei, lege er nicht dar, weshalb er nicht wenigstens ein kurz
begründetes Fristerstreckungsgesuch hätte stellen können. Zudem zeige die
vorliegende Beschwerde, dass er innert zehn Tagen eine Stellungnahme verfassen
könne. Zur Beurteilung allfälliger Verfahrensfehler des Betreibungsamts sei das
Obergericht im Rechtsöffnungsverfahren nicht zuständig. Da die Beschwerde sich
als aussichtslos erwiesen habe, sei sodann das Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege abzuweisen.

4. 

Vor Bundesgericht ersucht der Beschwerdeführer um einen Rechtsbeistand, da er
als Nichtjurist Mühe habe, juristische Texte zu verstehen, und nicht wisse, wie
er sich gegenüber dem Gericht verhalten müsse. Das Bundesgericht hat ihm am 14.
Juni 2019 bereits mitgeteilt, dass es keine Rechtsanwälte vermittle. Dass der
Beschwerdeführer unfähig zur Prozessführung wäre, womit ihm durch das Gericht
ein Anwalt bestellt werden könnte (Art. 41 BGG), ist nicht ersichtlich.

Der Beschwerdeführer bringt vor, das Obergericht mache sich im Zusammenhang mit
der Zehntagesfrist für die Stellungnahme an das Bezirksgericht über seine
gesundheitlichen Probleme lustig und diskriminiere Behinderte. Ob die von ihm
ins Feld geführten Umstände, er habe immer wieder starke Schmerzen, die Beine
knickten ihm zeitweise ein und er sei Legastheniker, als Grund für eine
Fristverlängerung ausgereicht hätten, kann offenbleiben. Dass ihn diese
Umstände sogar daran gehindert hätten, ein kurzes Fristverlängerungsgesuch mit
Begründung zu schreiben, ist nicht genügend dargetan. Der Beschwerdeführer
macht sodann geltend, beim Bezirksgericht sei ihm mitgeteilt worden, es gebe
keine Fristverlängerung. Der Beschwerdeführer belegt dies nicht. Hinweise in
den Akten dazu fehlen. Vielmehr ist auf der entsprechenden Verfügung vom 27.
Februar 2019, mit der ihm Frist für die Stellungnahme angesetzt worden ist,
ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die Frist ausnahmsweise verlängert
werden könne (Art. 144 ZPO).

Der Beschwerdeführer geht nicht darauf ein, dass er die Beschwerde an das
Obergericht ungenügend begründet und Behauptungen zu spät aufgestellt hat.
Stattdessen schildert er, wieso er und seine Lebenspartnerin aus
gesundheitlichen und finanziellen Gründen auf die Liegenschaft angewiesen
seien. Selbst wenn diese Behauptungen rechtzeitig vorgebracht worden wären,
könnten sie nicht berücksichtigt werden, denn solche Umstände sind im Rahmen
eines Verfahrens auf provisorische Rechtsöffnung nicht von Belang. Zu prüfen
ist einzig, ob ein Rechtsöffnungstitel nach Art. 82 Abs. 1 SchKG vorliegt und
ob der Betriebene Einwendungen gegen diesen Rechtsöffnungstitel glaubhaft
gemacht hat (Art. 82 Abs. 2 SchKG). Ausserdem beklagt sich der Beschwerdeführer
darüber, dass die Beschwerdegegnerin die Hypothek gekündigt habe, obschon er
nur einmal wegen einer Panne im Ausland mit der Amortisationszahlung um
ungefähr einen Monat in Verzug geraten sei. Er habe jedoch nachträglich
bezahlt. Er macht geltend, die Beschwerdegegnerin hätte folglich die Kündigung
nicht aussprechen und sie hätte die Betreibung zurückziehen müssen. Er
bestreitet mit alldem jedoch die Wirksamkeit der Kündigung nicht und er legt
nicht dar, gestützt worauf die Beschwerdegegnerin auf die Kündigung hätte
verzichten bzw. die ausgesprochene Kündigung hätte widerrufen müssen. Im
Übrigen sind das Bundesgericht bzw. die Rechtsöffnungsgerichte nicht zuständig,
um über die Geschäftspolitik der Banken zu urteilen oder sie zu mehr Kulanz
anzuhalten. Der Beschwerdeführer wirft die Frage auf, ob das Verhalten der
Beschwerdegegnerin damit zusammenhängen könnte, dass er gegen ein von ihr
finanziertes Projekt Einsprache erhoben habe. Sinngemäss wirft er der
Beschwerdegegnerin Rechtsmissbrauch vor. Es bleibt jedoch bei blossen,
unbelegten Mutmassungen. Nicht im Rechtsöffnungsverfahren zu behandeln ist das
weitere Vorbringen des Beschwerdeführers, die Beschwerdegegnerin verweigere ihm
Auskunft und die Einsichtnahme in die ihn betreffenden Unterlagen. Immerhin ist
darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer die Vorlage der Beweismittel
gemäss Art. 73 SchKG hätte verlangen können und im Laufe des
Rechtsöffnungsverfahrens auch in die Gerichtsakten und damit in die von der
Beschwerdegegnerin eingereichten Unterlagen hätte Einsicht nehmen können.

Wie das Obergericht bereits erläutert hat, ist das Verhalten des
Betreibungsamts nicht Gegenstand des Rechtsöffnungsverfahrens. Soweit der
Beschwerdeführer dessen Amtsführung in verschiedener Hinsicht kritisiert, hat
er sich mit der Beschwerde nach Art. 17 SchKG an die zuständige Instanz zu
wenden.

Der Beschwerdeführer wirft schliesslich die Frage auf, ob die obergerichtlichen
Gerichtsgebühren von Fr. 1'500.-- nicht unverhältnismässig seien angesichts
seines kleinen Einkommens. Die Höhe der Gebühr bestimmt sich nach den vom
Obergericht angewandten Art. 48 und Art. 61 Abs. 1 der Gebührenverordnung vom
23. September 1996 zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (GebV
SchKG; SR 281.35). Demnach bemisst sich die Gebühr nach dem Streitwert und
nicht nach den finanziellen Verhältnissen der unterliegenden Partei. Was die
Höhe der Gebühr betrifft, ist keine Verletzung von Art. 48i.V.m. Art. 61 Abs. 1
GebV SchKG gegeben. Soweit sich der Beschwerdeführer mit seinem Einwand
sinngemäss gegen die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege durch das
Obergericht wenden möchte, übergeht er, dass das Obergericht seine finanzielle
Situation gar nicht geprüft hat, sondern seine Beschwerde als aussichtslos
erachtet hat. Die unentgeltliche Rechtspflege steht einer Partei nicht schon
dann zu, wenn sie nicht über die erforderlichen Mittel für die Prozessführung
verfügt (Art. 117 lit. a ZPO), sondern es ist zusätzlicherforderlich, dass ihr
Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint (Art. 117 lit. b ZPO). Dass die
Beschwerde des Beschwerdeführers an das Obergericht nicht aussichtslos gewesen
wäre, zeigt er nicht auf.

Die Beschwerde ist demnach abzuweisen, soweit auf sie eingetreten werden kann.

5. 

Es rechtfertigt sich ausnahmsweise, auf die Erhebung von Gerichtskosten zu
verzichten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das sinngemässe Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege wird damit in Bezug auf die Gerichtskosten gegenstandslos. Da der
Beschwerdeführer vor Bundesgericht sich nicht hat vertreten lassen und ihm auch
von Amtes wegen keine Vertretung zu bestellen ist (vgl. oben E. 4), wird auch
das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung gegenstandslos.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Das Gesuch um Bestellung eines Rechtsbeistands wird abgewiesen.

2. 

Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

3. 

Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird als
gegenstandslos abgeschrieben.

4. 

Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

5. 

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau,
Zivilgericht, 4. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 5. Juli 2019

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Escher

Der Gerichtsschreiber: Zingg