Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.480/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

5A_480/2019

Urteil vom 2. März 2020

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied,

Bundesrichter Marazzi, Bovey,

Gerichtsschreiber Levante.

Verfahrensbeteiligte

A.________ AG,

vertreten durch Rechtsanwältin Michèle Dürrenberger,

Beschwerdeführerin,

gegen

B.________ AG,

vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Dominik Milani,

Beschwerdegegnerin.

Gegenstand

Provisorische Rechtsöffnung,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts

des Kantons Zug, II. Beschwerdeabteilung,

vom 13. Mai 2019 (BZ 2019 22).

Sachverhalt:

A.

A.a. Am 22. Februar 2018 stellte das Betreibungsamt U.________ in der von der
A.________ AG angehobenen Betreibung Nr. xxx der B.________ AG den
Zahlungsbefehl für eine Forderung von Fr. 73'654.-- zuzüglich Zinsen zu. Als
Forderungsurkunde wurde die "Bestellung der Pumpe Rizhao/China vom 16.
September 2015, Teilrechnung vom 22. September 2015" angegeben. Die
Betreibungsschuldnerin erhob Rechtsvorschlag.

A.b. Auf Gesuch der A.________ AG erteilte der Einzelrichter am Kantonsgericht
Zug am 1. März 2019 die provisorische Rechtsöffnung für den in Betreibung
gesetzten Restkaufpreis.

A.c. Das Obergericht des Kantons Zug hiess die von der B.________ AG dagegen
erhobene Beschwerde am 13. Mai 2019 gut und hob den Rechtsöffnungsentscheid
auf.

B.

Die A.________ AG ist mit Beschwerde in Zivilsachen vom 13. Juni 2019 an das
Bundesgericht gelangt. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung des
obergerichtlichen Urteils und die Erteilung der provisorischen Rechtsöffnung in
der gegen die B.________ AG (Beschwerdegegnerin) eingeleiteten Betreibung Nr.
xxx des Betreibungsamtes U.________ für die Betreibungsforderung im Betrag von
Fr. 73'654.-- nebst Zins zu 5 % ab 21. Dezember 2015.

Es sind die kantonalen Akten, jedoch keine Vernehmlassungen eingeholt worden.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerde in Zivilsachen gegen den Entscheid des oberen kantonalen
Gerichts als Rechtsmittelinstanz in einer Betreibungssache mit einem Streitwert
über Fr. 30'000.-- ist gegeben (Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 1 lit. b
und Art. 75 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdeführerin ist als Betreibungsgläubigerin
vom angefochtenen Entscheid besonders berührt und hat daher ein schutzwürdiges
Interesse an dessen Aufhebung (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG). Auf ihre Beschwerde
ist einzutreten.

1.2. Mit der vorliegenden Beschwerde kann insbesondere die Verletzung von
Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). In der Beschwerde ist in
gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt
(Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 143 I 377 E. 1.2). Die Verletzung vefassungsmässiger
Rechte ist ebenfalls zu begründen, wobei hier das Rügeprinzip gilt (Art. 106
Abs. 2 BGG; BGE 142 III 364 E. 2.4).

1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und
Beweismittel sind nur zulässig soweit der vorinstanzliche Entscheid dazu Anlass
gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).

2.

Anlass zur Beschwerde geben die Anforderungen an eine Schuldanerkennung, welche
zur Erteilung der provisorischen Rechtsöffnung berechtigt. Strittig ist
insbesondere der Einfluss einer Vereinbarung auf die bereits erfolgte
Schuldanerkennung.

2.1. Beruht die Forderung auf einer durch öffentliche Urkunde festgestellten
oder durch Unterschrift bekräftigten Schuldanerkennung, so kann der Gläubiger
die provisorische Rechtsöffnung verlangen. Der Richter spricht dieselbe aus,
sofern der Betriebene nicht Einwendungen, welche die Schuldanerkennung
entkräften, sofort glaubhaft macht (Art. 82 SchKG). Es gelangt das summarische
Verfahren zur Anwendung (Art. 251 lit. a ZPO). Die Rechtsöffnung hat
ausschliesslich betreibungsrechtlichen Charakter (BGE 133 III 645 E. 5.3) :
Geprüft wird, ob ein vollstreckbarer Titel vorgelegt wird, nicht hingegen, ob
die Forderung an sich materiell-rechtlich besteht, weshalb dem
Rechtsöffnungsentscheid keine materielle Rechtskraft zukommt (FRITZSCHE/
WALDER, Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. I, 1984, § 18 Rz. 22). Alle
Einwendungen und Einreden gegen die Schuldanerkennung, die zivilrechtliche
Bedeutung haben, sind zu hören (BGE 145 III 20 E. 4.1.2). Sie sind (gemäss Art.
254 ZPO) grundsätzlich durch Urkunden geltend zu machen (BGE 145 III 20 E.
4.1.2; 142 III 720 E. 4.1; Urteil 5A_51/2019 vom 7. Oktober 2019 E. 3.1).

2.2. Im vorliegenden Fall stellte die Vorinstanz fest, dass sich die
Beschwerdeführerin in der "Overdue invoices reschedule" vom 15. Februar 2016
zur ratenweisen Zahlung eines überfälligen Betrages von Fr. 163'441.60 an die
Beschwerdegegnerin verpflichtet hatte. Darin sei der bedingungslose Wille der
Beschwerdeführerin erkennbar, eine bestimmten oder leicht bestimmbare
Geldbetrag zu leisten. Der vorangegangene E-Mail-Verkehr der Parteien lasse
zudem den Schluss zu, dass darin auch der nun geforderte Betrag von Fr.
73'654.-- für die nach Rizhao/China gelieferte Pumpe anerkannt werde.
Allerdings wurde nach Ansicht der Vorinstanz die Schuldanerkennung vom 15.
Februar 2016 durch die "Meeting Minute" vom 17. März 2016 insoweit aufgehoben,
als die Parteien vereinbarten, den exakten Schuldbetrag in den nächsten Tagen
zu klären, die Wechselkursdifferenzen zu prüfen und eventuell zu verhandeln
sowie bezüglich aller offenen Schulden eine Vergleichsvereinbarung bis Ende
März 2016 zu treffen. Damit sei die bedingungslose Verpflichtung zur Zahlung
des Kaufpreises von Fr. 73'654.-- ausgesetzt worden. Insoweit habe die
Beschwerdegegnerin ihren Einwand gegen die Schuldanerkennung glaubhaft gemacht.
Das Rechtsöffnungsgesuch werde daher abgewiesen.

2.3. Die Beschwerdeführerin macht in erster Linie geltend, dass die
Schuldanerkennung vom 15. Februar 2016 eine abstrakte Verpflichtung darstelle
und damit keine Einwände aus dem Grundvertrag zulässig seien. Zudem genügten
die Einwände der Beschwerdegegnerin aus dem Kaufvertrag der sog. Basler
Rechtsöffnungspraxis nicht, da sie rein pauschal erhoben würden.

2.3.1. Mit diesen Vorbringen verkennt die Beschwerdeführerin das Wesen der
Schuldanerkennung nach Art. 17 OR, die auch ohne Angabe eines
Verpflichtungsgrundes gültig ist. Soweit sie die Verpflichtung zur Zahlung
eines bestimmten oder leicht bestimmbaren Geldbetrages aufweist, stellt sie
einen provisorischen Rechtsöffnungstitel im Sinne von Art. 82 SchKG dar.
Hingegen ist die Schuldanerkennung nicht in dem Sinne abstrakt, dass sie vom
vorbestandenen Grundverhältnis losgelöst erfolgt. Vorbehältlich einer
Novationsabrede bleibt daher die ursprüngliche Forderung mit ihren
Neben-rechten weiterbestehen (BGE 131 III 268 E. 3.2; 127 III 559 E. 4a;
STAEHELIN, a.a.O., N. 90 zu Art. 82; MUSTER, Développements récents en matière
de mainlevée de l'opposition, BlSchK 2008 S. 10 f.). Die Novation wird
angesichts der Tragweite eines Einredenverzichts nicht vermutet. Diese müsste
vielmehr ausdrücklich erfolgen und sich auf eine bestimmte Einrede beziehen,
also eindeutig sein (BGE 65 II 66 E. 8b; Urteil 4A_147/2014 vom 19. November
2014 E. 4.4.1). Solches lässt sich der Schuldanerkennung vom 15. Februar 2016
nicht entnehmen.

2.3.2. Es bleibt die Frage, ob seitens der Beschwerdegegnerin gegen die
Schuldanerkennung vom 15. Februar 2016 Einwendungen erhoben worden sind, welche
diese entkräften können. Im kantonalen Verfahren hat die Beschwerdegegnerin
einerseits vorgebracht, dass es an einem bestimmten oder bestimmbaren Betrag
fehle, und andererseits Mängel an der gelieferten Pumpe geltend gemacht. Beide
Einwendungen sind im Rechtsöffnungsverfahren zulässig, wie die Vorinstanz zu
Recht festhielt.

2.4. Die Vorbringen der Beschwerdeführerin sind unbehelflich, wie sich aus dem
Folgenden ergibt.

2.4.1. Soweit es bei den Vorbringen um Einwendungen betreffend die korrekte
Erfüllung des Kaufvertrages geht, muss gemäss der jüngeren Praxis des
Bundesgerichts die Schlechterfüllung als solche glaubhaft gemacht werden, d.h.
genügt eine blosse Bestreitung der einwandfreien Vertragserfüllung nicht.
Insbesondere genügt im Falle einer Mängelrüge die blosse Behauptung, eine
solche erhoben zu haben, nicht, sondern es muss zudem glaubhaft gemacht werde,
dass diese rechtzeitig erfolgt ist (BGE 145 III 20 E. 4.3.1; Urteil 5A_1008/
2014 vom 1. Juni 2015 E. 3.4.3, BlSchK 2016 S. 91 ff.).

2.4.2. Die Vorinstanz hat sich allerdings darauf beschränkt, die Tragweite der
Vereinbarung vom 17. März 2016 ("Meeting minute") auf die Schuldanerkennung vom
15. Februar 2016 ("Overdue invoices reschedule") zu untersuchen. Dabei ist sie
zum Schluss gekommen, dass die zeitlich nachfolgende Vereinbarung verschiedene
Elemente enthalte, welche die ursprüngliche Schuldanerkennung glaubhaft
entkräften. Insbesondere werde dadurch die vorbehaltlose Verpflichtung zur
Zahlung des Restkaufpreises von Fr. 73'654.-- ausgesetzt. Insoweit schützte sie
den Einwand der Beschwerdegegnerin und hob den erstinstanzlichen
Rechtsöffnungsentscheid auf. Fehlt es im konkreten Fall an einer
rechtsgenüglichen Schuldanerkennung des Restkaufpreises, so musste die
Vorinstanz die Einrede gegen die mangelhafte Vertragserfüllung nicht mehr
prüfen.

2.4.3. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin enthält die Vereinbarung vom 17.
März 2016 lediglich eine Reihe von Punkten, die die organisatorische Abwicklung
der ausstehenden Kaufpreiszahlung festlegen. Dadurch werde die
Schuldanerkennung vom 15. Februar 2016 keineswegs entkräftet. Mit dieser
Sichtweise übergeht die Beschwerdeführerin, dass die zweite Vereinbarung Punkte
aufweist, welche die Tragweite der Schuldanerkennung erfassen. Im Zentrum steht
dabei das Ansinnen der Parteien, den genauen Forderungsbetrag festzulegen
("clarify the exact amount of the debts") und auch allfällige
Währungsdifferenzen beizulegen ("check and eventually negotiate the exchange
rate differences"). Wenn die Vorinstanz im Ergebnis angenommen hat, mit dieser
Formulierung werde das bedingungs- und vorbehaltlose Zahlungsversprechen der
Beschwerdegegnerin über die Gesamtschuld, welche auch die vorliegend strittige
Forderung umfasst, "ausgesetzt" bzw. "aufgehoben", hat sie in der späteren
Vereinbarung den Verzicht der Beschwerdeführerin erblickt, sich auf die
Bedingungs- und Vorbehaltslosigkeit der früher erklärten Schuldanerkennung der
Beschwerdegegnerin zu berufen. Dass die Vorinstanz im Ergebnis zu Unrecht eine
einstweilige Stundung als glaubhaft erachtet hat, wird nicht behauptet und ist
nicht weiter zu erörtern. Der Schluss, es fehle eine gültige bzw. wirksame
Schuldanerkennung, die zur Gewährung der provisorischen Rechtsöffnung
berechtigt, ist mit Bundesrecht vereinbar.

3.

Nach dem Gesagten hat die Vorinstanz kein Bundesrecht verletzt, indem sie die
Voraussetzungen für eine provisorische Rechtsöffnung verneint hat. Der
Beschwerde ist daher kein Erfolg beschieden. Ausgangsgemäss trägt die
Beschwerdeführerin die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.

Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zug, II.
Beschwerdeabteilung, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 2. März 2020

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Escher

Der Gerichtsschreiber: Levante