Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.439/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

5A_439/2019

Urteil vom 2. Juli 2019

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Herrmann, Präsident,

Bundesrichter von Werdt, Bovey,

Gerichtsschreiber Möckli.

Verfahrensbeteiligte

A.________ und B.________,

vertreten durch Rechtsanwältin Dana Matanovic,

Beschwerdeführerinnen,

gegen

C.________,

vertreten durch Rechtsanwältin Barbara Obrecht Steiner,

Beschwerdegegnerin,

D.________,

vertreten durch Rechtsanwältin Gabriela Loepfe-Lazar,

verfahrensbeteiligter Vater.

Gegenstand

Kindesrückführung,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Solothurn,
Zivilkammer, vom 14. Mai 2019 (ZKEIV.2019.3).

Sachverhalt:

A. 

C.________ und D.________ sind die Eltern der 2010 geborenen A.________ und der
2015 geborenen B.________. Die Familie lebte in U.________ (Österreich).

Im Jahr 2017 begannen eheliche Probleme. Zufolge Arbeitslosigkeit und zur
Behebung des finanziellen Engpasses nahm der Vater im Dezember 2017 eine
Anstellung bei einer Firma in Bern an und zog im Frühling 2018 in die Schweiz.
Da sich die Familie nicht zwei Wohnungen leisten konnte, musste die
Familienwohnung in U.________ aufgegeben werden und die Mutter mit den beiden
Kindern zu den Eltern väterlicherseits ziehen.

Die mit der Situation überforderte Mutter (polizeiliche Androhung der
Ausweisung zufolge fehlender Meldung; prekäre finanzielle Verhältnisse;
gespanntes Verhältnis zwischen ihr und den Eltern väterlicherseits) begab sich
am 21. Juli 2018 nach Florenz, um die Hilfe ihrer dort lebenden Brüder in
Anspruch zu nehmen. Dabei liess sie die beiden Kinder in der Obhut der
Grosseltern. Weil sie in der Folge mehrere Tage wegblieb, fuhr der nach
Österreich zurückgereiste Vater mit den beiden Kindern am 28. Juli 2018
ebenfalls nach Florenz, wo er aber die Mutter nicht auffinden konnte, und
anschliessend mit den Kindern direkt in die Schweiz. Am 29. Juli 2018 kehrte
die Mutter zurück und stellte fest, dass die Kinder nicht mehr vor Ort
anzutreffen waren.

Eine Woche darauf konnte sie durch Vermittlung von Kollegen eine eigene Wohnung
beziehen. Gleichzeitig wandte sie sich an die Polizei und wenige Tage später an
das Bezirksgericht U.________.

B. 

Am 5. September 2018 stellte die Mutter schliesslich einen Rückführungsantrag,
welcher über die österreichische Zentralbehörde an die schweizerische
Zentralbehörde gelangte, wo er am 11. September 2018 eintraf. Trotz der
anschliessend intensiven Suchbemühungen der Polizei (verdeckte Ermittlung
während des Tages wie auch während der Nacht) konnten die Kinder am Wohnort des
Beschwerdeführers in der Schweiz bis zum Frühling 2019 nicht aufgefunden
werden; sie waren bis dahin auch nicht gemeldet und die ältere Tochter auch
nicht eingeschult.

Am 26. März 2019 stellte die Mutter schliesslich beim Obergericht des Kantons
Solothurn das Rückführungsgesuch. Mit Urteil vom 14. Mai 2019 ordnete das
Obergericht die Rückführung der beiden Kinder nach Österreich an, wobei es dem
Vater Frist bis 30. Juni 2019 setzte, um die Kinder selber zurückzubringen oder
durch die Mutter zurückführen zu lassen; im Übrigen regelte es die Modalitäten
einer zwangsweisen Rückführung durch die Aufsichtsbehörde KESB als kantonale
Vollzugsbehörde.

C. 

Gegen dieses Urteil hat die Kindesvertreterin am 27. Mai 2019 beim
Bundesgericht eine Beschwerde eingereicht mit den Begehren um dessen Aufhebung
und Abweisung des Rückführungsgesuches, eventualiter um Rückweisung der Sache
an das Obergericht. Mit Vernehmlassung vom 11. Juni 2019 hat die Mutter auf
Abweisung der Beschwerde geschlossen. Der Vater hat sich nicht vernehmen
lassen. Mit Verfügung vom 21. Juni 2019 wurde der Beschwerde die aufschiebende
Wirkung erteilt. Mit Replik vom 1. Juli 2019 stellt die Kindesvertreterin die
Begehren, die vernehmlassungsweise gestellten Massnahmebegehren der Mutter
seien abzuweisen, jedoch sei ein rascher Entscheid anzustreben und im Fall
einer Beschwerdeabweisung die Frist zur freiwilligen Rückführung der Kinder
durch den Vater bis zum 31. August 2019 zu erstrecken.

D. 

Überdies hat auch der Vater gegen das obergerichtliche Urteil eine Beschwerde
erhoben, welche Gegenstand des parallelen Verfahrens 5A_440/2019 bildet.

Erwägungen:

1. 

Bei Rückführungsentscheiden nach dem Haager Übereinkommen über die
zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (HKÜ, SR
0.211.230.02) geht es um die Regelung der Rechtshilfe zwischen den
Vertragsstaaten (BGE 120 II 222 E. 2b S. 224), die in unmittelbarem
Zusammenhang mit der Respektierung und Durchsetzung ausländischen Zivilrechts
steht (Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 1 BGG; BGE 133 III 584). Gegen den Entscheid
des Kantonsgerichts, welches als einzige kantonale Instanz entschieden hat
(Art. 7 Abs. 1 des Bundesgesetzes über internationale Kindesentführung und die
Haager Übereinkommen zum Schutz von Kindern und Erwachsenen, BG-KKE, SR
211.222.32), steht die Beschwerde in Zivilsachen offen.

Mit der Beschwerde kann in erster Linie die Verletzung von Bundesrecht (Art. 95
lit. a BGG) und von Völkerrecht (Art. 95 lit. b BGG) gerügt werden, wozu als
Staatsvertrag auch das Entführungsübereinkommen gehört. Das Bundesgericht
behandelt aber auch im Anwendungsbereich von Art. 106 Abs. 1 BGG nur
thematisierte Rechtsfragen; es gelten die Begründungsanforderungen gemäss Art.
42 Abs. 2 BGG, welche eine Auseinandersetzung mit den Erwägungen des
angefochtenen Entscheides verlangen (BGE 140 III 115 E. 2 S. 116).

Der kantonal festgestellte Sachverhalt ist für das Bundesgericht grundsätzlich
verbindlich (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann höchstens eine offensichtlich
unrichtige, d.h. willkürliche Sachverhaltsfeststellung gerügt werden, wobei das
strenge Rügeprinzip gilt (Art. 97 Abs. 1 und Art. 106 Abs. 2 BGG). Das
Bundesgericht prüft in diesem Fall nur klar und detailliert erhobene und soweit
möglich belegte Willkür- und andere Verfassungsrügen, während es auf ungenügend
substanziierte Rügen und rein appellatorische Kritik am Sachverhalt nicht
eintritt; ausserdem ist aufzuzeigen, inwiefern die Behebung der aufgezeigten
Mängel für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (BGE 140 III 264E.
2.3 S. 266).

2. 

Das Obergericht ist von einem gemeinsamen Sorgerecht der Eltern und von einer
widerrechtlichen Verletzung des mütterlichen Sorgerechts im Sinn von Art. 3 HKÜ
ausgegangen. Es hat festgestellt, dass der Vater zwar beim Amtsgericht Tetovo
in Mazedonien am 25. Februar 2019 ein Scheidungsurteil erwirkt habe, in welchem
ihm die Kinder zur weiteren Obhut und Erziehung zugewiesen worden seien, dass
aber die Mutter - was aus der Übersetzung des Urteils klar hervorgehe - vom
Scheidungsverfahren keine Kenntnis gehabt habe und das Urteil deshalb vom
Bezirksgericht U.________, wo das Scheidungs- und Obsorgeverfahren hängig sei,
nicht anerkannt worden sei und es gemäss Art. 27 Abs. 2 lit. a IPRG auch in der
Schweiz nicht anerkannt werden könnte. Im Übrigen würde aber selbst eine
Anerkennung des Urteils nichts ändern, weil die Eltern im Zeitpunkt des
Verbringens der Kinder in die Schweiz unbestrittenermassen noch verheiratet
gewesen seien. Weiter ist das Obergericht davon ausgegangen, dass die Mutter
nicht einfach die Kinder in Österreich zurückliess, als sie bei ihren Brüdern
in Florenz Hilfe suchte, sondern dass sie das Sorgerecht über die Kinder im
Zeitpunkt des Verbringens tatsächlich ausübte. Es hat in diesem Zusammenhang
festgestellt, dass keine Anhaltspunkte für die Richtigkeit der anlässlich der
Anhörung gemachten Behauptung des Vaters bestünden, wonach die Mutter fremd
gegangen sei und ein neues Leben gesucht habe; vielmehr stimme die Darstellung
der Mutter, wonach sie die Grosseltern gebeten habe, während ihrer Abwesenheit
auf die Kinder aufzupassen, mit den Schilderungen des Vaters in der
Vernehmlassung zum Rückführungsgesuch überein. Wie der Mail-Verkehr mit dem
Bundesamt für Justiz zeige, habe sie im Anschluss auch hartnäckig versucht, die
Kinder in der Schweiz ausfindig zu machen. Dass die Kinder von der Polizei
weder am Tag noch in der Nacht am Wohnort des Vaters hätten aufgefunden werden
können, begründe den Verdacht, dass sie versteckt worden seien. Jedenfalls
fehle es an jeglichen plausiblen Indizien für die Behauptung des Vaters, die
Mutter habe das Sorgerecht nicht ausgeübt oder zumindest das Verbringen der
Kinder nachträglich genehmigt.

Sodann hat das Obergericht eine mit der Rückführung der Kinder verbundene
schwerwiegende Gefahr verneint. A.________ sei erst seit kurzem in der Schweiz
eingeschult (offenbar seit 8. April 2019) und B.________ noch sehr klein. Von
einem Einleben in der Schweiz könne keine Rede sein, zumal die Tatsache, dass
die Kinder von der Polizei nicht hätten angetroffen werden können, dafür
spreche, dass ihre Kontakte nicht über den engsten Familienkreis
hinausreichten. Sodann sei nicht ersichtlich, inwiefern die Mutter nicht in der
Lage wäre, dem Kindeswohl entsprechend zu handeln. Bei einem Treffen zwischen
der Mutter und den Kindern bei der Kindesvertreterin habe die ältere Tochter
A.________ die Mutter zwar abgelehnt. Das Verhalten des achtjährigen Mädchens
sei aber gut nachvollziehbar. Es habe das Gefühl, die Mutter hätte die Kinder
damals verlassen, und aufgrund der Parteibefragung sei auch die Annahme
naheliegend, dass der Vater es in diesem Gefühl bestärke (er gab zu Protokoll,
mit A.________ über die Mutter zu sprechen). Analoges ergebe sich aus den
Äusserungen des Kindes gegenüber der Kindesvertreterin, wonach die Mutter eine
Affäre habe und unverzeihliche Fehler begangen habe. Entgegen der Ansicht der
Kindesvertreterin seien diese Aussagen offensichtlich drittbeeinflusst. Dass
schliesslich die Mutter seit dem Verbringen der Kinder keinerlei Kontakte zu
diesen habe aufnehmen können, sei nicht ihr anzulasten, denn die Kinder seien
trotz intensiver Suchbemühungen schlicht nicht lokalisierbar gewesen. Die
Vorbringen, die Kinder hätten in der Schweizeine bessere Zukunft als in
Österreich und er selbst stehe finanziell besser da als die Mutter, begründeten
keine Gefahren im Sinn des Übereinkommens; solche Überlegungen seien vielmehr
im Obsorgeverfahren relevant, welches vor dem Bezirksgericht U.________ hängig
sei. Im Übrigen habe die Mutter in Österreich eine Arbeitsstelle und eine
Wohnung. Sie beabsichtige, ihr Arbeitspensum nach einer Rückkehr der Mädchen zu
reduzieren und zähle dabei auf die Unterstützung durch ihre Eltern. Insgesamt
präsentiere sich die finanzielle und soziale Situation in Österreich nicht
wesentlich anders als in der Schweiz.

3. 

Die Ausführungen in der Beschwerde betreffen fast ausschliesslich den
Sachverhalt, ohne dass Willkürrügen erhoben oder andere Verfassungsverletzungen
geltend gemacht würden, ja es wird nicht einmal das Wort "Willkür" explizit
oder sinngemäss erwähnt. Vielmehr schildert die Kindesvertreterin weitgehend
losgelöst von den Erwägungen des angefochtenen Entscheides eine eigene
Sachverhaltsversion, welche sie in rein appellatorischer Form vorträgt. Indem
sie die Beschwerdeschrift redigiert, wie wenn es sich um einen
erstinstanzlichen Prozess handeln würde, verkennt sie das Wesen des
bundesgerichtlichen Verfahrens, welches der Rechtsüberprüfung dient (vgl. Art.
95 f. BGG) und in welchem nur ausnahmsweise auch der vom Obergericht für das
Bundesgericht an sich verbindlich festgestellte Sachverhalt in Frage gestellt
werden kann, was freilich das Erheben expliziter und substanziierter
Willkürrügen bedarf (vgl. E. 1). Auf die Beschwerde kann mithin nicht
eingetreten werden, soweit sich die Kindesvertreterin zum Sachverhalt äussert.

4. 

Es bleibt die Überprüfung der rechtlichen Vorbringen, welche mangels
prozesskonform vorgebrachter Sachverhaltsrügen zwangsläufig ausgehend von den
kantonalen Sachverhaltsfeststellungen zu beurteilen sind.

4.1. Im Zusammenhang mit dem mazedonischen Scheidungsurteil macht die
Kindesvertreterin geltend, der Entscheid des Bezirksgerichts U.________ sei
noch nicht rechtskräftig, da die dortige Anwältin des Vaters den Entscheid
offenbar weitergezogen habe, und entsprechend sei die Sachlage momentan unklar
und wäre sie durch das Obergericht näher abzuklären gewesen; je nachdem wäre
nämlich die Widerrechtlichkeit der Entführung nachträglich weggefallen und das
Rückführungsgesuch somit abzuweisen.

Die kantonale Sachverhaltsfeststellung, wonach die Mutter vom mazedonischen
Scheidungsverfahren keinerlei Kenntnis hatte, stellt die Kindesvertreterin
letztlich nicht in Frage. Eine im Ausland ergangene Entscheidung kann jedoch in
der Schweiz nicht anerkannt werden, wenn die Partei nicht gehörig geladen wurde
(Art. 27 Abs. 1 lit. a IPRG). Bei einem Scheidungsurteil ist der Ordre public
generell verletzt, wenneine Partei am Verfahren nicht teilgenommen hat bzw. vom
Verfahren möglicherweise nichts wusste (Urteil 5C.297/2001 vom 4. März 2002 E.
3). Zum schweizerischen Ordre public gehört insbesondere auch, dass sich das
Scheidungsgericht bei einer einvernehmlichen Scheidung hinreichend sicher vom
Scheidungswillen der Parteien überzeugt hat (BGE 131 III 182 E. 4.2 S. 186).

Das Obergericht hat auf der Basis seiner Sachverhaltsfeststellungen nicht nur
zutreffend geschlossen, dass das mazedonische Scheidungsurteil in der Schweiz
nicht anerkennungsfähig wäre, sondern auch zutreffend festgehalten, dass die
Sorgerechtslage unmittelbar vor dem Verbringen relevant ist; dies geht direkt
aus dem Wortlaut von Art. 3 Abs. 1 lit. a HKÜ hervor und in der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung wurde mehrmals festgehalten, dass für die
Frage der Widerrechtlichkeit des Verbringens nicht auf eine später allenfalls
eingetretene Sorgerechtslage abzustellen ist (Urteile 5A_713/2007 vom 28.
Februar 2008 E. 3; 5A_27/2011 vom 21. Februar 2011 E. 4; 5A_537/2012 vom 20.
September 2012 E. 3; 5A_395/2017 vom 10. Juli 2018 E. 3).

4.2. Im Zusammenhang mit der Frage, ob die Mutter das Sorgerecht im Zeitpunkt
des Verbringens der Kinder ausgeübt hat, erfolgen einzig appellatorische
Vorbringen (dahingehend, dass die Mutter die Kinder am 21. Juli 2018 verlassen
und sich im Anschluss auch nicht mehr um diese bemüht habe, weshalb sie ihr
Sorgerecht aufgegeben habe).

Nach dem Gesagten hat es mithin bei den gegenteiligen gerichtlichen
Sachverhaltsfeststellungen des angefochtenen Urteils zu bleiben, zumal
insbesondere auch der Vorwurf nicht zutrifft, das Obergericht habe die
betreffenden Umstände zu wenig abgeklärt: Die (im Gegensatz zu den Behauptungen
der Kindesvertreterin stehenden) sofortigen und umfangreichen Bemühungen der
Mutter zur Suche und Kontaktaufnahme mit den Kindern via Polizei, Behörden und
Gerichte sind hinreichend dokumentiert, namentlich auch durch das beim
Bundesamt für Justiz angelegte Rückführungsdossier. Was sodann die Motivation
zur Italien-Reise und die unmittelbaren Vorkehrungen in Bezug auf die Kinder im
Zusammenhang mit der Abreise anbelangt, divergieren die Parteistandpunkte stark
(vgl. dazu im Einzelnen das parallele Urteil 5A_440/2019 E. 3.1, wo die
Aussagen der Parteien auch gewürdigt werden) und objektive Beweismittel sind
diesbezüglich nicht greifbar. Namentlich konnte der Vater die SMS, in welcher
die Mutter im Vorfeld ihrer Reise angeblich geschrieben haben soll, sie werde
alles zurücklassen, nicht vorlegen.

Angesichts des vollständigen Fehlens von Willkür- oder anderweitigen
Verfassungsrügen ist von den (genügend abgeklärten) Sachverhaltsfeststellungen
im angefochtenen Entscheid auszugehen (vgl. E. 1). Auf deren Basis ist in
rechtlicher Hinsicht klar, dass die Mutter im Sinn von Art. 3 Abs. 1 lit. b HKÜ
das Sorgerecht ausgeübt hat, wobei diesbezüglich auf das parallele Urteil
5A_440/2019 E. 3.1 verwiesen werden kann.

4.3. Als Zwischenergebnis ist somit festzuhalten, dass eine widerrechtliche
Sorgerechtsverletzung im Sinn von Art. 3 HKÜ vorliegt und als Folge die Kinder
in den Staat zurückzuführen sind, in welchem sie vor dem Verbringen ihren
gewöhnlichen Aufenthalt hatten (Art. 12 Abs. 1 HKÜ), soweit nicht
Ausschlussgründe nachgewiesen sind.

4.4. Als Ausschlussgrund wird zum einen eine schwerwiegende Gefahr im Sinn von
Art. 13 Abs. 1 lit. b HKÜ behauptet. Es erfolgen indes keine rechtlichen
Ausführungen, sondern umfangreiche Sachverhaltsbehauptungen (dahingehend, dass
A.________ die Mutter ablehne und sie deshalb nicht zurückgeführt werden dürfe,
und implizit auch dahingehend, dass die Erziehungsfähigkeit der Mutter in Frage
gestellt wird, indem schon immer primär die Grossmutter die Kinder erzogen
habe), freilich wiederum in rein appellatorischer Form, so dass darauf nicht
eingetreten werden kann (vgl. E. 1). Im Übrigen trifft es auch nicht zu, dass
die obergerichtlichen Sachverhaltsabklärungen ungenügend gewesen wären; hierzu,
insbesondere was den "Beweis der Zukunft" anbelangt, kann auf die Ausführungen
im parallelen Urteil 5A_440/2019 E. 3.4 verwiesen werden.

Ausgehend von den kantonalen Sachverhaltsfeststellungen sind keine
schwerwiegenden Gefahren im Sinn von Art. 13 Abs. 1 lit. b HKÜ zu erkennen. Im
Einzelnen ist wie gesagt auf die Ausführungen im parallelen Urteil 5A_440/2019
E. 3.4 zu verweisen. Soweit die schwerwiegende Gefahr in den Kontext mit der
ablehnenden Haltung von A.________ gestellt wird, geht es in erster Linie um
den Ausschlussgrund von Art. 13 Abs. 2 HKÜ, welcher nachfolgend zu prüfen ist.

4.5. Als weiterer Ausschlussgrund wird angeführt, dass A.________ sich einer
Rückführung im Sinn von Art. 13 Abs. 2 HKÜ widersetze, indem sie jeglichen
Kontakt zur Mutter verweigere. Ihre ablehnende Haltung habe sie auch im
Anschluss an den erstinstanzlichen Rückführungsentscheid anlässlich eines
Treffens in der Anwaltskanzlei erneut bestätigt. Sie habe sich an ihren Vater
geklammert und sich hinter ihm versteckt, während die jüngere Schwester
B.________ auf die Mutter zugegangen sei und sich von ihr auch habe umarmen und
küssen lassen. Diese Sachverhaltselemente seien im Sinn von Art. 99 Abs. 1 BGG
zu berücksichtigen, weil der angefochtene Entscheid zum erneuten Gespräch
Anlass gegeben habe.

Während unechte Noven im engen Rahmen von Art. 99 Abs. 1 BGG vorgebracht werden
können, sind echte Noven - und um solche handelt es sich bei Ereignissen im
Anschluss an das angefochtene Urteil - grundsätzlich ausgeschlossen (BGE 133 IV
342 E. 2.1 S. 344; 139 III 120 E. 3.1.2 S. 123). Aus diesen Gründen ist das
Vorbringen an sich prozessual unzulässig. Indes ist dies ohne entscheidenden
Belang, weil A.________ bereits vor dem erstinstanzlichen Entscheid die Mutter
abgelehnt hat. Die Kindesvertreterin hat dem Obergericht in ihrer Stellungnahme
geschildet, dass A.________ keinen Kontakt zur Mutter wünsche und auch nicht
nach Österreich zurückkehren wolle. Das Obergericht hat die Haltung von
A.________ gewürdigt und ist von einer drittbeeinflussten Meinungsäusserung des
Kindes ausgegangen (vgl. E. 2). Die obergerichtliche Beweiswürdigung wird von
der Kindesvertreterin vor Bundesgericht letztlich nicht mehr in Frage gestellt.
Sie verweist einfach auf die verweigernde Haltung des Kindes und hält dafür,
dass dies im Sinn von Art. 13 Abs. 2 HKÜ beachtlich sei. Sodann ist sie der
Ansicht, dass im Fall einer Rückführung die blosse Benachrichtigung der
österreichischen Stellen nicht genügen würde, sondern dass A.________ durch
konkrete Kindesschutzmassnahmen auf die Rückgabe an die Mutter vorbereitet
werden müsste, notfalls im Rahmen einer Fremdplatzierung, damit sie ihre
negative Haltung ändern könnte.

Die bundesgerichtliche Rechtsprechung zu Art. 13 Abs. 2 HKÜ wurde in den
zuletzt ergangenen Entscheiden (vgl. Urteile 5A_229/2015 vom 30. April 2015 E.
5.1; 5A_666/2017 vom 27. September 2017 E. 5; 5A_475/2018 vom 9. Juli 2018 E.
4.2) wie folgt zusammengefasst: Das HKÜ legt kein bestimmtes Alter fest, ab
wann ein Widersetzen des Kindes berücksichtigt werden kann. In der Lehre werden
Mindestalter zwischen 10 und 14 Jahren postuliert (für Nachweise vgl. BGE 131
III 334 E. 5.2 S. 340; 133 III 146 E. 2.3 S. 148 f.). Nach der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist die erforderliche Reife im Sinn von Art.
13 Abs. 2 HKÜ erreicht, wenn das Kind zu autonomer Willensbildung fähig ist,
d.h. wenn es seine eigene Situation zu erkennen und trotz der äusseren
Einflüsse eine eigene Meinung zu bilden vermag (BGE 131 III 334 E. 5.1 S. 340)
und wenn es den Sinn und die Problematik des anstehenden
Rückführungsentscheides verstehen kann; dies heisst, dass es insbesondere
erkennen können muss, dass es nicht um die Sorgerechtsregelung, sondern vorerst
nur um die Wiederherstellung des aufenthaltsrechtlichen Status quo ante geht
und alsdann im Herkunftsstaat über die materiellen Fragen entschieden wird (BGE
133 III 146 E. 2.4 S. 149 f.). Gestützt auf die einschlägige
kinderpsychologische Literatur geht die bundesgerichtliche Rechtsprechung davon
aus, dass die erwähnten Voraussetzungen in der Regel ab ungefähr elf bis zwölf
Jahren gegeben sind (BGE 133 III 146 E. 2.4 S. 150). Indes darf auch der
aktenkundig geäusserte Wille eines etwas jüngeren Kindes nicht einfach
ausgeblendet werden; vielmehr hat sich das Gericht damit auseinanderzusetzen.
In jedem Fall ist aber Voraussetzung, dass der geäusserte Kindeswillen, damit
er die Basis für den eigenständigen Ausschlussgrund von Art. 13 Abs. 2 HKÜ
bilden kann, autonom gebildet worden ist. Selbstverständlich erfolgt eine jede
Willensbildung nicht völlig losgelöst von äusserer Beeinflussung, schon gar
nicht bei kleineren Kindern (BGE 131 III 334 E. 5.1 S. 340). Er darf aber nicht
auf einer Manipulation oder Indoktrination beruhen, denn es lässt sich dort
nicht mehr von einem dem Kind zurechenbaren autonomen Willen sprechen, wo es
bloss die Ansicht seiner momentanen Bezugsperson transportiert. Vor diesem
Hintergrund ist die Rechtsprechung zu verstehen, wonach das Widersetzen des
Kindes im Sinn von Art. 13 Abs. 2 HKÜ mit einem gewissen Nachdruck und mit
nachvollziehbaren Gründen vertreten werden muss (vgl. BGE 133 III 88 E. 4 S.
91; nicht beanstandet im Urteil Nr. 3592/08 des Europäischen Gerichtshofes für
Menschenrechte vom 22. Juli 2014). Zusammenfassend wird also im Sinn einer
Richtlinie bei Kindern ab ungefähr elf bis zwölf Jahren von einer den
Ausschlussgrund von Art. 13 Abs. 2 HKÜ begründenden Willensbildungsfähigkeit
ausgegangen, wobei der Wille mit einem gewissen Nachdruck und nachvollziehbaren
Gründen geäussert werden muss und er nicht aufgrund elterlicher Manipulation
entstanden sein darf.

A.________ ist rund 8½ Jahre alt und hat damit noch nicht ein Alter erreicht,
in welchem sie als zu autonomer Willensbildung fähig anzusehen ist, wie dies
zur Beachtung eines Widersetzens im Sinn von Art. 13 Abs. 2 HKÜ erforderlich
ist. Darüber hinaus spricht alles dafür, dass ihre feindselige Haltung
gegenüber der Mutter, wovon anlässlich der von der Mutter geschilderten
Skype-Kontakte im August 2018 (vgl. dazu das parallele Urteil 5A_440/2019 E.
3.1) offenbar noch nichts zu spüren war, ohnehin nicht auf eigener Anschauung
und autonom erfolgter Willensbildung basiert, sondern auf - bewusst oder
unbewusst erfolgte - manipulative Eingebung durch den Vater und das väterliche
Umfeld zurückzuführen ist (vgl. im Einzelnen das parallele Urteil 5A_440/2019
E. 3.2).

5. 

Nach dem Gesagten sind keine Ausschlussgründe dargetan und ist die Rückführung
der beiden Kinder nach Österreich anzuordnen. Dabei ist dem berechtigten
Standpunkt der Kindesvertreterin Rechnung zu tragen, wonach ein
kindeswohlgerechter Vollzug nach einer kinderpsychologisch begleiteten
Vorbereitung insbesondere des älteren Mädchens auf die Rückführung und eine
Wiederannäherung zur Mutter ruft. Es liegt jedoch nahe, die entsprechenden
Anordnungen nicht im Rahmen des vorliegenden, sondern im parallelen Urteil
5A_440/2019 zu treffen, weil der Vater in die betreffenden Anordnungen
einzubinden ist und seine Kooperation die Vorbereitung von A.________ für eine
kindesgerechte Rückführung erleichtern würde. Es ist in diesem Sinn zu hoffen,
dass der Vater sich überwinden kann, zwischen Eltern- und Kindesebene zu
unterscheiden und die Kindesinteressen über seinen verletzten Stolz zu stellen,
indem er einsieht, dass er den Kindern nichts Gutes tut, wenn er sie in seinen
persönlichen Konflikt mit der Mutter hineinzieht.

6. 

In Kindesrückführungsverfahren werden keine Gerichtskosten erhoben und die
Rechtsvertreter der Beteiligten aus der Gerichtskasse entschädigt (Art. 26 Abs.
2 HKÜ). Die vom Beschwerdeführer und der Kindesvertreterin gestellten Gesuche
um unentgeltliche Rechtspflege sind deshalb gegenstandslos.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 

Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3. 

Die Rechtsanwältinnen Barbara Obrecht Steiner und Dana Matanovic werden aus der
Bundesgerichtskasse mit je Fr. 3'000.-- entschädigt.

4. 

Dieses Urteil wird der Kindesvertreterin, den Eltern, dem Obergericht des
Kantons Solothurn, Zivilkammer, der kantonalen Vollstreckungsbehörde und dem
Bundesamt für Justiz als Zentralbehörde für Kindesentführungen schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 2. Juli 2019

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Herrmann

Der Gerichtsschreiber: Möckli