Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.300/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

5A_300/2019

Urteil vom 23. Juli 2019

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Herrmann, Präsident,

Bundesrichter Marazzi, von Werdt,

Gerichtsschreiberin Scheiwiller.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

vertreten durch Rechtsanwalt Oliver Lücke,

Beschwerdeführer,

gegen

Bezirksgericht Brig, Östlich-Raron und Goms,

Beschwerdegegner.

Gegenstand

Unentgeltliche Prozessführung (Abänderung der Scheidungskonvention),

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Wallis, Zivilkammer, vom 5.
März 2019 (C3 18 212, C2 18 34).

Sachverhalt:

A.

A.________ hat am 29. Juni 2018 vor dem Bezirksgericht Brig, Östlich-Raron und
Goms auf Abänderung des Scheidungsurteils geklagt und um unentgeltliche
Rechtspflege und Verbeiständung nachgesucht. Das Bezirksgericht wies dieses
Gesuch am 12. September 2018 ab. Es erachtete die Klage als aussichtslos und
den Kläger nicht als bedürftig.

B.

Gegen diesen Entscheid gelangte A.________ am 25. September 2018 an das
Kantonsgericht Wallis, welches die Beschwerde wie auch das Gesuch um Gewährung
der unentgeltlichen Rechtspflege für das Beschwerdeverfahren abwies (Entscheid
vom 5. März 2019).

C.

Mit Eingabe vom 8. April 2019 wendet sich A.________ (Beschwerdeführer) an das
Bundesgericht. Er beantragt, ihm sei für das Verfahren auf Abänderung des
Scheidungsurteils die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu
gewähren, die Kosten des oberinstanzlichen Verfahrens dem Kanton Wallis
aufzuerlegen und ihm für das oberinstanzliche Verfahren eine
Parteientschädigung von Fr. 1'000.-- zuzusprechen.

Am 17. Mai 2019 stellte der Beschwerdeführer ausserdem ein Gesuch um Gewährung
der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung für das bundesgerichtliche
Verfahren.

Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten, aber keine Vernehmlassungen
eingeholt.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerde richtet sich gegen eine Verfügung einer letzten kantonalen
Instanz (Art. 75 Abs. 2 BGG), mit der diese sowohl eine gegen die Abweisung des
Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege für das Verfahren vor dem Bezirksgericht
gerichtete Beschwerde als auch das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege und Verbeiständung für das oberinstanzliche Verfahren abgewiesen
hat (vgl. zur Ausnahme vom Erfordernis der double instance BGE 138 III 41 E.
1.1; 137 III 424 E. 2.2). Der Entscheid über die Verweigerung der
unentgeltlichen Rechtspflege ist ein Zwischenentscheid, der praxisgemäss einen
nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG;
BGE 133 IV 335 E. 4; 129 I 129 E. 1.1; siehe auch Urteil 5A_734/2015 vom 17.
Dezember 2015 E. 1, nicht publ. in: BGE 142 III 36; je mit Hinweisen).

1.2. Bei Zwischenentscheiden folgt der Rechtsweg jenem der Hauptsache (BGE 138
III 555 E. 1; 137 III 380 E. 1.1; 133 III 645 E. 2.2). Dort geht es um die
Abänderung von Unterhaltsbeiträgen. Es handelt sich um eine vermögensrechtliche
Zivilsache (Art. 72 Abs. 1 BGG), deren Streitwert den für die Beschwerde in
Zivilsachen erforderlichen Betrag (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG) überschreitet
(Art. 51 Abs. 1 lit. c und Abs. 4 BGG).

1.3. Der Beschwerdeführer ist gemäss Art. 76 Abs. 1 BGG zur Erhebung der
Beschwerde berechtigt und die Beschwerdefrist ist eingehalten (Art. 100 Abs. 1
BGG). Insofern kann auf die Beschwerde eingetreten werden.

1.4. In rechtlicher Hinsicht sind alle Rügen gemäss Art. 95 f. BGG zulässig.
Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG) und
prüft dessen Anwendung frei, allerdings unter Vorbehalt der allgemeinen
Begründungsanforderungen (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) und grundsätzlich nur für
die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 142 III 364 E. 2.4). Hinsichtlich der Verletzung von
verfassungsmässigen Rechten gilt eine qualifizierte Rügepflicht (Art. 106 Abs.
2 BGG). Eine Verfassungsrüge muss in der Beschwerde präzise vorgebracht und
begründet werden (BGE 134 I 83 E. 3.2). Dies bedeutet, dass anhand der
Erwägungen des angefochtenen Entscheids klar und detailliert darzulegen ist,
inwiefern verfassungsmässige Rechte verletzt worden sein sollen (BGE 141 I 36
E. 1.3 mit Hinweisen).

1.5. Im Übrigen legt das Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde,
den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdeführer
kann die Feststellung des Sachverhalts und damit die Beweiswürdigung nur rügen,
wenn diese offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im
Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang
des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). "Offensichtlich
unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 140 III 115 E. 2; 135 III 397 E.
1.5). Auf rein appellatorische Kritik ist nicht einzutreten (BGE 140 III 264 E.
2.3 mit Hinweisen). Vorbringen zu einem Sachverhalt, der vom angefochtenen
Entscheid abweicht, sind nicht zu berücksichtigen (BGE 140 III 16 E. 1.3.1).

2.

2.1. Nach Art. 117 ZPO hat eine Person Anspruch auf unentgeltliche
Rechtspflege, wenn sie nicht über die erforderlichen Mittel verfügt (lit. a)
und ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint (lit. b). Sofern es zur
Wahrung der Rechte notwendig ist, umfasst die unentgeltliche Rechtspflege die
Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes (Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO).
Als bedürftig gilt eine Person dann, wenn sie die Kosten eines Prozesses nicht
aufzubringen vermag, ohne jene Mittel anzugreifen, die für die Deckung des
eigenen notwendigen Lebensunterhalts und desjenigen ihrer Familie erforderlich
sind. Die prozessuale Bedürftigkeit beurteilt sich nach der gesamten
wirtschaftlichen Situation des Rechtsuchenden im Zeitpunkt der Einreichung des
Gesuchs (BGE 141 III 369 E. 4.1; 135 I 221 E. 5.1; 128 I 225 E. 2.5.1; je mit
Hinweisen).

Die gesuchstellende Person hat nach Art. 119 Abs. 2 Satz 1 ZPO ihre Einkommens-
und Vermögensverhältnisse darzulegen und sich zur Sache sowie über ihre
Beweismittel zu äussern. Es trifft sie eine umfassende Mitwirkungsobliegenheit
(Urteil 4A_270/2017 vom 1. September 2017 E. 4.2 mit Hinweisen). Insofern gilt
im Verfahren betreffend die unentgeltliche Rechtspflege ein durch die
Mitwirkungspflicht eingeschränkter Untersuchungsgrundsatz (Urteil 4A_274/2016
vom 19. Oktober 2016 E. 2.3 mit Hinweisen). An die klare und gründliche
Darstellung der finanziellen Situation durch die gesuchstellende Person selbst
dürfen umso höhere Anforderungen gestellt werden, je komplexer diese
Verhältnisse sind (BGE 125 IV 161 E. 4a; 120 Ia 179 E. 3a). Das Gericht hat den
Sachverhalt aber immerhin dort weiter abzuklären, wo Unsicherheiten und
Unklarheiten bestehen, und es hat allenfalls unbeholfene Rechtsuchende auf die
Angaben hinzuweisen, die es zur Beurteilung des Gesuchs benötigt. Bei einer
anwaltlich vertretenen Partei ist das Gericht nach Art. 97 ZPO nicht
verpflichtet, eine Nachfrist anzusetzen, um ein unvollständiges oder unklares
Gesuch zu verbessern. Wenn der anwaltlich vertretene Gesuchsteller seinen
Obliegenheiten nicht (genügend) nachkommt, kann das Gesuch mangels
ausreichender Substanziierung oder mangels Bedürftigkeitsnachweises abgewiesen
werden (Urteile 4A_44/2018 vom 5. März 2018 E. 5.3 mit zahlreichen Hinweisen;
5A_549/2018 vom 3. September 2018 E. 4.2).

2.2. Das Kantonsgericht erwog, aus den Akten ergebe sich, dass aus der
Versteigerung der Eigentumswohnung ein Erlös von Fr. 49'389.70 zu Gunsten des
Beschwerdeführers resultiert habe. Dieser behaupte zwar, es seien ihm letztlich
nur Fr. 10'709.95 zugeflossen, aber über den Verbleib der restlichen Fr.
38'679.75 habe er sich weder vor Bezirksgericht noch vor dem Kantonsgericht
geäussert. Diese Summe sei mehr als ausreichend, um einen Abänderungsprozess zu
führen. Daher sei die Beschwerde abzuweisen, ohne dass auf die Frage der
Prozessaussichten eingegangen werden müsse.

2.3. Der Beschwerdeführer wendet ein, das Kantonsgericht habe den Sachverhalt
aktenwidrig und damit willkürlich festgestellt. Unzutreffend sei namentlich,
dass er sich über den Verbleib der restlichen Fr. 38'679.75 ausgeschwiegen
haben soll. Er habe bereits beim Bezirksgericht neben seinen Ausführungen in
der Beschwerde Belege über die Auszahlung des Betreibungsamtes zu den Akten
gegeben. Dort sei unmissverständlich und für jedermann unschwer zu ersehen,
dass dieser Betrag mit hängigen Betreibungen verrechnet worden sei.

Sodann macht der Beschwerdeführer eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes
geltend, das Bezirksgericht, aber jedenfalls das Kantonsgericht habe darauf
hinweisen müssen, dass aufgrund der sprachlichen Komplexität die eingereichte
Abrechnung des Betreibungsamtes in Bezug auf den "Verbleib der restlichen Fr.
38'679.75" nicht hinreichend verständlich sei. Dies hätte dem Beschwerdeführer
bzw. dessen Anwalt ermöglicht, die Abrechnung sprachlich detailliert zu
erläutern.

2.4. Die Einwendungen des Beschwerdeführers treffen offensichtlich nicht zu. In
der Beschwerde an das Kantonsgericht hat der Beschwerdeführer lediglich
ausgeführt, "dass zwar in der Tat durch den Verkauf der Eigentumswohnung ein
Erlös in der Höhe von CHF 47'901.99 pro Partei erzielt werden konnte;
gleichwohl wurde dem Beschwerdeführer indes lediglich ein Restbetrag in der
Höhe von CHF 10'709.95 ausgezahlt. Dieser Restbetrag entspricht - ungeachtet
der Frage ob der Betrag heute als Vermögenswert in gleicher Höhe überhaupt noch
vorhanden ist - einem « Notgroschen »." Eine Erklärung, weshalb nur Fr.
10'709.95 ausbezahlt wurden, lieferte der Beschwerdeführer nicht. Von
Aktenwidrigkeit kann keine Rede sein.

Ebenso wenig hat das Kantonsgericht den Untersuchungsgrundsatz verletzt.
Nachdem das Bezirksgericht die fehlende Mittellosigkeit mit dem Erlös aus dem
Verkauf der Eigentumswohnung begründet und der Beschwerdeführer in seiner
Beschwerde an das Kantonsgericht keinerlei Ausführungen zur Verwendung des
Verkaufserlöses getätigt hatte, gab es für das Kantonsgericht keine
Veranlassung, weitergehende Abklärungen zu tätigen bzw. sich nach dem Verbleib
der Differenz zu erkundigen.

3.

Aus den dargelegten Gründen hat das Kantonsgericht kein Bundesrecht verletzt,
wenn es die Mittellosigkeit des Beschwerdeführers verneinte und die Beschwerde
gegen den erstinstanzlichen Entscheid wie auch das Gesuch um Gewährung der
unentgeltlichen Rechtspflege für das oberinstanzliche Verfahren abwies. Die
Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Wie die
vorstehenden Erwägungen zeigen, war die Beschwerde von Anfang an aussichtslos.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG).
Bei diesem Verfahrensausgang hätte der Beschwerdeführer grundsätzlich für die
Gerichtskosten aufzukommen, jedoch rechtfertigen es die konkreten Umstände,
ausnahmsweise auf die Erhebung von Gerichtskosten zu verzichten (Art. 66 Abs. 1
BGG). Dem Kanton Wallis ist keine Entschädigung geschuldet (Art. 68 Abs. 1 und
3 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.

Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.

3.

Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

4.

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Wallis, Zivilkammer,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 23. Juli 2019

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Herrmann

Die Gerichtsschreiberin: Scheiwiller