Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.280/2019
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5A_280/2019

Urteil vom 12. Juni 2019

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Herrmann, Präsident,

Bundesrichterin Escher,

Bundesrichter Marazzi, von Werdt, Bovey,

Gerichtsschreiber Levante.

Verfahrensbeteiligte

A.________ AG,

vertreten durch Rechtsanwältin Barbara Klett

und Rechtsanwältin Dominique Müller,

Gesuchstellerin,

gegen

B.________ AG,

vertreten durch Rechtsanwältin Sarina Dreyer,

Gesuchsgegnerin,

Kantonsgericht Glarus,

Bundesamt für Verkehr (BAV).

Gegenstand

Zwangsliquidation von Eisenbahnunternehmen,

Gesuch um Eröffnung eines Konkurses bzw. um Liquidation vom 1. April 2019.

Sachverhalt:

A.

Die A.________ AG leitete mit Zahlungsbefehl vom 27. Dezember 2017 beim
Betreibungsamt Glarus die Betreibung Nr. xxx gegen die B.________ AG, mit Sitz
in U.________, für eine Forderung von Fr. 1,2 Mio. (nebst Zinsen von 5 % seit
dem 8. März 2013) ein. Als Forderungsgrund wurde "Schadenersatz aus Ereignis
vom xx.xx.2013 in V.________" genannt. Der Zahlungsbefehl wurde am 5. Januar
2018 zugestellt; die Betreibungsschuldnerin erhob keinen Rechtsvorschlag. Die
A.________ AG verlangte am 18. Dezember 2018 die Fortsetzung der Betreibung,
worauf am 8. Januar 2019 die Konkursandrohung erfolgte.

B.

B.a. Mit Eingabe vom 1. April 2019 ist die A.________ AG (Gesuchstellerin) an
das Bundesgericht gelangt und stellt den Antrag, es sei der Konkurs bzw. die
Liquidation über die B.________ AG (Gesuchsgegnerin) zu eröffnen. Sie stützt
ihr Gesuch auf den Zahlungsbefehl und die Konkursandrohung in der erwähnten
Betreibung und macht geltend, dass die Gesuchsgegnerin ein konzessioniertes
Eisenbahnunternehmen sei und laut Handelsregistereintrag den Betrieb eines
Eisenbahnunternehmens bezwecke. Gestützt auf Art. 13 ff. des Bundesgesetzes
über Verpfändung und Zwangsliquidation von Eisenbahn- und
Schifffahrtsunternehmungen vom 25. September 1917 (SR 742.211; VZEG) könne jede
Unternehmung, die eine Eisenbahn betreibe, nach den Bestimmungen des VZEG zur
Liquidation gebracht werden.

B.b. Gleichzeitig hat die Gesuchstellerin ein Gesuch um Konkurseröffnung (nach
Art. 166 SchKG) beim Kantonsgericht Glarus als Konkursgericht eingereicht. Sie
begründet ihr Vorgehen mit der Unsicherheit über die Anwendbarkeit des VZEG und
dessen Zuständigkeitsordnung. Das Kantonsgericht Glarus hat dem Bundesgericht
am 9. April 2019 mitgeteilt, dass es abwarte, ob das Bundesgericht auf das
Begehren der Gesuchstellerin eintrete.

B.c. Das Zivilgericht des Kantons Basel-Stadt hat dem Bundesgericht einen
Zwischenentscheid vom 12. April 2019 mitgeteilt, mit welchem es auf eine von
der Gesuchsgegnerin gegen die Gesuchstellerin erhobene Klage gemäss Art. 85a
SchKG (zur Aufhebung bzw. Einstellung der Betreibung) eintrete und die
vorläufige Einstellung der beim Betreibungsamt Glarus eingeleiteten Betreibung
angeordnet habe.

B.d. Die Gesuchsgegnerin beantragt mit Stellungnahme vom 18. April 2019
(sinngemäss), dass das Bundesgericht auf das Gesuch um "Konkurseröffnung/
Liquidation" nicht eintrete, weil das VZEG nicht anwendbar sei. Eventuell sei
das bundesgerichtliche Verfahren zu sistieren, da die Betreibung vorläufig
eingestellt sei. Das Bundesamt für Verkehr (BAV), das am Verfahren beteiligt
wird (Art. 102 Abs. 1 BGG), hat sich mit Eingabe vom 24. April 2019 vernehmen
lassen und verneint die Anwendbarkeit des VZEG im Vollstreckungsverfahren gegen
die Gesuchsgegnerin. Von den Stellungnahmen ist der Gesuchstellerin Kenntnis
gegeben worden.

Erwägungen:

1.

Die Gesuchstellerin richtet ihr auf das Bundesgesetz über Verpfändung und
Zwangsliquidation von Eisenbahn- und Schifffahrtsunternehmungen vom 25.
September 1917 (VZEG) gestützte Gesuch um "Konkurseröffnung/Liquidation" an die
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts, welche unter dem
Bundesgesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege vom 16. Dezember 1943
(OG) bestand, aus Mitgliedern der Zweiten Zivilabteilung gebildet wurde und für
die Eröffnung der Zwangsliquidation gemäss VZEG zuständig war (Art. 12 Abs. 1
lit. c OG; Art. 1 Abs. 2, Art. 6 Abs. 3 lit. a des früheren
Bundesgerichtsreglements vom 14. Dezember 1978; AS 1979 46). Seit Inkrafttreten
des BGG (am 1. Januar 2007; AS 2006 1205) besteht keine Schuldbetreibungs- und
Konkurskammer mehr und regelt das Bundesgerichtsreglement (SR 173.110.131;
BGerR) keine Zuständigkeiten nach VZEG. Da die II. zivilrechtliche Abteilung
allgemein die Rechtsgebiete "Schuldbetreibung und Konkurs" behandelt (Art. 32
Abs. 1 lit. c BGerR), wird das Liquidationsbegehren der Gesuchstellerin einer
Schuldbetreibungs- und Konkurssache im Sinne von Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG
zugeordnet (KLETT/ESCHER, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 3. Aufl.
2018, N. 7 zu Art. 72 BGG).

2.

Das SchKG regelt die Zwangsvollstreckung für eine Geldzahlung oder eine
Sicherheitsleistung in Geld (Art. 38 SchKG). Daneben bestehen besondere
Vollstreckungsverfahren (Art. 30 Abs. 2 SchKG), welche vorbehalten sind und die
Bestimmungen des SchKG verdrängen, soweit besondere Vorschriften bestehen
(LORANDI, Betreibungsrechtliche Beschwerde und Nichtigkeit, 2000, N. 2 zu Art.
30 SchKG). Sondernormen über die Zwangsvollstreckung enthält das VZEG. Das VZEG
als Spezialgesetz regelt nicht nur die Bestellung von Pfandrechten (Art. 1 ff.
VZEG), sondern auch die Zwangsliquidation (Art. 13 ff. VZEG), den
Nachlassvertrag (Art. 51 ff. VZEG) sowie die ausserordentliche Stundung in
Kriegszeiten (Art. 78 ff. VZEG) von bestimmten Unternehmen. Mit Bezug auf das
Pfandrecht und die Zwangsliquidation ist vorab auf die folgenden Grundsätze
hinzuweisen.

2.1. Das VZEG erlaubt (in Art. 9 und Art. 10) den vom Gesetz erfassten
Unternehmen zunächst die Bestellung einer Generalhypothek (praktisch als
"Unternehmenspfand"), welche im schweizerischen Recht sonst unbekannt ist
(JENNY, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs,
2. Aufl. 2010, N. 7 f. zu Art. 30 SchKG; LUCIANI, Les chemins de fer et
l'exécution forcée, 1999, Rz. 167). Das Generalpfand war bereits im
Vorgängergesetz (Bundesgesetz über die Verpfändung und Zwangsliquidation der
Eisenbahnen auf dem Gebiete der schweizerischen Eidgenossenschaft) vom 24. Juni
1874 (AS 1 121) vorgesehen, genauso wie die (noch vor der Zeit des SchKG
geschaffene) besondere Zwangsliquidation. Anlässlich der Revision des Gesetzes
im Jahre 1916 stand nicht in Frage, dass die Ausdehnung des Regelungsbereichs
(Pfandrecht, Zwangsliquidation) auf die Schifffahrtsgesellschaften und die
Einführung des Nachlassverfahrens in der direkten Kompetenz der Bundesbehörden
stehen soll und das aussergewöhnliche (General-) Pfandrecht ein besonderes
Zwangsvollstreckungs- und Nachlassrecht ausserhalb des SchKG erfordere
(Botschaft zum VZEG vom 8. August 1916, BBl 1916 III 441, S. 453).

2.2. Das VZEG verfolgt gleichzeitig zwei Ziele. Einerseits soll es die
Verpfändung von Aktiven zum Zweck der Mittelbeschaffung ermöglichen,
andererseits soll es die Aufrechterhaltung des "Service public" unter allen
Umständen sicherstellen, selbst im Falle einer Liquidation (Art. 22 VZEG). Dies
wurde anlässlich der Bahnreform bestätigt (Botschaft zur Bahnreform 2 vom 23.
Februar 2005, BBl 2005 2415, Ziff. 1.2.5.1 S. 2468), allerdings mit einer
erheblichen Änderung: Das Rollmaterial wurde vom Geltungsbereich des
Eisenbahnpfandrechts ausgenommen (Art. 9 VZEG, Fassung gemäss Ziff. II/15 des
Bundesgesetzes vom 20. März 2009 über die Bahnreform 2, in Kraft seit dem 1.
Januar 2010; AS 2009 5597). So kann vermieden werden, dass dieses Material bei
der Liquidation des Transportunternehmens im Rahmen einer Zwangsversteigerung
en bloc mit dem Pfandgegenstand verkauft werden muss (Botschaft zur Bahnreform
2, a.a.O., Ziff. 1.2.5.1 S. 2468; Zusatzbotschaft zur Bahnreform 2 vom 9. März
2007, BBl 2007 2681, Ziff. 1.2.2.1 S. 2699 f.). Abgesehen vom Pfandrecht liess
die Bahnreform die Liquidation oder den Nachlassvertrag gemäss VZEG unberührt. 

3.

Anlass zum vorliegenden Verfahren gibt die Eingabe der Gesuchstellerin, welche
"den Konkurs bzw. die Zwangsliquidation" der Gesuchsgegnerin beim Bundesgericht
gestützt auf das VZEG verlangt. Umstritten sind insbesondere der
Anwendungsbereich und das Vorgehen.

3.1. Das VZEG ist grundsätzlich auf Unternehmen anwendbar, die Eisenbahnen
betreiben oder vom Bund konzessionierte Schifffahrtsunternehmungen sind (Art. 1
VZEG; JENNY, a.a.O., N. 5 zu Art. 30 SchKG; LUCIANI, a.a.O., Rz. 22 ff.).
Gemäss Art. 13 VZEG kann jede Unternehmung, welche eine Eisenbahn oder gestützt
auf eine Bundeskonzession die Schifffahrt betreibt, zur Liquidation gebracht
werden (unter dem hier nicht relevanten Vorbehalt von Art. 50 VZEG bzw. von
Unternehmen, die sich im Eigentum des Staates oder von Gemeinden befinden).

3.2. Für den nach VZEG massgebenden Begriff der "Unternehmen, die Eisenbahnen
betreiben", gehen JENNY (a.a.O., N. 5 zu Art. 30 SchKG) und LUCIANI (a.a.O.,
Rz. 29, 40, 60) vom "Eisenbahnunternehmen" gemäss Eisenbahngesetz vom 20.
Dezember 1957 (SR 742.101; EBG) in der früheren, bis Ende 2009 geltenden
Fassung aus ( a Art. 1 Abs. 2 EBG). Danach sind Eisenbahnen "Unternehmungen,
die nach ihrer Zweckbestimmung von jedermann zur Beförderung von Personen und
Gütern benützt werden können und deren Fahrzeuge auf oder an Schienen laufen."
Bis Ende 1998 umfasste die Konzession für Eisenbahnen den gesamten Bau und
Betrieb einschliesslich der Personenbeförderung (KERN/KÖNIG, Verkehr:
Öffentlicher Verkehr, in: Fachhandbuch Verwaltungsrecht, Biaggini/Häner/Saxer/
Schott [Hrsg.], 2015, Rz. 9.71).

3.3. Seit der EBG-Revision vom 20. März 1998 (in Kraft seit 1. Januar 1999; AS
1998 2835) gibt es allerdings keine "Einheitskonzession" mehr, sondern wird
unterschieden zwischen der Konzession für die Infrastruktur (Art. 5 ff. EBG:
"Bau und Betrieb") und derjenigen für die Personenbeförderung (nach Art. 6 des
Bundesgesetzes über die Personenbeförderung vom 20. März 2009; SR 745.1, PBG),
wobei beide Konzessionen nicht nur umfangreiche Rechte, sondern auch Pflichten
begründen (Art. 5 Abs. 2 EBG, Art. 6 Abs. 2 PBG; KERN/KÖNIG, a.a.O., Rz. 9.71).
Wer den Eisenbahnverkehr durchführen will, benötigt (lediglich) eine
Genehmigung als Eisenbahnverkehrsunternehmen, d.h. eine Netzzugangsbewilligung
und eine Sicherheitsbescheinigung (Art. 8c EBG). Nach Art. 2 EBG gelten als
Eisenbahnunternehmen sowohl die Unternehmen, die Infrastruktur bauen und
betreiben (lit. a: "Infrastrukturbetreiberinnen"), als auch die Unternehmen,
die den Verkehr auf der Infrastruktur durchführen (lit. b:
"Eisenbahnverkehrsunternehmen").

3.3.1. Im konkreten Fall ist die Gesuchsgegnerin einzig ein
Eisenbahnverkehrsunternehmen im Sinne von Art. 2 lit. b EBG, welches als
solches über die Netzzugangsbewilligung und die Sicherheitsbescheinigung
verfügt (Bewilligung vom 27. September 2012, Bescheinigung vom 30. November
2012), was vom BAV bestätigt wird. Anhaltspunkte, dass die Gesuchsgegnerin
(auch) eine Personenbeförderungskonzession hat, sind nicht ersichtlich. Würde
für den Anwendungsbereich des VZEG dennoch und einzig auf den Begriff des
Eisenbahnunternehmens gemäss Art. 2 lit. b EBG abgestellt, so würde die
Gesuchsgegnerin unter die Regeln der Zwangsliquidation nach Art. 13 ff. VZEG
fallen. Dies ist im Folgenden näher zu prüfen.

3.3.2. Die Gesuchsgegnerin ist unstrittig als reines
Güter-Eisenbahnverkehrsunternehmen tätig, wofür eine Konzession nicht
erforderlich ist. Voraussetzung für den Markteintritt ist - wie erwähnt -
lediglich eine Netzzugangsbewilligung sowie eine Sicherheitsbescheinigung. Der
Güterverkehr wird zwar durch staatliche Mittel unterstützt, gilt aber als
weitestgehend liberalisiert (KERN/KÖNIG, a.a.O., Rz. 9.63 f.). Damit bestehen -
wie das BAV zutreffend zum Ausdruck bringt - Zweifel, ob ein Unternehmen, das
als ein reines Güter-Eisenbahnverkehrsunternehmen tätig ist, in den
Anwendungsbereich des VZEG - mit seinen für Schuldner und Gläubiger vom SchKG
abweichenden Regeln - fällt und für die Zwangsvollstreckung der "Apparat des
eidgenössischen Verfahrens in Szene" (Botschaft zum VZEG, a.a.O., S. 553) zu
setzen ist.

3.3.3. Der Anwendungsbereich des VZEG kann vom Zweck her nicht ohne die
Bahnreform betrachtet werden, da zum EBG ein systematischer Zusammenhang
besteht. Im Rahmen der ersten Etappe der Bahnreform wurde jedoch der Netzzugang
eingeführt und festgehalten, dass keine Notwendigkeit mehr besteht, das
Schicksal des Rollmaterials und dasjenige der Infrastruktur aneinander zu
binden, um die Aufrechterhaltung des Service public jederzeit sicherzustellen.
Seither reicht es, wenn das Fortbestehen der Infrastruktur, die von einem
Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten betrieben wird, sichergestellt ist;
die Transportleistungen können hingegen bei anderen Anbietern bestellt werden
(Zusatzbotschaft zur Bahnreform 2, a.a.O., Ziff. 1.2.2.1 S. 2699 f.). Vor
diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, dass es mit Sinn und Zweck des VZEG
noch vereinbar ist, ein reines Güter-Eisenbahnverkehrsunternehmen, welches
vorallem (vom Generalpfand nicht erfasstes) Rollmaterial benötigt, unter das
Spezialgesetz fallen zu lassen. Beide vom VZEG verfolgten Ziele - die
Verpfändung von Aktiven zum Zweck der Mittelbeschaffung und die
Aufrechterhaltung des "Service public" unter allen Umständen - rechtfertigen
nicht, sowohl den Schuldner als auch die Gläubiger anders als nach den
allgemeinen Regeln des SchKG zu behandeln. Vielmehr gebietet die gesetzliche
Entwicklung, die Zwangsvollstreckung gegen ein derartiges
Eisenbahnverkehrsunternehmen nach den allgemeinen Bestimmungen des SchKG
durchzuführen.

3.4. Nach dem Dargelegten ist auf die Gesuchsgegnerin als reines
Güter-Eisenbahnverkehrsunternehmen das VZEG nicht anwendbar. Insoweit ist das
Spezialgesetz vom Vorbehalt von Art. 30 Abs. 2 SchKG nicht mehr erfasst,
sondern richtet sich die Zwangsvollstreckung gegen die Gesuchsgegnerin nach den
Bestimmungen des SchKG.

3.5. Bei diesem Ergebnis ist nicht zu erörtern, ob allfälliges, nach Art. 9
VZEG verpfändetes Vermögen (also Nicht-Rollmaterial) nach dem VZEG zu verwerten
und zu verteilen wäre (vgl. Art. 93 EBG), zumal das Vorhandensein derartigen
Vermögens nicht behauptet wird und für ein Güter-Eisenbahnverkehrsunternehmen -
wie das BAV überzeugend ausführt - nicht anzunehmen ist. Ebenso wenig ist bei
diesem Ergebnis zu prüfen, ob (und nach welchen Kriterien) die Gesuchsgegnerin
ihr Eisenbahnunternehmen nur als Nebengeschäft eines Hauptgeschäftes anderer
Art (Personalverleih) betreibt, so dass das Konkursverfahren über das
Hauptgeschäft nach dem SchKG zu führen wäre, und nur das nach VZEG verpfändete
Vermögen nach dem VZEG zu verwerten und zu verteilen wäre (Art. 15 Abs. 1 VZEG;
GIANNATTASIO, Le statut des bateaux, en particulier dans l'exécution forcée
[...], 2009, Rz. 661, 693).

4.

Selbst wenn die Gesuchsgegnerin unter die "Eisenbahnunternehmen" im Sinne von
Art. 13 ff. VZEG fallen würde, könnte das von der Gesuchstellerin dem
Bundesgericht eingereichte Liquidationsbegehren nicht weiterhelfen, wie im
Folgenden zu erläutern ist.

4.1. Vorliegend will die Gesuchstellerin weder ein Pfandrecht nach VZEG geltend
machen (vgl. Urteil 7B.135/2004 vom 17. August 2004 E. 8), noch ist sie
pfandgesicherte Titelinhaberin oder blosse Obligationengläubigerin (Art. 16,
Art. 18 VZEG). Die Gesuchstellerin verlangt Schadenersatz und somit die
Bezahlung einer Forderung, welche als "andere Schuldverbindlichkeit" von Art.
21 VZEG erfasst wird. Gemäss Art. 21 VZEG ordnet das Bundesgericht die
Liquidation einer dem Gesetz unterstellten Unternehmung auch dann an, "wenn sie
selbst ihre Insolvenz erklärt oder für eine andere Schuldverbindlichkeit nach
dem gewöhnlichen Verfahren bis zur Pfändung, wodurch der Gläubiger keinerlei
Privilegien erwerben kann, oder bis zum Konkurs betrieben ist und der
betreffende Gläubiger die Liquidation verlangt".

4.2. Nach einem Urteil aus dem Jahre 1923 zu Art. 21 VZEG kann der Gläubiger
einer gewöhnlichen Forderung kein Konkursbegehren nach SchKG stellen, sondern
unmittelbar die Liquidation beim Bundesgericht verlangen (BGE 49 III 133 E. 1).
Dieses Vorgehen wird in der Lehre mit guten Gründen in Zweifel gezogen
(LUCIANI, a.a.O., Rz. 74 Fn. 88; vgl. MEYLAN, Le domaine ferroviaire en droit
comparé, 1966, S. 328). Art. 21 VZEG ("bis zum Konkurs betrieben") wird so
verstanden, dass die Konkurseröffnung durch den ordentlichen Konkursrichter
erfolgt, jedoch kein Konkursverfahren nach Art. 221 ff. SchKG ausgelöst wird.
Nach dieser Auffassung führt Art. 21 VZEG - anders als nach Art. 221 Abs. 1
SchKG, wonach das Konkursamt nach Erhalt des Konkursdekretes zu den ersten
Anordnungen schreitet - dazu, dass die Liquidation (erst) auf Anordnung des
Bundesgerichts vorzunehmen ist, welche sich nach dem Verfahren gemäss Art. 22
ff. VZEG richtet (LUCIANI, a.a.O., Rz. 74, 356; GIANNATTASIO, a.a.O., Rz. 671,
675, 731; gl. M. SÉCRETAN, De l'hypothèque sur les chemins de fer, 1889, S. 77;
MEILI, Das Pfand- und Concurs-Recht der Eisenbahnen, 1879, S. 78 f., betreffend
Art. 19 des Bundesgesetzes vom 24. Juni 1874). Für die Voraussetzung einer
Konkurseröffnung spricht, dass jeder Schuldner, der für eine gewöhnliche
Forderung betrieben wird, die Gelegenheit haben soll, sich im Rahmen einer
Konkursverhandlung (Art. 171 SchKG) zu wehren und die Einwände gemäss Art. 172
SchKG zu erheben, oder dass wegen Einstellung der Betreibung oder
Nichtigkeitsgründen die Aussetzung des Entscheides (Art. 173 SchKG) geprüft
werden und ein Weiterzugsverfahren (Art. 174 SchKG) möglich sein soll
(GIANNATTASIO, a.a.O., Rz. 675, 731 Fn. 2173). Mit der Konkurseröffnung
gegenüber einem dem VZEG unterstellten Unternehmen wandelt sich das Verfahren
(FAVRE, Droit des poursuites, 3. Aufl. 1974, S. 90), indem sich die
Konkurseröffnung auf die - besondere - Wirkung beschränkt, dem
Betreibungsgläubiger das Recht zu geben, die Liquidation nach VZEG beim
Bundesgericht zu verlangen.

4.3. Vorliegend hat die Gesuchstellerin in der von ihr eingeleiteten Betreibung
(Nr. xxx, Betreibungsamt Glarus) noch kein durch Konkurseröffnung
festgestelltes Recht zum Liquidationsbegehren erhalten. Ob es soweit kommt, ist
indes offen. Zur Beurteilung des Konkursbegehrens ist auf jeden Fall das
Kantonsgericht Glarus zuständig. Das gilt auch für das Gesuch der
Gesuchsgegnerin, das Verfahren (nach Art. 173 SchKG) auszusetzen, weil eine
wirksame Einstellung der Betreibung verfügt worden sei.

5.

Schliesslich gibt das vorliegende Liquidationsbegehren Anlass, die
Zuständigkeiten des Bundesgerichts gemäss VZEG näher zu betrachten.

5.1. Das Bundesgericht hat gemäss VZEG verschiedene unmittelbare und endgültige
Entscheidbefugnisse als Behörde zur Liquidation (wie Art. 20 f. VZEG), als
verfahrensleitendes Organ (wie Art. 17, Art. 33 VZEG) oder zur Nachlassstundung
oder Bestätigung des Nachlassvertrages (wie Art. 51, Art. 55 VZEG).
Gleichzeitig entscheidet das Bundesgericht über Beschwerden gegen den
Masseverwalter (u.a. Art. 22 VZEG) oder über Rechtsstreitigkeiten zwischen der
Unternehmung und ihren Gläubigern oder unter den Gläubigern untereinander
während der Liquidation (Art. 44 VZEG). Es ist allgemein anerkannt, dass das
VZEG wie bereits das Vorgängergesetz von 1874 dem Bundesgericht vielfältige,
sich teilweise widersprechende und mit seiner Aufgabe als oberste Recht
sprechende Behörde nicht vereinbare Zuständigkeiten zuweist (LUCIANI, a.a.O.,
Rz. 291 ff. mit weiteren Hinweisen, Rz. 296; vgl. bereits BÄRLOCHER, Die
Zwangsliquidation von Eisenbahnen, ZBJV 1880 S. 163 f.).

5.2. Das am 1. Januar 2007 in Kraft getretene BGG hat indes keine formelle
Änderung des VZEG mit sich gebracht (AS 2006 1244, vgl. Art. 131 Abs. 2 BGG,
Anhang), ebenso wenig die Anpassungsverordnung der Bundesversammlung vom 20.
Dezember 2006 (AS 2006 5599, vgl. Art. 131 Abs. 3 BGG). Im Gegensatz dazu wurde
das - von Art. 30 SchKG ebenfalls vorbehaltene - Bundesgesetz über die
Schuldbetreibung gegen Gemeinden und andere Körperschaften des kantonalen
öffentlichen Rechts vom 4. Dezember 1947 (SR 282.11; SchGG) geändert, indem
sämtliche zwangsvollstreckungsrechtlichen und weiteren erstinstanzlichen
Aufgaben des Bundesgerichts an die kantonale Aufsichtsbehörde übertragen wurden
(AS 2006 1248, Ziff. 7). Die Verschiebung der Kompetenzen im SchGG - bzw. die
Begrenzung der Funktion des Bundesgerichts als Rechtsmittelinstanz - erfolgte
erst durch den in der Amtlichen Sammlung publizierten Gesetzestext, ohne dass
sich in den Materialien Anhaltspunkte finden (JENNY, a.a.O., N. 12 zu Art. 1
SchGG) : Die Änderung erscheint als einfache Konsequenz der Totalrevision über
die Bundesrechtspflege und des Inkrafttretens des BGG.

5.3. Die Gründe, weshalb die Kompetenzen und Zuständigkeiten des Bundesgerichts
gemäss VZEG nicht in entsprechender Weise der kantonalen Aufsichtsbehörde (oder
einer anderen Behörde) übertragen wurden, sind nicht ersichtlich. Sie könnten
allenfalls darin liegen, dass für das nicht mehr zeitgemässe VZEG verschiedene
Änderungen und die teilweise Aufhebung gefordert wird (LUCIANI, a.a.O., Rz. 731
f.). Ob die Kompetenzen des Bundesgerichts in den genannten Bereichen des VZEG
zumindest vorläufig weiterbestehen sollen (KLETT/ESCHER, a.a.O., N. 7 zu Art.
72 BGG) oder eine planwidrige Unvollständigkeit vorliegt, muss nicht
entschieden werden. Eine Zuständigkeit des Bundesgerichts steht im vorliegenden
Verfahren - wie dargelegt - nicht weiter zur Diskussion.

6. 

Nach dem Gesagten kann auf das Begehren der Gesuchstellerin nicht eingetreten
werden. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Gesuchstellerin kosten- und
gegenüber der Gesuchsgegnerin entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1, Art. 68
Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Auf das Gesuch wird nicht eingetreten.

2. 

Die Verfahrenskosten von Fr. 10'000.-- werden der Gesuchstellerin auferlegt.

3. 

Die Gesuchstellerin hat die Gesuchsgegnerin mit Fr. 10'000.-- zu entschädigen.

4. 

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Glarus, dem Bundesamt
für Verkehr (BAV) sowie dem Zivilgericht Basel-Stadt, Fünfer-Kammer,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 12. Juni 2019

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Herrmann

Der Gerichtsschreiber: Levante