Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.239/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

5A_239/2019

Urteil vom 29. April 2019

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Herrmann, Präsident,

Bundesrichter Marazzi, von Werdt, Schöbi, Bovey,

Gerichtsschreiber Möckli.

Verfahrensbeteiligte

1. A.________,

2. B.________,

beide vertreten durch Rechtsanwältin Ruth Dönni,

Beschwerdeführer,

gegen

Gemeindeamt des Kantons Zürich,

Beschwerdegegner.

Gegenstand

Eintragung einer im Ausland erfolgten Eheschliessung ins
Personenstandsregister,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 4.
Abteilung, 4. Kammer, vom 6. Februar 2019 (VB.2018.00700).

Sachverhalt:

Der in der Schweiz niedergelassene A.________ mit Staatsangehörigkeit von
Bangladesch und seine Landsfrau B.________ ersuchten um Anerkennung der gemäss
ihrem eingereichten Eheschein ("marriage certificate" des "office of the muslim
marriage registrar & kazi" vom 10. Februar 2014) am 5. Februar 2014 in
U.________ (Dhaka, Bangladesch) erfolgten Eheschliessung, was das Gemeindeamt
des Kantons Zürich mit Verfügung vom 24. März 2017 verweigerte.

Den dagegen erhobenen Rekurs wies die Direktion der Justiz und des Innern des
Kantons Zürich mit Verfügung vom 17. September 2018 ab, ebenso das
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 6. Februar 2019 die
hiergegen eingereichte Beschwerde.

Gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil haben sich A.________ und B.________
mit Beschwerde vom 20. März 2019 an das Bundesgericht gewandt. Sie verlangen
die Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie die Anerkennung der am 5. Febraur
2014 in U.________ erfolgten Eheschliessung und Eintragung im schweizerischen
Personenstandsregister, eventualiter die Rückweisung an das Gemeindeamt zur
Vervollständigung des Sachverhaltes.

Erwägungen:

1. 

Angefochten ist der kantonal letztinstanzliche Entscheid über die Anerkennung
eines ausländischen Statusaktes und Transkribierung in das schweizerische
Personenstandsregister; die Beschwerde in Zivilsachen steht offen (Art. 72 Abs.
2 lit. b Ziff. 1 und Art. 75 Abs. 1 BGG).

In rechtlicher Hinsicht sind alle Rügen gemäss Art. 95 f. BGG zulässig und das
Bundesgericht wendet in diesem Bereich das Recht von Amtes wegen an (Art. 106
Abs. 1 BGG), was heisst, dass es behauptete Rechtsverletzungen (Art. 42 Abs. 2
BGG) mit freier Kognition prüft.

Hingegen legt das Bundesgericht seinem Urteil den von der Vorinstanz
festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG). In diesem Bereich
kann lediglich eine offensichtlich unrichtige, d.h. willkürliche
Sachverhaltsfeststellung gerügt werden, wobei hierfür das strenge Rügeprinzip
gilt (Art. 97 Abs. 1 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG). Das bedeutet, dass das
Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene und belegte Rügen prüft,
während es auf ungenügend substanziierte Rügen und rein appellatorische Kritik
am Sachverhalt nicht eintritt; ausserdem ist aufzuzeigen, inwiefern die
Behebung der Mängel für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (BGE
140 III 264 E. 2.3 S. 266; 143 I 310 E. 2.2 S. 313).

2. 

Gemäss den Feststellungen des Verwaltungsgerichts verweigerte die
schweizerische diplomatische Vertretung in Dhaka die Beglaubigung des
Ehescheines, da eine inhaltliche Überprüfung des Dokumentes Unstimmigkeiten
bezüglich des darin angegebenen Datums der Eheschliessung ergeben hatte. So
hätten die durch den beigezogenen Vertrauensanwalt vorgenommenen Abklärungen im
sozialen Umfeld der Beschwerdeführer in Bangladesch zu Tage gebracht, dass
deren Eheschliessung bereits im Jahr 2011 oder 2012 (als der Beschwerdeführer
in der Schweiz noch verheiratet war) stattgefunden haben musste. Zudem sei im
Zusammenhang mit der Aufnahme der Beschwerdeführerin im Personenstandsregister
(Art. 15a Abs. 2 ZStV) eine gefälschte Ledigkeitsbescheinigung eingereicht
worden.

In Bezug auf die Gehörsrüge der Beschwerdeführer, ihnen seien die Namen der in
die Befragung durch den Vertrauensanwalt involvierten Personen aus dem sozialen
Umfeld nicht bekannt gegeben worden, hielt das Verwaltungsgericht fest, es sei
ihnen der gesamte Bericht mit allen Protokollen vorgelegt worden, wobei die
Namen der Auskunftspersonen zu deren Schutz geschwärzt gewesen seien. Die
Beschwerdeführer hätten sich mithin zu sämtlichen entscheiderheblichen
Unterlagen umfassend äussern können und das Interesse der betreffenden Personen
an Anonymität gehe dem Interesse der Beschwerdeführer an einer Bekanntgabe der
Namen vor, zumal sie aus einer Offenlegung keinen zusätzlichen Nutzen ziehen
könnten.

Zur Ledigkeitsbescheinigung der Beschwerdeführerin stellte das
Verwaltungsgericht fest, gemäss den Abklärungen des Vertrauensanwaltes habe
sich in der ursprünglichen Bescheinigung bestätigt gefunden, dass sie am bzw.
bis 20. Juni 2015 verheiratet gewesen sei. Diese sei durch eine neue
(gefälschte) gleichen Datums überklebt worden, wonach beide Beschwerdeführer
bis zum 4. Februar 2014 unverheiratet gewesen seien.

Zu den Abklärungen des Vertrauensanwaltes stellte das Verwaltungsgericht fest,
zwei ehemalige Nachbarinnen hätten die Beschwerdeführerin anhand eines Fotos
einwandfrei identifiziert und übereinstimmend angegeben, dass die
Beschwerdeführer bereits vier bis fünf Jahre verheiratet seien; die
Nachbarinnen hätten nicht nur das Alter der Beschwerdeführerin ziemlich genau
angegeben, sondern auch Angaben zum Beruf ihres Vaters, zu ihren Geschwistern
und weiteren Einzelheiten (Herkunftsort; Kinderlosigkeit; dass der
Beschwerdeführer bereits seit Jahren im Ausland lebe) machen können, was sie
glaubwürdig wirken lasse. Mit diesen Unstimmigkeiten konfrontiert, hätten es
die Beschwerdeführer dabei bewenden lassen, die inhaltliche Unrichtigkeit der
Eheurkunde pauschal von sich zu weisen, ohne jedoch Belege vorzulegen, dass die
Ehe tatsächlich am 5. Februar 2014 geschlossen worden wäre. Im Gegenteil würden
die eingereichten Flugbestätigungen und Fotografien von der angeblichen
Hochzeitsreiseeinen Monat später dagegen sprechen, dass die Eheschliessung am
5. Februar 2014 stattgefunden habe: So seien die Haare des Beschwerdeführers
der gemäss Flugdaten im März 2014 durchgeführten Hochzeitsreise komplett
ergraut, während er auf den Hochzeitsbildern lediglich an den Seiten einzelne
graue Haare aufweise. Die Erklärung, er habe sich die Haare für das
Hochzeitsfest mit Henna schwarz gefärbt und sie danach abgeschnitten, so dass
sie bis zur Hochzeitsreise grau hätten nachwachsen können, sei unplausibel,
weil das Stirnhaar auf den Fotografien der "Hochzeitsreise" hierfür deutlich zu
lang sei. Ebenso wenig plausibel sei die darauf hin nachgeschobene Erklärung,
dass ein Teil der Farbe herausgewaschen worden sein soll, denn Henna lasse sich
bekanntlich gerade nicht herauswaschen und im Übrigen würden auf der
Hochzeitsfoto auch nur die seitlichen Haare den für Henna typischen Rotstich
aufweisen. Schliesslich gehe aus den Einträgen im Reisepass des
Beschwerdeführers hervor, dass er sich in den Jahren 2011 und 2012 wiederholt
für mehrere Wochen in der Heimat aufgehalten habe, so dass ein Eheschluss
während dieser Zeit möglich gewesen wäre.

Ausgehend von diesen Sachverhaltsfeststellungen kam das Verwaltungsgericht zum
Schluss, es bestünden keine nur geringen Zweifel daran, dass die Eheurkunde das
Eheschliessungsdatum - und damit einen für die Eintragung im
Personenstandsregister wesentlichen Punkt (Art. 7 Abs. 2 lit. i i.V.m. Art. 8
lit. f Ziff. 2 und lit. o Ziff. 2 ZStV) - nicht korrekt wiedergebe, so dass
eine Anerkennung der Eheschliessung gestützt auf den eingereichten heimatlichen
Eheschein ausser Betracht falle.

3. 

Im Zusammenhang mit der Befragung des sozialen Umfeldes machen die
Beschwerdeführer geltend, nur zwei Auskunftspersonen seien völlig ungenügend,
wenn man deren Identität nicht offen legen wolle. Sodann sei nicht plausibel,
dass diese die gleichen Auskünfte gegeben hätten, obwohl es sich um länger
zurückliegende Sachverhalte handle; es müsse davon ausgegangen werden, dass die
Aussagen der einen Person der anderen vorgelesen und durch jene einfach
bestätigt worden seien. All diese Ausführungen werden, obwohl sie den
Sachverhalt betreffen, rein appellatorisch und weder der Form nach noch von der
inhaltlichen Substanziierung her als Willkürrügen vorgebracht. Abgesehen davon
sind sie neu und damit unzulässig (Art. 99 Abs. 1 BGG), wird doch nicht
aufgezeigt, an welcher Stelle sie prozesskonform bereits im kantonalen
Verfahren eingeführt worden wären. Als Folge des prozessual mangelhaften
Vorbringens kann darauf nicht eingetreten werden.

Im Übrigen sehen die Beschwerdeführer darin, dass die Identität der
Auskunftspersonen nicht bekannt gegeben wurde, eine Verletzung von Art. 29 Abs.
2 BV. Im Rahmen einer Gehörsrüge machen sie geltend, die Kenntnis der Identität
der Auskunftspersonen wäre ausschlaggebend, um wirklich Stellung nehmen zu
können, denn vielleicht habe ihnen ja jemand schaden wollen. So habe
beispielsweise die Familie des Vaters des Beschwerdeführers für ihn eine andere
Frau als die Beschwerdeführerin ausgesucht und insofern seien nicht alle
Familienmitglieder mit der Wahl glücklich gewesen. Sodann könne die Tatsache,
dass die Beschwerdeführer in der Schweiz wohnten, im armen Bangladesch Neider
auf den Plan rufen. Auch diesbezüglich wird jedoch nicht aufgezeigt, inwiefern
diese Vorbringen bereits im kantonalen Verfahren geltend gemacht worden wären,
weshalb sie ebenfalls als neu und unzulässig zu gelten haben (Art. 99 Abs. 1
BGG). Davon ausgehend bleibt aber die Behauptung, man könne ohne genaue
Kenntnis der befragten Personen inhaltlich nicht richtig Stellung zu deren
Aussagen nehmen, abstrakt. Es geht um den zentralen Inhalt, dass die als
glaubwürdig erachteten Auskunftspersonen übereinstimmend gesagt haben, dass die
Hochzeit bereits 2011 oder 2012 stattgefunden habe. Ohne weiteres hätten die
Beschwerdeführer (nebst den vorliegend gescheiterten Beweisen) weitere
Beweismittel vorlegen können dafür, dass eben doch der 5. Februar 2014 das
richtige Hochzeitsdatum gewesen wäre.

4. 

Im Zusammenhang mit der gefälschen Ledigkeitsbestätigung - wobei die Umstände
der Fälschung wiederum Tatsachen sind, denen nur mit substanziierten
Willkürrügen begegnet werden kann -, beschränken sich die Beschwerdeführer auf
die Behauptung, sie hätten keine andere Möglichkeit als die pauschale
Rückweisung dieses Vorwurfes gehabt. Diese Ausführung bzw. Behauptung wird
erneut rein appellatorisch vorgetragen; es wird nicht einmal eine
Verfassungsbestimmung als verletzt angerufen, geschweige denn in der für
Verfassungs-, namentlich für Willkürrügen erforderlichen Weise begründet.
Darauf ist nicht einzutreten.

5. 

Gleiches gilt für die nochmals anders und in verschiedenen Versionen
vorgetragenen Ausführungen zur Haar-Geschichte (er habe natürliches Henna
verwendet und entsprechend sei ein Teil der Farbe wohl herausgewaschen worden;
seine Haare würden überdurchschnittlich schnell wachsen; er habe die Haare nach
der Hochzeit gar nicht vollständig abgeschnitten; die Fotos von der
Hochzeitsreise seien wohl gegen Schluss der Reise entstanden, so dass die Haare
noch mehr Zeit zum Nachwachsen gehabt hätten; die Hochzeitsfotos seien etwas
dunkel und z.T. unscharf, weshalb man gar nicht sehen könne, dass nur die
seitlichen Haare den typischen Rotstich aufweisen würden; wenn man aktuelle
Fotos von 2018 nehme [hierfür werden vor Bundesgericht Fotos eingereicht,
welche unter das Novenverbot von Art. 99 Abs. 1 BGG fallen], habe er darauf
viel dunklere Haare als auf denjenigen der Hochzeitsreise, was illustriere,
dass aus all den Fotos angesichts der unterschiedlichen Qualität, der
unterschiedlichen Belichtung und der unterschiedlichen Winkel keine Schlüsse
gezogen werden könnten). Auch hier beschränken sich die Beschwerdeführer auf
appellatorische Vorbringen, obwohl es ausschliesslich um den festgestellten
Sachverhalt geht; abgesehen davon werden die meisten Vorbringen erstmals im
bundesgerichtlichen Verfahren vorgebracht bzw. nachgeschoben und sind mithin
auch aufgrund von Art. 99 Abs. 1 BGG nicht zu hören.

6. 

Nichts zur Sache tut schliesslich die - ebenfalls neue und damit unzulässige -
Aussage, nicht nur in den Jahren 2011 und 2012, sondern auch im Jahr 2014 in
Bangladesch gewesen zu sein, so dass die Hochzeit eben tatsächlich 2014 habe
stattfinden können, wobei aufgrund der früheren dortigen Aufenthalte bei den
befragten Nachbarinnen vielleicht der falsche Eindruck entstanden sei, dass sie
bereits verheiratet gewesen seien: Es wäre zunächst eine willkürliche
Sachverhaltsfeststellung aufzuzeigen, was nicht erfolgt, und im Anschluss
ausgehend vom relevanten Sachverhalt dazulegen, inwiefern das
Verwaltungsgericht das Bundesrecht falsch angewandt haben soll, was ebenfalls
nicht geschieht.

7. 

Nach dem Gesagten ist die Beschwerde unbegründet, soweit auf sie eingetreten
werden kann.

8. 

Ausgangsgemäss sind die Gerichtskosten den Beschwerdeführern aufzuerlegen (Art.
66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist.

2. 

Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden den Beschwerdeführern auferlegt.

3. 

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich,
4. Abteilung, 4. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 29. April 2019

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Herrmann

Der Gerichtsschreiber: Möckli