Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.231/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

5A_231/2019

Urteil vom 2. Mai 2019

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied,

Bundesrichter von Werdt, Schöbi,

Gerichtsschreiber Zingg.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

Beschwerdeführerin,

gegen

Betreibungsamt Thal-Gäu.

Gegenstand

Existenzminimumsberechnung (Zuständigkeit der Aufsichtsbehörde),

Beschwerde gegen das Urteil der Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und
Konkurs des Kantons Solothurn vom 13. März 2019 (SCBES.2019.27).

Erwägungen:

1. 

Die Beschwerdeführerin erhob am 9. März 2019 (Postaufgabe) eine Beschwerde an
die Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons Solothurn.
Mit Urteil vom 13. März 2019 (Verfahren SCBES.2019.27) trat die
Aufsichtsbehörde mangels örtlicher Zuständigkeit auf die Beschwerde nicht ein.
Sie überwies die Beschwerde an das Obergericht des Kantons Bern als
Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen.

Gegen dieses Urteil hat die Beschwerdeführerin am 19. März 2019 (Postaufgabe)
Beschwerde an das Bundesgericht erhoben. Die Aufsichtsbehörde hat dem
Bundesgericht die Akten des Verfahrens SCBES.2019.27 sowie eines früheren
Verfahrens (SCBES.2018.111) zugestellt. Sie hat mit Verweis auf die Begründung
des angefochtenen Entscheids auf Vernehmlassung verzichtet. Das Betreibungsamt
Thal-Gäu hat sich nicht vernehmen lassen.

2. 

Die Beschwerde gegen den angefochtenen Entscheid ist zulässig (Art. 72 Abs. 1
lit. a, Art. 74 Abs. 2 lit. c, Art. 75, Art. 76, Art. 92, Art. 100 Abs. 2 lit.
a BGG).

3. 

Die Begründung des angefochtenen Entscheids erschöpft sich darin, dass sich die
Eingabe vom 9. März 2019 gegen den Pfändungsvollzug des Betreibungsamtes
Emmental-Oberaargau vom 28. Februar 2019 richte. Als Beschwerdegegner führt die
Aufsichtsbehörde im angefochtenen Entscheid allerdings das Betreibungsamt
Thal-Gäu auf.

Vor Bundesgericht macht die Beschwerdeführerin geltend, es fühle sich niemand
für ihre Situation zuständig. Das Betreibungsamt Thal-Gäu habe ihren kompletten
Lohn einbehalten und ihr nicht einmal das Existenzminimum ausbezahlt. Sogar
"das zuständige Betreibungsamt in Langenthal" (d.h. das Betreibungsamt
Emmental-Oberaargau, Dienststelle Oberaargau) gebe ihr Recht, dass dies nicht
korrekt sei, doch tue niemand etwas. Sinngemäss beruft sie sich damit auf einen
negativen Kompetenzkonflikt bzw. macht sie geltend, die Aufsichtsbehörde des
Kantons Solothurn sei für ihre Beschwerde doch zuständig.

Aus den Akten des vorliegenden Verfahrens SCBES.2019.27 ergibt sich, dass die
Beschwerde vom 9. März 2019 (datiert auf 7. März 2019) ausdrücklich gegen das
Betreibungsamt Thal-Gäu gerichtet war. Gemäss den von der Beschwerdeführerin
dem Bundesgericht eingereichten Beilagen hat sie zusätzlich mit einer ebenfalls
auf den 7. März 2019datierten Eingabe Beschwerde gegen eine Pfändungsurkunde
vom 28. Februar 2019 an das Obergericht des Kantons Bern erhoben. Aus dem
ebenfalls beiliegenden E-Mail-Verkehr ergibt sich, dass in Bezug auf die
Beschwerdeführerin sowohl das Betreibungsamt Thal-Gäu wie auch das
Betreibungsamt Emmental-Oberaargau, Dienststelle Oberaargau, tätig geworden
sind. Letzteres ergibt sich auch aus den Akten des früheren Verfahrens
SCBES.2018.111 (abgeschlossen mit Urteil vom 14. Februar 2019). Ihnen lässt
sich entnehmen, dass das Betreibungsamt Thal-Gäu das Betreibungsamt
Emmental-Oberaargau, Dienststelle Oberaargau, am 16. Oktober 2018 um Pfändung
ersucht hat (Requisition bzw. Rechtshilfe gemäss Art. 4 SchKG). In diesem
Verfahren hat sich die Aufsichtsbehörde des Kantons Solothurn zunächst
ebenfalls als unzuständig erachtet (Verfügung vom 23. Januar 2019) und die
Angelegenheit an das Obergericht des Kantons Bern überwiesen. Dieses hat die
Akten jedoch mit Schreiben vom 24. Januar 2019 retourniert, da es um ein
Betreibungsamt im Kanton Solothurn gehe. Die Aufsichtsbehörde des Kantons
Solothurn ist daraufhin mit Urteil vom 14. Februar 2019 aus anderen Gründen auf
die Beschwerde nicht eingetreten.

Die Aufsichtsbehörde erläutert im angefochtenen Urteil nicht, weshalb sich die
Beschwerde gegen den Pfändungsvollzug des Betreibungsamtes Emmental-Oberaargau
vom 28. Februar 2019 richten soll. Die Beschwerdeführerin spricht in ihrer
kantonalen Beschwerde ausdrücklich vom Betreibungsamt Thal-Gäu und nicht vom
Betreibungsamt Emmental-Oberaargau. Es ist möglich, dass sich die
Aufsichtsbehörde für ihre Beurteilung auf die von der Beschwerdeführerin der
Aufsichtsbehörde eingereichte Pfändungsurkunde des Betreibungsamtes
Emmental-Oberaargau vom 28. Februar 2019 stützt. Die Aufsichtsbehörde bezieht
sich jedoch nicht ausdrücklich darauf. Es kann deshalb nicht nachvollzogen
werden, aufgrund welcher Umstände die Aufsichtsbehörde zu ihrem Schluss gelangt
ist. Mangels Äusserung der Aufsichtsbehörde bleibt sodann unklar, ob die
Beschwerdeführerin gegenüber der Aufsichtsbehörde des Kantons Solothurn
tatsächlich diese Pfändungsurkunde anfechten wollte oder ob sie stattdessen
effektiv eine Handlung des Betreibungsamts Thal-Gäu anfechten wollte und sie
die Urkunde bloss zu anderen Zwecken beigelegt hat. Die Aufsichtsbehörde
äussert sich nicht dazu, ob es Akte des Betreibungsamts Thal-Gäu (insbesondere
im Zusammenhang mit einer Existenzminimumsberechnung) gibt, die anfechtbar sind
und von der Beschwerdeführerin mit ihrer Eingabe vom 9. März 2019 angefochten
worden sein könnten. Selbst wenn die Pfändungsurkunde das einzige in Betracht
fallende Anfechtungsobjekt sein sollte, wären weitere Ausführungen zur
Zuständigkeit angebracht gewesen. Wie bereits gesagt, war die Aufsichtsbehörde
des Kantons Solothurn nämlich erst vor kurzem mit einem Requisitionsverfahren
befasst, bei welchem das Betreibungsamt Thal-Gäu das Betreibungsamt
Emmental-Oberaargau, Dienststelle Oberaargau, um Pfändung ersucht hatte
(SCBES.2018.111; Urteil vom 14. Februar 2019). Die Aufsichtsbehörde hat
vorliegend jedoch keine Feststellungen darüber getroffen, ob die
Pfändungsurkunde vom 28. Februar 2019 nach wie vor im Zusammenhang mit der
Requisitionspfändung steht (und was daraus für die Zuständigkeit folgen würde)
oder ob dies nicht der Fall ist.

Im angefochtenen Urteil fehlen demnach die massgebenden Gründe tatsächlicher
und rechtlicher Art (Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG), auf die sich die
Aufsichtsbehörde stützt und anhand derer das Bundesgericht überprüfen könnte,
ob die Aufsichtsbehörde zu Recht auf die Beschwerde nicht eingetreten ist.

Bei diesem Ergebnis ist die Beschwerde im vereinfachten Verfahren gemäss Art.
109 Abs. 2 lit. b BGG insoweit gutzuheissen, als das angefochtene Urteil
aufzuheben und die Angelegenheit zu neuer Prüfung und Begründung an die
Aufsichtsbehörde zurückzuweisen ist. Bei dieser Sachlage kann das Bundesgericht
derzeit weder auf die Zuständigkeit der Aufsichtsbehörde noch auf die
materiellen Anliegen der Beschwerdeführerin (Berechnung des Existenzminimums)
eingehen.

4. 

Auf die Erhebung von Gerichtskosten ist zu verzichten (Art. 66 Abs. 4 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und das Urteil der Aufsichtsbehörde
für Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons Solothurn vom 13. März 2019 wird
aufgehoben. Die Angelegenheit wird zu erneuter Behandlung im Sinne der
Erwägungen an die Aufsichtsbehörde zurückgewiesen.

2. 

Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3. 

Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, der Aufsichtsbehörde für
Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons Solothurn und dem Obergericht des
Kantons Bern, Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen, schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 2. Mai 2019

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Escher

Der Gerichtsschreiber: Zingg