Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.10/2019
Zurück zum Index II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 2019
Retour à l'indice II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 2019


 

Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

5A_10/2019

Urteil vom 13. März 2019

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Herrmann, Präsident,

Gerichtsschreiber Möckli.

Verfahrensbeteiligte

A.A.________ und B.A.-C.________,

Beschwerdeführer,

gegen

Bundesamt für Justiz,

Beschwerdegegner,

Gemeindeamt des Kantons Zürich,

mitbeteiligtes Amt.

Gegenstand

Anerkennung einer im Ausland erfolgten Kindesanerkennung,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 4.
Abteilung, 4. Kammer, vom 5. Dezember 2018 (VB.2018.00293).

Sachverhalt:

A. 

Die 1973 geborene ukrainische Staatsangehörige B.A.-C.________, welche Mutter
der 2008 geborenen Tochter D.C.________ ist, und A.A.________ heirateten am 3.
Juni 2011 in der Schweiz. Im Rahmen des Ehevorbereitungsverfahrens im Februar
2011 gaben sie vor dem Zivilstandsamt an, keine gemeinsamen Kinder zu haben;
ferner erklärte A.A.________ ausdrücklich, seine Verlobte erst im Jahr 2010
kennengelernt zu haben.

Am 16. Januar 2017 ersuchten sie beim Zivilstandskreis Rapperswil um
Bereinigung des Personenstandes und Eintragung des rechtlichen
Kindesverhältnisses zwischen A.A.________ und D.C.________, nachdem er diese
laut eigenen Angaben am 29. Juli 2011 in Lugansk (Ukraine) als Tochter
anerkannt hatte. Das Amt für Bürgerrecht und Zivilstand des Kantons St. Gallen
wies dieses Gesuch mit Verfügung vom 27. März 2017 ab mit der Begründung, der
ukrainischen Geburtsurkunde vom 29. Juli 2011 lasse sich nicht entnehmen, wie
und wann ein rechtliches Kindesverhältnis zum Gesuchsteller begründet worden
sei. Diese Verfügung erwuchs mangels Erhebung eines Rechtsmittels in
Rechtskraft.

B. 

Unmittelbar darauf anerkannte A.A.________ gestützt auf seine deutsche
Staatsbürgerschaft die angebliche Tochter D.C.________ am 13. April 2017 vor
dem Standesamt der Stadt Singen im grenznahen Deutschland als sein Kind. Sodann
ersuchte er gemeinsam mit seiner Ehefrau am 18. April 2017 beim Gemeindeamt des
Kantons Zürich um Eintragung der in Deutschland erfolgten Kindesanerkennung im
schweizerischen Personenstandsregister. Mit Verfügung vom 19. Dezember 2017
wies das Gemeindeamt das Gesuch ab, insbesondere nachdem sich A.A.________
nicht zur offerierten genetischen Verwandtschaftsanalyse bereit erklärt hatte.
Indes hiess die Justizdirektion des Kantons Zürich den hiergegen erhobenen
Rekurs am 5. Januar 2018 gut und wies das Gemeindeamt an, die Anerkennung der
Vaterschaft in das Schweizerische Personenstandsregister einzutragen und den
Familiennamen des Kindes von C.________ in A.________ zu ändern.

Gegen diesen Entscheid gelangte das Bundesamt für Justiz an das
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, welches mit Urteil vom 5. Dezember 2018
die Beschwerde guthiess, den Entscheid der Direktion aufhob und die Verfügung
des Gemeindesamtes wiederherstellte.

C. 

Dagegen erhoben B.A.-C.________ und A.A.________ am 3. Januar 2019 beim
Bundesgericht eine Beschwerde mit den Begehren erstens um Aufhebung des Urteils
des Verwaltungsgerichts, des Entscheides der Justizdirektion, der Verfügung des
Gemeindeamtes des Kantons Zürich vom 19. Dezember 2017 und derjenigen des Amtes
für Bürgerrecht und Zivilstand des Kantons St. Gallen vom 27. März 2017 sowie
zweitens um Eintrag der Namensänderung für die Tochter D.________ von
C.________ zu A.________ im Infostar auf der Basis einer am 12. Mai 2017 neu
ausgestellten ukrainischen Urkunde zur Kindesanerkennung vom 29. Juli 2011 oder
der am 13. April 2017 erfolgten deutschen Namenserklärung, deren Ergebnis
Berlin am 17. Juli 2017 bestätigt habe. Es wurden keine Vernehmlassungen
eingeholt, aber die kantonalen Akten beigezogen.

Erwägungen:

1. 

Die Beschwerde scheitert bereits an genügenden Rechtsbegehren (Art. 42 Abs. 1
BGG). Im Zusammenhang mit der intendierten Transskribierung des deutschen
Anerkennungsaktes durch Eintragung des Kindesverhältnisses im schweizerischen
Personenstandsregister stellen die Beschwerdeführer ausschliesslich
kassatorische Rechtsbegehren; erforderlich wäre aber vor dem Hintergrund, dass
die Beschwerde in Zivilsachen grundsätzlich ein reformatorisches Rechtsmittel
ist (vgl. Art. 107 Abs. 2 BGG), ein Begehren um Eintragung. Ein positives
Begehren erfolgt einzig in Bezug auf die gewünschte Änderung des Nachnamens des
Kindes im schweizerischen Personenstandsregister; ohne dass dort ein
Kindesverhältnis eingetragen wäre, läuft dieses Anliegen aber ins Leere.

Anfechtungsobjekt kann im Übrigen einzig der kantonal letztinstanzliche
Entscheid bilden (Art. 75 Abs. 1 BGG). Soweit andere Akte angefochten werden,
kann auf die Beschwerde ohnehin von vornherein nicht eingetretenen werden; das
gilt insbesondere in Bezug auf die längst rechtskräftige Verfügung der St.
Galler Behörden vom 27. März 2017.

2. 

Sodann erweist sich die Beschwerde aber auch als nicht hinreichend begründet:
Es wäre in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid
Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG), was eine Auseinandersetzung mit der
Begründung des angefochtenen Entscheides erfordert (BGE 140 III 115 E. 2 S.
116). Beruht er auf mehreren selbständigen Alternativbegründungen, so ist für
jede einzelne darzutun, weshalb sie Recht verletzt, weil andernfalls der
angefochtene Entscheid gestützt auf die unangefochtenen Begründungen bestehen
bleibt und das Rechtsschutzinteresse an der Beurteilung der beanstandeten
Erwägungen entfällt (BGE 133 IV 119 E. 6.3 120 f.; 132 III 555 E. 3.2 S. 560;
138 I 97 E. 4.1.4 S. 100; 142 III 364 E. 2.4 S. 368). Diese Anforderungen
erfüllt die Beschwerde nicht ansatzweise, wie die folgenden Erwägungen zeigen.

3. 

Das Verwaltungsgerichtsurteil geht (stark zusammengefasst) von Folgendem aus:
Die in Deutschland erklärte Kindesanerkennung sei nach innerstaatlichem Recht
gültig zustande gekommen. Aufgrund des unmittelbaren zeitlichen Zusammenhanges
mit der Gesuchsabweisung in St. Gallen handle es sich aber um eine nach aussen
erkennbare Gefälligkeitsanerkennung. Gemäss überwiegender Lehrmeinung und
Praxis sei die Anerkennung nach Sinn und Zweck, wie er sich aus Art. 260 ff.
ZGB ergebe, nur gültig, wenn der Anerkennende der natürliche Vaters sei oder
sich für den natürlichen Vater halte, umso mehr als ansonsten die
Adoptionsvoraussetzungen umgangen werden könnten. Allerdings gelte für
ausländische Akte der favor recognitionis.

In der Folge ging das Verwaltungsgericht aber davon aus, dass der Ordre public
einer Anerkennung entgegenstehe, wobei das Urteil dabei auf drei selbständigen
Begründungen beruht: Erstens stehe fest, dass der Beschwerdeführer nicht ohne
Adoptionsverfahren zu einem Vaterschaftsverhältnis gelangen könne. Im
Zusammenhang mit Statusangelegenheiten seien das Kindeswohl und die
Schutzwirkungen des Adoptionsrechts bzw. eines ordentlichen Adoptionsverfahrens
zu beachten. Es widerspräche der grundlegenden Rechts- und Sittenauffassung,
wenn durch missbräuchliche Rechtswahl ein Kindesverhältnis begründet werden
könnte, ohne dass je eine Prüfung des Kindeswohls vorgenommen worden wäre.
Zweitens liege eine rechtlich relevante Gesetzesumgehung vor, wenn der
Beschwerdeführer in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit der
schweizerischen Verweigerung der Kindesanerkennung eine
Gefälligkeitsanerkennung in Deutschland erlangt habe und deren Anerkennung
beantrage, zumal der primäre Anknüpfungspunkt zu Deutschland das Faktum der
Rechtsumgehung und ansonsten der Bezug zu jenem Land lose sei, indem er sich
abstrakt in der Staatsangehörigkeit erschöpfe, während derjenige zur Schweiz,
wo das gesamte Familienleben stattfinde, eng sei. Drittens sei von den gleichen
Parteien und zum gleichen Gegenstand das Verfahren zuerst in der Schweiz
eingeleitet bzw. sogar entschieden worden, so dass auch der von Amtes wegen zu
prüfende und auf die freiwillige Gerichtsbarkeit sinngemäss Anwendung findende
Versagensgrund von Art. 27 Abs. 2 lit. c IPRG gegeben sei.

4. 

Was zunächst die Vorbringen zu den kantonalen Sachverhaltsfeststellungen
anbelangt, welche für das Bundesgericht verbindlich sind (Art. 105 Abs. 1 BGG),
erfolgen rein appellatorische - und ohnehin wenig plausible - Ausführungen (er
habe seine Ehefrau am 17. November 2007 in der Ukraine kennengelernt und sie
habe ihm, bevor sie abrupt gegangen sei, gesagt, dass sie keinen
One-Night-Stand suche; nach Scheidung seiner damaligen Ehe am 31. August 2009
habe sie ihm im Herbst 2010 eine zweite Chance gegeben und da habe er sie
zusammen mit der zweijährigen Tochter wirklich kennengelernt; am 11. Juni 2011
habe sie ihm offenbart, dass er der Vater ihres am 25. Juli 2008 geborenen
Kindes sei und am 27. Juli 2011 habe er dieses in der ukrainischen Geburtsstadt
Lugansk anerkannt; die Kindesanerkennung in Deutschland am 13. April 2017 sei
ersatzweise erfolgt, weil diejenige in der Ukraine von den Behörden in St.
Gallen nicht akzeptiert worden sei; man leite die Unmöglichkeit seiner
biologischen Vaterschaft aus Aussagen ab, die er in ganz anderem Kontext und
auf anderem Wissensstand getätigt habe; der Gentest hätte Fr. 2'000.-- gekostet
und das darauf erfolgte Angebot der Behörde, diesen auf Staatskosten
vorzunehmen, sei ihm noch weniger geheuer gewesen, weil ja dadurch der
Steuerzahler belastet worden wäre), wie sie vor Bundesgericht unzulässig sind
(Art. 97 Abs. 1 und Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 266; 142 III
364 E. 2.4 S. 368).

5. 

In rechtlicher Hinsicht machen die Beschwerdeführer geltend, das Kindeswohl sei
ja durch das neutrale Migrationsamt im Zusammenhang mit der Bewilligung für
Mutter und Kind zur Einreise in die Schweiz abgeklärt worden. Dies stellt
ebenso wenig eine hinreichende Auseinandersetzung mit den vorinstanzlichen
Erwägungen im Zusammenhang mit der Aushebelung des Adoptionsrechtes dar wie das
(wohl auf Unmöglichkeit des Adoptionsweges in Deutschland gerichtete)
Vorbringen, Deutschland stelle enorm hohe rechtliche Voraussetzungen an die
Adoption, was von Kritikern bemängelt werde.

Zur zweiten Entscheidbegründung bringen die Beschwerdeführer einzig vor, mit
dem Verweis auf das Leihmutterschaftsurteil BGE 141 III 328 E. 6.4 vergleiche
das Verwaltungsgericht Äpfel mit Birnen; dies stellt ebenfalls keine
hinreichende Auseinandersetzung mit den entscheidtragenden Motiven dar. Zum
Sachverhalt erfolgt ferner die (ohnehin nicht weiter ausgeführte) Behauptung,
man sei keine in der Schweiz verwurzelten Secondos, sondern verfüge über
vermögens- und erbrechtliche sowie familiäre Beziehungen zu den jeweiligen
Heimatländern, welche jedoch rein appellatorisch und damit unzulässig ist
(Zitate siehe oben).

Zur dritten Entscheidbegründung halten die Beschwerdeführer lediglich fest,
Art. 59 Abs. 2 lit. e ZPO gelte nur dem Grundsatz nach, während vorliegend Art.
256 Abs. 2 ZPO zum Tragen komme. Auch dies genügt vor dem Hintergrund der auf
Art. 27 Abs. 2 lit. c IPRG basierenden Erwägungen den Begründungsanforderungen
von Art. 42 Abs. 2 BGG nicht, geht es doch vorliegend nicht darum, dass sich
ein Entscheid der freiwilligen Gerichtsbarkeit im Nachhinein als unrichtig
erwiesen hätte und deshalb die gleiche Behörde auf ihren ursprünglichen
Entscheid zurückkommt, sondern dass das Resultat, wie es im schweizerischen
Verfahren rechtskräftig nicht zu erzielen war, nachträglich durch
Transskribierung eines analogen ausländischen Gefälligkeitsaktes erreicht
werden soll.

Keine Bundesrechtswidrigkeit lässt sich schliesslich aufzeigen mit der
allgemeinen Behauptung, das Kind habe ein Anrecht darauf, im Gastland nicht
vaterlos darzustehen: Es ist auf die bundesgerichtliche Wertung bei einem
analogen Umgehungstatbestand im Zusammenhang mit einem Leihmutterschaftsurteil
zu verweisen (vgl. BGE 141 III 312 E. 6.4.2 ff., wo das Kind als Folge der
Nichtanerkennung des kalifornischen Aktes in der Schweiz ebenfalls ein
"ein-Eltern-Kind" blieb). Im Übrigen steht die Stiefkindadoption offen (Art.
264c Abs. 1 Ziff. 1ZGB), so dass bei gegebenen Voraussetzungen die in der
Schweiz bestehende Vaterlosigkeit beseitigt werden könnte.

6. 

Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde insgesamt als offensichtlich
nicht hinreichend begründet, weshalb auf sie nicht eingetreten werden kann und
der Präsident im vereinfachten Verfahren entscheidet (Art. 108 Abs. 1 lit. b
BGG).

Demnach erkennt der Präsident:

1. 

Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 

Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden den Beschwerdeführern auferlegt.

3. 

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich,
4. Abteilung, 4. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 13. März 2019

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Herrmann

Der Gerichtsschreiber: Möckli