Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Subsidiäre Verfassungsbeschwerde 4D.35/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

4D_35/2019

Urteil vom 5. September 2019

I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,

Bundesrichterinnen Niquille, May Canellas,

Gerichtsschreiber Widmer.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

Beschwerdeführer,

gegen

B.________,

vertreten durch Fürsprecher Martin Zwahlen,

Beschwerdegegnerin.

Gegenstand

Arbeitsvertrag,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern, 2.
Zivilkammer, vom 3. Mai 2019

(ZK 18 528 / ZK 19 22).

Erwägungen:

1.

B.________ klagte am 2. November 2017 beim Regionalgericht Bern-Mittelland
gegen A.________ auf Bezahlung einer Arbeitslohnforderung von Fr. 2'448.25
brutto und verlangte zudem einen Lohnausweis. An der Verhandlung vom 18. Januar
2018 befragte das Gericht die Parteien. Anschliessend folgten
Vergleichsverhandlungen, die zu einem Vergleich führten, mit dem sich
A.________ zur Zahlung von Fr. 2'000.-- netto sowie zum Ausstellen einer
Lohnabrechnung für Mai 2017 und eines Lohnausweises für das Jahr 2017
verpflichtete.

Drei Monate später, am 18. April 2018, reichte A.________ beim Regionalgericht
ein Revisionsgesuch ein, mit dem er die Aufhebung des genannten Vergleichs und
der Abschreibungsverfügung im betreffenden Klageverfahren beantragte. Das
Klageverfahren sei wieder zu eröffnen und fortzuführen und die Klage
abzuweisen. Zudem lehnte A.________ den Spruchkörper des Gerichts ab.

Mit Entscheid vom 25. September 2018 wies das Regionalgericht das
Revisionsgesuch ab, soweit es darauf eintrat (Nichteintreten betreffend
Ausstandsgesuch). Eine dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Obergericht des
Kantons Bern mit Entscheid vom 3. Mai 2019 abgewiesen.

2.

A.________ (Beschwerdeführer) erhob gegen den Entscheid vom 3. Mai 2019 am 12.
Juni 2019 subsidiäre Verfassungsbeschwerde. Mit Verfügung vom 13. Juni 2019
wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, spätestens am 28. Juni 2019 einen
Kostenvorschuss von Fr. 300.-- einzuzahlen. Da der Kostenvorschuss innerhalb
der angesetzten Frist nicht eingegangen war, wurde dem Beschwerdeführer mit
Verfügung vom 5. Juli 2019 eine nicht erstreckbare Nachfrist zur
Vorschussleistung bis zum 22. Juli 2019 angesetzt, unter Hinweis darauf, dass
das Bundesgericht bei Säumnis auf das Rechtsmittel nicht eintreten werde (Art.
62 Abs. 3 BGG).

Am 22. Juli 2019, dem letzten Tag der Nachfrist zur Vorschussleistung, ersuchte
der Beschwerdeführer um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das
Beschwerdeverfahren.

3.

Die Nachfrist zur Bezahlung des Kostenvorschusses kann durch Bezahlung dieses
Vorschusses oder durch Stellung eines (hinreichend begründeten und belegten)
Gesuches um unentgeltliche Rechtspflege gewahrt werden; Wie dem
Beschwerdeführer aus verschiedenen, ihn persönlich betreffenden Urteilen des
Bundesgerichts (Urteil 2C_4/2018 vom 21. Februar 2018 E. 2.1 mit Hinweis;
ferner Urteil 5A_901/2018 vom 5. März 2019 E. 2.1 und 2.3; 6B_1276/2017 vom 14.
Dezember 2017 E. 1) bestens bekannt ist, ist die Fristwahrung durch Stellung
eines Gesuches um unentgeltliche Rechtspflege nur dann möglich, wenn das Gesuch
tauglich und korrekt begründet und mit ausreichenden Belegen zur
wirtschaftlichen Situation der Partei versehen ist (s. ferner die Urteile
6B_518/2016 vom 4. August 2016; 6B_258/2016 vom 3. Mai 2016 E. 1; 6B_703/2013
vom 9. September 2013 E. 1; 2C_499/2009 vom 5. Oktober 2009 E. 2.2; Urteil
2C_758/2008 vom 2. Dezember 2008 E. 2.2.2).

3.1. Die unentgeltliche Rechtspflege nach Art. 29 Abs. 3 BV und Art. 117 ff.
ZPO dient dem Zugang zum Gericht. Mit dem Anspruch auf unentgeltliche
Rechtspflege soll eine nicht über genügend finanzielle Mittel verfügende Partei
in den Stand versetzt werden, zur Durchsetzung ihrer Rechte einen Prozess zu
führen. Es soll ihr, gleich wie einer vermögenden Partei, der Zugang zum
Gericht ungeachtet ihrer Bedürftigkeit gewährleistet sein. Als bedürftig gilt
eine Person, wenn sie die Kosten eines Prozesses nicht aufzubringen vermag,
ohne jene Mittel anzugreifen, die für die Deckung des eigenen notwendigen
Lebensunterhalts und desjenigen ihrer Familie erforderlich sind. Dazu gehören
nicht nur die Einkommens-, sondern auch die Vermögensverhältnisse (BGE 144 III
531 E. 4.1 mit zahlreichen Hinweisen). Grundsätzlich obliegt es dem
Gesuchsteller, seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse umfassend
darzustellen und soweit möglich zu belegen. Diesbezüglich trifft ihn eine
umfassende Mitwirkungspflicht (BGE 125 IV 161 E. 4a S. 164 f.; 120 Ia 179 E. 3a
S. 181 f.).

3.2. Der Beschwerdeführer begnügt sich vorliegend damit, in seinem Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege auszuführen, er werde "ausweislich der beiligenden
Anzeige betreffend Verdienstpfändung bis auf das Existenzminimum gepfändet" und
(er sei) deshalb finanziell nicht in der Lage, den Kostenvorschuss zu bezahlen.
Aus der dem Gesuch beigelegten "Anzeige betreffend Verdienstpfändung" ergibt
sich lediglich, dass dem Beschwerdeführer am 3. Juli 2019 (Gültigkeit ab
sofort) pro Monat Fr. 1'260.-- von seinem Verdienst gepfändet wurden. Aus der
ebenfalls eingereichten Existenzminimumberechnung ergibt sich, dass das
Betreibungsamt von einem Verdienst von Fr. 3'500.-- sowie einem Existenzminimum
von Fr. 2'240.-- (Grundbedarf Fr. 1'200.--, Mietzins inkl. Nebenkosten Fr.
1'035.--, Freier Eintrag/Rundung Fr. 5.-- [die Krankenkassenprämie von Fr.
330.-- blieb offenbar mangels Zahlung unberücksichtigt]) ausgegangen ist.

Auf die wenigen Angaben aus der Pfändungsanzeige bzw.
Existenzminimumsberechnung kann nicht abgestellt werden. Es ist nicht
ersichtlich, wie die darin genannten Zahlen zustande gekommen sind.
Entsprechende Belege fehlen. Insbesondere das Einkommen dürfte vom
Betreibungsamt geschätzt worden sein, wobei auch hier jegliche weiterführenden
Angaben und Belege darüber fehlen, auf welcher Grundlage die Schätzung erfolgt
ist. Es ist demnach aufgrund der gemachten Angaben und eingereichten Belege
keineswegs erstellt, dass der Beschwerdeführer den verlangten
Gerichtskostenvorschuss nicht bezahlen könnte bzw. dazu in sein Existenzminimum
eingreifen müsste. Unklar ist ferner, wie hoch die Schulden des
Beschwerdeführers sind, wie lange die Verdienstpfändung voraussichtlich
andauern wird und wie sich seine Vermögenssituation insgesamt darstellt,
schliesst die Verdienstpfändung doch das Vorhandensein von Vermögenswerten
nicht aus, auf die erst zurückgegriffen wird, wenn die Verdienstpfändung zur
Deckung der Betreibungsforderung nicht ausreicht (vgl. Art. 95 SchKG). Die für
die Beurteilung des Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege notwendigen Angaben
lassen sich der Eingabe vom 22. Juli 2019 und den Beilagen dazu nicht
entnehmen.

Dem Beschwerdeführer als patentiertem Rechtsanwalt musste es ohne weiteres klar
sein, dass sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege in der vorliegend
gestellten Form mit Bezug auf seine Bedürftigkeit nicht tauglich und korrekt
begründet und belegt ist, weil damit kein für den Nachweis seiner Bedürftigkeit
ausreichender Überblick über seine finanziellen Verhältnisse verschafft wird.
Dies gilt umso mehr, als das Bundesgericht in neuerer Zeit schon mehrfach genau
gleich begründete und belegte Gesuche um unentgeltliche Rechtspflege, die der
Beschwerdeführer in anderen bundesgerichtlichen Verfahren stellte, abwies, weil
der Beschwerdeführer seine Bedürftigkeit damit nicht substanziiert bzw. nicht
hinreichend nachgewiesen habe (Verfügungen 2C_473/2019 vom 8. Juli 2019; 5A_901
/2018 vom 24. Januar 2019; 5A_742/2018 vom 3. Dezember 2018). Ungeachtet dessen
im vorliegenden Verfahren am letzten Tag der Nachfrist zur Bezahlung des
Kostenvorschusses ein identisch begründetes und belegtes Gesuch zu stellen,
erscheint als rechtsmissbräuchlich. Auf das Gesuch ist nicht einzutreten.

3.3. Da der Beschwerdeführer den ihm auferlegten Kostenvorschuss auch innerhalb
der angesetzten Nachfrist nicht geleistet und kein taugliches, korrekt
begründetes Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege eingereicht hat, ist gestützt
auf Art. 62 Abs. 3 BGG auf die Beschwerde nicht einzutreten.

Die Gerichtskosten sind dem Verfahrensausgang entsprechend dem Beschwerdeführer
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdegegnerin ist keine
Parteientschädigung zuzusprechen, da ihr im Zusammenhang mit dem
bundesgerichtlichen Verfahren kein Aufwand erwachsen ist (Art. 68 Abs. 1 BGG)

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.

Auf das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das
bundesgerichtliche Verfahren wird nicht eingetreten.

2.

Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

3.

Die Gerichtskosten von Fr. 200.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.

Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

5.

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, 2.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 5. September 2019

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Kiss

Der Gerichtsschreiber: Widmer