Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Subsidiäre Verfassungsbeschwerde 4D.2/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

4D_2/2019

Urteil vom 27. März 2019

I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,

Bundesrichterinnen Klett, Hohl,

Gerichtsschreiber Kölz.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

vertreten durch Rechtsanwalt Urs Hochstrasser,

Beschwerdeführer,

gegen

B.________ AG,

vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Thomas Ender,

Beschwerdegegnerin.

Gegenstand

Forderung, rechtliches Gehör,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Zivilgericht,
2. Kammer, vom 14. November 2018 (ZVE.2018.47).

Sachverhalt:

A.

A.________ (Beschwerdeführer) verlangte mit Teilklage vom 9. Februar 2015 vor
dem Bezirksgericht Bremgarten, die B.________ AG (Beschwerdegegnerin) sei in
Folge eines Verkehrsunfalls vom 19. Mai 2001 als Versicherer des
Unfallverursachers zur Zahlung einer Genugtuung in der Höhe von Fr. 25'000.--
nebst Zins zu verurteilen. Weitere Schadenersatzansprüche würden ausdrücklich
vorbehalten.

Die B.________ AG beantragte das Nichteintreten auf die Klage, eventualiter
deren Abweisung. Mit Verfügung vom 18. August 2016 beschränkte der
Bezirksgerichtspräsident das Verfahren auf die Frage der Zulässigkeit der
Teilklage sowie der Verjährung. Mit Entscheid vom 7. März 2018 wies er die
Klage wegen Verjährung ab.

Die dagegen gerichtete Berufung von A.________ wies das Obergericht des Kantons
Aargau mit Urteil vom 14. November 2018 ab.

B.

Mit zwei selbständigen Eingaben vom 8. Januar 2018 hat A.________ diesen
Entscheid mit Beschwerde in Zivilsachen sowie subsidiärer Verfassungsbeschwerde
angefochten. Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt.

Erwägungen:

1.

Der Streitwert erreicht die Grenze von Fr. 30'000.-- gemäss Art. 74 Abs. 1 lit.
b BGG nicht. Unter diesen Umständen ist die Beschwerde in Zivilsachen dennoch
zulässig, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt (Art.
74 Abs. 2 lit. a BGG). Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung
zulässig, dass sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt, ist
in der Begründung auszuführen, warum diese Voraussetzung erfüllt ist (Art. 42
Abs. 2 BGG).

Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung liegt eine Rechtsfrage von
grundsätzlicher Bedeutung dann vor, wenn ein allgemeines und dringendes
Interesse besteht, dass eine umstrittene Frage höchstrichterlich geklärt wird,
um eine einheitliche Anwendung und Auslegung des Bundesrechts herbeizuführen
und damit eine erhebliche Rechtsunsicherheit auszuräumen (BGE 144 III 164 E. 1
S. 165; 141 III 159 E. 1.2 mit weiteren Hinweisen). Die Frage muss von
allgemeiner Tragweite sein (BGE 140 III 501 E. 1.3; 134 III 267 E. 1.2 S. 269
mit weiteren Hinweisen). Soweit es bei der aufgeworfenen Frage lediglich um die
Anwendung von Grundsätzen der Rechtsprechung auf einen konkreten Fall geht,
handelt es sich nicht um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (BGE
135 III 1 E. 1.3 S. 4 mit weiteren Hinweisen).

Im Berufungsverfahren vor der Vorinstanz war umstritten, ob ein als
"Abschlussofferte A.________" überschriebenes Dokument vom 18. Oktober 2010, in
dem ein Schadensspezialist der Beschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer aus dem
Unfallereignis den eine Genugtuung von Fr. 40'000.-- beinhaltenden Betrag von
Fr. 100'000.-- angeboten hatte, eine Schuldanerkennung darstellt, die gemäss
Art. 137 Abs. 2 OR eine neue Verjährungsfrist von zehn Jahren nach sich zieht.
Die Vorinstanz verwies auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung, wonach die
Anforderungen an eine Schuldanerkennung im Sinne von Art. 137 Abs. 2 OR
dieselben sind wie diejenigen an eine Schuldanerkennung im Sinne von Art. 82
SchKG (Urteil 4A_153/2011 vom 24. November 2011 E. 3.1). Sie erwog, die
Abschlussofferte weise keine Unterschrift auf, womit es an einem
Formerfordernis fehle und, wenn überhaupt, nur die zweijährige Verjährungsfrist
neu ausgelöst worden sei.

Der Beschwerdeführer vermag das Vorliegen der Eintretensvoraussetzung gemäss
Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG nicht aufzuzeigen, indem er pauschal behauptet,
"bezüglich der Verjährungsfrage" handle es sich um eine Rechtsfrage von
grundsätzlicher Bedeutung, und weiter, konkret gehe es "u.a. um die Frage,
welche Kriterien eine Abschlussofferte erfüllen muss, um die Auslösung der
10-Jährigen Verjährungsfrist gemäss OR Art. 137 Abs. 2 OR auszulösen." Entgegen
der Beteuerung des Beschwerdeführers geht es diesem um nichts anderes als um
die Anwendung der feststehenden Rechtsregel gemäss der zitierten Rechtsprechung
auf den zu beurteilenden Fall.

Die Beschwerde in Zivilsachen ist somit nicht zulässig. Unter diesen Umständen
steht die subsidiäre Verfassungsbeschwerde offen (Art. 113 BGG). Da die übrigen
Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf diese einzutreten, unter
Vorbehalt zulässiger und hinlänglich begründeter Rügen (siehe Erwägungen 2 und
3).

2.

Mit der Verfassungsbeschwerde kann die Verletzung von verfassungsmässigen
Rechten gerügt werden (Art. 116 BGG).

Die Beschwerde ist hinreichend zu begründen, ansonsten darauf nicht eingetreten
werden kann (BGE 140 III 115 E. 2 S. 116; 134 II 244 E. 2.1). Die Verletzung
von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht prüft das
Bundesgericht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht
und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 und Art. 117 BGG). Das bedeutet, dass
klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheides
darzulegen ist, inwiefern verfassungsmässige Rechte verletzt worden sein sollen
(BGE 135 III 232 E. 1.2; 134 I 83 E. 3.2; je mit weiteren Hinweisen). Macht die
beschwerdeführende Partei eine Verletzung des Willkürverbots von Art. 9 BV
geltend, genügt es nicht, wenn sie einfach behauptet, der angefochtene
Entscheid sei willkürlich. Sie hat vielmehr im Einzelnen aufzuzeigen, inwiefern
dieser offensichtlich unhaltbar ist (BGE 137 V 57 E. 1.3 S. 60; 134 II 349 E. 3
S. 352).

Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 118 Abs. 1 BGG). Dazu gehören sowohl die
Feststellungen über den streitgegenständlichen Lebenssachverhalt als auch jene
über den Ablauf des vor- und erstinstanzlichen Verfahrens, also die
Feststellungen über den Prozesssachverhalt (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 mit
Hinweisen). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen
oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 116 BGG beruht (Art. 118 Abs. 2 BGG).
"Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 140 III 115 E. 2
S. 117; 135 III 397 E. 1.5).

Die Partei, welche die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz anfechten will,
muss klar und substanziiert aufzeigen, inwiefern diese Voraussetzungen erfüllt
sein sollen (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 S. 18 mit Hinweisen). Wenn sie den
Sachverhalt ergänzen will, hat sie zudem mit präzisen Aktenhinweisen
darzulegen, dass sie entsprechende rechtsrelevante Tatsachen und taugliche
Beweismittel bereits bei den Vorinstanzen prozesskonform eingebracht hat (BGE
140 III 86 E. 2 S. 90). Genügt die Kritik diesen Anforderungen nicht, können
Vorbringen mit Bezug auf einen Sachverhalt, der vom angefochtenen Entscheid
abweicht, nicht berücksichtigt werden (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 S. 18).

Die Beschwerde ist weitgehend unzulässig begründet. Der Beschwerdeführer stützt
seine Argumentation nämlich auf einen Sachverhalt, der von den für das
Bundesgericht verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz abweicht, ohne im
Einzelnen hinreichend begründete Sachverhaltsrügen gemäss den eben dargelegten
Grundsätzen zu formulieren. Insbesondere begründet er keine zulässige
Willkürrüge, wenn er gestützt auf den frei ergänzten Sachverhalt behauptet, die
Abschlussofferte vom 18. Oktober 2010 könne "in Beachtung der faktischen
Gegebenheiten als Schuldanerkennung im Sinne von OR Art. 137 qualifiziert
werden", und meint, "eine andere richterliche Würdigung" sei "offensichtlich in
der Rechtsanwendung willkürlich". Insoweit ist auf die Verfassungsbeschwerde
nicht einzutreten.

3.

Der Beschwerdeführer rügt eine Gehörsverletzung, überspitzten Formalismus sowie
Willkür, da ihm die Vorinstanz verwehrt habe, eine freigestellte Stellungnahme
zur Berufungsantwort zu erstatten.

Gemäss Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK haben die Parteien eines
Gerichtsverfahrens Anspruch auf rechtliches Gehör. Diese Garantie umfasst auch
das Recht, von den beim Gericht eingereichten Stellungnahmen Kenntnis zu
erhalten und sich dazu äussern zu können, unabhängig davon, ob diese Eingaben
neue und erhebliche Gesichtspunkte enthalten (BGE 144 III 117 E. 2.1; 142 III
48 E. 4.1.1 S. 52 f.; je mit Hinweisen). Nach der Rechtsprechung muss die
Partei, die eine Stellungnahme zu einer ihr zur Kenntnisnahme zugestellten
Vernehmlassung für erforderlich hält, diese grundsätzlich unverzüglich
einreichen oder beantragen (BGE 133 I 100 E. 4.8 mit Hinweisen).

Laut den verbindlichen Feststellungen im angefochtenen Entscheid wurde nach dem
Eingang der Berufungsantwort der Beschwerdegegnerin vom 12. Oktober 2018 kein
weiterer Schriftenwechsel angeordnet, sondern die Eingabe mit Verfügung vom 15.
Oktober 2018 dem Beschwerdeführer "zur freigestellten Stellungnahme innert
einer nicht erstreckbaren Frist bis spätestens 25. Oktober 2018 (Eingang beim
Obergericht) " zugestellt. Damit - so die Erklärung der Vorinstanz - sei dem
Beschwerdeführer keine Frist angesetzt worden, "die verlängert werden könnte",
sondern angegeben worden, bis zu welchem Zeitpunkt das Gericht seinen Entscheid
aussetze, falls der Beschwerdeführer von seinem Replikrecht Gebrauch machen
sollte. Mit Eingabe vom 25. Oktober 2018 ersuchte der Beschwerdeführer, ihm sei
die Frist zur Stellungnahme "zufolge Arbeitsüberlastung" um 20 Tage zu
verlängern. Aus den kantonalen Akten ergibt sich, dass das
Fristerstreckungsgesuch am 26. Oktober 2018 beim Obergericht einging und dem
Beschwerdeführer in der Folge umgehend per E-Mail mitgeteilt wurde, dass die
Frist "gemäss Verfügung vom 15. Oktober 2015" nicht erstreckbar sei.

Somit hätte der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer Gelegenheit gehabt, sich
zur Berufungsantwort der Beschwerdegegnerin zu äussern, bevor das Obergericht
am 14. November 2018 das Urteil fällte. Der Beschwerdeführer tut jedenfalls
nicht dar, aus welchen Gründen es ihm unmöglich gewesen wäre, innert der
angesetzten Frist sein Replikrecht auszuüben oder dem Obergericht unverzüglich
und substanziiert darzulegen, weshalb er dazu nicht in der Lage sein würde.

Ohnehin begnügt sich der Beschwerdeführer damit, geltend zu machen, er habe
keine Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt, ohne auch nur ansatzweise zu
erörtern, welchen Inhalt diese gehabt hätte und inwiefern sie den Ausgang des
vorinstanzlichen Verfahrens hätte beeinflussen können. Genau genommen behauptet
er nicht einmal, dass er überhaupt hätte Stellung nehmen wollen. Unter diesen
Umständen ist nicht erkennbar, inwiefern er überhaupt ein schützenswertes
Interesse an einer Rückweisung hat (siehe Urteil 5A_561/2018 vom 14. Dezember
2018 E. 2.3; vgl. auch Urteil 4A_27/2018 vom 3. Januar 2019 E. 3.2.4 mit
Hinweisen).

4.

Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit daraufeingetreten werden kann. Bei diesem
Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten gemäss Art. 66 Abs. 1 BGG dem
Beschwerdeführer aufzuerlegen. Der Beschwerdegegnerin ist kein Aufwand
entstanden, für den sie nach Art. 68 Abs. 2 BGG zu entschädigen wäre.

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.

Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau,
Zivilgericht, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 27. März 2019

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Kiss

Der Gerichtsschreiber: Kölz