Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.442/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

4A_442/2019

Urteil vom 4. Februar 2020

I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,

Bundesrichter Rüedi,

Bundesrichterin May Canellas,

Gerichtsschreiber Hug.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

vertreten durch Rechtsanwalt Andreas Bertsch, Beschwerdeführer,

gegen

B.________ Verlag AG,

vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Jean-Daniel Schmid,

Beschwerdegegnerin.

Gegenstand

Forderung,

Beschwerde gegen das Urteil des

Handelsgerichts des Kantons Zürich

vom 11. Juli 2019 (HG170211-O).

Sachverhalt:

A.

A.________ (Kläger, Beschwerdeführer) ist Autor des Sachbuches X.________ und
wohnt in Zürich.

Die B.________ Verlag AG (Beklagte, Beschwerdegegnerin) ist ein Verlag mit Sitz
in Zürich.

A.________ wollte unstrittig vom C.________ Verlag zur B.________ Gruppe
wechseln, die fortan einen Teil seiner selbst finanzierten Auflage von
X.________ vertreiben sollte. Während er den Standpunkt vertritt, es sei ein
Honorar vereinbart worden, wonach er 50 % des Brutto-Ladenverkaufspreises jedes
verkauften Buches erhalte, bestreitet die B.________ Verlag AG den Abschluss
eines Vertrages an sich.

B.

Mit Klage vom 31. Oktober 2017 stellte A.________ beim Handelsgericht des
Kantons Zürichs folgende Rechtsbegehren:

"1. Es sei die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger vertragsgemässe und
nachvollziehbare Auskunft über den Verkauf der Werke - insbesondere über deren
Anzahl und Verkaufspreis - und den klägerischen Honoraranspruch zu erteilen.

2. Die Beklagte sei zur Leistung von mindestens Euro 154'690.00 nebst Zins von
5 % seit dem 1. Januar 2016 an den Kläger zu verpflichten, unter Vorbehalt der
Mehrforderung und Klageänderung nach Erteilung der Auskunft gemäss Ziffer 1
oder gemäss Ergebnis nach dem Beweisverfahren.

3. Unter Kosten- und Entschädigungsfolge."

Nach Durchführung eines zweifachen Schriftenwechsels und einer Hauptverhandlung
wies das Handelsgericht die Klage mit Urteil vom 11. Juli 2019 ab.

C.

Mit Beschwerde in Zivilsachen begehrt der Beschwerdeführer, das Urteil des
Handelsgerichts vom 11. Juli 2019 sei aufzuheben und die Sache zur
Neubeurteilung an dieses zurückzuweisen, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen
zu Lasten der Beschwerdegegnerin.

Die Beschwerdegegnerin beantragt in ihrer Antwort, auf die Beschwerde sei nicht
einzutreten, eventualiter sei sie abzuweisen. Der Beschwerdeführer hat
unaufgefordert repliziert.

Das Handelsgericht hat sich nicht vernehmen lassen.

Erwägungen:

1.

Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein
Rechtsmittel zulässig ist (BGE 141 III 395 E. 2.1 mit Hinweisen).

1.1. Aus der Befugnis des Bundesgerichts, reformatorisch entscheiden zu können
(Art. 107 Abs. 2 BGG), folgt, dass die beschwerdeführende Person sich nicht
darauf beschränken darf, einen rein kassatorischen Antrag zu stellen. Anders
verhält es sich, wenn das Bundesgericht im Falle einer Gutheissung in der Sache
ohnehin nicht selbst entscheiden könnte, insbesondere weil die erforderlichen
Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz fehlen (BGE 133 III 489 E. 3.1 mit
Hinweisen; vgl. auch BGE 137 II 313 E. 1.3 S. 317; 136 V 131 E. 1.2 S. 135 f.;
134 III 379 E. 1.3 S. 383 sowie die Urteile 4A_129/2019 vom 27. Mai 2019 E.
1.1; 2C_489/2018 vom 13. Juli 2018 E. 1.2). Die Vorinstanz hat die Sache
vorliegend zwar materiell beurteilt; sie hat indessen keine Beweise abgenommen,
weil sie die Tatsachenbehauptungen als ungenügend erachtete. Deshalb ist
fraglich, ob es dem Bundesgericht im Falle der Gutheissung der Beschwerde
möglich wäre, reformatorisch zu entscheiden. Insofern der Beschwerde ohnehin
kein Erfolg beschieden ist, erübrigt es sich indes, abschliessend zu
beurteilen, ob im vorliegenden Fall das kassatorische Begehren ausnahmsweise
ausreichend ist.

1.2. Im Übrigen sind die Eintretensvoraussetzungen gegeben: Namentlich ist ein
Endentscheid (Art. 90 BGG) einer einzigen kantonalen Instanz im Sinne von Art.
75 Abs. 2 lit. b BGG angefochten, wogegen die Beschwerde in Zivilsachen gemäss
Art. 74 Abs. 2 lit. b BGG unabhängig vom Streitwert offen steht (BGE 139 III 67
E. 1.2; 138 III 799 E. 1.1, 2 E. 1.2.2). Der Beschwerdeführer ist vor
Vorinstanz mit seinen Anträgen unterlegen (Art. 76 BGG) und hat die
Beschwerdefrist eingehalten (Art. 100 BGG).

2.

Die Vorinstanz folgte im Wesentlichen der Beschwerdegegnerin und verneinte
einen Konsens zwischen den Parteien über die wesentlichen Vertragspunkte. Der
Beschwerdeführer wendet sich gegen diesen Schluss und kritisiert sowohl die
Feststellung des Sachverhalts durch die Vorinstanz als auch deren
Rechtsanwendung.

2.1. Nach den Feststellungen im angefochtenen Urteil zum Prozesssachverhalt
behauptete der Beschwerdeführer in erster Linie einen mündlichen
Vertragsschluss, allerdings nur pauschal. In der Replik habe er sich sodann
insoweit selbst widersprochen, als er sich einerseits auf einen
Vertragsabschluss durch den E-Mail-Verkehr am 25. September 2010 berufen habe,
andererseits auf einen "Realakzept" bzw. eine ausdrückliche oder konkludente
Vertragsannahme seitens der Beschwerdegegnerin durch (teilweise)
Leistungserbringung. Da nach den weiteren Erwägungen der Vorinstanz der
Tatsachenvortrag des Beschwerdeführers nicht nur an einigen Unstimmigkeiten
leide, sondern auch die Umstände des Vertragsschlusses nicht genügend konkret
detailliert worden seien, verneinte die Vorinstanz einen entsprechenden
Konsens, ohne Beweise abgenommen zu haben.

Die Vorinstanz erwog ferner, eine andere Anspruchsgrundlage, wonach dem
Beschwerdeführer ein Honorar in verlangter oder zumindest geringfügigerer Höhe
zugesprochen werden könnte, sei weder angerufen worden noch ersichtlich.
Insbesondere lasse sich der Beschwerdeführer nicht zu einem branchenüblichen
Autorengehalt vernehmen und er könne sich auch nicht analog auf einen
Verlagsvertrag im Sinne von Art. 388 Abs. 2 OR berufen, da er die Druckkosten
seines Buches selbst übernommen habe. Nachdem die Hauptforderung abzuweisen
sei, so schloss die Vorinstanz schliesslich, bestünde auch keine vertragliche
oder gesetzliche Grundlage für den ebenfalls geltend gemachten
Auskunftsanspruch.

2.2. Der Beschwerdeführer rügt, die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz
seien lückenhaft und insoweit "qualifiziert falsch" im Sinne von Art. 97 BGG.
Die Feststellungen im angefochtenen Urteil würden auch auf Verletzung von
Bundesrecht beruhen, da die Vorinstanz seine Vorbringen ohne zureichende Gründe
als nicht schlüssig und widersprüchlich zurückgewiesen habe. Indem die
Vorinstanz den Sachverhalt derart rudimentär festgestellt habe, dass ihre
Feststellungen zur Beurteilung der sich stellenden Rechtsfragen zur
vertraglichen Grundlage des Buch-Vertriebs nicht ausreichen würden, habe sie
ausserdem seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt (Art. 29 Abs. 2 BV,
Art. 53 ZPO). Schliesslich habe die Vorinstanz auch Art. 58 Abs. 1 ZPO
verkannt.

2.2.1. Zur Begründung seiner Rügen führt der Beschwerdeführer vorab einige
Umstände an, welche die Beschwerdegegnerin zugestanden respektive nicht
substanziiert bestritten haben soll und schliesst, die Vorinstanz habe das
Dispositionsprinzip im Sinne von Art. 58 Abs. 1 ZPO verletzt, weil sie ihm
weniger zusprach, als von der Beschwerdegegnerin anerkannt worden sei.

Die Beschwerdegegnerin plädierte entgegen dem, was der Beschwerdeführer ihr zu
unterstellen scheint, vor Vorinstanz auf Abweisung der Klage; von einer
Verletzung des Dispositionsprinzips zufolge Abweichung von den Parteianträgen
kann keine Rede sein. Mit seinen Vorbringen zu angeblich zugestandenen
Tatsachenbehauptungen verlässt der Beschwerdeführer zudem über weite Strecken
den Sachverhalt im angefochtenen Urteil, an welchen das Bundesgericht
grundsätzlich gebunden ist (Art. 105 Abs. 1 BGG). Indem er tatsächliche
Behauptungen aus seinen vorinstanzlichen Rechtsschriften herausgreift, ohne zu
behaupten, geschweige denn zu begründen, inwiefern die Vorinstanz den
Sachverhalt offensichtlich unvollständig oder fehlerhaft festgestellt haben
soll, verkennt er das strenge Rügeprinzip vor Bundesgericht für Tatsachenfragen
(Art. 106 Abs. 2 BGG, vgl. dazu BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 266 mit Hinweisen).

2.2.2. Nichts anderes gilt in Bezug auf seine weiteren Ausführungen zu einem
angeblich mündlichen Vertragsschluss. Er beschränkt sich auch insoweit darauf,
seine eigene Sicht des Geschehens darzustellen. Deshalb können seine in diesem
Zusammenhang vorgebrachten tatsächlichen Einwände ebenfalls nicht gehört
werden. Hinzu kommt, dass er auch vor Bundesgericht den angeblich mündlichen
Vertragsschluss lediglich pauschal behauptet. Seiner Darstellung ist namentlich
nicht bzw. nur teilweise zu entnehmen, welche Person sich mit ihm, zu welchem
Zeitpunkt über welche Vertragspunkte geeinigt haben soll. Folglich ist der
Schluss der Vorinstanz, wonach ein mündlicher Vertragsschluss nicht hinreichend
konkret behauptet worden ist, nicht zu beanstanden.

2.2.3. Der Beschwerdeführer moniert sodann, die Vorinstanz habe verkannt, dass
seine zusätzlichen Behauptungen zu einem elektronischen Vertragsschluss
einerseits und einem Konsens durch "Realakzept" andererseits jeweils
Eventualbegründungen darstellten und somit weder im Widerspruch zueinander
stünden, noch zum geltend gemachten mündlichen Vertragsschluss.

Da der Beschwerdeführer auch vor Vorinstanz anwaltlich vertreten war, erwartete
das Handelsgericht zu Recht von ihm, dass er angeblich nur als
Eventualstandpunkte vorgebrachte Tatsachenbehauptungen auch als solche
bezeichnet. Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer einen Vertragsschluss
auf mehrfache Art und Weise behauptete, ohne seine Darstellungen in primäre und
eventuelle Tatsachenbehauptungen zu untergliedern, verstrickte er sich in
weitere Widersprüche: Wie die Vorinstanz zutreffend erwog, ist es nicht
stimmig, wenn er einerseits ausführt, die Beschwerdegegnerin habe am 25.
September 2010 einen Antrag in Kenntnis der Honorarbedingungen gestellt, wenig
später aber aus dem identischen Sachverhalt auch eine Annahme der
Beschwerdegegnerin herzuleiten versucht. Die Aussagen des Beschwerdeführers
erscheinen auch insoweit widersprüchlich, als sein Literatur-Agent im Dezember
2010 in einem E-Mail an die Beschwerdegegnerin von einem "ersten Entwurf für
den Vertriebsvertrag " sprach; sollten sich die Parteien doch gemäss dem
Beschwerdeführer bereits im September 2010 geeinigt haben. Vor diesem
Hintergrund kann dem Beschwerdeführer nicht gefolgt werden, wenn er behauptet,
die Vorinstanz habe seine Ausführungen ohne zureichende Gründe als nicht
schlüssig und widersprüchlich zurückgewiesen.

2.2.4. Doch selbst wenn die Ausführungen des Beschwerdeführers in sich stimmig
wären, kann ihnen auch in Bezug auf einen angeblichen Vertragsschluss durch
E-Mail-Verkehr oder durch "Realakzept" kein genügend konkretes
Tatsachenfundament entnommen werden. Seine Vorwürfe, die Vorinstanz wäre
gehalten gewesen, die angebotenen Beweise abzunehmen und in Rechtsanwendung von
Amtes wegen (Art. 57 ZPO) auf einen Konsens betreffend die wesentlichen
Vertragspunkte zu erkennen ( essentialia negotii, vgl. Art. 1 Abs. 1 und Art. 2
Abs. 2 OR), führen ins Leere. Denn wenn konkrete Behauptungen fehlen, ist es
der Gegenpartei nicht möglich, die behaupteten Tatsachen ihrerseits
substanziiert zu bestreiten und das Gericht kann keine Beweise abnehmen (vgl.
dazu Art. 150 Abs. 1 ZPO). Mithin verkennt der Beschwerdeführer mit seiner
Argumentation, dass die Obliegenheit zur Substanziierung dem Beweisverfahren
vorgelagert ist und dieses gleichsam zu ermöglichen hat (vgl. dazu Urteil
4A_659/2018 vom 15. Juli 2019 E. 3.4). Entgegen seiner Auffassung verzichtete
die Vorinstanz nicht "stillschweigend" im Rahmen einer antizipierten
Beweiswürdigung auf die beantragten Parteibefragungen. Vielmehr war es ihr
mangels stringenten Behauptungsfundaments gar nicht möglich, Beweise
abzunehmen. 

2.3. Nachdem sich die Feststellungen der Vorinstanz, wonach der
Beschwerdeführer einen Vertragsschluss nicht genügend konkret behauptete, als
willkürfrei erwiesen und auch keine Anhaltspunkte für einen normativen Konsens
bestehen, sind die erhobenen Rügen allesamt unbegründet, soweit überhaupt auf
sie einzutreten gewesen wäre.

Da weder ein Vertragsverhältnis zwischen den Parteien ausgewiesen ist, noch
ausservertragliche Grundlagen ersichtlich sind, worauf der Beschwerdeführer
einerseits seine Honorarforderung, andererseits seinen Auskunftsanspruch
stützen könnte, wies die Vorinstanz sowohl das Leistungsbegehren als auch den
Antrag auf Auskunft zu Recht ab.

Schliesslich reichen die Feststellungen der Vorinstanz entgegen dem Vorwurf des
Beschwerdeführers aus, um die sich stellenden Rechtsfragen zu beantworten. Die
Vorinstanz hat seinen Anspruch auf rechtliches Gehör nicht verletzt (Art. 29
Abs. 2 BV, Art. 53 ZPO), sondern nachvollziehbar und genügend eingehend
begründet, weshalb sie einen Vertragsschluss verneinte und seine Klage abwies
(vgl. zu den Anforderungen an die Begründung BGE 141 III 28 E. 3.2.4 S. 41; 141
V 557 E. 3.2.1; 134 I 83 E. 4.1 S. 88; je mit Hinweisen).

3.

Die Beschwerde in Zivilsachen ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Er hat die Beschwerdegegnerin, die sich mit
einer anwaltlich verfassten Beschwerdeantwort vernehmen liess, ausserdem für
das Verfahren vor Bundesgericht zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.

Die Gerichtskosten von Fr. 5'500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.

Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 6'500.-- zu entschädigen.

4.

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Handelsgericht des Kantons Zürich
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 4. Februar 2020

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Kiss

Der Gerichtsschreiber: Hug