Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.274/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

4A_274/2019

Urteil vom 26. November 2019

I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,

Bundesrichterinnen Klett, Hohl, Niquille, May Canellas,

Gerichtsschreiber Curchod.

Verfahrensbeteiligte

A.________ AG,

vertreten durch Rechtsanwalt Andrea Mondini,

Beschwerdeführerin,

gegen

B.________ Inc.,

vertreten durch Dr. Simon Holzer, Dr. Kilian Schärli und Dr. Michael Ritscher,
Rechtsanwälte,

Beschwerdegegnerin.

Gegenstand

Ergänzende Schutzzertifikate,

Beschwerde gegen das Urteil des Bundespatentgerichts vom 3. Mai 2019
(O2017_023).

Sachverhalt:

A.

A.a. Die B.________ Inc. (Klägerin, Beschwerdegegnerin) mit Sitz in den
Vereinigten Staaten ist Inhaberin des Europäischen Patents xxx. Die Swissmedic
erteilte am 21. März 2006 die Genehmigung zzz für das Produkt U.________ ®.
Darauf basierend wurde der Patentinhaberin am 29. August 2008 das ergänzende
Schutzzertifikat (ESZ) yyy "Tenofovir Disoproxilfumarat + Emtricitabin"
erteilt.

Die A.________ AG, Basel (Beklagte, Beschwerdeführerin) bezweckt unter anderem
den Vertrieb und die Herstellung von Arzneimitteln und chemischen Produkten.

A.b. Nachdem die Beklagte Nichtigkeitsklage erhoben hatte, bestätigte das
Bundespatentgericht mit Urteil vom 3. Oktober 2017 die Beständigkeit des ESZ.
Eine gegen diesen Entscheid gerichtete Beschwerde in Zivilsachen wies das
Bundesgericht ab (Urteil 4A_576/2017 vom 11. Juni 2018, auszugsweise publiziert
in BGE 144 III 285).

B.

Am 4. Dezember 2017 erhob die Klägerin Klage beim Bundespatentgericht mit den
folgenden Rechtsbegehren:

"1.a. Der Beklagten sei unter Androhung einer Ordnungsbusse von CHF 1'000.00
pro Tag gemäss Art. 343 Abs. 1 lit. b ZPO, mindestens aber CHF 5'000.00 gemäss
Art. 343 Abs. 1 lit. b ZPO, sowie der Bestrafung ihrer Organe mit Busse nach
Art. 292 StGB zu verbieten, in der Schweiz pharmazeutische Produkte, die
Tenofovir Disoproxil in Form eines Phosphatsalzes und Emtricitabin enthalten,
namentlich Emtricitabin-Tenofovir Mepha 200mg/ 245mg, Lactab (Swissmedic
Marktzulassungs-Nr. vvv) und/oder Efavirenz-Emtricitabin-Tenofovir-Mepha 600mg,
200mg, 245mg, Lactab (Swissmedic Marktzulassungs-Nr. www), während der
Schutzdauer des ESZ yyy selber oder durch Dritte einzuführen (bzw. einführen zu
lassen), auszuführen, zu lagern, herzustellen, anzubieten, zu verkaufen oder
auf andere Weise in Verkehr zu bringen und/oder für die erwähnten Zwecke zu
besitzen.

1.b. Als Ausnahme vom Verbot gemäss vorstehendem Rechtsbegehren Nr. 1.a sei der
Beklagten zu gestatten, Produkte gemäss Rechtsbegehren Nr. 1.a, die sich
nachweislich bereits in unmittelbarem oder mittelbarem Besitz der Beklagten in
der Schweiz befanden, bevor diese das Verbot vom 30. August 2017 im Verfahren
S2017_006 zugestellt erhalten hat, frühestens nach Ablauf von 40 Tagen nach
Rechtskraft dieses Urteils und frühestens 40 Tage nach Vorlage der
entsprechenden Einfuhrdokumente Nr. 2 und Einreichung der Angaben gemäss
untenstehendem Rechtsbegehren Nr. 2 in eines der am wenigsten entwickelten
Länder gemäss der Liste der UNO im Zeitpunkt des Urteils auszuführen.

2. Die Beklagte sei unter Androhung einer Ordnungsbusse von mindestens CHF
5'000 gemäss Art. 343 Abs. 1 lit. b ZPO sowie der Bestrafung ihrer Organe
gemäss Art. 292 StGB zu verpflichten, innerhalb von 40 Kalendertagen nach
Rechtskraft des Urteils Auskunft zu erteilen unter Angabe der folgenden
Informationen:

       a. Die Namen und Adressen der Lieferanten der Inhaltsstoffe und/
oder       der Halbfabrikate für die Herstellung der pharmazeutischen
Produkte       gemäss Rechtsbegehren Nr. 1.a;

       b. Eventualiter zu a., die Namen und Adressen der Lieferanten
der              pharmazeutischen Produkte gemäss Rechtsbegehren Nr. 1.a;

       c. Die Namen und Adressen der gewerblichen Abnehmer
der              pharmazeutischen Produkte gemäss Rechtsbegehren Nr. 1.a:

       d. Die Mengen hergestellter, eingeführter, exponierter und/
oder              gelagerter pharmazeutischer Produkte gemäss
Rechtsbegehren              Nr. 1.a unter Angabe der Chargen-Nummern,
Packungsgrössen,              Anzahl Tabletten und Dosierungsstärken und unter
Vorlage der Ein-              bzw. Ausfuhrdokumente.

[...]"

Mit Urteil vom 3. Mai 2019 hiess das Bundespatentgericht die Klage gut. Im
Rahmen seiner Prüfung, ob ein Eingriff in den Schutzbereich des ESZ zu bejahen
sei, prüfte es in einem ersten Schritt, ob die angegriffenen Ausführungsformen
der Beklagten unter den Erzeugnisbegriff des ESZ falle. Nachdem es dies
bejahte, prüfte es in einem zweiten Schritt, ob eine Verletzung durch
äquivalente Mittel gegeben sei, was es wiederum bejahte.

C.

Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Beschwerdeführerin die Aufhebung
des Urteils des Bundespatentgerichts und die Abweisung der Klage der
Beschwerdegegnerin, eventualiter Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur
neuen Beurteilung.

Die Beschwerdegegnerin beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf
einzutreten ist. Die Vorinstanz hat auf eine Vernehmlassung verzichtet.

Die Parteien haben repliziert und dupliziert.

Erwägungen:

1.

Die Beschwerde in dieser Zivilrechtsstreitigkeit (Art. 72 BGG) richtet sich
gegen einen Endentscheid (Art. 90 BGG) des Bundespatentgerichts (Art. 75 Abs. 1
BGG), die Beschwerdeführerin ist mit ihren Anträgen unterlegen (Art. 76 BGG)
und eines Streitwerts bedarf es nicht (Art. 74 Abs. 2 lit. e BGG). Auf die
fristgerecht eingereichte Beschwerde (Art. 100 BGG) ist unter Vorbehalt einer
hinreichenden Begründung (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG) einzutreten.

2.

Das Grundpatent der Beschwerdegegnerin beansprucht den Wirkstoff
Tenofovir-Disoproxil. Sowohl das Fumarat-Salz wie auch das Phosphat-Salz dieses
Wirkstoffes sind von diesem Patent erfasst. Da Kombinationspräparate unter
Schutz gestellt werden, sind insbesondere die Wirkstoffkombinationen
Tenofovir-Disoproxilfumarat + Emtricitabin, Tenofovir-Disoproxilphosphat +
Emtricitabin und Tenofovir-Disoproxilphosphat + Emtricitabin + Efavirenz
unbestrittenermassen durch das Grundpatent geschützt.

Die Beschwerdegegnerin verfügt über die Swissmedic-Genehmigung Nr. zzz für das
Produkt U.________® vom 21. März, die für die Wirkstoffzusammensetzung
"Tenofovir Disoproxilfumarat + Emtricitabin" erteilt wurde. Die
Beschwerdeführerin verfügt ihrerseits über die Marktzulassung Nr. vvv für
Emtricitabin-Tenofovir-Mepha 200mg/ 245mg, Lactab, als Generikum zum
Originalpräparat U.________ ® sowie über die Marktzulassung Nr. für
Efavirenz-Emtricitabin-Tenofovir-Mepha 200mg/245mg, Lactab, als Generikum zum
Originalpräparat T.________ ®.

Es ist unbestritten, dass sich das ESZ wie auch die Marktzulassung der
Beschwerdegegnerin auf das Fumarat-Salz bezieht. Die Zulassungen der
Beschwerdeführerin und die darunter vertriebenen Produkte beziehen sich
ihrerseits hingegen auf das Phosphat-Salz. Die vorliegende Streitigkeit dreht
sich um die Frage, ob die von der Beschwerdeführerin vertriebenen Produkte das
ESZ verletzen. Dabei ist zunächst zu untersuchen, wie die fehlende Identität
der Salzformen gemäss dem Wortlaut des ESZ und der Marktzulassungen rechtlich
zu würdigen ist.

3.

3.1. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Dazu gehören sowohl die
Feststellungen über den streitgegenständlichen Lebenssachverhalt als auch jene
über den Ablauf des vor- und erstinstanzlichen Verfahrens, also die
Feststellungen über den Prozesssachverhalt (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 mit
Hinweisen). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen
oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).
"Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 143 IV 241 E.
2.3.1; 140 III 115 E. 2 S. 117, 264 E. 2.3 S. 266). Überdies muss die Behebung
des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein können (Art. 97
Abs. 1 BGG).

Für eine Kritik am festgestellten Sachverhalt gilt das strenge Rügeprinzip von
Art. 106 Abs. 2 BGG (BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 266 mit Hinweisen). Die Partei,
welche die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz anfechten will, muss klar
und substanziiert aufzeigen, inwiefern diese Voraussetzungen erfüllt sein
sollen (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 S. 18 mit Hinweisen). Wenn sie den Sachverhalt
ergänzen will, hat sie zudem mit präzisen Aktenhinweisen darzulegen, dass sie
entsprechende rechtsrelevante Tatsachen und taugliche Beweismittel bereits bei
den Vorinstanzen prozesskonform eingebracht hat (BGE 140 III 86 E. 2 S. 90).

3.2. Im zweiten Teil ihrer Beschwerde äussert sich die Beschwerdeführerin zur
Eventualbegründung der Vorinstanz. Sie bringt im Wesentlichen vor, die
vorinstanzliche Äquivalenzprüfung sei rechtsfehlerhaft. Ihre Rüge gründet auf
der Annahme, dass Wirkstoffkombinationen nicht Gegenstand des Grundpatents
seien. Wie erwähnt, wurde jedoch von der Vorinstanz verbindlich festgestellt,
dass Kombinationspräparate vom Schutzbereich des Patents erfasst sind. Da
Vorbringen mit Bezug auf einen Sachverhalt, der vom im angefochtenen Entscheid
festgestellten abweicht, nicht berücksichtigt werden können, ist auf die Rüge
der Beschwerdeführerin nicht einzutreten. Dasselbe gilt im Übrigen auch für
ihre Ausführungen in Zusammenhang mit der Rüge, wonach Tenofovirdisoproxil- 
Fumarat im ESZ nicht breiter ausgelegt werden dürfe als im Patent, ansonsten
das ESZ mehr Rechte gewähren würde als das Basispatent. Auch hier verkennt die
Beschwerdeführerin, dass das Fumarat-Salz des Wirkstoffes Tenofovir-Disoproxil
gemäss der verbindlichen Feststellung der Vorinstanz vom Grundpatent erfasst
wird.

4.

Die Beschwerdeführerin kritisiert die Erwägungen der Vorinstanz hinsichtlich
des Schutzbereiches des ESZ.

4.1. Ausgehend vom Begriff des Erzeugnisses untersuchte die Vorinstanz, ob
überhaupt ein über den reinen Wortlaut des Schutzzertifikats hinausgehender
Schutzbereich vorhanden sei. Nachdem sie zunächst auf verschiedene
Lehrmeinungen sowie auf das Urteil des EuGH vom 16. September 1999 C-392/97 
Farmitalia Bezug nahm, führte sie aus, zur Erreichung des Ziels des ergänzenden
Schutzzertifikats müsse der Erzeugnisbegriff "an der heilmittelrechtlichen
Auffassung orientiert werden". Dabei erwog sie im Wesentlichen, dass im Rahmen
der Marktzulassung der Schutzbereich sich nicht nur auf jene Systeme erstrecke,
die exakt in den Zulassungsunterlagen respektive im ergänzenden
Schutzzertifikat genannt werden, sondern auch auf jene Derivate, Salzformen,
usw. davon, welche sich in ihren Eigenschaften nicht erheblich hinsichtlich
Sicherheit und/oder Wirksamkeit vom System der Zulassung unterscheiden. Mit
anderen Worten erstrecke sich der Schutzbereich auf jene Systeme, für welche
eine vereinfachte Zulassung nach dem Bundesgesetz vom 15. Dezember 2000 über
Arzneimittel und Medizinprodukte (Heilmittelgesetz, HMG; SR 812.21) erwirkt
werden könne. In diesem Zusammenhang wies die Vorinstanz darauf hin, dass
gemäss der Swissmedic-Wegleitung für die Zulassung von Humanarzneimitteln mit
bekanntem Wirkstoff unterschiedliche Salze, Ester, Ether, Isomere, Mischungen
von Isomeren, Komplexe oder Derivate einer aktiven Substanz als dieselbe aktive
Substanz angesehen werde, sofern der Gesuchsteller belegen könne, dass die
Erkenntnisse zur Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit mit ausreichender
Wahrscheinlichkeit auf das neue angemeldete Präparat übertragbar sind. Folglich
sei die Auffassung der Beschwerdegegnerin zutreffend, wonach alle Derivate -
d.h. insbesondere alle Salzformen - unter den Erzeugnisbegriff des ESZ fielen,
soweit diese die gleichen pharmakologischen Wirkungen aufweisen. Aus der
technischen Dokumentation, welche die Beschwerdeführerin eingereicht habe, um
die Zweitzulassungen Nr. vvv und Nr. gestützt auf die Zulassungen der
Originalpräparate zu erhalten, ergebe sich, dass ihre Präparate (mit
Tenofovirdisoproxil- Fumarat) die gleichen pharmakologischen Wirkungen wie die
Referenzpräparate der Beschwerdegegnerin (mit Tenofovirdisoproxil- Phosphat)
aufweisen. Nachdem sie sich im Rahmen des Zulassungsverfahrens bemüht habe, zu
zeigen, dass es sich bei der abgewandelten Form um eine pharmakologisch
gleichwirkende Alternative zum Originalpräparat handle, dürfe sich die
Beschwerdeführerin nicht auf den Standpunkt stellen, es sei doch nicht der
Fall. Dass die Zweitzulassungen erteilt wurden, bestätige im Übrigen, dass die
pharmakologische Wirkung die gleiche sei. In einer Alternativbegründung führte
die Vorinstanz aus, man gelange zum gleichen Ergebnis, wenn man den
Schutzbereich nicht "am Erzeugnisbegriff", sondern nach den "üblichen
patentrechtlichen Prinzipien" bestimme. Nachdem sie - wiederum - auf die in der
Lehre vertretenen Auffassungen zum Schutzbereich von ergänzenden
Schutzzertifikaten Bezug nahm, erwog sie, aus einem gewissen in der Lehre
vertretenen Ansatz, auf den sich die Beschwerdeführerin stützte, könne diese
nichts für sich ableiten.

4.2. Die Beschwerdeführerin kritisiert den Rückgriff der Vorinstanz auf
heilmittelrechtliche Überlegungen. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz lasse
sich nicht sagen, dass sich der Schutzbereich eines ergänzenden
Schutzzertifikats auf jene Derivate und Salzformen erstrecke, für welche eine
vereinfachte Zulassung nach dem HMG erwirkt werden kann. Ergänzende
Schutzzertifikate seien vielmehr ausschliesslich nach patentrechtlichen
Grundsätzen zu beurteilen. Ob sie vor der Zulassungsbehörde die Bioäquivalenz
ihres Erzeugnisses zum Originalpräparat nachgewiesen habe, sei folglich
irrelevant, orientiere sich doch die patentrechtliche Äquivalenzprüfung
ausschliesslich am Gegenstand des geltend gemachten Patentanspruches. Sie
bringt vor, die Bestimmung des relevanten Erzeugnisbegriffs durch die
Vorinstanz sei rechtsfehlerhaft. Die Beschwerdegegnerin habe ein
Schutzzertifikat nur für das Fumaratsalz von Tenofovirdisoproxil in Kombination
mit Emtricitabin beantragt und erhalten, obwohl es ihr freigestanden wäre, ein
breiteres Schutzzertifikat zu beantragen. Das ESZ sei folglich auf die im
Zertifikat konkret genannte Salzform beschränkt. Entgegen der Ansicht der
Vorinstanz könne die Beschwerdegegnerin aus dem Urteil Farmitalia nichts für
sich ableiten. Dieses Urteil betreffe ausschliesslich die
Erteilungsvoraussetzungen eines ergänzenden Schutzzertifikats. Der EuGH habe
bloss die Erteilung breiterer Schutzzertifikate ermöglicht, ohne sich jedoch
zur Frage der Schutzbereichsausdehnung eines auf eine bestimmte Salzform
lautenden Schutzzertifikats auf andere Salzformen zu äussern.

4.3.

4.3.1. Nach Art. 140a Abs. 1 PatG erteilt das Institut für Geistiges Eigentum
(IGE) für Wirkstoffe oder Wirkstoffzusammensetzungen von Arzneimitteln (sog.
"Erzeugnisse", Art. 140a Abs. 2 PatG) auf Gesuch hin ein ergänzendes
Schutzzertifikat. Das Zertifikat wird nach Art.140b PatG erteilt, wenn im
Zeitpunkt des Gesuchs "das Erzeugnis als solches, ein Verfahren zu seiner
Herstellung oder eine Verwendung durch ein Patent geschützt ist" (lit. a), und
wenn für das Inverkehrbringen des Erzeugnisses als Arzneimittel in der Schweiz
eine behördliche Genehmigung vorliegt (lit. b). Mit dem ergänzenden
Schutzzertifikat soll ein Ausgleich dafür geschaffen werden, dass bei
Arzneimitteln das zeitaufwändige behördliche Zulassungsverfahren die
Markteinführung verzögert und damit die verbleibende Schutzdauer des Patents
verkürzt wird (BGE 145 III 91 E. 2.1; 144 III 285 E. 2.1; 124 III 375 E. 1, je
mit Hinweisen). Dieser Ausgleich wird in der Schweiz nicht etwa durch eine
zeitliche Verlängerung des Patentschutzes erreicht, sondern durch ein
eigenständiges Ausschliesslichkeitsrecht (BGE 145 III 91 E. 2.1; 144 III 285 E.
2.1.1).

4.3.2. Das Institut des ergänzenden Schutzzertifikats ist aus dem Recht der
Europäischen Union übernommen worden. Rechtsgrundlage für das ergänzende
Schutzzertifikat auf europäischer Ebene bildet die Verordnung (EG) Nr. 469/2009
des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 über das ergänzende
Schutzzertifikat für Arzneimittel, mit welcher die Verordnung (EWG) Nr. 1768/92
des Rates vom 18. Juni 1992 über die Schaffung eines ergänzenden
Schutzzertifikats für Arzneimittel aufgehoben wurde. Gemäss dem Erwägungsgrund
17 der Verordnung (EG) Nr. 1610/96 des Europäischen Parlaments und des Rates
vom 23. Juli 1996 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für 
Pflanzenschutzmittel gelten verschiedene Erwägungsgründe dieser Verordnung
sowie die in verschiedenen Artikeln dieser Verordnung vorgesehenen Modalitäten
sinngemäss auch für die Auslegung insbesondere des Erwägungsgrunds 9 und der
Artikel 3 und 4, des Artikels 8 Absatz 1 Buchstabe c) und des Artikels 17 der
Verordnung (EWG) Nr. 1768/92 - und folglich der entsprechenden Bestimmungen der
neueren Verordnung (EG) Nr. 469/2009.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts ist das Bestreben, die
schweizerische Regelung dem europäischen Recht anzugleichen, bei der Auslegung
der Normen des schweizerischen Rechts, die im Rahmen des sog. autonomen
Nachvollzuges des europäischen Rechts erlassen worden sind, zu berücksichtigen
(BGE 145 III 91 E. 2.2.2.2; 144 III 285 E. 2.2.2; 139 I 72 E. 8.2.3; 137 II 199
E. 4.3.1; 130 III 182 E. 5.5.1; 129 III 335 E. 6; 125 II 293 E. 4e).

4.3.3. Gemäss Art. 140d Abs. 1 PatG schützt das Zertifikat, in den Grenzen des
sachlichen Geltungsbereichs des Patents, alle Verwendungen des Erzeugnisses als
Arzneimittel, die vor Ablauf des Zertifikats genehmigt werden. Ein ergänzendes
Schutzzertifikat unterliegt folglich einer doppelten Einschränkung. Erstens
 kann aus einem Zertifikat unter keinen Umständen ein weiterer Schutz
abgeleitet werden, als ihn das zugrunde liegende Patent gewährt. Zweitens ist
der Schutz auf das Erzeugnis beschränkt, wofür die Genehmigung als Arzneimittel
erteilt wurde. Der Schutz von nicht bewilligten Verwendungen wird nicht
erfasst. Wegen dieser zweiten Einschränkung ist der Schutzumfang des
Zertifikats in der Regel enger als jener des Patents, das regelmässig nicht nur
ein Erzeugnis schützt (BGE 124 III 375 E. 3; vgl. auch die Botschaft vom 18.
August 1993 zu einer Änderung des Bundesgesetzes betreffend die
Erfindungspatente sowie zu einem Bundesbeschluss über eine Änderung des
Übereinkommens über die Erteilung Europäischer Patente, BBl 1993 III 730 Ziff.
212.6).

4.3.4. Angesichts dessen, dass ein ergänzendes Schutzzertifikat auf das
genehmigte Erzeugnis beschränkt ist, stellt sich die Frage, ob Raum für einen
eigenständigen Schutzbereich des Zertifikats besteht, d.h. für einen
Schutzbereich, der über das zugelassene Erzeugnis gemäss ausdrücklicher
Arzneimittelzulassung hinausgeht (zur Frage vgl. GASSER, Das ergänzende
Schutzzertifikat, in: Patentrecht und Know-how, unter Einschluss von
Gentechnik, Software und Sortenschutz, SIWR Bd. IV, 2006, S. 709; BERTSCHINGER,
Quasi-Verlängerung des Patentschutzes: Ergänzende Schutzzertifikate, in:
Schweizerisches und europäisches Patentrecht, Handbücher für die Anwaltspraxis,
Bd. VI, 2002, Rz. 10.27).

4.3.4.1. In dem von der Vorinstanz wie auch von den Parteien zitierten Urteil 
Farmitalia hatte der EuGH u.a. darüber zu befinden, ob ein ergänzendes
Schutzzertifikat das Erzeugnis nur in der Form schützen kann, die in der
arzneimittelrechtlichen Genehmigung konkret angegeben ist. Diese Frage stellte
sich infolge der Ablehnung eines Antrages auf die Erteilung eines ergänzenden
Schutzzertifikats für "Idarubicin und Salze hiervon, einschliesslich
Idarubicinhydrochlorid". Er kam zum Schluss, ein Zertifikat könne ein Erzeugnis
als Arzneimittel in allen dem Schutz des Grundpatents unterliegenden Formen
erfassen, wenn das Erzeugnis in der arzneimittelrechtlichen Genehmigung
genannten Form durch ein in Kraft befindliches Grundpatent geschützt ist. Der
EuGH argumentierte, nur so lasse sich das in der einschlägigen Verordnung
genannte Ziel erreichen, zur Förderung der Forschung im pharmazeutischen
Bereich einen ausreichenden Schutz zu gewährleisten, der entscheidend zur
ständigen Verbesserung der Volksgesundheit beiträgt. Könnte ein Zertifikat nur
das bestimmte Salz des Wirkstoffs schützen, das in der arzneimittelrechtlichen
Genehmigung als wirksamer Bestandteil genannt sei, während das Grundpatent den
Wirkstoff als solchen ebenso wie dessen Salze einschliesslich schütze, hätte
jeder Konkurrent die Möglichkeit, nach Ablauf des Grundpatents eine
arzneimittelrechtliche Genehmigung für ein anderes Salz des gleichen, früher
durch das Patent geschützten Wirkstoffs zu beantragen und gegebenenfalls zu
erhalten. Zudem sehe die dreizehnte Begründungserwägung der Verordnung Nr. 1610
/96, die insbesondere auch für die Auslegung des Art. 3 der Verordnung Nr. 1768
/92 gilt, vor, dass das Zertifikat die gleichen Rechte wie das Grundpatent
gewährt, sodass dann, wenn ein Grundpatent für einen Wirkstoff und seine
Derivate (Salze und Ester) gilt, das Zertifikat den gleichen Schutz gewährt ( 
Farmitalia, Randnr. 17-22).

4.3.4.2. In der schweizerischen Lehre wird einhellig die Ansicht vertreten, der
Schutzbereich von ergänzenden Schutzzertifikaten erstrecke sich auch auf
Salzformen eines Erzeugnisses, die nicht in der behördlichen Genehmigung
konkret angegeben sind, soweit diese vom Schutzbereich des Grundpatents umfasst
werden und keine andere pharmakologische Wirkung aufweisen (HEINRICH, Kommentar
PatG/ EPÜ, 3. Aufl. 2018, N. 6 zu Art. 140e PatG; KOHLER/FRIEDLI, Ergänzende
Schutzzertifikate für Arzneimittel, sic! 2011 S. 94; SCHÄRLI, Das ergänzende
Schutzzertifikat für Arzneimittel, 2013, Rz. 367-373; JUNOD, in: Commentaire
romand, Propriété intellectuelle, 2013, N 12 zu Art. 140d PatG; GASSER, a.a.O.,
S. 709; BERTSCHINGER, a.a.O., Rz. 10.27).

In der Lehre zum europäischen Recht wird davon ausgegangen, ein Zertifikat
gewähre Schutz für einen Wirkstoff sowie für dessen Derivate, auch wenn die
Genehmigung den Wirkstoff nur in einer besonderen Form erfasse (vgl. etwa
KRASSER/ANN, Patentrecht, 7. Aufl. 2016, N 82 zu § 16a PatG DE; SCHELL, in:
Schulte (Hrsg), Patentgesetz mit EPÜ, Kommentar, N 65 zu §16a PatG DE; Mes,
Kommentar zum Patentgesetz und Gebrauchsmustergesetz, 4. Aufl. 2015, N 32 zu
§16a PatG DE; so auch wohl GRABINSKI, in: Benkard (Hrsg.), Kommentar zum
Patentgesetz, Gebrauchsmustergesetz und Patentkostengesetz, 11. Aufl. 2015, N
11 und 38 zu §16a PatG DE). Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin
vertreten insbesondere auch FELDGES/KRAMER die Meinung, ein angemessener Schutz
erfordere es, den Begriff des Erzeugnisses so weit zu fassen, dass alle Formen
 desselben Wirkstoffes erfasst werden. Die Bedenken, die diese Autoren
hinsichtlich der Anwendung der Äquivalenzlehre auf ergänzende Schutzzertifikate
äussern, betreffen einzig die im vorliegenden Verfahren nicht relevante Frage
des Schutzes eines anderen Wirkstoffes, falls dieser als äquivalent zu dem im
Zertifikat benannten anzusehen ist (FELDGES/KRAMER, Die Bestimmung des
Schutzgegenstandes von ergänzenden Schutzzertifikaten für Arzneimittel, in:
Harmsen/Jüngst/Rödiger (Hrsg.), Festschrift für Wolfgang von Meibom, 2010, S.
62 ff.).

4.3.4.3. Der Beschwerdeführerin ist zwar darin beizupflichten, dass das Urteil 
Farmitalia die Voraussetzungen für die Erteilung eines ergänzenden Zertifikats
zum Gegenstand hatte. Der EuGH beantwortete die Frage, ob ein Zertifikat das
Erzeugnis in anderen als der in der arzneimittelrechtlichen Genehmigung konkret
angegebenen Form schützen kann und nicht ausdrücklich die Frage, ob der
Schutzbereich eines für ein Erzeugnis in einer bestimmten Form erteilten
Zertifikats sich auf andere Salzformen dieses Erzeugnisses erstreckt. Weiter
betrifft der in diesem Zusammenhang viel zitierte Erwägungsgrund 14 der
Verordnung Nr. 1610/96, der auch bei der Auslegung der Verordnung Nr. 469/09
heranzuziehen ist (Erwägungsgrund 17), nach seinem Wortlaut die Möglichkeit der
Erteilung von Zertifikaten für verschiedene Derivate (Salze und Ester)
desselben Erzeugnisses und nicht die Reichweite des Schutzgegenstandes eines
erteilten Schutzzertifikates. Die im Urteil Farmitalia vorgetragene
Argumentation kann jedoch im Rahmen der Beantwortung der hier interessierenden
Frage herangezogen werden. 

Wie vom EuGH festgehalten, sieht die dreizehnte Begründungserwägung der
Verordnung Nr. 1610/96 vor, dass das Zertifikat die gleichen Rechte wie das
Grundpatent gewährt, so dass dann, wenn ein Grundpatent für einen Wirkstoff und
seine Derivate gilt, das Zertifikat den gleichen Schutz gewährt. Mit der
Einführung des ergänzenden Schutzzertifikats sollte ein Ausgleich dafür
geschaffen werden, dass bei Arzneimitteln das zeitaufwändige behördliche
Zulassungsverfahren die Markteinführung verzögert und damit die verbleibende
Schutzdauer des Patents verkürzt wird (vgl. dazu BGE 145 III 91 E. 2.1 mit
Hinweisen). Ziel des Gesetzgebers war es, die Amortisation der
Entwicklungskosten im besonders kostenintensiven Bereich der pharmazeutischen
Industrie zu ermöglichen und somit günstigere Bedingungen für die Forschung zu
schaffen (BBl 1993 III 711 f. Ziff. 112.1). Würde ein Zertifikat nur das
bestimmte Salz des Wirkstoffes bzw. der Wirkstoffzusammensetzung schützen, das
in der arzneimittelrechtlichen Genehmigung als wirksamer Bestandteil genannt
ist, obwohl das Grundpatent auch Derivate schützte, stünde jedem Konkurrent
frei, bei Ablauf des Patents ein anderes Salz des Erzeugnisses mit derselben
pharmakologischen Wirkung genehmigen zu lassen und zu vermarkten. Hinsichtlich
dieses früher durch das Patent geschützten Salzes bestünde der vom Gesetzgeber
angestrebte Schutz nicht. Dass die Verlängerung des Schutzes in zeitlicher
Hinsicht nach der schweizerischen bzw. europäischen Konzeption durch ein
eigenständiges Ausschliesslichkeitsrecht und nicht durch eine Verlängerung des
Patents gewährt wird, ändert nichts daran, dass ein Zertifikat die gleichen
Rechte wie das Patent gewährt (vgl. Art. 140d Abs. 2 PatG). Mit der damit
zusammenhängenden Einschränkung des Schutzbereichs des ergänzenden
Schutzzertifikats auf die genehmigten Anwendungen (vgl. oben E. 3.3.3) wurde
nicht bezweckt, die vom Grundpatent geschützten Derivate des Wirkstoffes bzw.
der Wirkstoffzusammensetzung vom Schutz des für eine bestimmte Salzform
erteilten Zertifikats auszuschliessen. Soweit folglich Derivate vom
Schutzbereich eines Patents erfasst sind, welche die gleiche pharmakologische
Wirkung aufweisen wie die in der arzneimittelrechtlichen Genehmigung
aufgeführte Form des Erzeugnisses, werden sie vom ergänzenden Schutzzertifikat
ebenfalls geschützt.

4.4. Angesichts des Gesagten ist der Schluss der Vorinstanz, wonach die
Tenofovirdisoproxil- Phosphatenthaltenden Präparate der Beschwerdeführerin,
welche die gleichen pharmakologischen Wirkungen wie die Referenzpräparate der
Beschwerdegegnerin mit Tenofovirdisoproxil- Fumarat aufweisen, den
Schutzbereich des ESZ tangieren, nicht zu beanstanden.

5.

Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem
Ausgang des Verfahrens trägt die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten (Art. 66
Abs. 1 BGG). Sie hat der Beschwerdegegnerin deren Parteikosten für das
Verfahren vor Bundesgericht zu ersetzen (Art. 68 Abs. 2 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.

Die Gerichtskosten von Fr. 15'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.

Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 17'000.-- zu entschädigen.

4.

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Bundespatentgericht schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 26. November 2019

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Kiss

Der Gerichtsschreiber: Curchod