Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.244/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

4A_244/2019

Urteil vom 12. Dezember 2019

I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,

Bundesrichterinnen Hohl, Niquille,

Gerichtsschreiber Leemann.

Verfahrensbeteiligte

Russische Föderation,

vertreten durch Rechtsanwälte Elliott Geisinger und Christopher Boog,

Beschwerdeführerin,

gegen

A.________,

vertreten durch Rechtsanwälte Michael E. Schneider, Dr. Marc Veit, Dominik
Elmiger und Philippe Hovaguimian,

Beschwerdegegnerin.

Gegenstand

Internationale Schiedsgerichtsbarkeit,

Beschwerde gegen den Schiedsentscheid des Schiedsgerichts mit Sitz in Genf vom
12. April 2019 (Nr. 2015-34).

Sachverhalt:

A.

Die A.________ mit Sitz in U.________, Ukraine, (Klägerin, Beschwerdegegnerin)
ist eine nach ukrainischem Recht gegründete Gesellschaft. Sie erwarb zwischen
2003 und 2006 16 Tankstellen auf der Halbinsel Krim. Zudem mietete sie in der
Stadt Feodosia Büroräumlichkeiten, in denen 30 Angestellte arbeiteten. Im Jahre
2013 kontrollierte die Klägerin, nachdem sie weitere Anlagen getätigt hatte,
zehn Prozent des Treibstoffmarkts der Krim. Die Krim war damals Teil des
ukrainischen Staatsgebiets.

Die Klägerin behauptet, die Russische Föderation (Beklagte, Beschwerdeführerin)
habe im Rahmen der Eingliederung der Krim-Halbinsel im Jahre 2014 - am 21. März
2014 wurde der Eingliederungsvertrag ratifiziert und das Integrationsgesetz
erlassen - Massnahmen getroffen, welche die erwähnten Vermögenswerte auf der
Krim betrafen und zu deren Enteignung führten. Damit habe die Beklagte in
verschiedener Hinsicht gegen das Abkommen vom 27. November 1998 (in Kraft seit
27. Januar 2000) z wischen der Regierung der Beklagten und dem Ministerkabinett
der Ukraine über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen
(Agreement on the Encouragement and Mutual Protection of Investments,
nachfolgend: Investitionsschutzabkommen 1998 bzw. ISA 1998) verstossen und sei
daher zu einer Entschädigung verpflichtet.

B.

B.a. Am 3. Juni 2015 leitete die Klägerin gestützt auf Art. 9 des
Investitionsschutzabkommens 1998 beim Permanent Court of Arbitration (PCA) ein
Schiedsverfahren nach den Arbitration Rules of the United Nations Commission on
International Trade Law 1976 (UNCITRAL Rules) gegen die Beklagte ein. Sie
beantragte, die Beklagte sei zur Zahlung einer Entschädigung von USD
50'314'336.-- zuzüglich Zins zu verpflichten.

Mit Schreiben ihres Justizministeriums vom 12. August 2015 sowie einem
Begleitschreiben ihres Botschafters in den Niederlanden vom 15. September 2015
bestritt die Beklagte die schiedsgerichtliche Zuständigkeit f ür die
Beurteilung der geltend gemachten Ansprüche.

Während die Klägerin einen Schiedsrichter bezeichnete, verzichtete die Beklagte
darauf, einen solchen zu benennen, weshalb der Generalsekretär des Permanent
Court of Arbitration die Bezeichnung eines Schiedrichters verfügte.

Am 7. Oktober 2015 wurde die vorsitzende Schiedsrichterin ernannt.

Am 15. Januar 2016 reichte die Klägerin dem Schiedsgericht ihre begründete
Klageschrift ein. Die Beklagte reichte innert der angesetzten Frist keine
Antwortschrift ein.

Am 11. Juli 2016 fand in Genf eine mündliche Verhandlung zur Frage der
Zuständigkeit statt, an der die Beklagte nicht teilnahm.

Mit Zwischenentscheid vom 26. Juni 2017 ("Award on Jurisdiction") erklärte sich
das Schiedsgericht mit Sitz in Genf für zuständig.

Mit Urteil vom 16. Oktober 2018 wies das Bundesgericht eine von der Beklagten
gegen den Zwischenentscheid vom 26. Juni 2017 erhobene Beschwerde ab, soweit es
darauf eintrat (Verfahren 4A_396/2017).

B.b. Das Schiedsverfahren wurde während des bundesgerichtlichen
Beschwerdeverfahrens weitergeführt.

Am 9. August 2017 verabschiedete das Schiedsgericht den Zeitplan für das
weitere Verfahren.

Am 21. September 2017 stellte es den Parteien inhaltliche Fragen zur
Streitsache.

Mit Eingabe vom 20. November 2017 reichte die Klägerin dem Schiedsgericht ihre
Antworten zur materiellen Beurteilung der Sache ein. Die Beklagte verzichtete
auf eine Beantwortung der Fragen.

Am 7. Dezember 2017 wurde eine Telefonkonferenz zur Vorbereitung der mündlichen
Verhandlung abgehalten. Die Beklagte nahm nicht daran teil.

Am 5./6. Februar 2018 fand in Genf eine mündliche Verhandlung statt. Die
Beklagte blieb der Verhandlung fern.

Am 28. Februar 2018 forderte das Schiedsgericht die Parteien auf, sich zur
Bestellung des für die Schadensberechnung vorgesehenen Sachverständigen zu
äussern.

Die Klägerin reichte dem Schiedsgericht am 6. März 2018 ihre Stellungnahme ein,
während die Beklagte auf eine solche verzichtete.

Am 30. Mai 2018 reichte der Gutachter dem Schiedsgericht einen Entwurf seines
Gutachtens ein.

Die Klägerin äusserte sich dazu am 3. Juli 2018. Die Beklagte verzichtete auf
eine Stellungnahme.

Am 16. Juli 2018 reichte der Sachverständige die endgültige Fassung seines
Gutachtens ein, die den Parteien am nächsten Tag zugestellt wurde.

Am 20. Juli 2018 äusserte sich die Klägerin zum Gutachten, während die Beklagte
dazu nicht Stellung bezog.

Am 20. August 2018 fand in Genf eine mündliche Verhandlung statt. Die Beklagte
nahm daran nicht teil.

Am 13. Oktober 2018 reichte der Sachverständige dem Schiedsgericht eine
Ergänzung des Gutachtens ein, zu der sich die Klägerin am 23. Oktober 2018
äusserte, während die Beklagte auf eine Stellungnahme verzichtete.

B.c. Mit Schiedsentscheid vom 12. April 2019 stellte das Schiedsgericht mit
Sitz in Genf fest, die Beklagte habe in Bezug auf die Investitionen der
Klägerin Art. 5 des Investitionsschutzabkommens 1998 verletzt und verurteilte
sie zur Zahlung von Schadenersatz im Betrag von USD 44'455'012.-- an die
Klägerin, zuzüglich Zins seit 22. April 2014.

Das Schiedsgericht erwog, die Beklagte habe die von der Klägerin getätigten
Investitionen in Form von 16 Tankstellen in Verletzung von Art. 5 des
Investitionsschutzabkommens 1998 enteignet. Dafür schulde die Beklagte eine
Entschädigung im aufgeführten Betrag.

C.

Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Beklagte dem Bundesgericht, es sei
die vollständige, eventualiter die teilweise Nichtigkeit des Schiedsentscheids
des Schiedsgerichts mit Sitz in Genf vom 12. April 2019 festzustellen.
Eventualiter sei der angefochtene Schiedsentscheid aufzuheben. Gleichzeitig
ersuchte sie um Gewährung der aufschiebenden Wirkung.

Die Beschwerdegegnerin beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf
einzutreten sei. Das Schiedsgericht hat auf eine Vernehmlassung verzichtet.

Die Parteien haben repliziert und dupliziert.

D.

Mit Verfügung vom 31. Mai 2019 hat das Bundesgericht auf die von der
Beschwerdeführerin beantragte superprovisorische Erteilung der aufschiebenden
Wirkung verzichtet.

Erwägungen:

1.

Die Beschwerdeführerin beantragt, es sei das vorliegende Verfahren mit dem
Beschwerdeverfahren 4A_246/2019 betreffend den Schiedsentscheid des
Schiedsgerichts mit Sitz in Genf vom 12. April 2019 im Schiedsverfahren PCA Nr.
xxx zu vereinigen. Den Verfahren 4A_244/2019 und 4A_246/2019 liegen zwar
vergleichbare Sachverhalte zugrunde, die Beschwerden richten sich jedoch nicht
gegen denselben Entscheid und an den jeweiligen Schiedsverfahren sind nicht
dieselben Parteien beteiligt, weshalb auf eine Vereinigung der beiden
Beschwerdeverfahren verzichtet wird.

2.

Nach Art. 54 Abs. 1 BGG ergeht der Entscheid des Bundesgerichts in einer
Amtssprache, in der Regel in jener des angefochtenen Entscheids. Wurde dieser
Entscheid in einer anderen Sprache abgefasst, bedient sich das Bundesgericht
der von den Parteien verwendeten Amtssprache. Verwenden die Parteien nicht die
gleiche Amtssprache, ergeht der Entscheid des Bundesgerichts praxisgemäss in
der Sprache der Beschwerde (BGE 142 III 521 E. 1).

Im vorliegenden Fall, in dem die Beschwerdeführerin ihre Beschwerde auf
Französisch und die Beschwerdegegnerin ihre Rechtsschriften auf Deutsch
eingereicht hat, ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Beschwerdeführerin im
gleichen Schiedsverfahren bereits den schiedsgerichtlichen Zwischenentscheid
über die Zuständigkeit mit Beschwerde beim Bundesgericht anfocht, wobei sie die
Beschwerde auf Deutsch einreichte (Urteil 4A_396/2017 vom 16. Oktober 2018 E.
2). Dabei war sie bereits damals von den beiden Rechtsanwälten vertreten, die
im vorliegenden Verfahren die Beschwerdeschrift eingereicht haben. Als Ausnahme
von der aufgeführten Praxis ergeht der Entscheid des Bundesgerichts daher wie
im vorangehenden Beschwerdeverfahren auf Deutsch.

3.

Im Bereich der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit ist die Beschwerde in
Zivilsachen unter den Voraussetzungen der Art. 190-192 IPRG (SR 291) zulässig
(Art. 77 Abs. 1 lit. a BGG).

3.1. Der Sitz des Schiedsgerichts befindet sich vorliegend in Genf. Die
Parteien hatten im massgebenden Zeitpunkt ihren Sitz ausserhalb der Schweiz
(Art. 176 Abs. 1 IPRG). Da sie die Geltung des 12. Kapitels des IPRG nicht
ausdrücklich ausgeschlossen haben, gelangen die Bestimmungen dieses Kapitels
zur Anwendung (Art. 176 Abs. 2 IPRG).

3.2. Zulässig sind allein die Rügen, die in Art. 190 Abs. 2 IPRG abschliessend
aufgezählt sind (BGE 134 III 186 E. 5 S. 187; 128 III 50 E. 1a S. 53; 127 III
279 E. 1a S. 282). Nach Art. 77 Abs. 3 BGG prüft das Bundesgericht nur die
Rügen, die in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden sind; dies
entspricht der in Art. 106 Abs. 2 BGG für die Verletzung von Grundrechten und
von kantonalem und interkantonalem Recht vorgesehenen Rügepflicht (BGE 134 III
186 E. 5 S. 187 mit Hinweis). Appellatorische Kritik ist unzulässig (BGE 134
III 565 E. 3.1 S. 567; 119 II 380 E. 3b S. 382).

3.3. Die Beschwerde ist innert der Beschwerdefrist vollständig begründet
einzureichen (Art. 42 Abs. 1 BGG). Kommt es zu einem zweiten Schriftenwechsel,
darf die beschwerdeführende Partei die Replik nicht dazu verwenden, ihre
Beschwerde zu ergänzen oder zu verbessern (vgl. BGE 132 I 42 E. 3.3.4). Die
Replik ist nur zu Darlegungen zu verwenden, zu denen die Ausführungen in der
Vernehmlassung eines anderen Verfahrensbeteiligten Anlass geben (vgl. BGE 135 I
19 E. 2.2).

Soweit die Beschwerdeführerin in ihrer Replik darüber hinausgeht, können ihre
Ausführungen nicht berücksichtigt werden.

3.4. Das Bundesgericht kann die Sachverhaltsfeststellung des Schiedsgerichts
weder berichtigen noch ergänzen, selbst wenn diese offensichtlich unrichtig ist
oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (vgl. Art. 77
Abs. 2 BGG, der die Anwendbarkeit von Art. 97 BGG sowie Art. 105 Abs. 2 BGG
ausschliesst). Allerdings kann das Bundesgericht die tatsächlichen
Feststellungen des angefochtenen Schiedsentscheids überprüfen, wenn gegenüber
diesen Sachverhaltsfeststellungen zulässige Rügen im Sinne von Art. 190 Abs. 2
IPRG vorgebracht oder ausnahmsweise Noven berücksichtigt werden (BGE 138 III 29
E. 2.2.1 S. 34; 134 III 565 E. 3.1 S. 567; 133 III 139 E. 5 S. 141; je mit
Hinweisen). Wer sich auf eine Ausnahme von der Bindung des Bundesgerichts an
die tatsächlichen Feststellungen des Schiedsgerichts beruft und den Sachverhalt
gestützt darauf berichtigt oder ergänzt wissen will, hat mit präzisen
Aktenhinweisen darzulegen, dass entsprechende Sachbehauptungen bereits im
schiedsgerichtlichen Verfahren prozesskonform aufgestellt worden sind (vgl. BGE
115 II 484 E. 2a S. 486; 111 II 471 E. 1c S. 473; je mit Hinweisen; vgl. auch
BGE 140 III 86 E. 2 S. 90).

3.5. Diese Grundsätze verkennt die Beschwerdeführerin, wenn sie vor
Bundesgericht unter Hinweis auf zahlreiche neu eingereichte Unterlagen
verschiedenste Behauptungen zu Herrn B.________ - einem bedeutenden
Minderheitsaktionär der Beschwerdegegnerin - aufstellt und daraus ableitet, er
sei durch betrügerische Machenschaften und Korruption zu seinem Vermögen
gekommen. Von notorischen Tatsachen, die vom Bundesgericht zu berücksichtigen
wären, obwohl sie im angefochtenen Entscheid nicht festgestellt wurden, kann
entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht keine Rede sein (vgl. zu den
vom Novenverbot nach Art. 99 Abs. 1 BGG nicht erfassten allgemein bekannten und
gerichtsnotorischen Tatsachen etwa Urteile 9C_748/2014 vom 14. April 2015 E.
2.1; 4A_560/2012 vom 1. März 2013 E. 2.2). Zudem lässt sich weder aus dem in
der Beschwerde ins Feld geführten Umstand, dass die Beschwerdegegnerin im
Schiedsverfahren darauf verzichtete, entsprechende Tatsachen vorzutragen, noch
mit dem blossen Hinweis auf abweichende Verfahrensregeln einer ausländischen
Rechtsordnung etwas zugunsten der Beschwerdeführerin ableiten. Es wäre im
Gegenteil an der Beschwerdeführerin gewesen, diese Tatsachen rechtzeitig im
Schiedsverfahren geltend zu machen. Darauf hatte sie jedoch bewusst verzichtet.
Mit dem erst vor Bundesgericht erhobenen Einwand, die fraglichen Investitionen
seien unter betrügerischen Umständen zustande gekommen, ist sie nicht zu hören,
weshalb die darauf gestützte Rüge der Verletzung des Ordre public nach Art. 190
Abs. 2 lit. e IPRG von vornherein ins Leere stösst.

4.

Die Beschwerdeführerin bringt vor, der angefochtene Schiedsentscheid sei
mangels Schiedsfähigkeit der Streitsache nichtig oder zumindest anfechtbar.

4.1. Das Schiedsgericht halte im angefochtenen Entscheid fest, dass die
Streitigkeit vom räumlichen und zeitlichen Anwendungsbereich des
Investitionsschutzabkommens 1998 erfasst sei und die Klägerin eine Investition
in Russland getätigt habe. Mit anderen Worten gehe es davon aus, dass die Krim
ab einem bestimmten Datum (d.h. ab 21. März 2014) ihren Status in Bezug auf das
ISA 1998 geändert habe. Der Entscheid des Schiedsgerichts über den Status der
Krim habe rechtliche Konsequenzen für die Parteien wie auch für die Ukraine
gehabt, indem er die Verpflichtungen der Vertragsstaaten des Abkommens
fundamental geändert habe, ohne dass diese jedoch eine formelle Abänderung nach
Art. 13 ISA 1998 oder eine stillschweigende Anpassung vorgenommen hätten.
Bezeichnenderweise habe sich die Ukraine am Schiedsverfahren beteiligen wollen,
was für die Bedeutung des Entscheids für die Vertragsstaaten des ISA 1998
spreche. Der Status der Krim in Bezug auf das Abkommen bzw. die Änderung dieses
Status sei eine Frage, die weder von der Beschwerdegegnerin als privater
juristischer Person noch von einer Vertragspartei des Abkommens im Alleingang
bestimmt werden könne. Vielmehr erlaube Art. 13 ISA 1998 einzig den
Vertragsstaaten, den Umfang ihrer gegenseitigen Verpflichtungen auf dem Weg
einer formellen Vertragsänderung in dem dafür vorgesehenen Verfahren zu
bestimmen.

Im zu beurteilenden Fall habe das Schiedsgericht über einen Gegenstand - den
Status der Krim in Bezug auf das ISA 1998 - entschieden, der die
Verpflichtungen der Vertragsstaaten fundamental ändere, seiner Natur nach nicht
in einem Schiedsverfahren zwischen der Beschwerdegegnerin und der
Beschwerdeführerin entschieden werden könne und keinen vermögensrechtlichen
Anspruch im Sinne von Art. 177 IPRG darstelle. Bei der Frage des Status der
Krim, d.h. ob diese in Bezug auf das ISA 1998 als ukrainisches oder russisches
Territorium zu betrachten sei, handle es sich zudem weder lediglich um eine vom
Schiedsgericht zu beantwortende Vorfrage noch um eine blosse Auslegung des I
nvestitionsschutzabkommens 1998 durch das Schiedsgericht. Vielmehr handle es
sich um nicht mehr und nicht weniger als eine Beantwortung der Frage, ob sich
die Verpflichtungen der Vertragsstaaten nach der Eingliederung der Krim in die
Russische Föderation geändert haben. Das Schiedsgericht habe sich angemasst,
über eine Frage zu entscheiden, die weder frei zwischen einem Vertragsstaat und
einem Privaten bestimmbar noch im Sinne von Art. 177 IPRG schiedsfähig sei. Der
angefochtene Entscheid sei deshalb - zumindest teilweise - nichtig zu erklären,
indem er anordne, dass die Krimhalbinsel ab einem bestimmten Datum ihr Wesen in
Bezug auf das ISA 1998 geändert habe. Eventualiter sei er infolge Verletzung
des Ordre public (Art. 190 Abs. 2 lit. e IPRG) aufzuheben.

4.2. Entgegen dem, was die Beschwerdeführerin anzunehmen scheint, war
Streitgegenstand des Schiedsverfahrens nicht der Status der Krim in Bezug auf
das Investitionsschutzabkommen 1998 oder deren völkerrechtlicher Status,
sondern vielmehr der von der Beschwerdegegnerin eingeklagte Anspruch auf
Entschädigungszahlungen im Betrag von USD 50'314'336.-- zuzüglich Zins infolge
angeblich vertragswidriger Enteignung ihrer Investitionen durch die
Beschwerdeführerin. Dabei handelt es sich zweifellos um einen
vermögensrechtlichen Anspruch im Sinne von Art. 177 Abs. 1 IPRG. Der Einwand
der fehlenden Schiedsfähigkeit der Streitsache ist haltlos, weshalb das
Vorbringen der Beschwerdeführerin bereits aus diesem Grund ins Leere stösst.
Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht ist der angefochtene
Entscheid - wegen angeblich mangelnder Schiedsfähigkeit - weder nichtig noch
anfechtbar. Es braucht daher nicht vertieft zu werden, ob der erst in der
Beschwerde gegen den Endentscheid erhobene Einwand überhaupt geprüft werden
kann, was von der Beschwerdegegnerin bestritten wird (vgl. dazu BGE 143 III 578
E. 3.2.2.1 S. 586 f.).

Richtig besehen bestreitet die Beschwerdeführerin einmal mehr die
schiedsgerichtliche Zuständigkeit, indem sich ihre Ausführungen gegen eine
Erwägung im angefochtenen Entscheid richten, mit der das Schiedsgericht
lediglich aus seinem Zwischenentscheid über die Zuständigkeit vom 26. Juni 2017
zitierte (Ziff. 41: "In concluding that it had jurisdiction over the present
dispute, the Tribunal held [in the Award on Jurisdiction of 12 April 2019] that
'the dispute falls within the territorial and temporal scope of application of
the Treaty and that the Claimant qualifies as an 'investor' under the Treaty,
having made an 'investment' in the territory of Russia in accordance with its
legislation."). Das Bundesgericht hat über die Zuständigkeit des
Schiedsgerichts jedoch bereits mit Urteil 4A_396/2017 vom 16. Oktober 2018
entschieden (BGE 144 III 559), indem es die von der Beschwerdeführerin gegen
den schiedsgerichtlichen Zwischenentscheid erhobene Beschwerde abwies, soweit
es darauf eintrat. Das Bundesgericht hat dabei die Rüge, wonach eine
Berücksichtigung nachfolgender Grenzverschiebungen eine weitere Vereinbarung
der Vertragsparteien nach Art. 13 ISA 1998 vorausgesetzt hätte, als unbegründet
erachtet; es hat zudem ausdrücklich festgehalten, das Schiedsgericht sei zu
Recht davon ausgegangen, dass das Gebiet der Halbinsel Krim als Teil des
"Territoriums" der Beschwerdeführerin im Sinne von Art. 1 Abs. 4 ISA 1998 zu
betrachten sei und vom räumlichen Geltungsbereich des Abkommens erfasst werde
(BGE 144 III 559 E. 4.3.2). Nachdem das Bundesgericht bereits rechtskräftig
darüber entschieden hat, kann die schiedsgerichtliche Zuständigkeit nicht mehr
mit Beschwerde gegen den Endentscheid in Frage gestellt werden.

Der in der Beschwerde erhobene Einwand, der angefochtene Schiedsentscheid sei
mangels Schiedsfähigkeit der Streitsache nichtig oder - infolge Ordre
public-Widrigkeit - zumindest anfechtbar, stösst ins Leere.

5.

Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Mit dem
Entscheid in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos.

Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend wird die Beschwerdeführerin kosten- und
entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.

Die Gerichtskosten von Fr. 105'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.

Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 155'000.-- zu entschädigen.

4.

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Schiedsgericht mit Sitz in Genf
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 12. Dezember 2019

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Kiss

Der Gerichtsschreiber: Leemann