Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.224/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

4A_224/2019

Urteil vom 11. November 2019

I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,

Bundesrichterinnen Klett, Niquille,

Gerichtsschreiber Hug.

Verfahrensbeteiligte

A.________ Schweiz AG,

vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Balz Gross und Dr. Jakob Steiner,

Beschwerdeführerin,

gegen

B.________ Europe AG,

vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Bernhard Berger und Manuel Imfeld,

Beschwerdegegnerin.

Gegenstand

Interne Schiedsgerichtsbarkeit,

Beschwerde gegen den Endschiedsspruch des Schiedsgerichts mit Sitz in Zürich
vom 27. März 2019 (No. 22613/FS).

Sachverhalt:

A.

Die A.________ Schweiz AG (Schiedsklägerin, Beschwerdeführerin) hat ihren Sitz
in U.________ und bezweckt namentlich die Durchführung von Werbeaktivitäten
aller Art. Sie gehört zur A.________-Gruppe, die als
Business-to-Business-Full-Service-Agentur für Marketing und Kommunikation
insbesondere im Bereich Werkzeugmaschinenbau tätig ist.

Die B.________ Europe AG (Schiedsbeklagte, Beschwerdegegnerin) hat ihren Sitz
in V.________ und bezweckt namentlich den Vertrieb und die Vermarktung von
Werkzeugmaschinen aller Art, insbesondere von Produkten der C.________-Gruppe.
Sie gehört zum Konzern der B.________ AG (B.________-Konzern) mit Sitz in
W.________, der im Bereich der Entwicklung, Herstellung und des weltweiten
Vertriebs von Werkzeugmaschinen tätig ist und selbst mehrheitlich zu einem
japanischen Konzern gehört.

Die A.________-Gruppe erbrachte über lange Zeiträume - seit 1999 auf der
Grundlage eines formalisierten Rahmenvertrags - umfassende Marketing-,
Kommunikations- und Werbeleistungen für den B.________-Konzern weltweit und
gründete zu diesem Zweck auch verschiedene Niederlassungen im Ausland (Chicago
1999, Shanghai 2005 und Tokio 2015). Seit 2002 war die Zusammenarbeit exklusiv
ausgestaltet, so dass die Parteien keine entsprechenden Verträge mit ihren
jeweiligen Konkurrenten eingehen sollten. In den letzten Jahren der
Zusammenarbeit der Parteien erreichte das Marketingbudget ein Volumen von ca.
50 Mio. Euro (einschliesslich Drittkosten) und die A.________-Gruppe erzielte
über 90 % ihres Umsatzes mit dem B.________-Konzern.

Im Jahre 2012 übernahm auf Seiten des B.________-Konzerns die Rechtsvorgängerin
der B.________ Europe AG und auf Seiten der A.________-Gruppe die
Rechtsvorgängerin der A.________ Schweiz AG die Rechte und Pflichten aus dem
zwischen den jeweiligen Konzernmüttern bestehenden Marketingvertrag. Im Jahre
2015 kam es wegen der ersten ordentlichen Kündigungsmöglichkeit des damals
geltenden Vertrags aus dem Jahre 2005 zu Gesprächen über eine Fortsetzung der
Vertragsbeziehung, die schliesslich am 22. Februar bzw. 16. März 2016 zum
Abschluss eines neuen Marketingvertrags (MV 2016) führten. Dieser Vertrag sah
eine ordentliche Kündigungsmöglichkeit erstmals per Ende 2020 vor, gewährte
jedoch der B.________ Europe AG ein Sonderkündigungsrecht jeweils auf
Jahresende gegen Entschädigung.

Nach Übernahme einer qualifizierten Mehrheit der Aktien des B.________-Konzerns
durch den japanischen Konzern im April 2016 gestaltete sich die Zusammenarbeit
der Parteien schwieriger. Im Mai/ Juni 2016 kürzte die B.________ Europe AG das
Marketingbudget für das laufende Jahr im Gesamtbetrag von ca. 6 Mio Euro und
kündigte schliesslich den MV 2016 per Ende 2016. Die A.________ Schweiz AG
bestritt die Wirksamkeit der Kündigung.

Der MV 2016 enthält in § 14.2 eine Schiedsklausel. Danach sollen drei gemäss
der ICC-Schiedsgerichtsordnung ernannte Schiedsrichter Streitigkeiten aus dem
Vertrag endgültig entscheiden. Der Sitz des Schiedsgerichts ist in Zürich, die
Verfahrenssprache deutsch und das Schiedsgericht soll materielles deutsches
Recht anwenden.

B.

Gestützt auf die Schiedsklausel des MV 2016 leitete die A.________ Schweiz AG
ein Schiedsverfahren ein. In ihren in der Replik bereinigten Begehren
beantragte sie unter anderem, die Beklagte sei zu verurteilen, ihr EUR
2'251'408.-- nebst Zinsen zu bezahlen (Ziffer 1), sie sei weiter zu
verurteilen, ihr EUR 21'634'094.-- nebst Zinsen zu bezahlen (Ziffer II) und sie
sei ferner für den Fall, dass die Kündigung per Ende 2016 nicht wirksam sei, zu
weiteren Zahlungen zu verpflichten (Ziffern III-VI).

Die Klägerin stellte sich namentlich auf den Standpunkt, die Budget-Kürzungen
für das Jahr 2016 seien vertragswidrig und die Beklagte daher verpflichtet, ihr
sämtliche ursprünglich budgetierten Leistungen zu bezahlen. Sie machte geltend,
die Kündigung sei unwirksam, beantragte jedoch eventuell für deren Gültigkeit
Schadenersatz für die Marketingjahre 2017 bis 2020 und machte hilfsweise für
den Fall der Wirksamkeit der Kündigung und der Anwendbarkeit von § 13.3 MV 2016
den sich aus dieser Regelung ergebenden pauschalen Abgeltungsanspruch geltend.

Die Schiedsbeklagte anerkannte die pauschale Abgeltung gemäss § 13.3 MV 2016 in
der Höhe von EUR 7'977'694 abzüglich eventueller Kostenerstattungsansprüche und
beantragte im Übrigen die Abweisung der Klage.

Das Schiedsgericht verurteilte mit Endschiedsspruch vom 27. März 2019 die
Schiedsbeklagte, an die Schiedsklägerin einen Betrag von EUR 7'981'326.35
zuzüglich 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 21. Februar
2017 zu bezahlen (Dispositiv-Ziffer 1). Im Übrigen wies es die Klage ab
(Dispositiv-Ziffer 2). Das Schiedsgericht gelangte zum Schluss, dass die
Vertragskündigung gültig erfolgte und kein Schadenersatz geschuldet sei. Das
Schiedsgericht folgte der Auffassung der Klägerin nicht, dass die Verminderung
des Leistungsumfangs gegenüber dem Budget 2016 vertragswidrig gewesen sei und
kam zum Schluss, dass der Klägerin kein Restanspruch für das Jahr 2016 zusteht,
sondern im Gegenteil die geleisteten Akontozahlungen ihren Anspruch
überstiegen. Den vertraglichen Anspruch auf die Kompensationszahlung gemäss §
13.3 MV 2016 hielt das Schiedsgericht für begründet, wobei es bei Anwendung des
Satzes von 35 % eine Forderung in der Höhe von EUR 10'611'352.15 ermittelte,
gegen welche es Kompensations-Ansprüche der Schiedsbeklagten in der Höhe von
EUR 2'630'025.80 aufrechnete.

C.

Mit Beschwerde in Zivilsachen stellt die Schiedsklägerin die folgenden
Rechtsbegehren:

     Es sei Ziff. 2 des Endschiedsspruchs vom 27. März 2019 im Verfahren
     International Court of Arbritration, ICC Case No. 22613/FS aufzuheben
     soweit der klägerische Anspruch nicht im Umfang von EUR 14'971'933.60
"1.1 gutgeheissen wurde (d.h., über die in Ziff. 1 zugesprochenen EUR
     7'981'326.35 hinaus, im Betrag von EUR 6'990'607.25 abgewiesen wurde) und
     es sei das Verfahren zu neuer Entscheidung an das Schiedsgericht
     zurückzuweisen.

     Es sei Ziff. 3 des Endschiedsspruchs vom 27. März 2019 im Verfahren
 1.2 International Court of Arbitration, ICC Case No. 22613/FS aufzuheben und
     zur Neuverteilung der Kosten gemäss Verfahrensausgang an das
     Schiedsgericht zurückzuweisen.

     Eventualiter, im Falle der Unzulässigkeit der Teilanfechtung im Sinne von
     1.1 und 1.2 sei der Endschiedsspruch vom 27. März 2019 im Verfahren
   2 International Court of Arbitration, ICC Case No. 22613/FS vollumfänglich
     aufzuheben und es sei das Verfahren zu neuer Entscheidung an das
     Schiedsgericht zurückzuweisen.

  3. Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten der
     Beschwerdegegnerin."

 

Die Beschwerdegegnerin beantragt in der Antwort die Abweisung der Beschwerde,
soweit darauf einzutreten ist.

Das Schiedsgericht hält in seiner Vernehmlassung fest, Ergebnis und Begründung
des Schiedsspruchs seien nach dem anwendbaren deutschen Recht fehlerfrei.

Die Parteien haben repliziert und dupliziert.

Erwägungen:

1.

Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein
Rechtsmittel zulässig ist (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 144 V 97 E. 1; 144 II 184 E.
1; 141 III 395 E. 2.1; je mit Hinweisen).

1.1. Angefochten ist ein Schiedsspruch über eine Streitigkeit zwischen
Parteien, die im Zeitpunkt des Abschlusses der Schiedsvereinbarung ihren Sitz
bzw. Wohnsitz in der Schweiz hatten. Weder in der Schiedsvereinbarung noch
später haben die Parteien vereinbart, dass die Bestimmungen über die
internationale Schiedsgerichtsbarkeit (Art. 176 ff. des Bundesgesetzes über das
internationale Privatrecht [IPRG; SR 291]) Anwendung finden sollen (vgl. Art.
353 Abs. 2 ZPO). Es gelten somit die Regeln über die interne
Schiedsgerichtsbarkeit gemäss dem 3. Teil der Schweizerischen
Zivilprozessordnung (Art. 353 ff. ZPO). Die Parteien haben von der ihnen durch
Art. 390 Abs. 1 ZPO eingeräumten Möglichkeit, als Rechtsmittelinstanz das nach
Art. 356 Abs. 1 ZPO zuständige kantonale Gericht zu bezeichnen, keinen Gebrauch
gemacht. Der ergangene Endschiedsspruch unterliegt somit der Beschwerde an das
Bundesgericht (Art. 389 Abs. 1 und Art. 391 lit. a ZPO sowie Art. 77 Abs. 1
lit. b BGG).

1.2. Die Beschwerdegründe gegen einen Schiedsspruch sind beschränkter als gegen
ein staatliches Urteil; sie sind im Gesetz abschliessend aufgezählt (Art. 393
ZPO). Das Bundesgericht prüft zudem nur die Beschwerdegründe, die in der
Beschwerde vorgebracht und begründet werden (Art. 77 Abs. 3 BGG). Diese
Anforderung entspricht der nach Art. 106 Abs. 2 BGG für die Verletzung von
Grundrechten vorgesehenen Rügepflicht (BGE 134 III 186 E. 5). Die
beschwerdeführende Partei muss die einzelnen Beschwerdegründe, die nach ihrem
Dafürhalten erfüllt sind, benennen; es ist nicht Aufgabe des Bundesgerichts,
danach zu forschen, welcher Beschwerdegrund nach Art. 393 ZPO mit den einzelnen
erhobenen Rügen geltend gemacht werden soll, wenn dies von der
beschwerdeführenden Partei im Zusammenhang mit diesen nicht präzisiert wird.
Sodann hat die beschwerdeführende Partei im Detail aufzuzeigen, warum die
angerufenen Beschwerdegründe erfüllt sind, wobei sie mit ihrer Kritik an den
als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen des Schiedsgerichts anzusetzen hat
(Urteile 4A_338/2018 vom 28. November 2018 E. 1.2; 4A_356/2017 vom 3. Januar
2018 E. 1.2 mit Hinweisen).

1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den das
Schiedsgericht festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht kann
die Sachverhaltsfeststellung des Schiedsgerichts weder berichtigen noch
ergänzen, selbst wenn diese offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (vgl. Art. 77 Abs. 2 BGG, der
die Anwendbarkeit von Art. 97 BGG sowie Art. 105 Abs. 2 BGG ausschliesst).
Allerdings kann das Bundesgericht die tatsächlichen Feststellungen des
angefochtenen Schiedsentscheids überprüfen, wenn gegenüber diesen
Sachverhaltsfeststellungen zulässige Rügen im Sinne von Art. 393 ZPO
vorgebracht oder ausnahmsweise Noven berücksichtigt werden (BGE 138 III 29 E.
2.2.1 S. 34; 134 III 565 E. 3.1 S. 567; 133 III 139 E. 5 S. 141; je mit
Hinweisen). Wer sich auf eine Ausnahme von der Bindung des Bundesgerichts an
die tatsächlichen Feststellungen des Schiedsgerichts beruft und den Sachverhalt
gestützt darauf berichtigt oder ergänzt wissen will, hat mit Aktenhinweisen
darzulegen, dass entsprechende Sachbehauptungen bereits im schiedsgerichtlichen
Verfahren prozesskonform aufgestellt worden sind (vgl. BGE 140 III 86 E. 2 mit
Hinweisen).

1.4. Die Beschwerdeführerin stellt ihrer Beschwerde eine Darstellung des
Sachverhalts aus ihrer Sicht voran und macht auch an anderen Stellen in der
Beschwerde tatsächliche Ausführungen, welche teilweise von den Feststellungen
des Schiedsgerichts abweichen respektive darüber hinausgehen. Die
Beschwerdeführerin bringt gegenüber den Sachverhaltsfeststellungen des
Schiedsgericht jedoch keine zulässigen Rügen im Sinne von Art. 393 ZPO vor,
insbesondere macht sie nicht geltend, der Entscheid beruhe auf offensichtlich
aktenwidrigen Feststellungen (Art. 393 lit. e ZPO). Mangels erhobener Rüge ist
auf die tatsächlichen Ausführungen der Beschwerdeführerin nicht weiter
einzugehen. Der rechtlichen Würdigung des Bundesgerichts ist der Sachverhalt
zugrunde zu legen, den das Schiedsgericht festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1
BGG).

2.

Die Beschwerdeführerin bestreitet die Wirksamkeit der Kündigung vor
Bundesgericht nicht mehr. Sie beruft sich auf Art. 393 lit. e ZPO und rügt
einzig eine willkürliche Abweisung ihres Restvergütungsanspruchs für das Jahr
2016 durch offensichtliche Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben nach
§ 157 BGB bei der Auslegung von § 4.2 MV 2016 sowie eine willkürliche
Teilabweisung des pauschalen Schadenersatzes (§ 13.3 MV 2016).

2.1. Gemäss Art. 393 lit. e ZPO kann gegen den Schiedsspruch vorgebracht
werden, er sei im Ergebnis willkürlich, weil er auf offensichtlich
aktenwidrigen tatsächlichen Feststellungen oder auf einer offensichtlichen
Verletzung des Rechts oder der Billigkeit beruht (zum Ganzen Urteil 4A_424/2011
vom 2. November 2011 E. 2.1). Dieser Beschwerdegrund wurde aus Art. 36 lit. f
des Konkordats vom 27. März 1969 über die Schiedsgerichtsbarkeit (AS 1969 1093;
nachfolgend: KSG) übernommen (Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen
Zivilprozessordnung, BBl 2006 7405 Ziff. 5.25.8 zu Art. 391 des Entwurfs).

Die Umschreibung des Willkürtatbestandes in Art. 393 lit. e ZPO bzw. Art. 36
lit. f KSG stimmt mit dem Begriff der Willkür überein, den das Bundesgericht zu
Art. 4 aBV bzw. Art. 9 BV entwickelt hat (BGE 131 I 45 E. 3.4 S. 48). Ein
Entscheid ist nicht schon dann willkürlich, wenn eine andere Lösung ebenfalls
vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre, sondern erst, wenn er
offensichtlich unhaltbar ist, zur tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch
steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder
in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 137 I 1 E. 2.4
S. 5; 136 I 316 E. 2.2.2 S. 318 f.).

Die Tatbestände, hinsichtlich derer Willkür im genannten Sinne geltend gemacht
werden kann, sind eingeschränkt. In der Lehre wird zum Teil in Frage gestellt,
ob die Überprüfungsbefugnis der offensichtlichen Rechtsverletzung gemäss Art.
393 lit. e ZPO auch ausländisches Recht umfasst (vgl. PHILIPPE SCHWEIZER,
Commentaire Romand, Code de procédure civile, N. 43 zu Art. 393 ZPO; FELIX
DASSER, in: Kurzkommentar, Zivilprozessordnung, 2. Aufl. 2013, N. 24 zu Art.
393 ZPO).

2.2. Mit Hinweis auf den klaren Wortlaut von § 4.2 MV 2016, wonach die
Beschwerdegegnerin berechtigt ist, "durch einseitige, empfangsbedürftige
Erklärung einzelne Leistungen aus dem Marketingbudget herauszunehmen", verwarf
das Schiedsgericht den Einwand der Beschwerdeführerin, der besagte Paragraph
erlaube der Beschwerdegegnerin lediglich, vereinzelte, im Sinne einiger weniger
Leistungen aus dem Budget zu streichen. Die Formulierung "einzelne Leistungen"
bezweckt nach Ansicht des Schiedsgerichts, die Budgetkürzung auf
konkretisierbare Leistungen zu begrenzen. Demgegenüber bestünden keinerlei
Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien - abgesehen von einer verpönten (fast)
vollständigen Streichung der vorgesehenen Leistungen - die Möglichkeit der
einseitigen Reduzierung des Marketingvolumens quantitativ beschränken wollten.
Denn die Parteien hätten mit der vertraglichen Regelung offenbar beabsichtigt,
es der Beschwerdegegnerin zu ermöglichen, unterjährig eintretenden
Veränderungen bei Bedarf insoweit flexibel Rechnung zu tragen.

2.3. Die Beschwerdeführerin macht geltend, das Verständnis des Schiedsgerichts
von § 4.2 MV 2016 führe dazu, dass sie der Beschwerdegegnerin wirtschaftlich
ausgeliefert sei, da diese Gewinne und Verluste in erheblichem Umfang einseitig
bestimmen könne. Damit habe das Schiedsgericht in willkürlicher Weise gegen den
nach deutschem Recht anwendbaren § 157 BGB verstossen, wonach Verträge so
auszulegen sind, wie der Grundsatz von Treu und Glauben es mit Rücksicht auf
die Verkehrssitte erfordert. Die Leseart des Schiedsgerichts führe neben der
einseitigen Interessendurchsetzung zugunsten der Beschwerdegegnerin auch zu
einer "inhaltsleeren Regelung". Denn die unbeschränkte Zulassung von
Budgetkürzungen würde die Beschränkung des Reduktionsrechts auf "einzelne
Leistungen" jeglicher Funktion berauben, setze sich doch das Marketingbudget
ausschliesslich aus einzelnen konkreten Leistungen zusammen. Damit verstosse
die Schlussfolgerung des Schiedsgerichts auch in dieser Hinsicht willkürlich
gegen die Auslegungsregelung gemäss § 157 BGB; zumal nach der Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs diejenige Vertragsinterpretation zu bevorzugen sei,
welche einer Bestimmung eine tatsächliche Bedeutung zuschreibt.

2.4. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin erschöpfen sich weitgehend in
einer appellatorischen Kritik an der Vertragsinterpretation des
Schiedsgerichts. Insoweit sich die Beschwerdeführerin darauf beschränkt, der
von ihr als willkürlich bezeichneten Vertragsauslegung des Schiedsgerichts ihre
eigene Auffassung gegegenüberzustellen, vermag sie jedenfalls die
qualifizierten Rügeanforderungen nicht zu erfüllen (vgl. dazu vorstehend E.
1.2).

2.5. Da das angefochtene Schiedsurteil im Übrigen auch einer Willkürprüfung
standhält, kann indes einerseits dahingestellt bleiben, ob die formellen
Begründungsanforderungen erreicht sind und andererseits, ob im Rahmen von Art.
393 lit. e ZPO ohnehin nur die offensichtliche Verletzung schweizerischen,
nicht aber deutschen Rechts gerügt werden kann, wie die Beschwerdegegnerin in
ihrer Antwort unter Hinweis auf entsprechende Lehrmeinungen geltend macht (vgl.
dazu vorstehend E. 2.1) :

Entgegen entsprechenden Andeutungen der Beschwerdeführerin ging das
Schiedsgericht nicht davon aus, das Leistungsvolumen könne vollständig
gestrichen werden, womit von einer "inhaltsleeren Regelung" keine Rede sein
kann. Die Beschwerdeführerin übergeht in ihren Ausführungen nämlich die weitere
Erwägung des Schiedsgerichts, wonach ein gänzlich unlimitiertes Reduktionsrecht
mit der objektiven Interessenlage der Beschwerdeführerin schwer vereinbar sei;
zumal diese sich auf die Umsetzung des Marketingbudgets vorbereiten und
entsprechende personelle und sachliche Mittel vorhalten müsse. Aus dieser
Überlegung schloss das Schiedsgericht, es sei nicht anzunehmen, dass die
Beschwerdegegnerin einseitig alle geplanten Leistungen vollständig streichen
oder auf unwesentliche Komponenten kürzen könne; doch überschreite die
vorliegend zu beurteilende Kürzung des Marketingvolumens diese Grenzen nicht.
In Bezug auf die Interessenlage der Beschwerdeführerin stellte das
Schiedsgericht zudem fest, § 2.3 MV 2016 sehe ein Mindestmarketingvolumen in
Höhe von 1.5 % des für das jeweilige Kalenderjahr geplanten Nettoaussenumsatzes
des B.________-Konzerns vor. Schliesslich werden die Konsequenzen der gewährten
Flexibilität der Budgetgestaltung nach Ansicht des Schiedsgerichts dadurch
beschränkt, dass in § 4.2 MV 2016 für den Fall einer ersatzlosen Streichung ein
Ersatzanspruch der Beschwerdeführerin hinsichtlich bereits getätigter
Aufwendungen vorgesehen ist.

Aus diesen von der Beschwerdeführerin unterdrückten Erwägungen geht hervor,
dass das Schiedsgericht seine eingehende Auslegung der massgebenden
Vertragsklauseln -entgegen einer entsprechenden Unterstellung - unter
Berücksichtigung der Interessenlage beider Parteien vornahm und zu einem
willkürfreien Ergebnis gelangte.

Der Einwand, das Schiedsgericht habe verkannt, die jahrelange Übung der
Parteien als Grundlage des gemeinsamen Vertragsverständnisses heranzuziehen,
vermag ebenfalls nichts daran zu ändern, dass das Vertragsverständnis des
Schiedsgerichts unter Willkürgesichtspunkten nicht zu beanstanden ist. Es
trifft zwar zu, dass das Budget in den Jahren zwischen 2009 und 2015 nie in
wesentlichem Umfang einseitig gekürzt wurde. Indes weist die Beschwerdeführerin
durch diesen Hinweis die Auslegung des Schiedsgerichts nicht als willkürlich
aus. Es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern die gelebte Praxis zu einer
impliziten Änderung des schriftlichen Vertrages hätte führen können. Das
Schiedsgericht schloss jedenfalls ohne in Willkür zu verfallen, dass aus den
geringen Abweichungen in den vorgehenden Jahren immerhin keine Beschränkung auf
Leistungsverminderungen von weniger als 5 % abgeleitet werden könne. Die
Beschwerdeführerin setzt sich bezeichnenderweise denn auch mit keinem Wort mit
der Feststellung des Schiedsgerichts zum Prozesssachverhalt auseinander, wonach
sie gar nie konkretisierte, wie die behauptete Vereinbarung betreffend die
Beschränkung der Möglichkeit zur Budgetkürzung im Einzelnen gelautet haben
soll.

2.6. Nachdem sich die Rüge betreffend die Kürzung des Marketingbudgets als
unbegründet erwies, ist der in Bezug auf die Teilabweisung des pauschalen
Schadenersatzes nach § 13.3 MV 2016 erhobenen weiteren Willkürrüge ebenfalls
der Boden entzogen. Um die vom Schiedsgericht vorgenommene Verrechnung, welche
zur Kürzung des vertraglich pauschalisierten Schadenersatzes führte, als
unzulässig auszuweisen, stützt sich die Beschwerdeführerin nämlich wiederum nur
auf den unzutreffenden Einwand, das Marketingbudget sei zu Unrecht verringert
worden. Damit erübrigen sich weitere Ausführungen.

3.

Die Beschwerde ist als unbegründet abzuweisen, soweit auf sie einzutreten ist.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig
(Art. 66 Abs. 1 BGG). Sie hat die Beschwerdegegnerin, die sich vor
Bundesgericht durch ihre Anwälte vernehmen lassen hat, zudem für ihren dadurch
entstandenen Aufwand zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist.

2.

Die Gerichtskosten von Fr. 30'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.

Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 35'000.-- zu entschädigen.

4.

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Schiedsgericht mit Sitz in Zürich
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 11. November 2019

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Kiss

Der Gerichtsschreiber: Hug