Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.20/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

4A_20/2019

Urteil vom 29. April 2019

I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,

Bundesrichterinnen Niquille, May Canellas,

Gerichtsschreiber Brugger.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

Beschwerdeführer,

gegen

B.________,

vertreten durch Rechtsanwalt Jonas Stüssi,

Beschwerdegegnerin.

Gegenstand

Wiederherstellung der Frist (Art. 148 ZPO),

Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, I.
Zivilkammer, vom 14. November 2018 (LB180024-O/Z05).

Sachverhalt:

A.

B.________ (Klägerin, Beschwerdegegnerin) wollte im Jahr 2016 von A.________
(Beklagter, Beschwerdeführer) eine Wohnung im Stockwerkeigentum erwerben. Dafür
leistete sie eine Anzahlung über Fr. 70'000.--. In der Folge kam der
Kaufvertrag nicht zu Stande. Am 15. September 2017 erhob die Klägerin Klage am
Bezirksgericht Meilen. Sie forderte vom Beklagten ihre geleistete Anzahlung
zurück und klagte auf Feststellung des Nichtbestands der Forderung des
Beklagten aus culpa in contrahendo, welche dieser zur Verrechnung stellte. Mit
Urteil vom 6. März 2018 hiess das Bezirksgericht die Klage teilweise gut.

Dagegen erhob der Beklagte Berufung an das Obergericht des Kantons Zürich. Das
Obergericht setzte ihm mit Verfügung vom 13. Juni 2018 Frist an zur Leistung
eines Kostenvorschusses von Fr. 9'200.--. Da er den Kostenvorschuss innert
Frist nicht leistete, gewährte ihm das Obergericht mit Verfügung vom 4. Juli
2018 eine "einmalige Nachfrist" von fünf Tagen, um den Kostenvorschuss zu
zahlen. Der Beklagte nahm diese Verfügung am 12. Juli 2018 in Empfang.

Mit Eingabe vom 17. Juli 2018 stellte er den Antrag, es sei ihm für die Zahlung
des Kostenvorschusses die Möglichkeit der Zahlung in vier Raten zu gewähren.
Mit Verfügung vom 18. Juli 2018 trat das Obergericht auf den Antrag mangels
Begründung nicht ein. Der Beklagte nahm diese Verfügung am 27. Juli 2018
entgegen. Am 16. August 2018 stellte er erneut einen Antrag um Gewährung der
Ratenzahlung. Mit Verfügung vom 17. August 2018 wurde der Antrag abgewiesen.
Die Verfügung wurde vom Obergericht gleichentags als Gerichtsurkunde und
mittels A-Post an den Beklagten versandt.

Mit Beschluss vom 23. August 2018 trat das Obergericht auf die Berufung des
Beklagten nicht ein, da er den Kostenvorschuss nicht geleistet hatte.

B.

Mit Eingabe vom 5. September 2018 beantragte der Beklagte am Obergericht, es
sei die Frist zur Leistung des Kostenvorschusses wiederherzustellen. Es sei ihm
eine kurze Nachfrist zur Zahlung des Kostenvorschusses zu gewähren.

Mit Beschluss vom 14. November 2018 wies das Obergericht das Gesuch um
Wiederherstellung der Nachfrist zur Leistung des Kostenvorschusses von Fr.
9'200.-- ab.

C.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Beschwerde in Zivilsachen an das
Bundesgericht. Er beantragte, es sei der Beschluss des Obergerichts aufzuheben
und ihm eine Nachfrist zur Leistung des Prozesskostenvorschusses zu gewähren.
Eventualiter sei das Wiederherstellungsgesuch zur Neubeurteilung an das
Obergericht zurückzuweisen.

Es wurde keine Vernehmlassungen zur Beschwerde eingeholt.

Mit Eingabe vom 28. Januar 2019 beantragte der Beschwerdeführer, es sei nach
Art. 62 Abs. 1 BGG auf die Erhebung des Kostenvorschusses zu verzichten. Mit
Schreiben vom 1. Februar 2019 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass keine
besonderen Gründe für einen Verzicht vorliegen würden und dem Gesuch daher
nicht entsprochen werden könne. In der Folge leistete der Beschwerdeführer
innert Nachfrist den Kostenvorschuss für das bundesgerichtliche Verfahren.

Erwägungen:

1.

Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein
Rechtsmittel zulässig ist (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 141 III 395 E. 2.1 mit
Hinweisen).

1.1. Mit Beschluss vom 23. August 2018 wurde auf die Berufung des
Beschwerdeführers nicht eingetreten, da er den Kostenvorschuss nicht bezahlt
hatte. Daraufhin ersuchte er am 5. September 2018 bei der Vorinstanz um
Wiederherstellung der Nachfrist zur Leistung des Kostenvorschusses. Mit dem
angefochtenen Beschluss hat die Vorinstanz dieses Gesuch abgewiesen und damit
das Verfahren beendet. Es liegt daher ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG
vor (Urteil 4A_260/2016 vom 5. August 2016 E. 1.1). Dieser hat zum Verlust der
Rechtsmittelmöglichkeit gegen den Entscheid der Erstinstanz und damit zum
definitiven Rechtsverlust des Beschwerdeführers geführt. Der Entscheid ist
daher ungeachtet der Bestimmung von Art. 149 ZPO mit Beschwerde am
Bundesgericht anfechtbar (BGE 139 III 478 E. 6 mit Hinweisen; zit. Urteil
4A_260/2016 E. 1.1).

1.2. Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind und zu keinen
Bemerkungen Anlass geben, ist unter Vorbehalt einer rechtsgenüglichen
Begründung (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG) auf die Beschwerde
einzutreten.

2. 

Gemäss Art. 148 Abs. 1 ZPO kann das Gericht auf Gesuch einer säumigen Partei
eine Nachfrist gewähren oder zu einem Termin erneut vorladen, wenn die Partei
glaubhaft macht, dass sie kein oder nur ein leichtes Verschulden trifft. Das
Versäumnis muss auf einem fehlenden oder leichten Verschulden beruhen. Das
leichte Verschulden umfasst jedes Verhalten, das - ohne dass es akzeptierbar
oder entschuldbar wäre - nicht zum schwerwiegenden Vorwurf gereicht. Dabei ist
Tatfrage, wie sich die die Wiederherstellung begehrende Partei verhalten hat,
während Rechtsfrage ist, ob das tatsächlich festgestellte Verhalten als
leichtes Verschulden zu qualifizieren ist (Urteile 4A_52/2019 vom 20. März 2019
E. 3.1; 4A_9/2017 vom 6. März 2017 E. 2.1; 5A_94/2015 vom 6. August 2015 E.
6.1).

Beim Entscheid darüber, ob die gesuchstellende Partei ein bloss leichtes
Verschulden im Sinne von Art. 148 Abs. 1 ZPO trifft, handelt es sich um einen
Ermessensentscheid (Urteile 4A_52/2019 vom 20. März 2019 E. 3.1; 4A_334/2016
vom 7. Juli 2016 E. 4.2). Ermessensentscheide prüft das Bundesgericht mit
Zurückhaltung. Es schreitet nur ein, wenn die Vorinstanz grundlos von in Lehre
und Rechtsprechung anerkannten Grundsätzen abgegangen ist, wenn Tatsachen
berücksichtigt wurden, die keine Rolle hätten spielen dürfen, oder wenn
umgekehrt Umstände ausser Betracht geblieben sind, die zwingend hätten beachtet
werden müssen. In derartige Ermessensentscheide wird ferner eingegriffen, wenn
sich diese als offensichtlich unbillig, als in stossender Weise ungerecht
erweisen (BGE 141 III 97 E. 11.2; 138 III 443 E. 2.1.3., 669 E. 3.1 S. 671, je
mit Hinweisen).

3.

3.1. Die Vorinstanz erwog, dem Beschwerdeführer sei seit dem Empfang der
Verfügung vom 4. Juli 2018 bewusst gewesen, dass die Nachfrist zur Leistung des
Kostenvorschusses am 20. August 2018 ablaufen werde. Er hätte daher
sicherstellen müssen, dass er spätestens bis am 20. August 2018 Kenntnis davon
habe, ob sein Gesuch um Ratenzahlung gutgeheissen werde oder ob er den
Kostenvorschuss als einmalige Zahlung zu tätigen habe. Entsprechend könne sein
Verschulden nicht als leicht im Sinne von Art. 148 Abs. 1 ZPO bezeichnet
werden. Sodann bestreite der Beschwerdeführer nicht, dass er die mittels A-Post
am 17. August 2018 versandte Verfügung vom gleichen Tag innerhalb der bis am
20. August 2018 laufenden Nachfrist erhalten habe. Somit hätte der
Beschwerdeführer noch die Möglichkeit gehabt, den Kostenvorschuss von Fr.
9'200.-- innert Frist zu leisten.

3.2. Die Vorinstanz ging damit davon aus, dass der Beschwerdeführer die
abschlägige Verfügung vom 17. August 2018 innert der bis zum 20. August 2018
laufenden Nachfrist erhalten hat. Dagegen trägt der Beschwerdeführer vor
Bundesgericht neu vor, dass er die per A-Post versandte Verfügung vom 17.
August 2018 nicht erhalten habe. Er habe erst aufgrund des hier angefochtenen
Beschlusses der Vorinstanz über das Wiederherstellungsgesuch die vorgängige
Verfügung vom 17. August 2018 "nochmals genau angeschaut" und festgestellt,
dass die Verfügung auch mit A-Post versandt worden sei.

Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen vor Bundesgericht nur soweit vorgebracht
werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1
BGG; BGE 136 III 123 E. 4.4.3 S. 129 mit Hinweisen), was in der Beschwerde
näher darzulegen ist (BGE 134 V 223 E. 2.2.1 S. 226; 133 III 393 E. 3 S. 395).
Diesen Anforderungen genügt der Beschwerdeführer nicht, denn er zeigt nicht
hinreichend auf, dass erst der angefochtene Entscheid der Vorinstanz über das
Fristwiederherstellungsgesuch zu seiner neuen Behauptung Anlass gegeben hat.
Vielmehr hätte er die Behauptung, dass er die Verfügung vom 17. August 2018
nicht innert der Nachfrist erhalten habe, bereits in seinem
Fristwiederherstellungsgesuch vom 5. September 2018 an die Vorinstanz
vorbringen können. Es handelt sich damit um ein unzulässiges Novum, das im
bundesgerichtlichen Verfahren nicht berücksichtigt werden kann.

3.3. Entsprechend ist für das bundesgerichtliche Verfahren mit der Vorinstanz
davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer innert der laufenden Nachfrist die
abschlägige Verfügung der Vorinstanz erhalten hat. Er konnte damit innerhalb
der Nachfrist zur Kenntnis nehmen, dass sein Gesuch um Ratenzahlung von der
Vorinstanz abgewiesen wurde und er den Kostenvorschuss als einmalige Zahlung zu
leisten hatte. Der Beschwerdeführer bringt vor Bundesgericht nicht hinreichend
vor, dass er nach dem Empfang der Verfügung keine Möglichkeit gehabt hätte, den
Kostenvorschuss innert Frist zu leisten. Die Vorinstanz ging daher zu Recht
davon aus, dass das Verschulden des Beschwerdeführers nicht mehr als leicht
qualifiziert werden kann. Art. 148 ZPO ist nicht verletzt.

Ob dem Beschwerdeführer darüberhinaus ein Verschulden vorzuwerfen wäre, da er
sich nicht telefonisch bei der Vorinstanz über den Stand seines
Ratenzahlungsgesuchs informierte, braucht nach dem Gesagten nicht entschieden
zu werden. Ebensowenig braucht beurteilt zu werden, ob ihm die Vorinstanz mit
Verfügung vom 17. August 2018 eine Notfrist zur Leistung des Kostenvorschusses
hätte ansetzen müssen. Im Übrigen hätte der Beschwerdeführer Letzteres, wie
schon die Vorinstanz im angefochtenen Beschluss erwog, "am Bundesgericht mit
der Beschwerde gemäss Bundesgesetz über das Bundesgericht" rügen müssen. Der
Beschwerdeführer hätte mithin gegen die Verfügung vom 17. August 2018 oder
spätestens gegen den Endentscheid der Vorinstanz (Nichteintreten auf Berufung)
Beschwerde an das Bundesgericht erheben und beanstanden sollen, dass ihm die
Vorinstanz keine Notfrist ansetzte. Gleiches gilt für das Vorbringen, dass die
Vorinstanz die Verfügung vom 17. August 2018 nicht hätte mittels A-Post
verschicken dürfen.

4.

Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit auf sie eingetreten
werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens ist der Beschwerdeführer
kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Mit Blick auf den geringen Aufwand für
den vorliegenden Entscheid wird eine reduzierte Gerichtsgebühr erhoben. Der
Beschwerdegegnerin ist aus dem bundesgerichtlichen Verfahren kein
entschädigungspflichtiger Aufwand erwachsen, weshalb ihr keine
Parteientschädigung zuzusprechen ist (Art. 68 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.

Die Gerichtskosten von Fr. 2'500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 29. April 2019

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Kiss

Der Gerichtsschreiber: Brugger