Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.185/2019
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4A_185/2019

Urteil vom 25. Juni 2019

I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,

Bundesrichterinnen Niquille, May Canellas,

Gerichtsschreiber Kölz.

Verfahrensbeteiligte

1. A.A.________,

2. B.A.________,

beide vertreten durch Advokat Patrick Frey,

Beschwerdeführer,

gegen

C.________ AG,

vertreten durch Rechtsanwalt Christoph Gäumann,

Beschwerdegegnerin.

Gegenstand

Rechtsschutz in klaren Fällen,

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung
Zivilrecht, vom 26. Februar 2019 (400 19 2 [B 2], 170 2018 2983 IV).

Erwägungen:

1.

A.A.________ und B.A.________ (Beschwerdeführer 1 und 2) mieteten mit Vertrag
vom 25. Mai 2011 per 1. Juni 2011 von der C.________ AG (Beschwerdegegnerin)
die Liegenschaft an der Strasse U.________ in V.________. Der monatliche
Mietzins wurde auf Fr 3'000.-- festgelegt.

Am 16. Oktober 2017 setzte die C.________ AG A.A.________ und B.A.________ eine
Zahlungsfrist von 30 Tagen unter Androhung der ausserordentlichen Kündigung des
Mietverhältnisses gemäss Art. 257d OR. In der Folge kündigte die C.________ AG
das Mietverhältnis. Die Kündigungsschreiben und Formulare für Kündigung von
Wohn- und Geschäftsräumen vom 27. November 2017 wurden A.A.________ und
B.A.________ am 8. Dezember 2017 zugestellt. A.A.________ und B.A.________
fochten die Kündigung bei der kantonalen Schlichtungsstelle für
Mietangelegenheiten an.

Am 9. November 2018 stellte die C.________ AG beim Zivilkreisgericht
Basel-Landschaft West ein Ausweisungsbegehren gegen A.A.________ und
B.A.________. Mit Entscheid vom 20. Dezember 2018 hiess das Zivilkreisgericht
dieses im Verfahren nach Art. 257 ZPO (Rechtsschutz in klaren Fällen) gut und
wies das Begehren von A.A.________ und B.A.________ um Bewilligung der
unentgeltlichen Rechtspflege ab. Die dagegen gerichtete Berufung von
A.A.________ und B.A.________ wies das Kantonsgericht Basel-Landschaft mit
Entscheid vom 26. Februar 2019 ab, und ebenso das Begehren um unentgeltliche
Rechtspflege für das Berufungsverfahren.

A.A.________ und B.A.________ haben diesen Entscheid am 17. April 2019 mit
Beschwerde beim Bundesgericht angefochten und um Erteilung der aufschiebenden
Wirkung sowie um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das
bundesgerichtliche Verfahren ersucht. Mit Formularverfügung vom 18. April 2019
wurde superprovisorisch die aufschiebende Wirkung angeordnet. Die C.________ AG
beantragt die Abweisung des Gesuchs um aufschiebende Wirkung. In der Sache
wurden keine Vernehmlassungen eingeholt.

2.

Das angefochtene Urteil des Kantonsgerichts ist ein Endentscheid (Art. 90 BGG)
einer Vorinstanz im Sinne von Art. 75 BGG. Weiter übersteigt der Streitwert die
nach Art. 74 Abs. 1 lit. a BGG in mietrechtlichen Fällen geltende Grenze (vgl.
BGE 144 III 346 E. 1.2).

3.

Die Beschwerdeführer monieren, es liege kein klarer Fall im Sine von Art. 257
ZPO vor, weshalb das Ausweisungsbegehren im summarischen Verfahren nicht hätte
gutgeheissen werden dürfen.

Gemäss Art. 257 Abs. 1 ZPO gewährt das Gericht Rechtsschutz im summarischen
Verfahren, wenn: a. der Sachverhalt unbestritten oder sofort beweisbar ist; und
b. die Rechtslage klar ist. Der Rechtsschutz in klaren Fällen erlaubt es der
klagenden Partei, bei eindeutiger Sach- und Rechtslage rasch, das heisst ohne
einlässlichen Prozess im ordentlichen Verfahren, zu einem rechtskräftigen und
vollstreckbaren Entscheid zu kommen. Bei Gewährung des Rechtsschutzes ergeht
mithin ein definitives, der materiellen Rechtskraft fähiges Urteil, das einer
neuen Beurteilung der Sache wegen der Rechtskraftwirkung entgegensteht (BGE 138
III 620 E. 5.1.1 S. 622 f. mit weiteren Hinweisen). Ist im mietrechtlichen
Ausweisungsverfahren gemäss Art. 257 ZPO die Gültigkeit der Kündigung des
Mietvertrages als Vorfrage zu beurteilen, beziehen sich nach der Rechtsprechung
die Voraussetzungen von Art. 257 Abs. 1 ZPO auch darauf. Sind sie nicht
erfüllt, kann der Rechtsschutz im summarischen Verfahren nicht gewährt werden
und hat das Gericht nach Art. 257 Abs. 3 ZPO auf das Ausweisungsbegehren nicht
einzutreten (BGE 141 III 262 E. 3.2 S. 265). Allgemein ist ein klarer Fall dann
zu verneinen, wenn die beklagte Partei substanziiert und schlüssig Einwendungen
vorträgt, die in tatsächlicher Hinsicht nicht sofort widerlegt werden können
und die geeignet sind, die bereits gebildete richterliche Überzeugung zu
erschüttern (BGE 141 III 23 E. 3.2 S. 26; 138 III 620 E. 5.1.1 S. 623).

Die Vorinstanz erwog, die Beschwerdeführer hätten geltend gemacht, dass die
Mietzinsforderungen der Beschwerdegegnerin durch Verrechnung mit
Schadenersatzforderungen und einer Forderung aus Parteientschädigung
untergegangen seien, indessen nicht dargetan, dass sie innert der Zahlungsfrist
die Verrechnungseinrede erhoben hätten. Somit ergebe sich, dass die monatlichen
Mietzinsforderungen von April 2016 bis September 2017 bis zum Ablauf der
Zahlungsfrist gemäss Art. 257d Abs. 1 OR nicht durch Verrechnung untergegangen
seien. Nebst der Verrechnungseinrede machten die Beschwerdeführer weder geltend
noch bewiesen sie, die geschuldeten Mietzinse bezahlt zu haben. Folglich liege
ein Zahlungsrückstand vor, der zur ausserordentlichen Kündigung nach Art. 257d
OR berechtige. Weiter sei die Kündigung vom hierzu bevollmächtigten
Rechtsvertreter ausgesprochen worden. Der Sachverhalt sei somit liquid und die
Rechtslage klar, womit es sich um einen klaren Fall im Sinne von Art. 257 ZPO
handle.

Die Beschwerdeführer wiederholen in der Beschwerde nur noch ihren Einwand aus
dem kantonalen Verfahren, die Eigentumsverhältnisse an den Inhaberaktien der
Beschwerdegegnerin "und somit auch über die Liegenschaft Strasse U.________"
seien "nicht geklärt". Vieles spreche dafür, "dass der Beschwerdeführer nach
wie vor Eigentümer der Inhaberaktien" sei. Seien aber die Aktien "nach wie vor
im Eigentum der Beschwerdeführer und auch nie zu Eigentum übertragen worden",
seien "die jetzigen Verwaltungsräte mittels eines nichtigen Beschlusses der
Generalversammlung eingesetzt worden", vorausgesetzt, dass überhaupt
ordnungsgemäss eine Generalversammlung durchgeführt worden sei. Wer
"tatsächlich Vermieterin" sei, gelte es "noch zu klären". Entgegen der
Vorinstanz sei die Kündigung somit "höchstwahrscheinlich" von einer Person
ausgegangen, die nie zur Vertretung der Beschwerdegegnerin befugt gewesen sei.
Ohne "umfangreiche Klärung der Eigentümerstellung" könne aber auch nicht
beurteilt werden, "ob der Beschwerdeführer überhaupt zur Bezahlung eines
Mietzinses verpflichtet gewesen wäre".

Dabei handelt es sich nicht um substanziierte und schlüssige Behauptungen, die
der Beurteilung als klarer Fall und somit der Beurteilung im summarischen
Verfahren entgegenstehen. Somit ist es offensichtlich nicht bundesrechtswidrig,
sondern vielmehr richtig, wenn die Vorinstanz nicht weiter auf diese Vorbringen
der Beschwerdeführer einging, sondern hinsichtlich der Vertretung der
Beschwerdegegnerin auf den Handelsregistereintrag und die schriftliche
Vollmacht abstellte.

4.

Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet und im Verfahren nach Art. 109
Abs. 2 lit. a BGG abzuweisen. Mit dem Entscheid in der Sache wird das Gesuch um
aufschiebende Wirkung gegenstandslos.

Dem Gesuch der Beschwerdeführer um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege
für das bundesgerichtliche Verfahren kann nicht entsprochen werden, da die
Beschwerde aussichtslos ist (siehe Art. 64 Abs. 1 BGG). Dem Ausgang des
Verfahrens entsprechend sind die Gerichtskosten in solidarischer Haftbarkeit
den Beschwerdeführern aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG). Der
Beschwerdegegnerin, die sich nur zum Gesuch um aufschiebende Wirkung zu äussern
hatte, ist für das bundesgerichtliche Verfahren eine reduzierte
Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 68 Abs. 2 und 4 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.

Das Gesuch der Beschwerdeführer um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege
für das bundesgerichtliche Verfahren wird abgewiesen.

3.

Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden den Beschwerdeführern auferlegt, in
solidarischer Haftbarkeit.

4.

Die Beschwerdeführer haben die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 500.-- zu entschädigen, in solidarischer Haftbarkeit.

5.

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft,
Abteilung Zivilrecht, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 25. Juni 2019

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Kiss

Der Gerichtsschreiber: Kölz