Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.15/2019
Zurück zum Index I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 2019
Retour à l'indice I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 2019


 

Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

4A_15/2019

Urteil vom 14. März 2019

I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,

Bundesrichterinnen Klett, May Canellas,

Gerichtsschreiber Brugger.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

vertreten durch Rechtsanwalt Mauro Lardi,

Beschwerdeführer,

gegen

B.________,

vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Remo Dolf,

Beschwerdegegner.

Gegenstand

Forderung aus Darlehensvertrag, Beweiswürdigung,

Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden, II.
Zivilkammer, vom 19. November 2018 (ZK2 18 2).

Sachverhalt:

A.

B.________ (Kläger, Beschwerdegegner) und A.________ (Beklagter,
Beschwerdeführer) waren im Jahr 2004 Aktionäre der französischen Gesellschaft
C.________ SAS. Neben diesen beiden beteiligte sich die niederländische
Gesellschaft D.________ BV an der C.________ SAS. Der Kläger war zu dieser Zeit
Gesellschafter der D.________ BV und Mitglied des Aufsichtsrats der C.________
SAS. Der Beklagte war Mitglied der Geschäftsleitung der C.________ SAS.

Im Frühjahr 2006 verkaufte die D.________ BV ihre Beteiligung an der C.________
SAS an den Beklagten. Um den Kaufpreis zu bezahlen, bat dieser den Kläger um
ein Darlehen. Am 29. März 2006 schlossen der Kläger und der Beklagte einen
schriftlichen Darlehensvertrag ab. Der Kläger verpflichtete sich darin, dem
Beklagten ein Darlehen von EUR 100'000.-- zu gewähren. Das Darlehen sollte in
vier jährlichen Raten von jeweils EUR 25'000.-- mit Zins zu 4 % zurückbezahlt
werden. Im Falle einer verspäteten Rückzahlung wurde ein Verzugszins von 5 %
vereinbart.

Mit Zahlungsbefehl vom 11. April 2014 leitete der Kläger ein
Vollstreckungsverfahren gegen den Beklagten auf Rückzahlung der Darlehenssumme
ein. Während und nach Abschluss dieses Verfahrens leistete der Beklagte drei
Zahlungen von insgesamt EUR 59'668.-- an den Kläger.

B.

Am 1. Februar 2017 gelangte der Kläger an das Regionalgericht Prättigau/Davos.
Nach den vollstreckungsrechtlich geltend gemachten Rückzahlungen im Betrag von
EUR 59'668.-- verbleibe noch ein offener Rückzahlungsbetrag von EUR 133'866.--
(Darlehensschuld und Zins bis 19. Oktober 2016). Der Beklage sei daher zu
verpflichten, ihm diesen Betrag zuzüglich Zins von 4 % und Verzugszins von 5 %
seit dem 20. Oktober 2016 zu bezahlen.

Das Regionalgericht ging mit Urteil vom 19. Oktober 2017 von einer Rückzahlung
der Darlehenssumme bis auf einen noch ausstehenden Betrag von EUR 10'250.--
aus. Es hiess die Klage teilweise gut und verpflichtete den Beklagten, dem
Kläger EUR 10'250.-- zuzüglich Zins von 9 % seit dem 20. Oktober 2016 zu
bezahlen.

Dagegen erhob der Kläger Berufung an das Kantonsgericht Graubünden. Das
Kantonsgericht erwog im Urteil vom 19. November 2018, der Bestand der
Rückzahlungspflicht sei nicht mehr umstritten. Es gehe daher einzig um die
Frage, ob die Verpflichtung des Beklagten auf Rückerstattung des Darlehens
durch Tilgung (teilweise) untergegangen sei. Der Beklagte leite aus der
Rückerstattung Rechte ab und habe damit die Rückerstattung des Darlehens zu
beweisen und das Gericht nach dem Regelbeweismass von dieser Tatsache vollends
zu überzeugen. Das Kantonsgericht kam zum Schluss, dass die Erstinstanz bei der
vorliegenden Beweislage die Rückzahlung des Darlehens nicht als genügend
bewiesen hätte ansehen dürfen. Entsprechend hiess das Kantonsgericht die
Berufung gut. Es hob den Entscheid des Regionalgerichts auf und verpflichtete
den Beklagten, dem Kläger den Betrag von EUR 133'866.-- zuzüglich Zins von 4 %
und Verzugszins von 5 % seit dem 20. Oktober 2016 zu bezahlen.

C.

Gegen den Entscheid des Kantonsgerichts erhob der Beschwerdeführer Beschwerde
in Zivilsachen an das Bundesgericht. Er beantragte, das Urteil des
Kantonsgerichts sei aufzuheben, die Berufung sei abzuweisen und die
Prozesskosten seien zu Lasten des Beschwerdegegners zu verlegen. Eventualiter
sei das Urteil des Kantonsgerichts aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung
an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Mit Präsidialverfügung vom 8. Februar 2019 wurde der Beschwerde mangels
Opposition die aufschiebende Wirkung erteilt. Es wurden keine Vernehmlassungen
zur Beschwerde eingeholt.

Erwägungen:

1.

Vor Bundesgericht beanstandet der Beschwerdeführer einzig die Beweiswürdigung
durch die Vorinstanz. Das Bundesgericht greift in die Beweiswürdigung des
Sachgerichts nur ein, wenn diese willkürlich ist. Willkür liegt nicht schon
dann vor, wenn eine andere Lösung ebenfalls in Betracht zu ziehen oder gar
vorzuziehen wäre, sondern nur, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich
unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht,
eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in
stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft; dabei ist
erforderlich, dass der Entscheid nicht nur in der Begründung, sondern auch im
Ergebnis willkürlich ist (BGE 140 III 16 E. 2.1 S. 18 f.; 139 III 334 E. 3.2.5
S. 339).

Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Gericht Sinn und Tragweite eines
Beweismittels offensichtlich verkannt hat, wenn es ohne sachlichen Grund ein
wichtiges und entscheidwesentliches Beweismittel unberücksichtigt gelassen oder
wenn es auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen unhaltbare
Schlussfolgerungen gezogen hat. Dass die von Sachgerichten gezogenen Schlüsse
nicht mit der eigenen Darstellung der beschwerdeführenden Partei
übereinstimmen, belegt keine Willkür (BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 266; 137 III
226 E. 4.2 S. 234; 136 III 552 E. 4.2). Inwiefern die Beweiswürdigung
willkürlich sein soll, ist in der Beschwerde klar und detailliert aufzuzeigen
(BGE 134 II 244 E. 2.2; 130 I 258 E. 1.3 S. 262). Namentlich genügt es nicht,
einzelne Beweise anzuführen, die anders als im angefochtenen Entscheid
gewichtet werden sollen, und dem Bundesgericht in appellatorischer Kritik die
eigene Auffassung zu unterbreiten, als ob diesem eine freie Sachverhaltsprüfung
zukäme (vgl. BGE 116 Ia 85 E. 2b).

2.

2.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, die Vorinstanz setze sich mit keinem Wort
mit der Tatsache auseinander, dass die E-Mails vom 28. März 2012 und 14. April
2012 in einem Abstand von 17 Tagen geschrieben worden seien. Die chronologische
Reihenfolge bzw. der zeitliche Bezug zueinander sei jedoch ein zentraler
Aspekt, der von der Vorinstanz ausser Acht gelassen worden sei. Der
Beschwerdegegner habe in der E-Mail vom 28. März 2012 die geleistete
Teil-Rückzahlung vorbehaltlos anerkannt und in der darauf folgenden E-Mail vom
14. April 2012 detailliert dargelegt, welche Teilzahlungen er in der
vorgängigen E-Mail gemeint habe. Sodann sei zu berücksichtigen, dass der
Beschwerdegegner eine geschäftsgewandte Person sei. "Geradezu abwegig" sei,
wenn die Vorinstanz in völlig unbegründete Spekulationen verfalle und in den
Raum stelle, die in der E-Mail vom 28. März 2012 anerkannten Rückzahlungen
könnten ganz andere Zahlungen betreffen als die Aufsichtsratshonorare, die in
der E-Mail vom 14. April 2012 erwähnt wurden. Diese These entbehre der
Grundlage. Der Beschwerdegegner habe nie geltend gemacht, dass es andere
Zahlungen gegeben habe, als die in der E-Mail vom 14. April 2012 erwähnten
Aufsichtsratshonorare.

2.2. Die Vorinstanz ging zunächst auf den Inhalt der beiden E-Mails vom 28.
März und 14. April 2012 und die Erwägungen der Erstinstanz ein. Sie kam
anschliessend zum Schluss, dass der Ausdruck "certains paiements que tu m'as
fait" im E-Mail vom 28. März 2012 zwar durchwegs so verstanden werden könne,
dass gewisse (persönliche) Zahlungen geleistet worden seien. Jedoch sei auch
nicht ausgeschlossen, dass damit die Honorare gemeint seien, welche im
(behaupteten) Vergleichsvorschlag von der Forderung des Beschwerdegegners
abgezogen werden sollten. Auch sei nicht ausgeschlossen, dass damit andere
Zahlungen als die im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens freiwillig geleisteten
gemeint gewesen seien, jedoch von den Parteien vor der Erstinstanz nicht
thematisiert worden seien.

2.3. Ohne zu entscheiden, ob der Beschwerdeführer mit den obigen Ausführungen
den Begründungsanforderungen vor Bundesgericht genügen würde (vgl. Erwägung 1),
gehen seine Rügen fehl: Entgegen seiner Auffassung stellte die Vorinstanz fest,
dass der Beschwerdegegner Gesellschafter der D.________ BV und Mitglied des
Aufsichtsrats der C.________ SAS war. Sie zog damit seine Stellung und
Geschäftsgewandtheit in ihre Beweiswürdigung mit ein. Die Vorinstanz legte
alsdann den Inhalt der beiden E-Mails unmittelbar nacheinander dar, würdigte
die beiden E-Mails gemeinsam und berücksichtigte damit die chronologische
Reihenfolge und den zeitlichen Bezug der E-Mails zueinander.

Die Vorinstanz stellte sodann nicht fest, dass es neben den Honorarzahlungen
für die Aufsichtsratstätigkeit bei der C.________ SAS keine anderen Zahlungen
zwischen den Parteien gegeben hätte. Solches ergibt sich auch nicht aus den vom
Beschwerdeführer zitieren Vorbringen des Beschwerdegegners in der
Berufungsschrift vom 15. Januar 2018, insbesondere nicht aus Rz. 19. Der
Beschwerdegegner erklärte an dieser Stelle nicht, dass es neben den
Honorarzahlungen keine anderen Zahlungen gegeben hätte. Vielmehr bestritt er
bloss, dass es abgesehen von den im Vollstreckungsverfahren vom
Beschwerdeführer geleisteten EUR 59'688.-- weitere Rückzahlungen des Darlehens
durch den Beschwerdeführer gegeben habe. Unter diesen Umständen ist es nicht
offensichtlich unrichtig, wenn die Vorinstanz erwog, dass es nicht
ausgeschlossen sei, dass mit dem Ausdruck "certains paiements" andere Zahlungen
gemeint gewesen, jedoch von den Parteien vor der Erstinstanz nicht thematisiert
worden seien.

3.

Der Beschwerdeführer würdigt vor Bundesgericht die Zeugenaussage des
Präsidenten des Aufsichtsrats der C.________ SAS und den Nachtrag zum
Aktionärsbindungsvertrag vom 15. September 2004 anders als die Vorinstanz. Er
bringt dazu vor, dass dies alleine noch nicht belege, dass die
Aufsichtsratshonorare zur Rückzahlung des Darlehens gedient hätten. Die
Vorinstanz habe aber in "eklatanter Weise" unterlassen, das "Zusammenspiel" der
verschiedenen Beweismittel in der Beweiswürdigung zu berücksichtigen.

Damit zeigt der Beschwerdeführer nicht hinreichend auf, inwiefern die
vorinstanzliche Beweiswürdigung im oben genannten Sinn willkürlich wäre (vgl.
Erwägung 1), sodass darauf nicht einzutreten ist. Nur der Vollständigkeit
halber sei aber erwähnt, dass die Vorinstanz entgegen der Auffassung des
Beschwerdeführers sehr wohl das Zusammenspiel der verschiedenen Beweismittel
beachtete. Sie legte zwar für die jeweiligen Beweismittel dar, aus welchen
Gründen sie entgegen der Erstinstanz nicht für die Behauptung des
Beschwerdeführers sprechen würden. Sie kam aber anschliessend unter
Berücksichtigung der gesamten Beweislage zum Ergebnis, dass der
Beschwerdeführer die Rückzahlung des Darlehens nicht nachgewiesen habe
(vorinstanzliche Erwägung 6.1).

4.

Die Beschwerde ist damit abzuweisen, soweit auf sie eingetreten werden kann.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig
(Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdegegner hatte sich einzig zum Gesuch um
aufschiebende Wirkung zu äussern und liess sich diesbezüglich nicht vernehmen.
Es ist ihm damit kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden, der zu
entschädigen wäre (Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.

Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht von Graubünden, II.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 14. März 2019

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Kiss

Der Gerichtsschreiber: Brugger