Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.129/2019
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Tribunal federal

               

4A_129/2019

Urteil vom 27. Mai 2019

I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,

Bundesrichterinnen Klett, Hohl,

Gerichtsschreiber Hug.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

vertreten durch Rechtsanwalt Christian Suter,

Beschwerdeführer,

gegen

B.________ AG,

vertreten durch Rechtsanwalt Erich Binder,

Beschwerdegegnerin.

Gegenstand

Mäklervertrag; Nichteintretensentscheid,

Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, vom 12. Februar 2019 (NP180030-O/U).

Sachverhalt:

A.

Der in Wädenswil wohnhafte A.________ (Auftraggeber, Beklagter,
Beschwerdeführer) beauftragte mit Mäklervertrag vom 10. Februar 2017 die
B.________ AG (Mäklerin, Klägerin, Beschwerdegegnerin) mit Sitz in Zürich, den
Abschluss eines Kauf- oder Tauschvertrages betreffend die Wohnung U.________,
Dachgeschoss, zu vermitteln oder die Gelegenheit für den Abschluss eines
solchen Vertrages nachzuweisen. Während der Auftraggeber nicht bestreitet, dass
sich in der Folge eine Kaufsinteressentin bei der Mäklerin meldete, stellt er
sich auf den Standpunkt, diese habe weniger als den abgemachten
Mindestkaufpreis von Fr. 650'000.-- bezahlen wollen, weshalb die vereinbarte
Provision nicht geschuldet sei.

B.

B.a. Mit Eingabe vom 20. Juni 2018 begehrte die Mäklerin vor Bezirksgericht
Horgen im Wesentlichen, der Auftraggeber sei zu verpflichten, ihr Fr. 17'550.--
nebst Zins sowie Kosten des Schlichtungsverfahrens und Betreibungskosten zu
bezahlen.

Mit Urteil vom 14. November 2018 hiess das Bezirksgericht Horgen die Klage gut
und verpflichtete den Beklagten insbesondere dazu, der Klägerin Fr. 17'550.--
zu bezahlen. Es erachtete die Klägerin zufolge nachgewiesener Gelegenheit zum
Kaufvertragsabschluss als provisionsberechtigt.

B.b. Der Beklagte erhob am 10. November 2018 vor Obergericht des Kantons Zürich
Berufung. Er stellte neben einem prozessualen Antrag auf Aktenbeizug und einem
Begehren betreffend Kosten- und Entschädigungsfolgen einzig ein kassatorisches
Rechtsbegehren:

"Es sei das im Verfahren mit der Geschäfts Nr. [...] ergangene Urteil des
Einzelgerichts im vereinfachten Verfahren am Bezirksgericht Horgen aufzuheben
und es sei die Sache zur Durchführung des Beweisverfahrens und materiellen
Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen."

Mit Beschluss vom 12. Februar 2019 trat das Obergericht des Kantons Zürich auf
die Berufung nicht ein, da ihr ein reformatorisches Begehren fehle.

C.

Mit Beschwerde in Zivilsachen und subsidiärer Verfassungsbeschwerde begehrt der
Beklagte im Wesentlichen, es sei der ergangene Beschluss vom 12. Februar 2019
des Obergerichts des Kantons Zürich aufzuheben und es sei die Sache zur
Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Vernehmlassungen zur Sache wurden nicht eingeholt.

D.

Mit Verfügung vom 11. April 2019 wurde der Beschwerde antragsgemäss die
aufschiebende Wirkung erteilt, da sich weder die Beschwerdegegnerin noch das
Obergericht des Kantons Zürich widersetzte.

Erwägungen:

1.

Der Beschwerdeführer erhebt eine Beschwerde in Zivilsachen (Art. 72 ff. BGG)
sowie eine subsidiäre Verfassungsbeschwerde (Art. 113 ff. BGG) und beantragt
einzig die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Rückweisung der
Sache an die Vorinstanz zu neuem Entscheid.

1.1. Aus der Befugnis des Bundesgerichts, reformatorisch entscheiden zu können
(Art. 107 Abs. 2 BGG), folgt praxisgemäss, dass die beschwerdeführende Person
sich nicht darauf beschränken darf, einen rein kassatorischen Antrag zu
stellen. Anders verhält es sich, wenn das Bundesgericht im Falle einer
Gutheissung in der Sache ohnehin nicht selbst entscheiden könnte, insbesondere
weil die erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz fehlen (BGE
133 III 489 E. 3.1 mit Hinweisen; vgl. auch BGE 137 II 313 E. 1.3 S. 317; 136 V
131 E. 1.2 S. 135 f.; 134 III 379 E. 1.3 S. 383 sowie Urteil 2C_489/2018 13.
Juli 2018 E. 1.2). Hat die Vorinstanz - wie vorliegend - einen
Nichteintretensentscheid gefällt und demnach die Sache materiell nicht
beurteilt, so kann das Bundesgericht im Falle der Gutheissung der Beschwerde
nicht reformatorisch entscheiden, sondern müsste die Angelegenheit zum
Entscheid in der Sache an die Vorinstanz zurückweisen (Urteil 4A_330/2008 vom
27. Januar 2010 E. 2.1, nicht publ. in BGE 136 III 102), womit das
kassatorische Begehren ausreichend ist.

1.2. Der für die Beschwerde in Zivilsachen erforderliche Streitwert von Fr.
30'000.-- ist nicht erreicht (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Der Beschwerdeführer
macht indessen geltend, es stelle eine Rechtsfrage von grundsätzlicher
Bedeutung dar (Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG), ob ein Berufungskläger sich darauf
beschränken kann, einen Aufhebungs- und Rückweisungsantrag i.S.v. Art. 318 Abs.
1 lit. c ZPO zu stellen, wenn vor erster Instanz kein als notwendig erachtetes
Beweisverfahren durchgeführt wurde.

1.2.1. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist gemäss ständiger
Rechtsprechung zurückhaltend anzunehmen; sie liegt nur vor, wenn ein
allgemeines und dringendes Interesse besteht, dass eine umstrittene Frage
höchstrichterlich geklärt wird, um eine einheitliche Anwendung und Auslegung
des Bundesrechts herbeizuführen und damit eine erhebliche Rechtsunsicherheit
auszuräumen (BGE 144 III 164, E. 1; 141 III 159 E. 1.2 S. 161; 139 III 209 E.
1.2 S. 210; 137 III 580 E. 1.1 S. 582 f.).

1.2.2. Die Berufung ist grundsätzlich reformatorischer Natur (vgl. Art. 318
Abs. 1 lit. b ZPO), wobei die ZPO - insbesondere zufolge der vollen Kognition
der Berufungsinstanz in Sachverhaltsfragen (Art. 310 lit. b ZPO; vgl. dazu BGE
144 III 394 4.3.2.2 S. 400) - zu Recht nicht die gleichen Anforderungen an die
ausnahmsweise Fällung eines Rückweisungsentscheids stellt wie das BGG. Gemäss
Art. 318 Abs. 1 lit. c ZPO kann die Berufungsinstanz die Sache an die erste
Instanz nur zurückweisen, wenn entweder ein wesentlicher Teil der Klage nicht
beurteilt wurde (Ziffer 1) oder der Sachverhalt in wesentlichen Teilen zu
vervollständigen ist (Ziffer 2). Da Art. 318 ZPO als "Kann-Vorschrift"
ausgestaltet ist, entscheidet die Berufungsinstanz nach ihrem pflichtgemässen
Ermessen, ob sie ein reformatorisches oder kassatorisches Urteil fällt (BGE 144
III 394 E. 4.3.2.2). Deshalb kann einer Prozesspartei kein Rechtsanspruch auf
Fällung eines Rückweisungsentscheids zukommen (Urteil 5A_424/2018 vom 3.
Dezember 2018 E. 4.2).

Die Berufungseingabe hat bestimmten formellen Anforderungen zu genügen: Sie
muss Rechtsbegehren enthalten, aus welchen insbesondere hervorgehen soll, dass
und weshalb der Rechtsuchende einen Entscheid anficht und inwieweit dieser
geändert oder aufgehoben werden soll (BGE 137 III 617 E. 4.2.2; 134 II 244 E.
2.4.2). Mit Blick auf die reformatorische Natur der Berufung kann sich der
Berufungskläger grundsätzlich nicht damit begnügen, einen kassatorischen Antrag
zu stellen, sondern ist ebenfalls gehalten, einen Antrag in der Sache zu
formulieren. Seine Rechtsbegehren müssen zudem so bestimmt sein, dass sie im
Falle der Gutheissung der Klage unverändert zum Urteil erhoben werden können
(vgl. die Urteile 5A_464/2015 vom 6. November 2015 E. 3.3; 4A_383/2013 vom 2.
Dezember 2013 E. 3.2.1; 5A_199/2013 vom 30. April 2013 E. 4.3.1; vgl. dazu auch
CHRISTOPH HURNI, Zum Rechtsmittelgegenstand im Schweizerischen
Zivilprozessrecht, 2018, Rz. 513 f.; REETZ/THEILER, in: Sutter-Somm/Hasenböhler
/ Leuenberger [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen ZPO, 3. Aufl. 2016 N. 34
zu Art. 311 ZPO; BENEDIKT SEILER, Die Berufung nach ZPO, 2013, Rz. 877).

1.2.3. Daraus ergibt sich, dass für die Berufung grundsätzlich ein
reformatorisches Begehren ("Antrag in der Sache") gefordert wird. Da der Antrag
in der Sache jeweils nicht nur mit einem eventuellen, sondern durchaus auch
einem primären Kassationsbegehren ergänzt werden kann, besteht entgegen dem
Standpunkt des Beschwerdeführers kein allgemeines und dringendes Interesse
einer höchstrichterlichen Klärung, ob in gewissen Ausnahmefällen ein
kassatorisches Berufungsbegehren ausreichen könnte. Auf die Beschwerde in
Zivilsachen kann nicht eingetreten werden.

1.3. Mit der subsidiären Verfassungsbeschwerde kann einzig die Verletzung
verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Art. 116 BGG). Diesbezüglich gilt
eine qualifizierte Rügepflicht. Das Bundesgericht prüft die Verletzung
verfassungsmässiger Rechte nur, wenn diese Rüge gemäss den Anforderungen von
Art. 106 Abs. 2 i.V.m. Art. 117 BGG ausdrücklich vorgebracht und klar und
detailliert begründet wird (BGE 140 V 136 E. 1.1; 138 I 171 E. 1.4; 136 I 332
E. 2.1; 134 V 138 E. 2.1; 133 III 439 E. 3.2 S. 444). Die beschwerdeführende
Partei soll in der Beschwerdeschrift nicht bloss die Rechtsstandpunkte, die sie
im vorinstanzlichen Verfahren eingenommen hat, erneut bekräftigen, sondern mit
ihrer Kritik an den als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz
ansetzen (BGE 140 III 86 E. 2 S. 89; 121 III 397 E. 2a S. 400; je mit
Hinweisen).

1.3.1. Wenn das Gesetz - wie hier die ZPO - formelle Anforderungen stellt,
damit auf eine Eingabe eingetreten werden kann, so muss im Rahmen der
Begründung dargelegt werden, dass entweder diese formellen Anforderungen
willkürlich angewendet wurden oder die Gesetzesnorm selbst der Verfassung
widerspricht. Letzteres ist hier nicht möglich, da die ZPO ein Bundesgesetz
ist, welches für das Bundesgericht massgebend ist (Art. 190 BV). Der
Beschwerdeführer macht sodann nicht einmal sinngemäss geltend, dass die
formellen Anforderungen an eine Berufungsschrift bzw. an deren Rechtsbegehren
willkürlich angewandt worden seien.

1.3.2. Insoweit der Beschwerdeführer schliesslich eine Verletzung von Art. 29
Abs. 2 BV rügt, zeigt er nicht auf, inwiefern ihm das rechtliche Gehör durch
den vorinstanzlichen Nichteintretensentscheid verweigert worden sein soll. So
sind der Beschwerde unter dem Titel "Formelles" zwar ausführliche allgemeine
Ausführungen zum Umfang des rechtlichen Gehörs nach Art. 29 Abs. 2 BV zu
entnehmen. Indem sich der Beschwerdeführer unter der Überschrift "Materielle
Vorbringen" indes darauf beschränkt, einerseits "integral auf die vorstehenden
Ausführungen" zur Beschwerde in Zivilsachen zu verweisen und andererseits zu
wiederholen, es sei im kantonalen Rechtsmittelverfahren diverse Male ein
erstinstanzliches Beweisverfahren verlangt worden, erfüllt er die Anforderungen
an eine Verfassungsrüge nicht. Er bekräftigt damit lediglich seine
vorinstanzliche Rechtsauffassung, ohne sich mit den Erwägungen des
angefochtenen Entscheides auseinanderzusetzen, geschweige denn zu begründen,
inwiefern verfassungsmässige Rechte verletzt sein sollen (Art. 116 i.V.m. Art.
106 Abs. 2 BGG). Zufolge rechtsungenüglicher Rüge kann auch auf die subsidiäre
Verfassungsbeschwerde nicht eingetreten werden.

2.

Ausgangsgemäss sind die Gerichtskosten dem unterliegenden Beschwerdeführer
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Da auf die Einholung einer Beschwerdeantwort
verzichtet wurde, ist die Beschwerdegegnerin praxisgemäss mangels erwachsenen
Aufwands für das Verfahren vor Bundesgericht nicht zu entschädigen (Art. 68
Abs. 1 und 2 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.

Auf die Beschwerde in Zivilsachen sowie die subsidiäre Verfassungsbeschwerde
wird nicht eingetreten.

2.

Die Gerichtskosten von insgesamt Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer
auferlegt.

3.

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 27. Mai 2019

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Kiss

Der Gerichtsschreiber: Hug