Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Subsidiäre Verfassungsbeschwerde 2D.62/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

2D_62/2019

Urteil vom 21. November 2019

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Seiler, Präsident,

Gerichtsschreiber Kocher.

Verfahrensbeteiligte

A.A.________ und B.A.________,

Beschwerdeführer,

gegen

Steueramt U.________,

Steuerverwaltung des Kantons Thurgau, Schlossmühlestrasse 9, 8510 Frauenfeld.

Gegenstand

Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Thurgau, Steuerperioden 2016 und 2017;
Steuererlass,

Beschwerde gegen den Entscheid der Steuerrekurskommission des Kantons Thurgau
vom 30. Oktober 2019 (STRE.2019.86).

Erwägungen:

1.

1.1. Die Eheleute A.A.________ und B.A.________ (nachfolgend: die
Steuerpflichtigen) ersuchten am 17. März 2019 beim Steueramt U.________/TG um
Erlass der Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Thurgau, Steuerperioden 2016
und 2017, im Betrag von Fr. 3'098.80. Das örtliche Steueramt wies das Gesuch ab
(Entscheid vom 6. Mai 2019).

1.2.

1.2.1. Dagegen gelangten die Steuerpflichtigen an die Steuerrekurskommission
des Kantons Thurgau, was zur Abweisung des Rekurses führte (Entscheid
STRE.2019.86 vom 30. Oktober 2019). Die Begründung ging dahin, gemäss § 194
Abs. 1 des Gesetzes (des Kantons Thurgau) vom 14. September 1992 über die
Staats- und Gemeindesteuern (StG/TG; RB 640.1) könne auf schriftliches Gesuch
hin der Steuererlass ganz oder teilweise gewährt werden, wenn Verhältnisse
vorlägen, bei denen die Bezahlung der Steuer oder einer Steuerbusse unmöglich
oder zur grossen Härte wird. Ein Härtefall sei anzunehmen, wenn der geschuldete
Betrag in einem Missverhältnis zur finanziellen Leistungsfähigkeit der
steuerpflichtigen Person stehe. Bei natürlichen Personen sei ein solches
Missverhältnis insbesondere gegeben, wenn die Steuerschuld trotz bis auf das
Existenzminimum eingeschränkter Lebenshaltungskosten in absehbarer Zeit nicht
vollumfänglich beglichen werden könne (§ 50b Abs. 1 der Verordnung [des Kantons
Thurgau] vom 10. November 1992 zum Gesetz über die Staats- und Gemeindesteuern
[StV/TG; RB 640.11]).

1.2.2. Im konkreten Fall verfügten die Steuerpflichtigen, so die Vorinstanz,
über monatliche Einnahmen von Fr. 4'530.--, darin enthalten die
Ergänzungsleistungen zu den Renten der Eidg. AHV und die individuellen
Verbilligungen der Krankenkassenprämien (IPV). Das massgebende
betreibungsrechtliche Existenzminimum (Notbedarf) nach Art. 93 SchKG belaufe
sich auf Fr. 4'170.--. Zu berücksichtigen seien der Grundbetrag (Fr. 1'700.--),
der Mietzins (Fr. 1'622.--) und die Krankenkassenprämien (Fr. 848.--). Weder
die Einnahmen noch den Notbedarf seien bestritten. Mit dem Überschuss von Fr.
360.-- pro Monat sei es den Steuerpflichtigen möglich, den Steuerausstand von
Fr. 3'098.80 innerhalb von rund neun Monaten zu tilgen. Praxisgemäss begründe
zwar ein Tilgungszeitraum von 14 Monaten eine finanzielle Notlage, nicht aber
ein solcher von neun Monaten. Das Vorliegen einer finanziellen Härte sei daher
zu verneinen.

1.3. Mit Eingabe vom 18. November 2019 erheben die Steuerpflichtigen beim
Bundesgericht Beschwerde. Sie beantragen sinngemäss, der angefochtene Entscheid
sei aufzuheben und es sei der Steuererlass auszusprechen. Sie verweisen auf
ihre kleinen AHV-Renten und gesundheitliche Probleme, welche Spitalaufenthalte
im Dezember 2019 (Frau) bzw. Januar 2020 (Mann) erforderten. Sie lebten
bescheiden, suchten keine Restaurants auf, rauchten nicht und tränken keinen
Alkohol. Manchmal wünschten sie sich einen Besuch beim Coiffeur, was aber
insgesamt etwa Fr. 120.-- kosten würde und daher unerschwinglich sei. Vor allem
möchten sie auch verhindern, dass neue Schulden entstünden.

1.4. Der Abteilungspräsident als Instruktionsrichter (Art. 32 Abs. 1 BGG [SR
173.110]) hat von Instruktionsmassnahmen abgesehen.

2.

2.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten steht nicht zur
Verfügung (Art. 83 lit. m BGG). Zu prüfen bleibt, wie es sich mit der
subsidiären Verfassungsbeschwerde (Art. 113 ff. BGG) verhält. Mit diesem
Rechtsmittel kann ausschliesslich die Verletzung verfassungsmässiger
Individualrechte gerügt werden (Art. 116 BGG; BGE 142 II 259 E. 4.2 S. 262),
wobei die qualifizierte Rüge- und Begründungsobliegenheit herrscht (Art. 117 in
Verbindung mit Art. 106 Abs. 2 BGG). In der Beschwerde ist daher klar und
detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen, dass
und inwiefern verfassungsmässige Individualrechte verletzt worden sein sollen
(BGE 145 II 32 E. 5.1 S. 41). Rein appellatorische Kritik genügt diesen
Anforderungen nicht (BGE 145 I 121 E. 2.1 S. 133).

2.2. Gemäss § 194 Abs. 1 StG/TG "kann" auf schriftliches Gesuch der
Steuererlass - bei gegebenen Voraussetzungen - ganz oder teilweise
ausgesprochen werden (vorne E. 1.2.1). Verschiedene andere Kantone kennen
ähnliche Formulierungen, woraus das Bundesgericht durchwegs abgeleitet hat, es
bestehe kein Rechtsanspruch auf Steuererlass (statt aller: Urteil 2C_735/2019
vom 7. Oktober 2019 E. 2.3.2 zum Kanton Aargau). Vor diesem Hintergrund zeigt
sich, dass (auch) § 194 StG/TG kein Rechtsanspruch auf Stundung oder Erlass der
Steuern, Zinsen, Bussen oder Kosten zu entnehmen ist. Die Verweigerung des
Steuererlasses trifft die Steuerpflichtigen deshalb nicht in rechtlich
geschützten Interessen (Art. 115 lit. b BGG), weshalb ihnen die Legitimation
fehlt, um im Erlasspunkt Rügen vorzubringen.

2.3. Fehlt ein rechtlich geschütztes Sachinteresse, bleibt es den
Steuerpflichtigen immerhin möglich, mit der Verfassungsbeschwerde diejenigen
Rechte als verletzt zu rügen, deren Missachtung auf eine formelle
Rechtsverweigerung hinausläuft. Das erforderliche rechtlich geschützte
Verfahrensinteresse ergibt sich diesfalls aus der Berechtigung der Partei, am
Verfahren teilzunehmen und ihre Parteirechte auszuüben ("Star-Praxis"; Urteil
6B_773/2017 vom 21. Februar 2018 E. 1.1, nicht publ. in: BGE 144 IV 57; BGE 141
IV 1 E. 1.1 S. 5). Unter diesem Titel kann etwa vorgebracht werden, auf ein
Rechtsmittel sei zu Unrecht nicht eingetreten worden, die beschwerdeführende
Person sei nicht angehört worden, sie habe keine Gelegenheit erhalten,
Beweisanträge zu stellen, oder die Akteneinsicht sei ihr verwehrt worden (BGE
114 Ia 307 E. 3c S. 313). Unzulässig sind dagegen Vorbringen, die im Ergebnis
auf eine materielle Überprüfung des angefochtenen Entscheids hinauslaufen, so
etwa, die Begründung sei unvollständig oder zu wenig differenziert bzw. die
Vorinstanz habe sich nicht oder in willkürlicher Weise mit den Argumenten der
Partei auseinandergesetzt und Beweisanträge in offensichtlich unhaltbarer
antizipierter Beweiswürdigung abgelehnt (BGE 137 II 305 E. 2 S. 308).

2.4. Die Steuerpflichtigen erheben im bundesgerichtlichen Verfahren keine
derartigen, von der materiellen Überprüfung losgelösten Gehörsrügen. Aus ihrer
Eingabe geht zwar hervor, dass sie AHV-Rentner sind und Ergänzungsleistungen
beziehen, was im Übrigen auch die Vorinstanz festgestellt hatte. Entsprechend
ist es nachvollziehbar, dass die Steuerpflichtigen nur über einen engen
finanziellen Spielraum verfügen, der nicht alle Wünsche zulässt. Dies alles hat
das Bundesgericht aber nicht zu hören, weil im Kanton Thurgau kein
Rechtsanspruch auf Steuererlass besteht (vorne E. 2.2). Zulässige Rügen, die
auf eine formelle Rechtsverweigerung hinauslaufen könnten (vorne E. 2.3),
lassen sich der Eingabe nicht entnehmen, selbst wenn berücksichtigt wird, dass
es sich um eine Laienbeschwerde handelt, weshalb die formellen Anforderungen
nicht allzu hoch anzusetzen sind (Urteil 2C_925/2019 vom 11. November 2019 E.
3.3).

2.5. Die Beschwerde enthält offensichtlich keine hinreichende Begründung (Art.
42 Abs. 2 BGG). Es ist darauf nicht einzutreten, was durch einzelrichterlichen
Entscheid des Abteilungspräsidenten als Instruktionsrichter zu geschehen hat
(Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG).

3.

Nach dem Unterliegerprinzip sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens
der unterliegenden Partei aufzuerlegen (Art. 65 und Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).
Mit Blick auf die besonderen Umstände kann von einer Kostenverlegung abgesehen
werden (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). Der Einwohnergemeinde U.________/TG, die in
ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegt, ist keine Parteientschädigung
zuzusprechen (Art. 68 Abs. 3 BGG).

 Demnach erkennt der Präsident:

1.

Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.

Für das bundesgerichtliche Verfahren werden keine Kosten erhoben.

3.

Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, der Steuerrekurskommission des
Kantons Thurgau und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 21. November 2019

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Der Gerichtsschreiber: Kocher