Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.892/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

2C_892/2019

Urteil vom 16. Dezember 2019

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Seiler, Präsident,

Gerichtsschreiber Hugi Yar.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

Beschwerdeführer,

vertreten durch Rechtsanwalt Peter Ruggle,

gegen

Aufsichtskommission über die Rechtsanwälte des Kantons Graubünden, c/o
Präsident Dr. iur. Norbert Brunner,

Poststrasse 14, 7001 Chur,

B.________,

Beschwerdegegner.

Gegenstand

Disziplinarverfahren,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden, 1.
Kammer, vom 23. August 2019 (U 19 75).

Erwägungen:

1.

1.1. Rechtsanwalt Dr. iur. B.________ hatte bis zum Jahr 2010 A.________
beraten und in rechtlichen Angelegenheiten vertreten. In dieser Eigenschaft
hatte er diverse Bargeldtransaktionen für A.________ ausgeführt; insbesondere
hat er Bargeld entgegengenommen und dieses in der Folge - nach Bezahlung von
verschiedenen Rechnungen - an die von A.________ bezeichneten Stellen
weitergeleitet.

1.2. A.________ gelangte am 15. Februar 2016 an die Aufsichtskommission der
Rechtsanwälte des Kantons Graubünden (AKR) mit dem sinngemässen Antrag, die
Mandatsführung von Rechtsanwalt B.________ zu überprüfen und ihn wegen der
Verletzung von Berufsregeln zu sanktionieren. Die Aufsichtskommission
verzichtete am 19. April 2016 auf die Einleitung eines Disziplinarverfahrens;
sie begründete dies damit, dass der Anzeigeerstatter keinen Beweis habe
erbringen können, dass die Rechenschaftsablage nicht vollständig gewesen sei
und diesbezüglich eine Sorgfaltspflichverletzung nach dem Bundesgesetz vom 23.
Juni 2000 über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte (Anwaltsgesetz [SR
935.61; BGFA]) vorliege. Das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden trat am
3. August 2016 auf die hiergegen gerichtete Beschwerde nicht ein.

2.

2.1. Am 22. Oktober 2018 gelangte A.________ erneut mit einer Aufsichtsanzeige
an die Aufsichtskommission. Er machte geltend, seine Anschuldigungen gegen
Rechtsanwalt B.________ seien Gegenstand eines Strafverfahrens und würden
Veruntreuungen beziehungsweise Aneignungen von rund Fr. 1.1 Mio. betreffen.
Rechtsanwalt B.________ mache zu Unrecht geltend, dass es sich bei den Geldern
um einen Garantiebetrag für allfällige Steuern der ESTV gegenüber handle, für
die er infolge seiner Tätigkeit als Verwalter der im Ausland domizilierten
Firmen C.________ und D.________ persönlich hafte. Rechtsanwalt B.________
machte geltend, Ausschüttungen bei der ESTV im Hinblick auf allfällig
geschuldete Verrechnungssteuern angemeldet zu haben; das entsprechende
Verfahren sei noch nicht abgeschlossen. Die Aufsichtskommission der
Rechtsanwälte des Kantons Graubünden hielt mit Beschluss vom 23. Mai 2019 fest,
dass bis anhin kein "grobes Fehlverhalten" erstellt werden konnte; ein grobes,
schuldhaftes, d.h. vorsätzliches und fahrlässiges, Fehlverhalten seitens von
Rechtsanwalt B.________ sei nicht ersichtlich. Die Beteiligten müssten - so die
Aufsichtskommission weiter - zuerst den Ausgang der steuerrechtlichen,
strafrechtlichen und allenfalls zivilrechtlichen Verfahren abwarten, bevor
ermittelt werden könne, ob Anhaltspunkte für ein grobes Fehlverhalten von
Rechtsanwalt B.________ bestünden. Auf die Eröffnung eines
Disziplinarverfahrens sei "zum jetzigen Zeitpunkt" zu verzichten.

2.2. Mit Urteil vom 23. August 2019 trat das Verwaltungsgericht des Kantons
Graubünden auf die hiergegen gerichtete Beschwerde nicht ein. Es verneinte die
Beschwerdelegitimation des Anzeigers und hielt fest, eine disziplinarrechtliche
Untersuchung rechtfertige sich frühstens nach "Abschluss des steuerrechtlichen
und allenfalls zivilrechtlichen Verfahrens".

2.3. Die Staatsanwaltschaft Graubünden stellte am 5. Juni 2019 das gegen
Rechtsanwalt B.________ gerichtete Strafverfahren ein; der Beschuldigte habe
aufgrund seiner Intervention bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung seinen
Willen bekundet, die Gelder auszubezahlen, sobald feststehe, dass er nicht mehr
persönlich zur Bezahlung einer allfälligen Verrechnungssteuer zur Rechenschaft
gezogen werden könne. Der "Ersatzwille" und die "Ersatzfähigkeit" von
Rechtsanwalt B.________ seien gegeben. Weitere Ermittlungshandlungen, die an
diesem Beweisergebnis etwas ändern könnten, bestünden nicht.

2.4. A.________ beantragt vor Bundesgericht, das Urteil des Verwaltungsgerichts
des Kantons Graubünden vom 23. August 2019 aufzuheben und ein
Disziplinarverfahren gegen Rechtsanwalt B.________ einzuleiten.

3.

3.1. Das Bundesgericht wendet das Recht grundsätzlich von Amtes wegen an (Art.
106 Abs. 1 BGG); es ist indessen nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche
Behörde alle sich potentiell stellenden Fragen zu beantworten, wenn diese ihm
nicht mehr formell korrekt unterbreitet werden (vgl. BGE 143 II 283 E. 1.2.2 S.
286; 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). Eine qualifizierte Rügepflicht gilt
hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten und von kantonalem sowie
interkantonalem Recht (vgl. BGE 139 I 229 E. 2.2 S. 232 mit Hinweisen). Das
Bundesgericht ist zudem an den Sachverhalt gebunden, wie die Vorinstanz ihn
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser erweise sich in
einem entscheidwesentlichen Punkt als offensichtlich falsch oder unvollständig
(Art. 105 Abs. 2 BGG). Es gilt auch diesbezüglich die qualifizierte
Begründungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 133 II 249 E. 1.4.3 S. 254
f.).

3.2. Die vorliegende Beschwerde genügt den gesetzlichen Begründungsvorgaben
nicht: Der Beschwerdeführer wiederholt lediglich appellatorisch, was er bereits
im kantonalen Verfahren vorgebracht hat; er setzt sich mit der Argumentation
der Vorinstanz - entgegen seiner Begründungspflicht (Art. 42 und 106 Abs. 2
BGG) - nicht sachbezogen auseinander. Der Beschwerdeführer kritisiert zwar die
Sachverhaltsfeststellung bzw. die Beweiswürdigung, legt jedoch nicht dar,
inwiefern die Vorinstanz den Sachverhalt in klar unhaltbarer Weise ermittelt
oder gewürdigt hätte (vgl. BGE 144 V 50 E. 4.2 S. 53 mit Hinweisen; 134 II 244
E. 2.3 S. 246 f.; 130 I 258 E. 1.3 S. 261 f.). Eine "appellatorische"
Begründung genügt im bundesgerichtlichen Verfahren praxisgemäss den
gesetzlichen Begründungsanforderungen nicht (LAURENT MERZ, in: Niggli/Uebersax/
Wiprächtiger/Kneubühler [Hrsg.], Basler Kommentar BGG, 3. Aufl. 2018, N. 53 zu
Art. 42 BGG mit Hinweisen). Die beschwerdeführende Partei muss in gezielter
Auseinandersetzung mit den für das Ergebnis des angefochtenen Entscheids
massgeblichen Erwägungen in gedrängter Form plausibel darlegen, inwiefern die
Vorinstanz Rechte bzw. Rechtsnormen verletzt hat (BGE 140 III 86 E. 2 S. 88 ff.
mit Hinweisen).

3.3. Gegenstand vor Bundesgericht bildet ausschliesslich der
Nichteintretensentscheid vom 23. Mai 2019 des Verwaltungsgerichts des Kantons
Graubünden. Sämtliche Ausführungen in der Sache selber sind somit nicht
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens und deshalb unbeachtlich. Der
Beschwerdeführer beruft sich auf Art. 6 EMRK, legt aber nicht dar, inwiefern
die Vorinstanz unter welchem Titel (Zivil- oder Strafverfahren usw.) die
Tragweite dieser Bestimmung verkannt haben soll. Dies ist auch nicht
ersichtlich: Dem Beschwerdeführer steht das steuerrechtliche, das
strafrechtliche und das zivilrechtliche Verfahren offen, um seine Ansprüche
geltend machen zu können. Es ist somit nicht ersichtlich, inwiefern Art. 6 EMRK
verletzt sein soll, wenn er im Disziplinarverfahren (allenfalls noch) nicht
über die Beschwerdebefugnis verfügt. Die verschiedenen aufsichtsrechtlichen
Entscheide wiesen auf die möglichen und teilweise bereits eingeschlagenen
offenstehenden Verfahren hin, um den Sachverhalt abzuklären und gegebenenfalls
danach noch einmal an die Aufsichtskommission gelangen zu können. Der
Beschwerdeführer hat denn auch nach eigenen Angaben die Einstellung des
Strafverfahrens angefochten; das Verfahren ist offenbar noch hängig.

3.4. Nach konstanter Rechtsprechung dient das anwaltsrechtliche
Disziplinarverfahren dem allgemeinen öffentlichen Interesse an der korrekten
Berufsausübung durch die Rechtsanwälte und nicht der Wahrung individueller
privater Anliegen. Der Anzeiger wird durch die Nichteinleitung oder Einstellung
eines Disziplinarverfahrens deshalb nicht in schutzwürdigen eigenen Interessen
betroffen. Der Beschwerdeführer anerkennt, dass dem Anzeiger die Legitimation
zur Beschwerde fehlt, wenn es um die nachträgliche disziplinarrechtliche
Sanktionierung geht. Mangels eines schutzwürdigen Interesses verleiht die
Rechtsweggarantie nach Art. 29a BV dem Anzeiger ebenfalls keinen Anspruch, auf
kantonaler Ebene eine gerichtliche Überprüfung der erwähnten Entscheide zu
erwirken (vgl. zudem BGE 132 II 250 E. 4.1-4.4 S. 253 ff.; Urteil 2C_122/2009
vom 22. September 2009 E. 3; siehe auch BGE 138 II 162 2.1.2). Der
Beschwerdeführer legt nicht in nachvollziehbarer Weise dar, inwiefern die
Annahme der Vorinstanz, er sei als Anzeiger im Aufsichtsverfahren - zumindest
zur Zeit - nicht beschwerdeberechtigt, rechts- und insbesondere
verfassungswidrig wäre.

3.5. Der Beschwerdeführer macht hingegen geltend, dass er eine
Strafuntersuchung verlangt habe. Es ist jedoch nicht ersichtlich, inwiefern die
Aufsichtskommission oder das Verwaltungsgericht hierfür zuständig gewesen
wären. Ob der Beschwerdegegner den Beschwerdeführer "mit falschen Dokumenten"
hingehalten hat, ist eine materielle Frage, die als solche nichts mit dem
Nichteintretensentscheid der Vorinstanz zu tun hat. Soweit der Beschwerdeführer
einwendet, der Entscheid des Verwaltungsgerichts komme einer Rechtsverweigerung
gleich, legt er nicht dar, inwiefern dies der Fall sein soll: Die
Aufsichtskommission ist zutreffend davon ausgegangen, dass die strafrechtlichen
Abklärungen durch die entsprechenden Behörden zu erfolgen hätten; die
Einstellungsverfügung nimmt ihrerseits auf den Entscheid der
Aufsichtskommission Bezug. Der Beschwerdeführer hat die Einstellungsverfügung
angefochten; das entsprechende Verfahren ist offenbar noch hängig; er wird dort
seine strafrechtliche Argumentation vortragen können. Inwiefern das
angefochtene Urteil und die Einstellungsverfügung widersprüchlich sein sollen,
legt der Beschwerdeführer nicht weiter dar; er behauptet dies einfach.

3.6. Die Aufsichtskommission geht davon aus, dass zuerst die Verfahren in der
Sache (steuer-, straf- und zivilrechtliches Verfahren) zu erledigen sind; erst
dann könne über die Notwendigkeit entschieden werden, ob im Interesse der
Allgemeinheit ein Disziplinarverfahren zu eröffnen sei oder nicht. Inwiefern
diese Annahme unhaltbar sein soll, legt der Beschwerdeführer wiederum nicht
dar. Sollten sich aus dem Steuer-, Straf- und Zivilverfahren Hinweise auf eine
Verletzung aufsichtsrechtlicher Normen ergeben, steht es dem Beschwerdeführer
frei, diese erneut der Aufsichtskommission anzuzeigen.

4.

4.1. Auf die Beschwerde ist mangels Legitimation und einer den Anforderungen
von Art. 42 bzw. 106 BGG genügenden Begründung nicht einzutreten. Dies kann
durch den Einzelrichter im Verfahren nach Art. 108 BGG geschehen.

4.2. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die
Kosten für das bundesgerichtliche Verfahren zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Es
sind keine Parteientschädigungen geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.

Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.

Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.

Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Verwaltungsgericht des
Kantons Graubünden, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 16. Dezember 2019

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar