Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.60/2019
Zurück zum Index II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2019
Retour à l'indice II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2019


TypeError: undefined is not a function (evaluating '_paq.toString().includes
("trackSiteSearch")') https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/aza/http/
index.php?highlight_docid=aza%3A%2F%2Faza://25-11-2019-2C_60-2019&lang=de&zoom=
&type=show_document:1900 in global code 
 

Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

2C_60/2019

Urteil vom 25. November 2019

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Seiler, Präsident,

Bundesrichter Donzallaz, Stadelmann,

Gerichtsschreiber A. Brunner.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

Beschwerdeführer,

vertreten durch Rechtsanwältin Lena Weissinger,

gegen

Amt für Migration und Zivilrecht des Kantons Graubünden, Karlihof 4, 7000 Chur,

Departement für Justiz, Sicherheit und Gesundheit des Kantons Graubünden,

Hofgraben 5, 7001 Chur.

Gegenstand

Widerruf der Jahresaufenthaltsbewilligung,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden, 1.
Kammer, vom 27. November 2018 (U 17 75).

Sachverhalt:

A.

A.a. A.________ (geb. 1972) ist algerischer Staatsangehöriger. Ende November
1997 reiste er unter Benützung einer falschen Identität in die Schweiz ein und
stellte ein Asylgesuch. Dieses Asylgesuch wurde im Juli 1998 abgelehnt und
A.________ aus der Schweiz weggewiesen. Gegen die abschlägige Verfügung erhob
A.________ ein Rechtsmittel. Während des laufenden Rechtsmittelverfahrens wurde
er Vater von B.________ (geb. 2000), der aufgrund der Schweizer
Staatsbürgerschaft seiner Mutter über das schweizerische Bürgerrecht verfügt.
Die Beschwerde A.________s gegen den negativen Asylentscheid und die
Wegweisungsanordnung blieb ohne Erfolg.

A.b. Im März 2007 ersuchte A.________ beim Amt für Migration und Zivilrecht des
Kantons Graubünden (nachfolgend: AFM) um die Erteilung einer
Aufenthaltsbewilligung. Im September 2007 lehnte das AFM dieses Gesuch ab.
A.________ verzichtete in der Folge zunächst auf die Erhebung eines
Rechtsmittels, stellte im Jahr 2008 aber ein Wiedererwägungsgesuch. Auf dieses
Gesuch trat das AFM nicht ein; eine dagegen erhobene Beschwerde wies das
Departement für Justiz, Sicherheit und Gesundheit des Kantons Graubünden
(nachfolgend: DJSG) im Juni 2009 ab.

A.c. Am 1. März 2011 verweigerte das Zivilstandsamt U.________ die Trauung
A.________s mit der Schweizer Staatsbürgerin C.________ mangels Nachweises des
rechtmässigen Aufenthalts des Bräutigams. Eine dagegen erhobene
Verwaltungsbeschwerde wies das DJSG am 13. Juli 2011 ab.

A.d. Am 24. Dezember 2012 stellte A.________ beim AFM ein neuerliches Gesuch um
Erteilung einer Aufenthalts- bzw. Härtefallbewilligung, eventualiter um
Gewährung der vorläufigen Aufnahme. Am 19. Februar 2013 lehnte das AFM auch
dieses Gesuch ab; zur Begründung verwies es auf das Vorliegen einer
rechtskräftigen Wegweisungsanordnung, auf das Fehlen familiärer Beziehungen zum
Sohn und auf verschiedene aktenkundige strafrechtliche Verfehlungen
A.________s. Auf Beschwerde hin bestätigte das DJSG diesen Entscheid am 3. Juni
2013.

A.e. Am 27. März 2015 heirateten A.________ und C.________. A.________ wurde in
der Folge eine bis zum 26. März 2017 gültige Aufenthaltsbewilligung erteilt.
Bereits am 14. Dezember 2015 erliess das Bezirksgericht U.________ indes eine
Eheschutzverfügung und wies A.________ an, die eheliche Wohnung bis zum 31.
Dezember 2015 zu verlassen; weiter wurde ihm ab dem 1. Januar 2016 verboten,
sich seiner Ehefrau, ihrer Wohnung oder ihrem Arbeitsplatz anzunähern und/oder
mit ihr telefonisch, per SMS oder per E-Mail Kontakt aufzunehmen.

B.

Aufgrund der Auflösung der Ehebeziehung widerrief das AFM mit Verfügung vom 10.
Juni 2016 die Aufenthaltsbewilligung A.________s und wies ihn aus der Schweiz
weg. Den dagegen erhobenen kantonalen Rechtsmitteln war kein Erfolg beschieden
(vgl. Entscheid des DJSG vom 3. Juli 2017 und Urteil des Verwaltungsgerichts
des Kantons Graubünden vom 27. November 2018).

C.

Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 17. Januar 2019
gelangt A.________ an das Bundesgericht. Er beantragt die Aufhebung des Urteils
des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden vom 27. Januar 2018 und die
Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung. Prozessual ersucht er um Beiordnung
eines amtlichen Rechtsbeistands in Person seiner Rechtsvertreterin.

Mit Präsidialverfügung vom 22. Januar 2019 hat das Bundesgericht der Beschwerde
antragsgemäss aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Erwägungen:

1.

1.1. Angefochten ist der letztinstanzliche, verfahrensabschliessende Entscheid
eines kantonalen Gerichts auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts. Grundsätzlich
unterliegt dieser der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an
das Bundesgericht (vgl. Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG, Art. 90 BGG, Art. 82 lit. a
BGG).

1.2. Gemäss Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG ist die Beschwerde auf dem Gebiet des
Ausländerrechts unzulässig gegen Entscheide betreffend Bewilligungen, auf die
weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumen. Für das
Eintreten genügt, dass ein potentieller Anspruch in vertretbarer Weise dargetan
wird. Dies ist hier zumindest insoweit der Fall, als sich der Beschwerdeführer
auf Art. 50 Abs. 1 lit. b AIG (SR 142.20 [bis zum 31. Dezember 2018: AuG])
beruft. Ob die Bewilligungsvoraussetzungen gegeben sind, ist Gegenstand der
materiellen Beurteilung (BGE 136 II 177 E. 1.1 S. 179).

1.3. Die übrigen Eintretensvoraussetzungen (Art. 89 Abs. 1 BGG, Art. 100 Abs. 1
BGG, Art. 42 BGG) geben nicht zu Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde ist
einzutreten.

2.

2.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die
Verletzung von Bundesrecht und Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a und b
BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG).

2.2. Seinem Urteil legt das Bundesgericht den von der Vorinstanz festgestellten
Sachverhalt zu Grunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser sei
offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG (Art. 105 Abs. 2 BGG). Offensichtlich unrichtig ist die
Feststellung des Sachverhalts, wenn sie willkürlich ist (BGE 137 I 58 E. 4.1.2
S. 62).

3.

Da die vorliegende Beschwerde als offensichtlich unbegründet zu qualifizieren
ist, erfolgt nachfolgend lediglich eine summarische Begründung; für weitere
Einzelheiten kann auf den angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Art. 109
Abs. 2 lit. a und Abs. 3 BGG).

4.

4.1. Ausländische Ehegatten von Schweizerinnen und Schweizern (Art. 42 AIG)
haben, unter Vorbehalt von Erlöschensgründen (Art. 51 Abs. 1 AIG), Anspruch auf
Erteilung und Verlängerung ihrer Aufenthaltsbewilligung. Trotz Auflösens bzw.
definitiven Scheiterns der Ehe besteht der Bewilligungsanspruch fort, wenn das
Zusammenleben mindestens drei Jahre gedauert und die betroffene Person sich
hier erfolgreich integriert hat (Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG in der bis zum 31.
Dezember 2018 gültig gewesenen, vorliegend noch massgebenden Fassung
["Integrationsklausel"]; vgl. BGE 140 II 289 E. 3 S. 291 ff.; 138 II 229 E. 2
S. 230; 136 II 113 E. 3.3.3 S. 119; zum Intertemporalrecht vgl. Art. 126 Abs. 1
AIG analog), oder wenn wichtige persönliche Gründe geltend gemacht werden, die
einen weiteren Aufenthalt in der Schweiz erforderlich machen (Art. 50 Abs. 1
lit. b AIG; BGE 138 II 229 E. 3 S. 231 ff. ["nachehelicher Härtefall"]).

4.2. Zu Recht bringt der Beschwerdeführer im vorliegenden Verfahren nicht mehr
vor, gestützt auf Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG Anspruch auf Verlängerung der
Aufenthaltsbewilligung zu haben: Nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung -
und ihrem systematischen Verhältnis zu Art. 42 bzw. 43 AIG - ist nur auf die
Dauer der Ehegemeinschaft abzustellen; ehemalige Konkubinatspartner können
daraus nichts für sich ableiten (BGE 144 I 266 E. 2.6 und 2.7 S. 271 f.). Schon
mit Blick auf die kurze Dauer der zwischen dem Beschwerdeführer und C.________
gelebten Ehe fällt ein Aufenthaltsanspruch gestützt auf Art. 50 Abs. 1 lit. a
AuG daher ausser Betracht.

4.3. Dass wichtige persönliche Gründe einen weiteren Aufenthalt des
Beschwerdeführers in der Schweiz erforderlich machen würden (vgl. Art. 50 Abs.
1 lit. b AIG), macht der Beschwerdeführer nicht substanziiert geltend. Mit
Blick auf die Ausführungen in der Beschwerdeschrift ist darauf hinzuweisen,
dass eine erfolgreiche Integration zwar im Rahmen von Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG
massgeblich wäre, für eine Bewilligung nach Art. 50 Abs. 1 lit. b AIG hingegen
für sich genommen nicht ausreicht (vgl. Urteil 2C_822/2018 vom 23. August 2019
E. 3.3.4 m.w.H.). Nachdem eine Bewilligung nach Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG
vorliegend nicht in Frage kommt (vgl. E. 3.2 hiervor), braucht auf die
Ausführungen des Beschwerdeführers zu seiner sprachlichen, beruflichen und
sozialen Eingliederung in der Schweiz nicht weiter eingegangen zu werden. Dass
die soziale Wiedereingliederung in Algerien stark gefährdet sein könnte (Art.
50 Abs. 2 AIG), wird in der Beschwerde zwar behauptet, jedoch nicht hinreichend
substanziiert. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang namentlich, dass er erst
im Erwachsenenalter in die Schweiz eingereist ist. Hinzu kommt, dass der
Aufenthalt des Beschwerdeführers in der Schweiz grösstenteils illegal war (vgl.
BGE 130 II 39 E. 3 S. 42; Urteil 2C_411/2010 vom 9. November 2010 E. 4.3
m.w.H.).

4.4. Entgegen den Darlegungen des Beschwerdeführers verletzt der angefochtene
Entscheid damit weder Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG noch Art. 50 Abs. 1 lit. b AIG.

5.

Auch sonst ist der angefochtene Entscheid nicht zu beanstanden: Soweit sich der
Beschwerdeführer auf Art. 8 EMRK bzw. Art. 13 Abs. 1 BV beruft, ist darauf
hinzuweisen, dass der Sohn des Beschwerdeführers volljährig ist; die Beziehung
zu seinem Sohn fällt damit nicht in den Anwendungsbereich des Anspruchs auf
Achtung des Familienlebens, zumal ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis
offensichtlich nicht gegeben ist (BGE 144 II 1 E. 6.1 S. 12 f.). Aber auch der
Anspruch auf Achtung des Privatlebens ist nicht verletzt: Zwar hat der
Beschwerdeführer mehr als zehn Jahre in der Schweiz verbracht (vgl. zu dieser
Schwelle BGE 144 I 266 E. 3.9 S. 277 ff.). Dieser Aufenthalt beruht zum
grössten Teil jedoch auf der Weigerung des Beschwerdeführers, der
rechtskräftigen Wegweisungsanordnung (vgl. oben, Bst. A.a) Folge zu leisten
(vgl. Urteil 2C_30/2018 vom 5. Juli 2018 E. 6.2). Zu beachten ist überdies,
dass sich der Beschwerdeführer nach den verbindlichen Feststellungen der
Vorinstanz wirtschaftlich nicht erfolgreich in der Schweiz integriert hat und
darüber hinaus mehrfach straffällig geworden ist (vgl. angefochtener Entscheid,
E. 2.11). Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass die Fernhaltemassnahme
das Recht auf Achtung des Privatlebens tangieren würde, wäre die Massnahme
daher verhältnismässig. Art. 8 EMRK, Art. 13 BV und Art. 5 Abs. 2 BV sind -
soweit überhaupt einschlägig - nicht verletzt.

Soweit der Beschwerdeführer sodann eine Verletzung der Kinderrechtskonvention
geltend macht, zielt er angesichts der schon im vorinstanzlichen Verfahren
eingetretenen Volljährigkeit des Sohnes offensichtlich ins Leere. Nicht
nachvollziehbar ist auch, inwiefern sich aus Art. 12 EMRK (Recht auf
Eheschliessung) ableiten liesse, dass die Vorinstanz bzw. das AFM den Sohn
B.________ vor Erlass der Fernhaltemassnahme persönlich hätte anhören müssen.

6.

6.1. Der angefochtene Entscheid verletzt damit weder Bundesrecht noch
Völkerrecht. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erweist
sich mithin als unbegründet und ist abzuweisen.

6.2. Damit trägt der Beschwerdeführer die Verfahrenskosten (Art. 66 Abs. 1
BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).

6.3. Dem Antrag des Beschwerdeführers um Beiordnung eines amtlichen
Rechtsbeistands kann nicht stattgegeben werden, zumal sich die
Beschwerdebegründung in weiten Teilen auf eine appellatorische Kritik am
vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt beschränkt und die materiellen
Anträge im Lichte ihrer Begründung als aussichtslos erscheinen (Art. 64 Abs. 2
BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.

Das Gesuch um amtliche Verbeiständung wird abgewiesen.

3.

Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.

Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Graubünden, 1. Kammer, und dem Staatssekretariat für Migration
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 25. November 2019

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Der Gerichtsschreiber: Brunner