Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.581/2019
Zurück zum Index II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2019
Retour à l'indice II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2019


 

Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

2C_581/2019

Urteil vom 12. Juli 2019

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Seiler, Präsident,

Bundesrichter Zünd,

Bundesrichter Stadelmann,

Gerichtsschreiber Businger.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

Beschwerdeführer,

gegen

Kantonales Steueramt Zürich.

Gegenstand

Steuerperiode 2017, Ordnungsbusse,

Beschwerde gegen die Verfügung des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 2.
Abteilung, vom 16. Mai 2019 (GB.2019.00002).

Erwägungen:

1.

1.1. Mit Verfügung vom 27. November 2018 auferlegte das Steueramt des Kantons
Zürich A.________ eine Ordnungsbusse von Fr. 100.-- wegen nicht fristgerechten
Einreichens der Steuererklärung für die Steuerperiode 2017. Nachdem das
Steueramt die Ordnungsbusse mit Einspracheentscheid vom 12. April 2019
bestätigt hatte, erhob A.________ Beschwerde beim Verwaltungsgericht des
Kantons Zürich. Dieses forderte ihn mit Verfügung vom 16. Mai 2019 auf, einen
Kostenvorschuss von Fr. 750.-- zu leisten, weil er der Zürcher Justiz noch
Kosten von Fr. 32'617.85 aus früheren Verfahren schulde, ansonsten auf die
Beschwerde nicht eingetreten würde.

1.2. Mit einer als "Beschwerde in Strafsachen" bezeichneten Eingabe vom 15.
Juni 2019 beantragt A.________ dem Bundesgericht, die angefochtene Verfügung
und die verhängte Ordnungsbusse seien aufzuheben, eventualiter sei die Sache
zum Neuentscheid zurückzuweisen. Das Bundesgericht hat weder die
vorinstanzlichen Akten beigezogen noch andere Instruktionsmassnahmen verfügt.

2.

2.1. Die vom Steueramt des Kantons Zürich verhängte Ordnungsbusse stützt sich
auf Art. 174 DBG (SR 642.11). Gegen letztinstanzliche kantonale Entscheide ist
deshalb die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zu ergreifen,
während die Strafgerichtsbarkeit ausgeschlossen ist (Art. 182 Abs. 2 DBG). Dies
ist dem Beschwerdeführer aus früheren Verfahren bekannt (Urteil 2C_817/2016 vom
10. November 2016). Seine Eingabe ist deshalb als Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten entgegenzunehmen.

2.2. Angefochten ist eine verfahrensleitende Verfügung des Verwaltungsgerichts.
Die Beschwerde ist deshalb nur zulässig, wenn der vorinstanzliche Entscheid
einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a
BGG). Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung können Zwischenentscheide, mit
denen ein Kostenvorschuss verlangt wird, einen nicht wieder gutzumachenden
Nachteil bewirken, wenn die Zahlungsaufforderung mit der Androhung verbunden
wird, dass im Säumnisfall auf die Klage oder das Rechtsmittel nicht eingetreten
werde (BGE 133 V 402 E. 1.2 S. 403; 128 V 199 E. 2b und 2c S. 202 ff.). Dies
gilt jedenfalls dann, wenn sich der Beschwerdeführer gleichzeitig auf seine
Mittellosigkeit beruft (Urteil 2C_1058/2016 vom 5. Dezember 2016 E. 3). Im
vorliegenden Fall wurde dem Beschwerdeführer in der angefochtenen Verfügung im
Säumnisfall das Nichteintreten auf die Beschwerde angedroht. Der
Beschwerdeführer beruft sich allerdings nicht darauf, dass er mittellos sei und
den Vorschuss nicht bezahlen könne. Die Frage nach dem nicht wieder
gutzumachenden Nachteil muss indessen nicht abschliessend entschieden werden,
weil sich die Beschwerde als offensichtlich unbegründet erweist und im
vereinfachten Verfahren erledigt werden kann (Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG).

3.

3.1. Streitgegenstand ist ausschliesslich die Zulässigkeit des von der
Vorinstanz geforderten Kostenvorschusses. Auf den Antrag auf Aufhebung der
Ordnungsbusse sowie die übrigen nicht sachbezogenen Vorbringen in der
Beschwerde kann deshalb nicht eingetreten werden.

3.2. Der Beschwerdeführer macht geltend, dass das steuerrechtliche
Ordnungsbussenverfahren ein Strafverfahren sei. Vom Beschuldigten dürfe deshalb
kein Kostenvorschuss verlangt werden. Andernfalls werde der Anspruch auf Zugang
zum Gericht verletzt.

3.2.1. Das Bundesgericht hat entschieden, dass im Strafverfahren von der
beschuldigten Person im kantonalen Rechtsmittelverfahren kein Kostenvorschuss
verlangt werden dürfe. Dies ergebe sich aus Art. 383 Abs. 1 StPO, der lediglich
die Vorschusspflicht der Privatklägerschaft vorsehe. Der Gesetzgeber wolle der
beschuldigten Person den Zugang zu einer Rechtsmittelinstanz nach Art. 6 EMRK
nicht erschweren (vgl. BGE 144 IV 17 E. 2.3 S. 20 f.; Urteil 1B_332/2012 vom
15. August 2012 E. 3.4). Auf diese Rechtsprechung kann sich der
Beschwerdeführer indessen nicht berufen, weil die StPO im steuerrechtlichen
Ordnungsbussenverfahren nicht anwendbar ist. Gemäss Art. 1 Abs. 2 StPO bleiben
die Verfahrensvorschriften anderer Bundesgesetze vorbehalten. Das DBG verweist
beim Steuerstrafverfahren auf die Vorschriften über die Verfahrensgrundsätze
und das Veranlagungs- und Beschwerdeverfahren, die sinngemäss gelten (Art. 182
Abs. 3 DBG). Dies schliesst nicht aus, dass strafprozessuale Grundsätze im
Verfahren Anwendung finden, wie z.B. das Aussageverweigerungsrecht der
beschuldigten Person (Art. 113 Abs. 1 StPO) oder die Unschuldsvermutung (Art.
10 StPO), besonders wenn diese Grundsätze bereits kraft höherrangigem Recht
gelten (vgl. ROMAN J. SIEBER/JASMIN MALLA, in: Martin Zweifel/Michael Beusch
[Hrsg.], Kommentar DBG, 3. Aufl. 2017, N. 4 der Vorb. zu Art. 182-183 DBG).
Ansonsten finden aber ausschliesslich die Verfahrensvorschriften des DBG
Anwendung (ANDREAS DONATSCH, Im Labyrinth des Steuerstrafrechts, recht 2/2019
S. 125) und, soweit diese keine Regelung enthalten, das kantonale
Verwaltungsverfahrensrecht (Urteil 2C_109/2011 vom 26. Mai 2011 E. 2; vgl. zum
Kostenvorschuss Urteil 2A.260/1997 vom 7. August 1998 E. 2b).

3.2.2. Auch wenn der Gesetzgeber in der StPO darauf verzichtet hat, die
beschuldigte Person im kantonalen Rechtsmittelverfahren mit Kostenvorschüssen
zu belasten, bedeutet dies nicht, dass die Vorschusspflicht der beschuldigten
Person per se unzulässig wäre. So kann das Bundesgericht bei Beschwerden in
Strafsachen gestützt auf Art. 62 Abs. 1 BGG von der beschuldigten Person einen
Kostenvorschuss verlangen (BGE 144 IV 17 E. 2.3 S. 20 f.). Und vor
Inkrafttreten der Eidgenössischen StPO hat das Bundesgericht die Erhebung eines
Kostenvorschusses von der beschuldigten Person gestützt auf kantonales
Strafprozessrecht als vereinbar mit den verfassungs- und konventionsrechtlichen
Garantien erachtet (BGE 128 I 237 E. 3 S. 238 f.; Urteil 1B_39/2010 vom 30.
März 2010 E. 4). Dies gilt auch in Bezug auf den Anspruch auf Zugang zum
Gericht, der bei Mittellosigkeit durch den Anspruch auf unentgeltliche
Rechtspflege gewährleistet wird (vgl. BGE 135 I 1 E. 7.1 S. 2; 131 I 350 E. 3.1
S. 355). Nachdem der Beschwerdeführer wie erwähnt nicht geltend macht, dass er
mittellos und nicht in der Lage sei, den Kostenvorschuss zu bezahlen, ist nicht
ersichtlich, inwieweit dieser Anspruch verletzt sein könnte. Angesichts der
moderaten Höhe von Fr. 750.-- kann auch keine Rede davon sein, dass die
Vorinstanz einen krass übersetzten Kostenvorschuss verlangt hat. Somit
verstösst der gestützt auf kantonales Prozessrecht (§ 15 des
Verwaltungsrechtspflegegesetzes [des Kantons Zürich] vom 24. Mai 1959 [VRG/ZH;
LS 175.2]) erhobene Kostenvorschuss nicht gegen übergeordnetes Recht. Die
Beschwerde erweist sich insoweit als unbegründet.

3.3. Der Beschwerdeführer rügt weiter, die Voraussetzungen zur Erhebung eines
Kostenvorschusses seien nicht erfüllt. Das Verwaltungsgericht hat den
Kostenvorschuss erhoben, weil der Beschwerdeführer der Zürcher Justiz Fr.
32'617.85 aus früheren Verfahren schulde (§ 15 Abs. 2 lit. b VRG/ZH). Der
Beschwerdeführer bestreitet diese Schulden nicht. Er macht geltend, die
Forderung des Kantons stamme aus Verfahren, in denen seine verfassungsmässigen
Rechte willkürlich verweigert worden seien, und er verrechne deshalb die
Forderung des Kantons mit einer Gegenforderung von Fr. 19'559'202.45 aus
Schadenersatz für widerrechtliche Handlungen staatlicher Organe. Diese
unsubstanziierten Vorbringen genügen weder den allgemeinen
Begründungsanforderungen von Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG noch dem bei der
Verletzung von Grundrechten geltenden strengen Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2
BGG). Darauf ist nicht einzutreten. Ohnehin können gemäss Art. 125 Ziff. 3 OR
Verpflichtungen gegen das Gemeinwesen aus öffentlichem Recht nicht gegen den
Willen des Gläubigers durch Verrechnung getilgt werden.

4.

Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei
diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.

2.

Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.

Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Zürich, 2. Abteilung, und der Eidgenössischen Steuerverwaltung
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 12. Juli 2019

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Der Gerichtsschreiber: Businger