Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.486/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

2C_486/2019

Urteil vom 29. Mai 2019

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Seiler, Präsident,

Gerichtsschreiber Businger.

Verfahrensbeteiligte

1. A.A.________,

2. B.A.________,

3. C.A.________,

4. D.A.________,

Beschwerdeführer,

gegen

Migrationsamt des Kantons Thurgau,

Departement für Justiz und Sicherheit des Kantons Thurgau.

Gegenstand

Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom
3. April 2019 (VG.2018.134).

Erwägungen:

1.

1.1. A.A.________, geboren 1972, ist deutscher Staatsangehöriger. Er zog am 20.
Februar 2004 mit einer Bewilligung zum Erwerbsaufenthalt in die Schweiz. Seine
kosovarische Verlobte B.A.________ (geboren 1980) und die gemeinsamen Kinder
C.A.________ (geboren 2000) und D.A.________ (geboren 2003) folgten ihm nach
und erhielten nach der Heirat von A.A.________ und B.A.________ eine
Aufenthaltsbewilligung. Am 11. August 2008 wurde A.A.________ wegen seiner
Straffälligkeit und desolaten finanziellen Situation ausländerrechtlich
verwarnt.

1.2. Nachdem sich die Situation nicht verbessert hatte, verweigerte das
Migrationsamt des Kantons Thurgau am 9. November 2017 die erneute Verlängerung
der Aufenthaltsbewilligungen und wies die Familie aus der Schweiz weg. Die
dagegen erhobenen Rechtsmittel wiesen das Departement für Justiz und Sicherheit
des Kantons Thurgau am 20. September 2018 und das Verwaltungsgericht des
Kantons Thurgau am 3. April 2019 ab.

1.3. Mit Beschwerde vom 24. Mai 2019 beantragen A.A.________ und B.A.________
dem Bundesgericht sinngemäss, es sei ihnen und ihren Kindern der weitere
Aufenthalt zu gestatten. Zudem beantragen sie die Erteilung der aufschiebenden
Wirkung. Das Bundesgericht hat weder die vorinstanzlichen Akten beigezogen noch
andere Instruktionsmassnahmen verfügt. Mit dem vorliegenden Entscheid in der
Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos.

2.

2.1. Gemäss Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG haben Rechtsschriften unter anderem die
Begehren und deren Begründung zu enthalten, wobei in der Begründung in
gedrängter Form darzulegen ist, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt.
Art. 95 ff. BGG nennen dabei die zulässigen Rügegründe. Die Feststellung des
Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder
auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die Behebung des
Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1
BGG). Dabei gelten strenge Anforderungen an die Begründungspflicht (BGE 139 I
72 E. 9.2.3.6 S. 96 f.).

2.2. Das Verwaltungsgericht hat erwogen, dass der Beschwerdeführer 1 einer
selbständigen Erwerbstätigkeit nachgehe. Für die Erteilung bzw. Verlängerung
der Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA sei entscheidend, dass ein regelmässiges
Einkommen erzielt werde und keine Sozialhilfebedürftigkeit bestehe. Gemäss
Betreibungsregisterauszug vom 14. August 2018 habe der Beschwerdeführer 1 50
betreibungsrechtliche Vorgänge über Fr. 268'354'05 sowie 30 offene
Verlustscheine über Fr. 113'943.--, die Beschwerdeführerin 2 23
betreibungsrechtliche Vorgänge über Fr. 56'345.25 sowie 19 offene
Verlustscheine über Fr. 52'069.55 und die dem Beschwerdeführer 1 gehörende
Gesellschaft (E.________ GmbH) 14 betreibungsrechtliche Vorgänge über Fr.
22'774.55. Zudem seien die Beschwerdeführerin 2 und die Kinder mit Fr.
16'848.65 von der öffentlichen Fürsorge unterstützt worden. Die
Beschwerdeführer seien somit stark verschuldet. Der Beschwerdeführer 1 verfüge
seit Jahren nicht über genügend finanzielle Mittel, um für den Lebensunterhalt
seiner Familie aufzukommen. Er habe es trotz Verwarnung unterlassen, in der
Schweiz eine existenzsichernde Tätigkeit zu suchen und ein schulden- und
straffreies Leben zu führen. Die Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligungen
der Beschwerdeführer sei verhältnismässig.

2.3. Die Beschwerdeführer berufen sich vor Bundesgericht auf den Arbeitsunfall
des Beschwerdeführers 1 vom 11. September 2018. Er habe sich deshalb vom 6.
März 2019 bis 10. April 2019 in einer Rehaklinik aufgehalten und sei von der
SUVA bei der Invalidenversicherung angemeldet worden. Es liege auf der Hand,
dass mit Eintritt des Unfalls das Einkommen teilweise ausgeblieben sei. Die
Gesamtumstände des Unfalls seien nicht berücksichtigt worden. Entgegen den
vorinstanzlichen Ausführungen werde die pfändbare Quote von den
Taggeldleistungen direkt abgezogen. Zudem seien die Ausführungen des
Verwaltungsgerichts zur ehelichen Beistandspflicht "an den Haaren
herbeigezogen" und die Tochter befinde sich im 3. Lehrjahr, was für eine
"Vollintegration" spreche. Der Konkurs der E.________ GmbH sei überbewertet
worden. Die private Schuldentilgung sei im Rahmen des Möglichen wahrgenommen
worden.

2.4. Gemäss den vorinstanzlichen Ausführungen haben die Beschwerdeführer ihre
Beschwerde an das Verwaltungsgericht vom 11. Oktober 2018 damit begründet, dass
sie finanziell auf eigenen Beinen stünden und bis auf Kleinigkeiten alles
bezahlt hätten. Der bereits im September 2018 erfolgte Arbeitsunfall wird erst
in der Replik vom 5. Dezember 2018 thematisiert, wobei die Beschwerdeführer
dort ausgeführt haben, die Ausgangslage für 2019 sei hervorragend. Wenn die
Beschwerdeführer nun ihre schlechte finanzielle Situation hauptsächlich auf den
Arbeitsunfall zurückführen wollen, ist dies einerseits unglaubwürdig, nachdem
der Unfall erst sechs Monate zurückliegt und das Verwaltungsgericht das
finanzielle Gebaren des Beschwerdeführers 1 der letzten Jahre untersucht hat.
Andererseits stellen die entsprechenden Ausführungen nach Art. 99 Abs. 1 BGG
unzulässige neue Tatsachen und Beweismittel dar, die vor Bundesgericht nicht
berücksichtigt werden können. Ob mit der Anmeldung bei der
Invalidenversicherung ein Revisionsgrund vorliegt, ist nicht vom Bundesgericht
zu entscheiden. Was die beanstandeten Ausführungen zur ehelichen
Beistandspflicht und zum Konkurs der E.________ GmbH betrifft, ist nicht
ersichtlich, wo das Verwaltungsgericht diese Aussagen getroffen haben soll.
Ebenso zielt der Einwand ins Leere, die Tochter befinde sich im 3. Lehrjahr und
sei voll integriert. Die Vorinstanz hat die Integration der Tochter nicht
angezweifelt und erwogen, dass sie ihre Berufslehre allenfalls vom Ausland aus
in der Schweiz abschliessen könne. Was die private Schuldentilgung betrifft, so
bezieht sich diese gemäss den eingereichten Beilagen lediglich auf die
Rückzahlung der von der Gemeinde übernommenen Krankenkassenprämien, wobei die
Beschwerdeführer erst Fr. 1'800.-- von total Fr. 26'410.10 zurückerstattet
haben. In Bezug auf die festgelegte pfändbare Lohnquote hat die Vorinstanz
festgehalten, dass diese nur zum Teil und ab August 2018 nicht mehr bezahlt
worden sei. Inwieweit der Umstand, dass die SUVA die pfändbare Quote (gemäss
Beilagen ab Dezember 2018) direkt von den Taggeldleistungen in Abzug gebracht
hat, etwas an der vorinstanzlichen Feststellung ändert, wonach die
Beschwerdeführer massiv überschuldet sind und seit Jahren nicht über die Mittel
verfügen, um ihren Lebensunterhalt selber zu bestreiten, ist nicht ersichtlich.

2.5. Auch unter Berücksichtigung, dass die Beschwerdeführer eine
Laienbeschwerde eingereicht haben und die formellen Hürden daher praxisgemäss
niedriger anzusetzen sind (Urteil 2D_42/2017 vom 28. November 2017 E. 2.4),
fehlt es der Beschwerde offensichtlich an einer hinreichenden Begründung,
weshalb darauf im vereinfachten Verfahren nach Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG nicht
einzutreten ist. Anzumerken ist, dass weder im angefochtenen Entscheid noch in
der Beschwerde an das Bundesgericht thematisiert worden ist, ob der
mittlerweile volljährigen Tochter ein eigenständiger Aufenthaltsanspruch
zukommen könnte, weshalb darauf nicht näher einzugehen ist.

3.

Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten den Beschwerdeführern 1
und 2 aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen sind nicht
zuzusprechen (Art. 68 Abs. 3 BGG).

 Demnach erkennt der Präsident:

1.

Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.

Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden den Beschwerdeführern 1 und 2 unter
solidarischer Haftbarkeit auferlegt.

3.

Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Thurgau und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 29. Mai 2019

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Der Gerichtsschreiber: Businger