Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.479/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

2C_479/2019

Urteil vom 12. Dezember 2019

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Seiler, Präsident,

Bundesrichter Zünd,

Bundesrichterin Hänni,

Gerichtsschreiberin Straub.

Verfahrensbeteiligte

A.A.________,

Beschwerdeführer,

vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Valerio Priuli,

gegen

Amt für Migration des Kantons Luzern, Fruttstrasse 15, 6002 Luzern,

Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Luzern, Bahnhofstrasse 15, 6003
Luzern.

Gegenstand

Widerruf der Niederlassungsbewilligung,

Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern, 4. Abteilung, vom 29.
März 2019 (7H 18 229).

Sachverhalt:

A.

Der kosovarische Staatsangehörige A.A.________ (geboren 1964) reiste im März
1992 in die Schweiz ein. Er ist im Besitz einer Niederlassungsbewilligung. Seit
Oktober 1988 ist er mit B.A.________ (geboren 1969), einer ebenfalls in der
Schweiz niedergelassenen kosovarischen Staatsangehörigen, verheiratet. Sie
haben vier gemeinsame Kinder (geboren 1989, 1992, 1994 und 2011). Aus einer
anderen Beziehung hat A.A.________ eine weitere Tochter (geboren 2011), die im
Kosovo lebt.

A.A.________ wurde mit Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 15.
Oktober 2015 wegen qualifizierter Widerhandlung gegen das
Betäubungsmittelgesetz (begangen 2006-2007) zueiner Freiheitsstrafe von drei
Jahren und sechs Monaten verurteilt. Das Urteil wurde letztinstanzlich
bestätigt (Urteil 6B_1226/2015 vom 5. August 2016, teilweise publiziert in BGE
142 IV 401).

Mit Verfügung vom 20. November 2017 widerrief das Amt für Migration des Kantons
Luzern die Niederlassungsbewilligung von A.A.________ und verfügte seine
Wegweisung aus der Schweiz. Gleichzeitig wurde das Gesuch um Erteilung einer
Niederlassungsbewilligung für seine aussereheliche Tochter und deren Mutter als
gegenstandslos abgeschrieben.

B.

Die gegen diese Verfügung erhobene Verwaltungsbeschwerde wies das Justiz- und
Sicherheitsdepartement des Kantons Luzern mit Entscheid vom 29. August 2018 ab.
Die Beschwerde an das Kantonsgericht Luzern blieb ebenfalls ohne Erfolg (Urteil
vom 29. März 2019).

C.

Mit Eingabe an das Bundesgericht vom 21. Mai 2019 erhebt A.A.________
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Er beantragt, der
angefochtene Entscheid sei aufzuheben und das Amt für Migration sei anzuweisen,
die Niederlassungsbewilligung nicht zu widerrufen, eventualiter sei er
stattdessen zu verwarnen. Subeventualiter sei der angefochtene Entscheid
aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
In formeller Hinsicht ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege
und Verbeiständung.

Der Präsident der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts hat
der Beschwerde mit Verfügung vom 3. Juni 2019 antragsgemäss die aufschiebende
Wirkung zuerkannt.

Das Kantonsgericht verzichtet auf Vernehmlassung und beantragt die Abweisung
der Beschwerde. Das Amt für Migration und das Justiz- und
Sicherheitsdepartement des Kantons Luzern sowie das Staatssekretariat für
Migration lassen sich nicht vernehmen.

Erwägungen:

1.

Gegen den Widerruf der Niederlassungsbewilligung steht die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offen (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG [e
contrario]; BGE 135 II 1 E. 1.2.1 S. 4). Da die übrigen
Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde einzutreten.

2.

2.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann
insbesondere die Verletzung von Bundes- und Völkerrecht gerügt werden (Art. 95
lit. a und b BGG). Bei der Prüfung wendet das Bundesgericht das Recht von Amtes
wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG; BGE 142 I 155 E. 4.4.5 S. 157) und verfügt über
volle Kognition (Art. 95 BGG; BGE 141 V 234 E. 2 S. 236).

2.2. Die Verletzung von verfassungsmässigen Individualrechten (einschliesslich
der Grundrechte) sowie von kantonalem Recht prüft das Bundesgericht nur, soweit
eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und ausreichend begründet worden
ist (qualifizierte Rüge- und Begründungspflicht gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE
142 I 99 E. 1.7.2 S. 106).

2.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur soweit vorgebracht werden, als erst
der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG; BGE 143 V 19
E. 1.2 S. 22 f.). Echte Noven, d.h. Tatsachen, die erst nach dem angefochtenen
Urteil eingetreten sind, bleiben im bundesgerichtlichen Verfahren in jedem Fall
unberücksichtigt (BGE 139 III 120 E. 3.1.2 S. 123; 135 I 221 E. 5.2.4 S. 229;
133 IV 342 E. 2.1 S. 343 f.). Vorliegend ist nicht ersichtlich, inwiefern das
angefochtene Urteil zur Einreichung der neuen Beweismittel Anlass gegeben
hätte, zumal der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers hinreichend abgeklärt
und in den Erwägungen berücksichtigt wurde. Im Übrigen betreffen die Belege die
Arbeitsunfähigkeit infolge seiner Krebserkrankung und damit einen unbestritten
Sachverhalt. Darauf ist an dieser Stelle nicht weiter einzugehen.

3.

Gemäss Art. 63 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 62 Abs. 1 lit. b des Bundesgesetzes
über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (AIG; SR 142.20;
bis 13. Dezember 2018: Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer
[AuG]) kann die Niederlassungsbewilligung einer ausländischen Person widerrufen
werden, wenn sie zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Als
längerfristig gilt nach der gefestigten Rechtsprechung eine Freiheitsstrafe von
mehr als einem Jahr (BGE 139 I 145 E. 2.1 S. 147), und zwar unabhängig davon,
ob die Strafe bedingt, teilbedingt oder unbedingt zu vollziehen ist (BGE 139 I
31 E. 2.1 S. 32). Dieser Widerrufsgrund gilt auch, wenn sich der Ausländer seit
mehr als 15 Jahren ununterbrochen und ordnungsgemäss im Land aufgehalten hat
(Art. 63 Abs. 2 AuG).

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass der Widerrufsgrund von Art. 63 Abs.
1 lit. a i.V.m. Art. 62 Abs. 1 lit. b AIG angesichts seiner Verurteilung zu
einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten erfüllt ist. Er rügt
jedoch, der Widerruf der Niederlassungsbewilligung sei unverhältnismässig und
verletze sein Recht auf Privat- und Familienleben gemäss Art. 13 BV bzw. Art. 8
EMRK.

4.

Liegt ein Widerrufsgrund vor, so ist zu prüfen, ob diese Massnahme
verhältnismässig erscheint (Art. 96 AIG; BGE 139 I 145 E. 2.2 S. 147 f.). Dabei
sind sowohl im Rahmen von Art. 96 AIG als auch von Art. 8 Ziff. 2 EMRK folgende
Elemente zu gewichten und gegeneinander abzuwägen: (1) die Art und Schwere der
begangenen Straftat und ob sie als Jugendlicher oder Erwachsener verübt wurde;
(2) die Aufenthaltsdauer des Betroffenen im Land; (3) die Nationalität der
verschiedenen Beteiligten; (4) der seit der Tat vergangene Zeitraum; (5) das
Verhalten des Ausländers während diesem; (6) die familiäre Situation des
Betroffenen, die Dauer seiner Ehe und andere Hinweise auf die Qualität des
Ehelebens; (7) ob der Ehepartner bei Eingehung der Beziehung Kenntnis von der
Straftat hatte; (8) ob aus der Beziehung Kinder hervorgegangen sind und
gegebenenfalls deren Alter; (9) auf welche Schwierigkeiten der Partner und die
Kinder bei einer Ausreise in die Heimat des Betroffenen stossen würden; (10)
die sozialen, kulturellen und familiären Bindungen zum Aufnahmestaat und zum
Herkunftsland; (11) der Gesundheitszustand des Betroffenen und seiner
Angehörigen; (12) die mit der aufenthaltsbeendenden Massnahme verbundene Dauer
der Fernhaltung sowie (13) allgemein die dem Betroffenen und seiner Familie
drohenden Nachteile bei einer Ausreise in den Heimat- oder in einen Drittstaat
(vgl. Urteil des EGMR Saber und Boughassal gegen Spanien vom 18. Dezember 2018
[Nr. 76550/13 und 45938/14] § 40). Unter dieses letzte Kriterium fällt der
besondere Schutz der Kindesinteressen, möglichst mit beiden Elternteilen
gemeinsam aufwachsen zu können und nicht von ihnen getrennt zu werden (BGE 143
I 21 E. 5.5 S. 29 ff.; 135 II 377 E. 4.3 S. 381 f.). Keines dieser Elemente ist
für sich allein ausschlaggebend; erforderlich ist eine Würdigung bzw.
Gewichtung der gesamten Umstände im Einzelfall (vgl. Urteile 2C_410/2018 vom 7.
September 2018 E. 4.2 und 2C_846/2014 vom 16. Dezember 2014 E. 2.4 mit
Hinweisen).

5.

5.1. Mit Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 15. Oktober 2015 wurde
der Beschwerdeführer wegen qualifizierter Widerhandlung gegen das
Betäubungsmittelgesetz (begangen von Dezember 2006 bis Januar 2007) zu einer
Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Vor und nach
dieser den Widerrufsgrund setzenden Straffälligkeit trat er zwar ebenfalls
strafrechtlich in Erscheinung, dies jedoch weitgehend wegen Delikten mit
Bagatellcharakter: Zwischen 2002 und 2007 wurde er in drei Fällen zu einer
Busse verurteilt, davon zweimal wegen Übertretung des Strassenverkehrsgesetzes
(Nichttragen der Sicherheitsgurten bzw. fehlende Abgaswartung und unterlassene
Mitteilung seines Wohnsitzwechsels). Die dritte Busse erhielt er wegen
Übertretung des AHVG, Ungehorsams des Schuldners im Betreibungs- und
Konkursverfahren, Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen und Nichtabgabe von
Ausweisen oder Kontrollschildern. Weiter erhielt er eine Geldstrafe und eine
Verbindungsbusse wegen vorsätzlicher Beschäftigung eines Ausländers ohne
Bewilligung sowie Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte. Sodann wurde er
in vier Fällen zu kurzen Freiheitsstrafen verurteilt, und zwar wegen Vergehen
gegen das ANAG (heute AIG) und das Arbeitsgesetz (7 Tage), wegen Hehlerei (30
Tage bedingt und 2 Monate bedingt) sowie wegen eines Vorfalls, anlässlich
dessen er Strassenverkehrsdelikte, eine einfache Körperverletzung und
Sachbeschädigung beging (2 Monate). Zwischen 2008 und 2015 wurde er insgesamt
fünfmal wegen Verstössen im Bereich des Strassenverkehrsrechts (Nichttragen der
Sicherheitsgurte, Nichtanbringen der Kontrollschilder, Missachten der Vorsicht
beim Öffnen der Fahrzeugtür und Nichtmitführen des Führerausweises) sowie in
diesem Zusammenhang wegen Gewalt und Drohung gegen Behörden mit Bussen und
Geldstrafen belegt.

Der Beschwerdeführer macht hinsichtlich der den Widerrufsgrund setzenden
Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten geltend, seine Tathandlung
habe im Vermitteln zwischen zwei Heroinhändlern bestanden und könne gemäss
heute geltendem Betäubungsmittelgesetz höchstens noch als eine Art
Gehilfenschaft geahndet werden. Das Vermitteln sei die am wenigsten verpönte
Tathandlung. Die kantonalen Gerichte seien denn auch zum Schluss gekommen, dass
er im illegalen Drogenverkehr eine untergeordnete Stellung eingenommen habe und
sein Verschulden als leicht bis mittelschwer zu qualifizieren sei. Er habe
nicht aus Gewinnsucht, sondern aus verwandtschaftlichem Pflichtgefühl gehandelt
und aus eigenem Antrieb nach kurzer Zeit aufgehört zu delinquieren. Ausserdem
seien seit den Taten über zwölf Jahre vergangen, in denen er nie wieder etwas
mit Drogen zu tun gehabt habe.

5.1.1. Ausgangspunkt und Massstab für die Beurteilung des migrationsrechtlichen
Verschuldens ist die vom Strafrichter verhängte Strafe (BGE 134 II 10 E. 4.2 S.
23; 129 II 215 E. 3.1 S. 216). Im Rahmen des ausländerrechtlichen Verfahrens
erfolgt keine erneute Abwägung der Elemente, die zur verschuldensabhängigen
Strafzumessung führten. Das Bundesgericht geht regelmässig vom im
Strafverfahren festgestellten Verschulden aus.

5.1.2. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Tatumstände sind im Rahmen
der Strafzumessung bereits berücksichtigt worden. Die Vorinstanz ging
angesichts der als schwer einzustufenden Rechtsgutverletzung, der wesentlich
über der Grenze für die Möglichkeit eines Widerrufs der
Niederlassungsbewilligung liegenden Dauer der ausgesprochenen Freiheitsstrafe
und dem Umstand, dass der Beschwerdeführer mit dem qualifizierten
Betäubungsmitteldelikt eine Straftat nach Art. 121 Abs. 3 lit. a BV begangen
hat, von einem erheblichen migrationsrechtlichen Verschulden aus.

5.1.3. Der Beschwerdeführer weist darauf hin, dass er lediglich während eines
kurzen Zeitraums vor über zwölf Jahren Betäubungsmitteldelikte begangen habe
und keine Rückfallgefahr bestehe. Es habe sich um einen einmaligen, groben
Fehler gehandelt. Mit der Vorinstanz ist dies zwar insofern zu relativieren,
als er seither wegen Verstössen im Bereich des Strassenverkehrsrechts sowie in
diesem Zusammenhang auch wegen Gewalt und Drohung gegen Behörden mit Bussen und
Geldstrafen belegt wurde. Demgegenüber ist dem Beschwerdeführer zugute zu
halten, dass sämtliche Tathandlungen nunmehr lange zurückliegen, dass er sich
im Bereich des Betäubungsmittelrechts nichts mehr zuschulden kommen liess und
dass die Delinquenz hinsichtlich der verletzten Rechtsgüter erheblich
abgenommen hat. Im Verlaufsbericht über die ambulante psychotherapeutische
Behandlung des Psychologischen Diensts der Justizvollzugsanstalt U.________ vom
10. September 2018 schätzt der behandelnde Psychotherapeut die
Rückfallwahrscheinlichkeit für Delikte, wie sie der Beschwerdeführer bereits
begangen hat, als eher moderat ein. Angesichts der betroffenen Rechtsgüter
(qualifizierte Betäubungsmitteldelikte gefährden naturgemäss die Gesundheit
vieler Menschen) besteht gleichwohl ein erhebliches öffentliches Interesse an
der Fernhaltung des Beschwerdeführers, das nur durch entsprechend gewichtige
private Interessen aufgewogen werden kann, d.h. wenn aussergewöhnlich
schwerwiegende Umstände gegen eine Wegweisung sprechen.

5.2. Das Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib in der Schweiz ergibt sich
zunächst aus der Tatsache, dass er seit 1992 hier lebt, sich hier eine
wirtschaftliche Existenz aufgebaut und hier eine Familie gegründet hat.
Insbesondere macht er jedoch geltend, der Widerruf der
Niederlassungsbewilligung sei auch aus gesundheitlichen Gründen nicht
verhältnismässig.

5.2.1. Aufgrund seines langjährigen Aufenthalts in der Schweiz hat der
Beschwerdeführer ein grosses Interesse, in diesem Land zu bleiben. Seine
berufliche Integration in der Schweiz ist unbestritten, hingegen bestehen
Verlustscheine und Betreibungen in der Höhe von (im Zeitpunkt des angefochtenen
Urteils) insgesamt rund Fr. 23'000.--. Die Vorinstanz erwog, in der
Vergangenheit sei er seinen finanziellen Verpflichtungen über Jahre hinweg
äusserst schlecht nachgekommen und habe bisweilen um ein Vielfaches höhere
Schulden ausgewiesen. Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe seine
Schulden bereits in grossem Umfang abgebaut und werde keine weiteren Schulden
anhäufen. Er bemüht sich denn auch offensichtlich, seine finanzielle Situation
zu verbessern: Gemäss den aktenkundigen Betreibungsregisterauszügen vom Juni
2017 bestanden in jenem Zeitpunkt Betreibungen in der Höhe von über Fr.
190'000.--, zum Zeitpunkt des vorinstanzlichen Urteils nunmehr noch
Betreibungen und Verlustscheine in der Höhe von Fr. 23'000.--. Der
Beschwerdeführer konnte seine Schulden tatsächlich bereits erheblich
reduzieren. Die Vorinstanz stellt keine Indizien fest, die gegen eine effektive
Tilgung sprechen. Seine wirtschaftliche Integration kann vor diesem Hintergrund
zwar nicht als erfolgreich bezeichnet werden. Sie ist im Rahmen der
Interessenabwägung indes nicht mehr negativ zu gewichten.

Die Vorinstanz ging mangels anderweitiger Vorbringen von einer der Dauer seines
Aufenthalts in der Schweiz angemessenen sozialen Integration des
Beschwerdeführers aus. Im Rahmen der Interessenabwägung ist zu beachten, dass
er vor geraumer Zeit erheblich und unter anderem im Bereich des
Strassenverkehrsrechts wiederholt gegen die Rechtsordnung verstossen hat.
Unbesehen der erfolgten Integration in der Schweiz ist davon auszugehen, dass
er mit den sozio-kulturellen Verhältnissen im Kosovo vertraut ist: Er ist dort
aufgewachsen, hat dort eine Ausbildung absolviert und pflegt gemäss den
unbestrittenen vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen nach wie vor
Beziehungen in den Kosovo, zumindest zu seiner ausserehelichen Tochter.

5.2.2. Der Beschwerdeführer macht geltend, seine gesundheitliche Situation
stehe einer Rückkehr in den Kosovo entgegen. Im November 2018 sei bei ihm
Lungenkrebs diagnostiziert worden. Er sei operiert worden und befinde sich in
Chemotherapie. Darüber hinaus leide er bis heute unter den Folgen eines
Unfalls, bei dem im Jahr 2017 seine Schulter (lange Bizepssehne und
Subscapularissehne) verletzt worden sei. Sodann habe er Schmerzen in einem Bein
resp. Fuss, welche in Abklärung seien. Seine Eingliederungschancen seien
aufgrund seines fortgeschrittenen Alters und seiner angeschlagenen Gesundheit
sowie der katastrophalen wirtschaftlichen Lage im Kosovo äusserst schlecht. Die
körperlichen Beschwerden könnten dort nicht behandelt werden respektive könne
er sich eine Behandlung nicht leisten, da die berufliche Integration derart
schwierig sei. Es sei fraglich, ob und welche Arbeiten er angesichts seiner
gesundheitlichen Beschwerden überhaupt wieder werde verrichten können. Er sei
auf die familiäre Unterstützung und die behandelnden Ärzte in der Schweiz
angewiesen.

Die Vorinstanz hat sich im angefochtenen Urteil mit diesen Vorbringen
auseinandergesetzt. Sie erwog, der Beschwerdeführer sei nach seinem Unfall in
unterschiedlichen Bereichen arbeitstätig gewesen. Seine Schulterbeschwerden
würden ihn demnach nicht an einer Arbeitstätigkeit in seinem Heimatland
hindern. Der Beschwerdeführer beschränkt sich darauf, erneut auf seine
Schulterbeschwerden hinzuweisen. Weder bestreitet er den von der Vorinstanz für
das Bundesgericht verbindlich festgestellten Sachverhalt (vgl. E. 2.3 hiervor)
noch setzt er sich mit den vorinstanzlichen Erwägungen auseinander, so dass auf
diese appellatorische Kritik nicht weiter einzugehen ist (Art. 42 Abs. 1 und 2
BGG). Hinsichtlich der Krebserkrankung erwog die Vorinstanz, es sei davon
auszugehen, dass der Beschwerdeführer die Akutbehandlung in der Schweiz beenden
könne. Im Kosovo sei die Behandlung von Krebs (inklusive Strahlen- und
Chemotherapie) ebenfalls möglich. Das Onkologische Institut der
Universitätsklinik Pristina sei hierfür die zentrale Stelle. Wenn nötig könne
er dort weiter behandelt werden. Dass er möglicherweise aufgrund seiner
gesundheitlichen Probleme keine belastenden Arbeiten mehr werde übernehmen
können, sei in seinem Heimatland nicht anders als in der Schweiz, und daher im
Hinblick auf eine Rückkehr nicht entscheidend.

In Übereinstimmung mit der Vorinstanz ist zwar davon auszugehen, dass der
Beschwerdeführer die Behandlung seines Krebsleidens grundsätzlich auch im
Kosovo erhalten kann. Im Kosovo sind Behandlungen in staatlichen medizinischen
Einrichtungen grundsätzlich gratis, wobei unter Umständen eine
Kostenbeteiligung durch den Patienten verlangt wird. Patienten mit einer
chronischen Krankheit sind indes von solchen Patientenbeteiligungen befreit
(vgl. Länderanalysen des Staatssekretariats für Migration, Focus Kosovo,
Medizinische Grundversorgung, 9. März 2017, Ziff. 8 ff. S. 30 f.). Angesichts
der Schwere seiner Erkrankung liegt indes eine aussergewöhnliche Situation vor.
Es ist vorliegend im Rahmen der Chemotherpie eine Kontinuität der Behandlung
anzustreben, die bei einem Umzug in den Kosovo nur bedingt gewährleistet werden
könnte. Ausserdem ist der Beschwerdeführer im Fall einer erneuten Chemotherapie
oder nach allfälligen operativen Eingriffen und einer damit einhergehenden
Verschlechterung seines Gesundheitszustands dringend auf die Unterstützung
seiner Familie angewiesen. Aufgrund der infolge seiner Krankheit zu erwartenden
zeitweisen Arbeitsunfähigkeit scheint eine wirtschaftliche Integration im
Kosovo äusserst schwierig. Angesichts der sehr ernsten Erkrankung in einem
akuten Stadium vermag das private Interesse in diesem Zeitpunkt zu überwiegen.
Bei weiteren, auch untergeordneten strafrechtlichen Verfehlungen des
Beschwerdeführers wäre ein Widerruf indes erneut zu prüfen.

5.3. Nach dem Gesagten überwiegt das private Interesse des Beschwerdeführers am
Verbleib in der Schweiz das öffentliche Interesse an dessen Fernhaltung. Der
Widerruf der Niederlassungsbewilligung erweist sich infolge der seit der
Tatbegehung verstrichenen Zeit und der schweren akuten Erkrankung des
Beschwerdeführers als unverhältnismässig.

5.4. Gemäss Art. 96 Abs. 2 AIG kann eine Person unter Androhung einer Massnahme
verwarnt werden, wenn die Massnahme begründet, aber den Umständen nicht
angemessen ist. Nachdem sich der Bewilligungswiderruf als unverhältnismässig
erwiesen hat, rechtfertigt es sich, den Beschwerdeführer nunmehr gemäss Art. 96
Abs. 2 AIG zu verwarnen. Er ist mit Nachdruck darauf hinzuweisen, dass seine
Niederlassungsbewilligung jederzeit widerrufen werden kann, sollte er erneut
delinquieren oder durch sein Verhalten einen anderen Widerrufsgrund setzen (BGE
139 I 145 E. 3.9 S. 154; Urteil 2C_126/2017 vom 7. September 2017 E. 6.6).

6.

Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist demnach
gutzuheissen und das Urteil des Kantonsgerichts Luzern vom 29. März 2019 ist
aufzuheben.

Bei diesem Ergebnis sind für das bundesgerichtliche Verfahren keine
Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 und Abs. 4 BGG). Der Kanton Luzern
hat dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 1
BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird damit gegenstandslos. Für
die Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des kantonalen Verfahrens
wird die Angelegenheit an die Vorinstanz zurückgewiesen (Art. 67 und Art. 68
Abs. 5 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.

Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird gutgeheissen. Das
Urteil des Kantonsgerichts Luzern vom 29. März 2019 wird aufgehoben.

2.

Der Beschwerdeführer wird im Sinne der Erwägungen verwarnt.

3.

3.1. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.2. Der Kanton Luzern hat dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers für das
bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 2'500.-- zu
bezahlen.

3.3. Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten- und Entschädigungsfolgen der
kantonalen Rechtsmittelverfahren an das Kantonsgericht Luzern zurückgewiesen.

4.

Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Kantonsgericht Luzern, 4.
Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 12. Dezember 2019

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Die Gerichtsschreiberin: Straub