Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.418/2019
Zurück zum Index II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2019
Retour à l'indice II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2019


TypeError: undefined is not a function (evaluating '_paq.toString().includes
("trackSiteSearch")') https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/aza/http/
index.php?highlight_docid=aza%3A%2F%2Faza://12-09-2019-2C_418-2019&lang=de&zoom
=&type=show_document:1914 in global code 
 

Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

2C_418/2019

Urteil vom 12. September 2019

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Zünd, präsidierendes Mitglied,

Bundesrichter Donzallaz,

Bundesrichterin Hänni,

Gerichtsschreiber Zollinger.

Verfahrensbeteiligte

1. A.C.________,

2. B.C.________,

beide vertreten durch Von Ah & Partner,

Beschwerdeführer,

gegen

Steuerverwaltung des Kantons Thurgau,

Beschwerdegegnerin.

Gegenstand

Verrechnungssteuer, Steuerperiode 2016,

Beschwerde gegen den Entscheid der Steuerrekurskommission des Kantons Thurgau
vom 8. April 2019 (STRE.2018.122).

Sachverhalt:

A.

A.C.________ und B.C.________ waren Eigentümer sämtlicher Aktien der D.________
AG, die am 7. Juni 2016 aus dem Handelsregister des Kantons Thurgau gelöscht
wurde. Aus der Liquidation der Gesellschaft ergab sich eine
Liquidationsdividende von Fr. 142'526.--. Während die Gesellschaft die
Liquidationsdividende mit dem Formular 102 deklarierte und die darauf zu
entrichtende Verrechnungssteuer im Betrag von Fr. 49'884.10 abrechnete, führten
A.C.________ und B.C.________ die Aktien - nicht aber die Liquidationsdividende
- im Wertschriften- und Guthabenverzeichnis der Steuererklärung 2016 auf. Das
Gemeindesteueramt Neukirch (Egnach; Kanton Thurgau) bemerkte anlässlich der
Prüfung der Steuererklärung 2016 die fehlerhafte Deklaration und verlangte von
den beiden steuerpflichtigen Personen zusätzliche Unterlagen. Mit definitiver
Veranlagungsverfügung vom 24. November 2017 rechnete das Gemeindesteueramt die
Liquidationsdividende im Rahmen der Veranlagung für die Steuerperiode 2016 auf
und gewährte dem Ehepaar C.________ die Rückerstattung der Verrechnungssteuer
in der Höhe von Fr. 49'884.10. Die Verrechnungssteuer auf der
Liquidationsdividende wurde dem Ehepaar C.________ am 18. Dezember 2017
ausbezahlt.

B.

Im Zuge einer Kontrolle der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) stellte
sich diese auf den Standpunkt, der Rückerstattungsanspruch des Ehepaars
C.________ sei verwirkt. A.C.________ und B.C.________ hätten Fr. 49'884.10 zu
viel an Verrechnungssteuer zurückerhalten. Mit Kürzungsverfügung vom 1. Mai
2018 ordnete die ESTV die vorsorgliche Kürzung der zu viel ausbezahlten
Verrechnungssteuer im Umfang von Fr. 49'884.10 an. Mit Rückleistungsentscheid
vom 7. Juni 2018 informierte die Steuerverwaltung des Kantons Thurgau das
Ehepaar C.________ über die Kürzungsverfügung der ESTV und forderte den
Verrechnungssteuerbetrag von Fr. 49'884.10 zurück. Gegen den
Rückleistungsentscheid erhob das Ehepaar C.________ Beschwerde an die
Steuerrekurskommission des Kantons Thurgau. Die Steuerrekurskommission wies das
Rechtsmittel mit Entscheid vom 8. April 2019 ab.

C.

Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 6. Mai 2019
gelangen A.C.________ und B.C.________ an das Bundesgericht. Sie beantragen die
Aufhebung des Entscheids der Steuerrekurskommission vom 8. April 2019. Die
Verrechnungssteuerrückerstattung 2016 sei auf Fr. 49'884.10 festzusetzen.

Sowohl die Steuerrekurskommission als auch die ESTV beantragen die
kostenfällige Abweisung der Beschwerde. Die Steuerverwaltung lässt sich nicht
vernehmen.

Erwägungen:

1. 

Die frist- (Art. 100 Abs. 1 BGG) und formgerecht (Art. 42 BGG) eingereichte
Eingabe betrifft eine Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a
BGG), wobei ein Urteil der Steuerrekurskommission des Kantons Thurgau
angefochten ist. Diese Instanz hat als kantonale Rekurskommission im Sinne von
Art. 58 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Verrechnungssteuer vom 13. Oktober
1965 (Verrechnungssteuergesetz, VStG; SR 642.21) in Verbindung mit Art. 54 VStG
verfahrensabschliessend entschieden (Art. 90 BGG). Gegen das Urteil der
kantonalen Rekurskommission steht die Beschwerde beim Bundesgericht offen (Art.
56 VStG i.V.m. Art. 86 Abs. 2 BGG). Die Beschwerdeführer sind bereits im
kantonalen Verfahren als Partei beteiligt gewesen und dort mit ihren Anträgen
nicht durchgedrungen. Ausserdem sind sie durch den angefochtenen Entscheid in
ihren schutzwürdigen Interessen besonders berührt. Sie sind somit zur Erhebung
des Rechtsmittels legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist einzutreten.

2. 

Das Bundesgericht prüft das Bundesrecht von Amtes wegen (Art. 106 Abs. 1 BGG)
und mit freier Kognition (Art. 95 lit. a BGG), wobei es - unter
Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 2
BGG) - grundsätzlich nur die geltend gemachten Vorbringen beurteilt, sofern
allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (vgl.
BGE 142 I 135 E. 1.5 S. 144; 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254; zur qualifizierten
Rüge- und Begründungspflicht nach Art. 106 Abs. 2 BGG bei Grundrechts- und
Sachverhaltsrügen vgl. BGE 143 II 283 E. 1.2.2 S. 286; 143 I 1 E. 1.4 S. 5; 139
I 229 E. 2.2 S. 232; 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254). Seinem Urteil legt es
grundsätzlich den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat
(Art. 105 BGG).

3. 

Beim vorinstanzlichen Urteil handelt es sich um einen Rückleistungsentscheid im
Sinne von Art. 58 Abs. 1 VStG, mit dem die Vorinstanz von den Beschwerdeführern
die bereits erstattete Verrechnungssteuer zurückverlangt.

3.1. Gemäss Art. 52 Abs. 2 VStG trifft das kantonale Verrechnungssteueramt
einen Entscheid über den Rückerstattungsanspruch. Dieser Entscheid kann mit der
Veranlagungsverfügung verbunden werden.

3.1.1. Die vom kantonalen Verrechnungssteueramt bewilligte Rückerstattung der
Verrechnungssteuer steht unter dem zeitlich befristeten Vorbehalt einer
Überprüfung des Anspruchs durch die ESTV gemäss Art. 57 VStG (vgl. Art. 52 Abs.
4 VStG). Ergibt die Überprüfung, dass die vom Verrechnungssteueramt gewährte
Rückerstattung zu Unrecht erfolgt ist, ordnet die ESTV vorsorglich eine
entsprechende Kürzung des Betrags an, sofern nicht bereits drei Jahre seit Ende
des Kalenderjahres vergangen sind, in dem der Entscheid des kantonalen
Verrechnungssteueramts über die Rückerstattung rechtskräftig geworden ist (vgl.
Art. 57 Abs. 3 und Abs. 4 VStG). Die vorsorgliche Kürzung im Sinne von Art. 57
Abs. 3 VStG zeitigt keine Wirkung gegenüber der steuerpflichtigen Person, löst
aber die Möglichkeit für ein zusätzliches Verfahren des Kantons gegenüber der
durch die beanstandete Rückerstattung begünstigten steuerpflichtigen Person aus
(vgl. Knüsel, in: Zweifel/Beusch/Bauer-Balmelli [Hrsg.], Bundesgesetz über die
Verrechnungssteuer, 2. Aufl. 2012, N. 1 zu Art. 58). Der Rückleistungsanspruch
des Kantons - und damit die Möglichkeit für ein zusätzliches Verfahren -
erlischt, wenn er nicht innert sechs Monaten seit Eröffnung der vorsorglichen
Kürzung durch einen formellen Rückleistungsentscheid gegenüber der
steuerpflichtigen Person geltend gemacht wird (vgl. Art. 58 Abs. 1 VStG). Aus
dieser gesetzlichen Regelung ergibt sich, dass die ESTV die Kürzung gegenüber
der steuerpflichtigen Person nicht durchsetzen kann.

Macht das kantonale Verrechnungssteueramt ohne Zustimmung der ESTV die
Rückleistung nicht geltend oder hat es sie in seinem rechtskräftig gewordenen
Entscheid nicht in der vollen Höhe geltend gemacht, wird die vorsorgliche
Kürzung endgültig, sofern sie der Kanton nicht innert neun Monaten nach ihrer
Eröffnung durch eine Klage beim Bundesgericht anficht (vgl. Art. 58 Abs. 4 VStG
i.V.m. Art. 120 BGG). Dieses bundesgerichtliche Klageverfahren kann losgelöst
vom Rückleistungsverfahren nach Art. 58 Abs. 1 VStG im Sinne eines
Forderungsstreits zwischen dem Bund und Kanton von der kantonalen Steuerbehörde
eingeleitet werden (vgl. Knüsel, a.a.O., N. 7 zu Art. 58).

Ist vorsorglich eine Kürzung angeordnet worden, steht es dem kantonalen
Verrechnungssteueramt demzufolge offen, entweder von derjenigen Person, die in
den Genuss der beanstandeten Rückerstattung gelangt ist, gestützt auf Art. 58
Abs. 1 VStG deren Rückleistung zu verlangen und/oder die vorsorgliche Kürzung
der ESTV nach Art. 58 Abs. 4 VStG klageweise anzufechten oder die Kürzung
selbst zu tragen. 

3.1.2. Vom Rückleistungsverfahren nach Art. 58 Abs. 1 VStG zu unterscheiden ist
das Verfahren gegen die (teilweise) verweigerte Rückerstattung der
Verrechnungssteuer. Gegen den Entscheid über die Rückerstattung des kantonalen
Verrechnungssteueramts kann innert 30 Tagen nach Eröffnung bei der gleichen
Behörde schriftlich Einsprache erhoben werden (vgl. Art. 53 VStG). Der
Einspracheentscheid kann sodann bei der kantonalen Rekurskommission mit
Beschwerde angefochten werden (vgl. Art. 54 VStG), bevor der Zugang an das
Bundesgericht offensteht (vgl. Art. 56 i.V.m. Art. 86 Abs. 2 BGG). Während beim
Rückerstattungsverfahren im Sinne von Art. 52 ff. VStG der Anspruch auf
Rückerstattung der Verrechnungssteuer zu beurteilen ist, handelt es sich beim
Rückleistungsverfahren im Sinne von Art. 58 Abs. 1 VStG um ein Verfahren über
die Rückleistung der gewährten Verrechnungssteuerrückerstattung.

3.2. Art. 23 VStG in der alten Fassung und Art. 23 Abs. 1 VStG in der Fassung
vom 28. September 2018 bestimmt, dass eine steuerpflichtige Person, die mit der
Verrechnungssteuer belastete Einkünfte oder Vermögen, woraus solche Einkünfte
fliessen, entgegen gesetzlicher Vorschrift der zuständigen Steuerbehörde nicht
angibt, den Anspruch auf Rückerstattung der von diesen Einkünften abgezogenen
Verrechnungssteuer verwirkt. Die Verwirkung tritt gemäss dem mit Fassung vom
28. September 2018 neu eingefügten Absatz 2 des Art. 23 VStG nicht ein, wenn
die Einkünfte oder Vermögen in der Steuererklärung fahrlässig nicht angegeben
wurden (zum Begriff der Fahrlässigkeit im Sinne von Art. 23 Abs. 2 VStG und
dessen Abgrenzung vom Eventualvorsatz vgl. Urteile 2C_37/2019 vom 16. August
2019 E. 3; 2C_1066/2018 vom 21. Juni 2019 E. 4.1) und in einem noch nicht
rechtskräftig abgeschlossenen Veranlagungs-, Revisions- oder
Nachsteuerverfahren nachträglich angegeben werden (lit. a) oder von der
Steuerbehörde aus eigener Feststellung zu den Einkünften oder Vermögen
hinzugerechnet werden (lit. b). Die Übergangsbestimmung zu Art. 23 Abs. 2 VStG
regelt sodann, dass die Bestimmung rückwirkend für Ansprüche gilt, die seit dem
1. Januar 2014 entstanden sind, sofern über den Anspruch auf Rückerstattung der
Verrechnungssteuer noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist (vgl. Art.
70d VStG; zum grundsätzlich anwendbaren Recht vgl. BGE 139 II 243 E. 11.1 S.
259; 127 II 306 E. 7c S. 315 f.; 126 III 431 E. 2a S. 434; Urteile 2C_1134/2018
vom 11. Juni 2019 E. 2.1; 1C_397/2015 vom 9. August 2016 E. 3.3). Diese
Bestimmungen sind am 1. Januar 2019 in Kraft getreten (vgl. AS 2019 S. 436).

4. 

Die Vorinstanzerwägt, der mit der Veranlagungsverfügung vom 24. November 2017
verbundene Entscheid über den Anspruch auf Rückerstattung der
Verrechnungssteuer im Sinne von Art. 52 Abs. 2 VStG sei unangefochten geblieben
und in Rechtskraft erwachsen. Damit sei über den Rückerstattungsanspruch
bereits rechtskräftig entschieden worden. Gemäss Art. 70d VStG komme der seit
1. Januar 2019 geltende Art. 23 Abs. 2 VStG nicht rückwirkend zur Anwendung.

Die Beschwerdeführer beanstanden die vorinstanzliche Auffassung, wonach der
Anspruch auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer verwirkt sei, da Art. 23
Abs. 2 lit. b VStG in Verbindung mit Art. 70d VStG infolge rechtskräftig
abgeschlossener Veranlagung nicht rückwirkend auf den 1. Januar 2014 zur
Anwendung gelange. Sie legen im Wesentlichen dar, für sie habe kein Grund
bestanden, gegen die Veranlagungsverfügung vom 24. November 2017 ein
Rechtsmittel einzulegen. Sie hätten vor dem rechtskräftigen Abschluss der
Veranlagung der Steuerperiode 2016 nicht voraussehen können, dass die ESTV am
1. Mai 2018 eine Kürzungsverfügung erlassen werde. Die Änderung des
Verrechnungssteuergesetzes vom 28. September 2018 sehe für die Fälle der
Kürzung des Verrechnungssteueranspruchs nach Art. 57 Abs. 3 VStG und der
Aufforderung zur Rückleistung nach Art. 58 Abs. 1 VStG keine
Übergangsbestimmungen analog zu Art. 70d VStG vor. Dadurch entstehe eine
Gesetzeslücke, die zu einer Ungleichbehandlung all jener steuerpflichtigen
Personen führe, über deren Pflicht zur Rückleistung der
Verrechnungssteuerrückerstattung vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung per 1.
Januar 2019 entschieden worden sei.

5. 

Die Übergangsregelung in Art. 70d VStG erfasst ohne Weiteres die Sachverhalte,
bei denen der Entscheid über den Rückerstattungsanspruch im Sinne von Art. 52
Abs. 2 VStG noch nicht ergangen und das Veranlagungsverfahren mithin nicht
rechtskräftig abgeschlossen ist. Ausserdem werden davon die Sachverhalte
erfasst, bei denen einer steuerpflichtigen Person ein nach dem 1. Januar 2014
entstandener Rückerstattungsanspruch verweigert wird und dieser Entscheid -
gegebenenfalls aufgrund eines hängigen Rechtsmittelverfahrens - noch nicht in
Rechtskraft erwachsen ist. Sind solche Verfahren betreffend die Rückerstattung
der Verrechnungssteuer noch nicht rechtskräftig abgeschlossen, gelten die seit
dem 1. Januar 2014 entstandenen Ansprüche unter den Voraussetzungen von Art. 23
Abs. 2 VStG nicht als verwirkt, und die Rückerstattung ist zu gewähren.

Vorliegend ist die Rückerstattung des Anspruchs, der nach dem 1. Januar 2014
entstanden ist, indes im Rahmen der Veranlagungsverfügung im Sinne von Art. 52
Abs. 2 VStG gewährt worden und die Veranlagungsverfügung vom 24. November 2017
ist in formelle Rechtskraft erwachsen. Es stellt sich somit die Frage, ob die
Steuerbehörden auch in diesem Fall - also im Rahmen eines auf eine
Kürzungsverfügung gestützten Rückleistungsentscheids nach Art. 58 Abs. 1 VStG -
die Verrechnungssteuer bereits rückwirkend ab dem 1. Januar 2014 oder erst mit
dessen Inkrafttreten am 1. Januar 2019 unter den Voraussetzungen von Art. 23
Abs. 2 VStG nicht mehr zurückfordern können. Für die Beantwortung dieser Frage
ist darauf abzustellen, was unter dem Begriff der Rechtskraft des Entscheids
über den Anspruch auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer im Sinne von Art.
70d VStG zu verstehen ist.

5.1. Hierzu gilt es zunächst zu beurteilen, welche Rechtsnatur dem
Rückleistungsentscheid im Sinne von Art. 58 Abs. 1 VStG zukommt.

5.1.1. Nach Art. 52 Abs. 2 VStG trifft das Verrechnungssteueramt einen
Entscheid über den Rückerstattungsanspruch, der auch verbunden mit der
Veranlagungsverfügung erfolgen kann. In beiden Fällen erlässt das
Verrechnungssteueramt eine Verfügung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 VwVG über den
Rückerstattungsanspruch. Gegen diese Verfügung kann innert 30 Tagen nach der
Eröffnung bei der verfügenden Steuerbehörde schriftlich Einsprache erhoben
werden (vgl. Art. 53 Abs. 1 VStG). Mit dem Ablauf der Einsprachefrist erwächst
die Verfügung unabhängig von einer materiellen Fehlerhaftigkeit in formelle
Rechtskraft. Sie ist demzufolge mit einem ordentlichen Rechtsmittel nicht mehr
anfechtbar (vgl. Cuccarède-Zenklusen, Instrumente der steuerpflichtigen Person
zur Änderung rechtskräftiger Verfügungen und Entschiede, 2014 S. 23 f.; Looser,
in: Zweifel/Beusch [Hrsg.], Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten
Steuern der Kantone und Gemeinden [StHG], 3. Aufl. 2017, N. 2 zu Vor Art.
51-53a; Meyer-Blaser, Die Abänderung formell rechtskräftiger
Verwaltungsverfügungen in der Sozialversicherung, ZBl 95/1994 S. 343). Formell
rechtskräftige Steuerverfügungen können grundsätzlich nicht abgeändert werden
(vgl. BGE 121 II 273 E. 1a/bb S. 277; Urteile 2C_339/2017 vom 24. Mai 2018 E.
2.1; 2C_230/2012 vom 24. September 2012 E. 3.2).

Entgegen dieses steuerrechtlichen Grundsatzes steht der Entscheid über die
gewährte Verrechnungssteuerrückerstattung unter dem Vorbehalt einer Überprüfung
des Anspruchs durch die ESTV (vgl. Art. 52 Abs. 4 VStG i.V.m. Art. 57 VStG).
Nach der gesetzlichen Konzeption kann die Verfügung des kantonalen
Verrechnungssteueramts nach Eintritt der formellen Rechtskraft explizit
inhaltlich geändert werden. Diese Konzeption stimmt mit der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung überein, wonach es der Eigenart des öffentlichen Rechts und der
Natur der öffentlichen Interessen entspricht, dass ein Verwaltungsakt, der dem
Gesetz nicht oder nicht mehr entspricht, nicht unabänderlich ist (vgl. BGE 120
IV 297 E. 3e S. 299; 94 I 336 E. 4 S. 343; Urteile 1C_126/2015 vom 5. November
2015 E. 7.1). Deshalb kann eine materiell unrichtige Verfügung nach Ablauf der
Rechtsmittelfrist unter bestimmten Voraussetzungen abgeändert werden (vgl. BGE
121 II 273 E. 1a/aa S. 276; Urteil 1C_43/2007 vom 9. April 2008 E. 5.3). Mit
Blick auf die Änderung einer materiell unrichtigen Verfügung über die
Verrechnungssteuerrückerstattung bestehen im Verrechnungssteuergesetz unter
anderem zeitliche Voraussetzungen. Der Rückleistungsanspruch des Kantons
erlischt, wenn er nicht innert sechs Monaten seit Eröffnung der vorsorglichen
Kürzungsverfügung der ESTV durch einen Entscheid bei der steuerpflichtigen
Person geltend gemacht wird (vgl. Art. 58 Abs. 1 VStG). Nach Ablauf von drei
Jahren seit Ende des Kalenderjahres, in dem der Entscheid des
Verrechnungssteueramts über die Rückerstattung formell rechtskräftig geworden
ist, kann die Kürzung sodann nur noch in Verbindung mit einem Strafverfahren
angeordnet werden (vgl. Art. 57 Abs. 4 VStG; vgl. auch Art. 12 VStrR [SR
313.0]). Die inhaltliche Unabänderlichkeit der Verfügung tritt folglich
zeitlich verzögert und gestaffelt ein.

5.1.2. Verlangt das kantonale Verrechnungssteueramt die durch die ESTV
beanstandete Rückerstattung von der steuerpflichtigen Person zurück, macht sie
von der gesetzlichen Möglichkeit für ein zusätzliches Verfahren Gebrauch (vgl.
Art. 58 Abs. 1 VStG; vgl. auch Knüsel, a.a.O., N. 1 zu Art. 58). Sie leitet
damit ein Rückleistungsverfahren ein, das mit einem Revisionsverfahren
vergleichbar ist (vgl. Art. 59 Abs. 1 VStG i.V.m. Art. 66 ff. VwVG; Art. 147
ff. des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990
[DBG; SR 642.11]). Das Ergebnis des Rückleistungsverfahrens nach Art. 58 Abs. 1
VStG - der Rückleistungsentscheid - stellt einen Widerruf einer materiell
fehlerhaften, formell rechtskräftigen Rückerstattungsverfügung dar (vgl.
Guckelberger, Der Widerruf von Verfügungen im schweizerischen Verwaltungsrecht,
ZBl 6/2007 S. 294). Beim Rückleistungsentscheid handelt es sich ebenso um eine
Verfügung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 VwVG, zumal der Widerruf eines
Verwaltungsakts selbst ein Verwaltungsakt ist (vgl. Saladin, Der Widerruf von
Verwaltungsakten, 1960 S. 128). Gegen die verfügte Rückleistung kann wiederum
Beschwerde erhoben werden (vgl. Art. 58 Abs. 2 VStG).

5.1.3. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Verfügung über die
Rückleistung nach Art. 58 Abs. 1 VStG als Widerruf der formell rechtskräftigen
Verfügung über die Rückerstattung nach Art. 52 Abs. 2 VStG zu betrachten ist.
Folglich wird in die inhaltliche Rechtsbeständigkeit des
Rückerstattungsentscheids eingegriffen, während die formelle Rechtskraft dieser
Verfügung unangetastet bleibt. Indessen beginnt die Rechtsmittelfrist gegen die
Verfügung über die Rückleistung zu laufen.

5.2. Sodann ist zu prüfen, was der Wille des Gesetzgebers beim Erlass von Art.
70d VStG gewesen ist, wenn er die Rückwirkung nur für Ansprüche auf
Rückerstattung der Verrechnungssteuer vorsieht, über die noch nicht
rechtskräftig entschieden worden ist.

5.2.1. In der mit der bundesrätlichen Botschaft dem Parlament unterbreiteten
Fassung von Art. 70d VStG sah die Änderung des Verrechnungssteuergesetzes eine
Anknüpfung an die Einsprachefrist vor (BBl 2018 S. 2351) :

"Artikel 23 Absatz 2 ist anwendbar, wenn die Frist für die Einsprache gegen die
Veranlagung im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderung [...] noch nicht
abgelaufen ist."

Damit hätten bei noch laufender Veranlagung auch Leistungen, die mehrere Jahre
vor Inkrafttreten entstanden waren, unter die Neuerung fallen können.
Massgebend sei der abstrakte Fristenlauf, wobei es unerheblich sei, ob und wann
Einsprache erhoben worden wäre (vgl. Botschaft zu einer Änderung des
Verrechnungssteuergesetzes vom 28. März 2018, BBl 2018 2325 ff. S. 2340 und S.
2343). Die ursprünglich vorgesehene übergangsrechtliche Regelung hätte
demzufolge die rückwirkende Anwendbarkeit an die formelle Rechtskraft des
Entscheids über den Rückerstattungsanspruch geknüpft. Spätestens im Zeitpunkt,
in dem die formelle Rechtskraft der Veranlagung eingetreten wäre, hätte Art. 23
Abs. 2 VStG keine rückwirkende Anwendung mehr gefunden.

5.2.2. Im parlamentarischen Gesetzgebungsprozess wurde vom Vorschlag des
Bundesrats indes massgeblich abgewichen. In der am 29. Mai 2018 im Nationalrat
diskutierten Fassung lautete die einschlägige Übergangsbestimmung wie folgt (AB
2018 N S. 625) :

"Artikel 23 Absatz 2 gilt für Ansprüche, die seit dem 1. Januar 2014 entstanden
sind."

Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats beabsichtigte mit
der Änderung, dass "nicht alle Fälle, die seit dem 1. Januar 2014 abgehandelt
wurden, neu aufgerollt werden sollen; vielmehr geht es nur noch um die nicht
rechtskräftig abgeschlossenen Fälle" (Votum des Kommissionssprechers Leo
Müller; AB 2018 N S. 621). In den parlamentarischen Beratungen kamen dennoch
Bedenken an den Auswirkungen der Übergangsregelung auf. In diesem Sinne warf
der Kommissionssprecher explizit die Frage zu Handen des Ständerats auf, ob das
Übergangsrecht oder die Rückwirkungen auch auf rechtskräftige - und vor allem
mit Urteilen - abgeschlossene Fälle zur Anwendung kommen sollte oder nicht
(vgl. AB 2018 N S. 624). Weiter anerkannte der Kommissionssprecher, dass
eigentlich zu sagen wäre, Art. 23 Abs. 2 VStG "gilt nur für offene [...], nicht
für rechtskräftig abgeschlossene Fälle". Der Ständerat habe noch die Chance,
diese Frage zu klären und klar zu legiferieren (AB 2018 N S. 625 f.).

5.2.3. In der Debatte des Ständerats vom 10. September 2018 wurde ausgeführt,
dass der Nationalrat eine explizite Rückwirkung befürwortet habe, dies auch für
Fälle, die bereits entschieden seien. Wenn diese Rückwirkungsklausel ins Gesetz
aufgenommen würde, könnte dies im Extremfall dazu führen, dass auch alte
rechtskräftige Entscheide aufgehoben würden (vgl. AB 2018 S S. 597). Aus diesem
Grund beantragte die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerats, dem
bundesrätlichen Entwurf zuzustimmen (vgl. E. 5.2.1 hiervor). Indessen folgte
der Ständerat letztlich gestützt auf die im Nationalrat aufgeworfenen Bedenken
dem Antrag seiner Minderheit, der die nunmehr in Kraft stehende Fassung von
Art. 70d VStG vorgeschlagen hatte (vgl. E. 3.2 i.f. hiervor). Demnach soll die
Rückwirkung nur gelten, sofern über den Anspruch auf Rückerstattung der
Verrechnungssteuer noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist. Damit
sollte verhindert werden, dass "die Regelung auch auf rechtskräftige Entscheide
anwendbar" ist (AB 2018 S S. 597 f.).

5.2.4. In der parlamentarischen Beratung vom 20. September 2018 stimmte der
Nationalrat dem Beschluss des Ständerats vom 10. September 2018 zu. Mit Blick
auf Art. 70d VStG wurde erwähnt, dass der Ständerat eine bessere Formulierung
beschlossen habe. Beide Räte stimmten in der am 28. September 2018 erfolgten
Schlussabstimmung der seit 1. Januar 2019 in Kraft stehenden Fassung von Art.
70d VStG zu. Aus den parlamentarischen Beratungen wird ersichtlich, dass die in
Art. 70d VStG erwähnte Rechtskraft ("noch nicht rechtskräftig entschieden") an
die formelle Rechtskraft des Entscheids über den Anspruch auf Rückerstattung
der Verrechnungssteuer anknüpft. Nach dem gesetzgeberischen Willen findet die
Regelung in Art. 23 Abs. 2 VStG demnach übergangsrechtlich keine rückwirkende
Anwendung, sobald über den seit dem 1. Januar 2014 entstandenen
Rückerstattungsanspruch formell rechtskräftig entschieden worden ist.

5.3. Nach Auffassung der Beschwerdeführer besteht eine übergangsrechtliche
Gesetzeslücke, die zu einer Ungleichbehandlung all jener steuerpflichtigen
Personen führe, über deren Pflicht zur Rückleistung der
Verrechnungssteuerrückerstattung vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung per 1.
Januar 2019 erstmals entschieden worden sei (vgl. auch Holenstein/von Ah,
Kreisschreiben ESTV Nr. 40 - Klappe die Zweite, ASA 86 Nr. 6-7 S. 366).

5.3.1. Den Beschwerdeführern ist im Grundsatz zuzustimmen. Der Gesetzgeber
wollte mit der Übergangsbestimmung in erster Linie verhindern, dass für die
steuerpflichtige Person negative Verfügungen, die vor dem 1. Januar 2019 in
formelle Rechtskraft erwachsen sind, wieder neu beurteilt werden können.
Hingegen hat die steuerpflichtige Person keinen Anlass gegen eine für sie
positive Verfügung mit einem Rechtsmittel vorzugehen. Kommt die Steuerbehörde
nachträglich von Amtes wegen auf eine - nach ihrer Auffassung - materiell
unrichtige Verfügung zurück und widerruft diese, steht es der steuerpflichtigen
Person nach den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts und der
ausdrücklichen Regelung in Art. 58 Abs. 2 VStG zu, dagegen ein Rechtsmittel zu
erheben. Folglich beginnt wiederum eine Rechtsmittelfrist zu laufen. Zugleich
ist damit dargetan, dass im Umfang des verfügten Widerrufs über den (erneut)
beurteilten (strittigen) Anspruch noch nicht formell rechtskräftig im Sinne von
Art. 70d VStG entschieden worden ist.

5.3.2. Eine Gesetzeslücke besteht entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer
jedoch nicht. Vielmehr kann der Gesetzgeber nicht derart verstanden werden,
dass er eine steuerpflichtige Person, die erst aufgrund des Widerrufs einer für
sie positiven Verfügung ein Rechtsmittel erhebt, in anderer Weise behandeln
will als eine steuerpflichtige Person, die bereits aufgrund einer für sie
negativen Verfügung ein Rechtsmittel ergreift. In diesem Sinne darf es für die
Anwendbarkeit der Übergangsbestimmung von Art. 70d VStG keine Rolle spielen, ob
über den Rückerstattungsanspruch bereits in einer für die steuerpflichtige
Person positiven Verfügung (gewährte Rückerstattung) formell rechtskräftig
entschieden worden ist. Solange sich die steuerpflichtige Person im Rahmen der
ordentlichen Rechtsmittelfristen gegen die von der Steuerbehörde erneut
vorgenommene negative Anspruchsbeurteilung (Rückleistung der gewährten
Rückerstattung) zur Wehr setzen kann, ist darüber noch nicht rechtskräftig
entschieden worden. Dieses Verständnis ist im Einklang mit dem Willen des
Gesetzgebers, der beim Erlass der Übergangsbestimmung in erster Linie einen
Sachverhalt mit einer noch nicht rechtskräftig beurteilten negativen Verfügung
vor Augen hatte. Art. 23 Abs. 2 VStG findet vorliegend demzufolge ebenfalls
übergangsrechtlich Anwendung, da der zu beurteilende Anspruch nach dem 1.
Januar 2014 entstanden, Art. 23 Abs. 2 VStG i.V.m. Art. 70d VStG während des
hängigen Rechtsmittelverfahrens in Kraft getreten und die Rückleistung mithin
nicht rechtskräftig beurteilt ist. Abschliessend ist anzumerken, dass der
rückwirkenden Anwendung von Art. 23 Abs. 2 VStG auch nicht entgegensteht, dass
der Kanton Thurgau die vorsorgliche Kürzung der ESTV möglicherweise nicht
klageweise nach Art. 58 Abs. 4 VStG angefochten hat.

6. 

Zusammenfassend ergibt sich, dass in der vorliegenden Angelegenheit Art. 23
Abs. 2 VStG rückwirkend zur Anwendung gelangt. Die Beschwerde erweist sich
daher als begründet, weshalb sie gutzuheissen ist. Der Entscheid vom 8. April
2019 ist aufzuheben. Die Vorinstanz hat unter Anwendung des seit dem 1. Januar
2019 in Kraft stehenden Art. 23 Abs. 2 VStG zu prüfen, ob die mit Verfügung vom
24. November 2017 den Beschwerdeführern bewilligte Rückerstattung der
Verrechnungssteuer im Rahmen des Rückleistungsverfahrens zurückverlangt werden
kann. Die Vorinstanz wird dabei insbesondere zu beurteilen haben, ob die
Beschwerdeführer fahrlässig im Sinne von Art. 23 Abs. 2 VStG die
Liquidationsdividende nicht deklariert haben (zum Begriff der Fahrlässigkeit im
Sinne von Art. 23 Abs. 2 VStG und dessen Abgrenzung vom Eventualvorsatz vgl.
Urteile 2C_37/2019 vom 16. August 2019 E. 3; 2C_1066/2018 vom 21. Juni 2019 E.
4.1). Bei diesem Verfahrensausgang sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art.
66 Abs. 4 BGG). Der Kanton Thurgau hat den Beschwerdeführern eine
Parteientschädigung für das bundesgerichtliche Verfahren auszurichten (Art. 68
Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid vom 8. April 2019 der
Steuerrekurskommission des Kantons Thurgau wird aufgehoben.

2. 

Die Sache wird zur Neubeurteilung der Angelegenheit im Sinne der Erwägungen an
die Vorinstanz zurückgewiesen.

3. 

Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

4. 

Der Kanton Thurgau hat die Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen.

5. 

Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, der Steuerrekurskommission des
Kantons Thurgau und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 12. September 2019

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Zünd

Der Gerichtsschreiber: Zollinger