Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.385/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

2C_385/2019

Urteil vom 23. Juli 2019

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Seiler, Präsident,

Gerichtsschreiber Feller.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

Beschwerdeführerin,

vertreten durch B.________,

gegen

Migrationsamt des Kantons St. Gallen,

Sicherheits- und Justizdepartement des Kantons St. Gallen.

Gegenstand

Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA

zum erwerbslosen Aufenthalt,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen,

Abteilung II, vom 27. März 2019 (B 2019/47).

Erwägungen:

1.

Mit Verfügung vom 28. Mai 2018 wies das Migrationsamt des Kantons St. Gallen
das Gesuch der am 3. September 1991 geborenen ungarischen Staatsangehörigen
A.________ um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA zum erwerbslosen
Aufenthalt (und Verbleib bei ihrem Lebenspartner B.________) ab. Den gegen
diese Verfügung erhobenen Rekurs wies das Sicherheits- und Justizdepartement
des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 18. Februar 2019 ab, soweit es darauf
eintrat. Der am 19. Februar 2019 versandte Rekursentscheid wurde am 20. Februar
2019 am Postschalter abgeholt.

Mit Eingabe vom 28. Februar 2019 gelangten B.________ und A.________ an das
Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen. Das Schreiben war betitelt mit
"Fristerstreckungsgesuch Beschwerde gegen Entscheid vom Sicherheits- und
Justizdepartement vom 18. Februar 2019". Im Schreiben ist wörtlich Folgendes
festgehalten: "ich ersuche Sie hiermit, die Frist für die Beschwerde bis zum
20. April 2019 zu verlängern. Doppel vom Entscheid vom 18.02.2019 liegt bei,
Vollmacht von A.________ sie in dieser Sache zu vertreten eben-falls. Bitte
belehren Sie mich, was die Beschwerde beinhalten muss, damit darauf eingetreten
werden kann???". In seiner Antwort vom 1. März 2019 (Freitag) hielt der
zuständige Abteilungspräsident des Verwaltungsgerichts zunächst fest, dass die
Formalitäten für eine gültige Beschwerdeerhebung beim Verwaltungsgericht den
Betroffenen aus einem früheren Verfahren bekannt seien. Sodann erklärte er,
dass die Beschwerdefrist von 14 Tagen nicht erstreckbar sei, weshalb dem
Gericht innert der gesetzlichen Beschwerdefrist die klare Kundgabe des
Beschwerdewillens vorliegen müsse, wofür ein blosses Fristerstreckungsgesuch
nicht genüge; nur wenn innert der Beschwerdefrist mindestens klar mitgeteilt
werde, dass Beschwerde erhoben werden will, könne anschliessend eine
angemessene Frist zur Ergänzung der Beschwerde mit den Anträgen, einer
Darstellung des Sachverhalts und einer Begründung angesetzt werden. Diese
Antwort des Verwaltungsgerichts wurde am 4. März 2019 (Montag) zur Abholung
gemeldet und am 7. März 2019 am Schalter zugestellt. Mit vom 7. März 2019
datierter Eingabe (Poststempel 8. März 2019) an das Verwaltungsgericht erklärte
der Vertreter B.________ dem Verwaltungsgericht, dass Beschwerde erhoben werden
soll, und ersuchte um Ansetzung einer Frist bis zum 20. April 2019, um die
Beschwerde mit Anträgen, Darstellung des Sachverhalts und Begründung zu
ergänzen.

Mit Entscheid des Abteilungspräsidenten (Abteilung II) vom 27. März 2019 trat
das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen auf die Beschwerde nicht ein.

Mit vom 25. April 2019 datiertem, am 26. April 2019 zur Post gegebenem
Schreiben erklärt A.________, vertreten durch B.________, dem Bundesgericht,
gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts Beschwerde erheben zu wollen. Nach
Belehrung über die Modalitäten der Beschwerdeerhebung an das Bundesgericht
(Schreiben des Präsidialgerichtsschreibers vom 30. April 2019) wurde am 16. Mai
2019 (Postaufgabe) eine vom 14. Mai 2019 datierte Beschwerdeschrift
nachgereicht. Die Eingabe ist - unter Berücksichtigung des Friststillstandes
über Ostern (Art. 46 Abs. 1 lit. a BGG) - rechtzeitig erfolgt. A.________
beantragt dem Bundesgericht, das Verwaltungsgericht anzuweisen, auf die dortige
Beschwerde einzutreten.

Es ist weder ein Schriftenwechsel noch sind andere Instruktionsmassnahmen
angeordnet worden.

2.

2.1. Gemäss Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG haben Rechtsschriften die Begehren und
deren Begründung zu enthalten. Rechtsbegehren und Begründung haben sachbezogen
zu sein und sich auf den Gegenstand des angefochtenen Entscheids zu beziehen
und beschränken. Die Beschwerde führende Partei muss in gezielter
Auseinandersetzung mit den für das Ergebnis des angefochtenen Entscheids
massgeblichen Erwägungen in gedrängter Form plausibel darlegen, inwiefern die
Vorinstanz welche Rechte bzw. Rechtsnormen verletzt haben soll (BGE 140 III 86
E. 2 S. 88 f. mit Hinweisen). Gerügt werden kann die Verletzung von
schweizerischem Recht (Art. 95 BGG), mithin nicht unmittelbar von kantonalem
Gesetzesrecht. Beruht der angefochtene Entscheid (wie vorliegend) auf
kantonalem (Verfahrens-) Recht, kann im Wesentlichen bloss die Verletzung
verfassungsmässiger Rechte, namentlich Willkür bei dessen Anwendung, gerügt
werden; entsprechende Rügen bedürfen gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG besonderer
Geltendmachung und Begründung (BGE 141 I 36 E. 1.3 S. 41 mit Hinweisen). Der
von der Vorinstanz festgestellte Sachverhalt ist für das Bundesgericht
verbindlich (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, die Partei zeige auf, dass und
inwiefern die tatsächlichen Feststellungen qualifiziert falsch oder in
Verletzung von Verfahrensvorschriften getroffen worden seien, was spezifisch
geltend zu machen und zu begründen ist, sofern entsprechende Mängel nicht ins
Auge springen (vgl. Art. 105 Abs. 2 sowie Art. 97 Abs. 1 BGG; dazu BGE 142 V 2
E. 2 S. 5; 140 III 115 E. 2 S. 117, 264 E. 2.3 S. 266; 137 I 58 E. 4.1.2 S. 62
mit Hinweisen).

2.2. Der angefochtene Nichteintretensentscheid beruht darauf, dass die
Beschwerdeführerin nicht innert der gesetzlichen Beschwerdefrist von 14 Tagen
(Art. 64 in Verbindung mit Art. 47 Abs. 1 des Gesetzes des Kantons St. Gallen
vom 16. Mai 1965 über die Verwaltungsrechtssprechung [VRG]) gültig Beschwerde
an das Verwaltungsgericht erhoben habe; bei Eröffnung des Rekursentscheides am
20. Februar 2019 habe die Frist am 6. März 2019 geendet; die Beschwerdeführerin
habe erst mit vom 7. März 2019 datiertem, am 8. März 2019 zur Post gegebenem
Schreiben erklärt, Beschwerde zu erheben, und um Ansetzung einer Frist für das
Verfassen einer Rechtsschrift ersucht. Nicht als fristwahrend wertete das
Verwaltungsgericht das Schreiben vom 28. Februar 2019, womit ausschliesslich um
Ansetzen einer Frist zur Beschwerdeführung ersucht worden sei; damit werde im
Lichte der Rechtsprechung zu Art. 48 Abs. 1 und 2 VRG selbst den sehr tief
angesetzten Minimalanforderungen an eine fristwahrende Beschwerdeerhebung nicht
Genüge getan.

Inwiefern das Verwaltungsgericht in dieser Hinsicht von einem offensichtlich
falschen Sachverhalt und von einer mit schweizerischem Recht nicht vereinbaren
Auslegung des kantonalen Rechts ausgegangen sei bzw. dieses bei der rechtlichen
Qualifizierung der Eingabe vom 28. Februar 2019 willkürlich angewendet haben
soll, lässt sich mit der blossen Behauptung, bei besagter Eingabe habe es sich
um mehr als ein Fristerstreckungsgesuch, nicht dartun. Gründe alsdann, die das
Verwaltungsgericht unter dem Aspekt verfassungsmässiger Rechte (solche nennt
die Beschwerdeführerin ohnehin nicht, s. aber Art. 106 Abs. 2 BGG) dazu
verpflichtet hätte, die nachgewiesenermassen am 8. März 2019 zur Post gegebene
Beschwerdeerhebung/Beschwerdeerklärung vom 7. März 2019 (auch die von der
Beschwerdeführerin vorgelegte Postquittung datiert entgegen ihrer Darstellung
nicht vom 6., sondern vom 8. März 2019) zu berücksichtigen, werden nicht
dargetan und sind im Lichte der von der Beschwerdeführerin nicht hinreichend
diskutierten Erwägungen des Verwaltungsgerichts zu den zeitlichen Abläufen und
Zustellungsverhältnissen ab dem Freitag, 1. März 2019, zur Forderung der
Beschwerdeführerin, das Schreiben des Verwaltungsgerichts vom 1. März 2019
hätte per A-Post verschickt werden müssen, sowie über Kenntnisse des Vertreters
der Beschwerdeführerin über die Verfahrensabläufe angesichts eines früheren
Verfahrens, auch nicht im Ansatz ersichtlich.

2.3. Die Beschwerde enthält offensichtlich keine hinreichende Begründung (Art.
108 Abs. 1 lit. b BGG) und es ist darauf mit Entscheid des
Abteilungspräsidenten als Einzelrichter im vereinfachten Verfahren nach Art.
108 BGG nicht einzutreten.

2.4. Die Gerichtskosten (Art. 65 BGG) sind entsprechend dem Verfahrensausgang
der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 erster Satz BGG).

 Demnach erkennt der Präsident:

1.

Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.

Die Gerichtskosten von Fr. 600.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.

Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons St. Gallen, Abteilung II, und dem Staatssekretariat für Migration
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 23. Juli 2019

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Der Gerichtsschreiber: Feller