Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.369/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

2C_369/2019

Urteil vom 29. April 2019

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Seiler, Präsident,

Gerichtsschreiber Kocher.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

Beschwerdeführerin,

gegen

Kantonale Steuerkommission Schaffhausen.

Gegenstand

Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Schaffhausen, Steuerperioden 2008-2015,

Beschwerde gegen die Verfügung des Obergerichts

des Kantons Schaffhausen vom 22. März 2019 (66/2019/1, 3).

Erwägungen:

1.

1.1. A.________ und ihr inzwischen verstorbener Gatte übertrugen im Jahr 2003
unter Wohnrechtsvorbehalt ihr in U.________/SH gelegenes Wohnhaus an die
gemeinsame Tochter. In den Steuerperioden 2004 und 2005 rechnete die
Veranlagungsbehörde das Wohnrecht in der Veranlagungsverfügung von A.________
auf, nachdem diese es nicht deklariert hatte. Auch in den hier interessierenden
Steuerperioden 2008 bis 2015 deklarierte sie es nicht. Mit Verfügung vom 25.
Juni 2015 auferlegte die Steuerverwaltung des Kantons Schaffhausen (KSTV/SH)
ihr deswegen Nachsteuern, Verzugszinsen und Bussen (Staats- und Gemeindesteuern
des Kantons Schaffhausen und direkte Bundessteuer) von insgesamt rund Fr.
18'000.--. Mit Entscheid vom 7. Dezember 2018 wies die Steuerkommission des
Kantons Schaffhausen die Einsprache ab.

1.2. Dagegen gelangte die Steuerpflichtige an das Obergericht des Kantons
Schaffhausen, wobei sie ein Gesuch um Erteilung des Rechts zur unentgeltlichen
Rechtspflege stellte. Mit Verfügung in den Verfahren 66/2019/1 und 66/2019/3
vom 22. März 2019 wies das Obergericht das Gesuch einzelrichterlich ab und
setzte es einen Kostenvorschuss von Fr. 3'000.-- fest, unter Androhung des
Nichteintretens im Unterlassungsfall. Die Abweisung begründete es - nach
vorläufiger und summarischer Prüfung - mit der Aussichtslosigkeit der
Rechtsmittel. Dem örtlichen Steueramt sei das Wohnrecht ab der Steuerperiode
2007 "nicht (mehr) bekannt" gewesen (allem Anschein nach aufgrund einer
unbeabsichtigten Löschung aus dem System). Die Steuerpflichtige als
Wohnrechtsberechtigte trage die Verantwortung für Richtigkeit und
Vollständigkeit der Steuererklärung. Die Prozessarmut prüfte das Obergericht
vor diesem Hintergrund nicht.

1.3. Mit Eingabe vom 17. April 2019 erhebt die Steuerpflichtige beim
Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Sie
beantragt, die angefochtene Verfügung sei aufzuheben und es sei ihr das Recht
zur unentgeltlichen Rechtspflege zu erteilen. Zudem sei der Beschwerde die
aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

1.4. Der Abteilungspräsident als Instruktionsrichter (Art. 32 Abs. 1 BGG [SR
173.110]) hat von Instruktionsmassnahmen - namentlich von einem
Schriftenwechsel (Art. 102 Abs. 1 BGG) - abgesehen.

2.

2.1. Die angefochtene Verfügung ist selbständig anfechtbar (Art. 93 Abs. 1 lit.
a BGG; BGE 142 III 798 E. 2.3.1 S. 802). Sie beruht auf rein kantonalem Recht
(Art. 35 Abs. 1 lit. a, Art. 36b und Art. 48 Abs. 1 des Gesetzes [des Kantons
Schaffhausen] vom 20. September 1971 über den Rechtsschutz in Verwaltungssachen
[VRG/SH; SHR 172.200] in Verbindung mit Art. 117 der Schweizerischen
Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 [ZPO; SR 272], der insofern
subsidiäres kantonales Verfahrensrecht darstellt (Art. 6 Abs. 1 ZGB; BGE 140 I
320 E. 3.3 S. 322).

2.2. Mit Blick darauf kann vor Bundesgericht einzig streitig und zu prüfen
sein, ob die Vorinstanz bei Auslegung und Anwendung des zitierten kantonalen
Verfahrensrechts gegen Bundes-, Völker- oder interkantonales Recht verstossen
habe (Art. 95 lit. a, b und e BGG; BGE 145 I 26 E. 1.3 S. 30). Soweit kein
Bundesgesetzesrecht verletzt sein kann, beschränkt die Überprüfung sich auf die
Verletzung verfassungsmässiger Individualrechte (BGE 142 V 94 E. 1.3 S. 96),
insbesondere des allgemeinen Willkürverbots (Art. 9 BV; BGE 142 V 513 E. 4.2 S.
516).

2.3. Im Unterschied zum Bundesgesetzesrecht geht das Bundesgericht der
angeblichen Verletzung verfassungsmässiger Individualrechte (unter Einschluss
der Grundrechte) und des rein kantonalen oder kommunalen Rechts nur nach, falls
eine solche Rüge in der Beschwerde überhaupt vorgebracht und ausreichend
begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; qualifizierte Rüge- und
Begründungsobliegenheit; BGE 145 II 32 E. 5.1 S. 41). Die beschwerdeführende
Person hat im bundesgerichtlichen Verfahren klar und detailliert anhand der
Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen, dass und inwiefern
Bundesrecht verletzt worden sein soll. Rein appellatorische Kritik genügt
diesen Anforderungen nicht (BGE 145 I 26 E. 1.3 S. 30).

3.

3.1. Weder Art. 117 f. ZPO (Urteil 4A_270/2017 vom 1. September 2017 E. 4.1)
noch das hier anwendbare Verfahrensrecht des Kantons Schaffhausen gehen über
die Minimalgarantie von Art. 29 Abs. 3 BV hinaus. Dieser Norm zufolge hängt das
Recht zur unentgeltlichen Rechtspflege davon ab, dass die gesuchstellende
Person über die erforderlichen Mittel nicht verfügt und ihr Rechtsbegehren
nicht aussichtslos erscheint (BGE 144 V 97 E. 3.1.1 S. 100). Ob im Einzelfall
genügende Erfolgsaussichten bestehen, beurteilt sich aufgrund einer vorläufigen
und summarischen Prüfung der Prozessaussichten, wobei die Verhältnisse im
Zeitpunkt der Einreichung des Gesuchs massgebend sind (BGE 142 III 138 E. 5.1
S. 139 f.).

3.2. Die Vorinstanz zitiert die bundesgerichtliche Rechtsprechung zur
Nichtaussichtslosigkeit zutreffend. Sie erwägt, bei summarischer Prüfung der
Hauptsache zeige sich, dass der Veranlagungsbehörde das nicht deklarierte
Wohnrecht "nicht (mehr) bekannt" gewesen sei. Eine "Bemessungslücke" von einem
Jahr reiche aus, um einen "Wissensverlust" herbeizuführen. Die
Veranlagungsbehörde sei nicht gehalten, Quervergleiche mit Dossiers anderer
steuerpflichtiger Personen anzustellen und weitere Dossiers als jenes der
Vorperiode beizuziehen (vgl. Urteile 2C_851/2011 vom 15. August 2012 E. 4.2;
2C_494/2011 / 2C_495/2011 vom 6. Juli 2012 E. 2.1.2). Mit Blick auf ihre
umfassende Mitwirkungspflicht wäre es, so die Vorinstanz, Sache der
Steuerpflichtigen gewesen, auf das Wohnrecht hinzuweisen (Urteil 2C_651/2017 /
2C_652/2017 vom 2. November 2017 E. 2.2.2).

3.3. Die Steuerpflichtige wendet im Wesentlichen ein, für die (im
Nachsteuerverfahren entscheidende) Frage, ob neue Tatsachen oder Beweismittel
schon im Zeitpunkt der Veranlagung vorgelegen hätten, sei der Aktenstand in
diesem Zeitpunkt massgeblich. Sie beruft sich namentlich auf die Urteile 2C_651
/2017 / 2C_652/2017 vom 2. November 2017 E. 2.2.1 und 2A.502/2005 vom 2.
Februar 2006 E. 2, worin dies so gesagt worden sei. Diesen Entscheiden zufolge
sei auch kein Verschulden der steuerpflichtigen Person erforderlich. Im Kanton
Schaffhausen obliege die Veranlagung der Eigenmiet-, Wohnrechts- und
Vermögenssteuerwerte dem Amt für Grundstückschätzungen. Aus unerfindlichen
Gründen würden die Veranlagungsverfügungen den Wohnrechtsberechtigten nicht
eröffnet. Der Veranlagungsbehörde sei der Wert des Wohnrechts aber seit der
Steuerperiode 2004 bekannt. Den "Wissensverlust" (durch Löschung im System)
habe die Veranlagungsbehörde selber zu verantworten.

3.4. Die Kritik der Steuerpflichtigen bewegt sich auf einer rein
appellatorischen Ebene, die den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht
(vorne E. 2.3). Erforderlich gewesen wäre eine detaillierte Auseinandersetzung
mit der angefochtenen Verfügung unter dem Gesichtspunkt der Verletzung
verfassungsmässiger Individualrechte. Die Steuerpflichtige hätte namentlich zu
behaupten und darzulegen gehabt, dass und inwiefern die angefochtene Verfügung
gegen das allgemeine Willkürverbot verstosse. Selbst wenn berücksichtigt wird,
dass eine Laienbeschwerde vorliegt, weshalb die formellen Anforderungen nicht
allzu hoch anzusetzen sind (Urteil 2C_355/2019 vom 16. April 2019 E. 2.4),
genügt die Eingabe den gesetzlichen Anforderungen offenkundig nicht.
Praxisgemäss müsste die zentrale Verfassungsfrage zumindest ansatzweise
gestreift werden, was vorliegend nicht zutrifft. In ihren Ausführungen
konzentriert die Steuerpflichtige sich auf die Frage, ob das
Bundesgesetzesrecht (DBG und StHG) zutreffend ausgelegt worden sei. Streitig
ist aber einzig, ob die Vorinstanz bei ihrer Prima-facie-Prüfung
verfassungsrechtlich haltbar erwogen habe, die Rechtsmittel seien für die
Zwecke der unentgeltlichen Rechtspflege als aussichtslos zu bezeichnen.

3.5. Die Beschwerde enthält damit offensichtlich keine hinreichende Begründung
(Art. 42 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 106 Abs. 2 BGG), weshalb darauf mit
einzelrichterlichem Entscheid des Abteilungspräsidenten nicht einzutreten ist
(Art. 108 Abs. 1 lit. a BGG). Mit dem vorliegenden Entscheid wird das Gesuch um
Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung (Art. 103 Abs. 3 BGG) gegenstandslos
(144 V 120 E. 5 S. 126).

4.

Nach dem Unterliegerprinzip sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens
der Steuerpflichtigen aufzuerlegen (Art. 65 in Verbindung mit Art. 66 Abs. 1
Satz 1 BGG). Für das bundesgerichtliche Verfahren hat die Steuerpflichtige kein
Gesuch um Erteilung des Rechts zur unentgeltlichen Rechtspflege gestellt. Dem
Kanton Schaffhausen, der in seinem amtlichen Wirkungskreis obsiegt, ist keine
Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 3 BGG).

 Demnach erkennt der Präsident:

1.

Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.

Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 1'000.-- werden der
Beschwerdeführerin auferlegt.

3.

Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Obergericht des Kantons
Schaffhausen und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 29. April 2019

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Der Gerichtsschreiber: Kocher