Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.294/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

2C_294/2019

Urteil vom 4. April 2019

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Seiler, Präsident,

Bundesrichter Zünd, Haag,

Gerichtsschreiber Kocher.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

Beschwerdeführer,

gegen

Kantonales Steueramt Aargau,

Beschwerdegegner.

Gegenstand

Direkte Bundessteuer, Steuerperiode 2014,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 2.
Kammer, vom 14. Februar 2019 (WBE.2018.271).

Erwägungen:

1.

1.1. A.________ (geb. 1958) hatte in der Steuerperiode 2014 steuerrechtlichen
Wohnsitz in U.________/AG. Am 29. April 2016 veranlagte ihn die örtliche
Steuerkommission für die direkte Bundessteuer, Steuerperiode 2014, nach
pflichtgemässem Ermessen zu einem steuerbaren Einkommen von Fr. 99'600.--,
nachdem er trotz Mahnung keine Steuererklärung eingereicht hatte (wie schon
hinsichtlich der Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Aargau, Steuerperiode
2014; dazu Urteil 2C_645/2017 vom 31. Oktober 2017).

1.2. Die gegen die Veranlagungsverfügung vom 29. April 2016 gerichtete Eingabe
des Steuerpflichtigen vom 28. Oktober 2016 nahm die Steuerkommission als
Revisionsgesuch entgegen und wies dieses mit Verfügung vom 11. November 2016
ab. Zum selben Ergebnis gelangte sie im Einspracheentscheid vom 27. April 2017.
Das Spezialverwaltungsgericht des Kantons Aargau qualifizierte die Eingabe vom
28. Oktober 2016 indes als Fristwiederherstellungsgesuch. Es hob die
Verfügungen vom 11. November 2016 bzw. 27. April 2017 auf und wies die Sache
zur Durchführung eines ordentlichen Einspracheverfahrens an die örtliche
Steuerkommission zurück (Entscheid vom 24. August 2017). Diese forderte den
Steuerpflichtigen am 31. August 2017 auf, einen etwaigen Hinderungsgrund
(bezüglich der durch die Veranlagungsverfügung vom 29. April 2016 in Gang
gesetzten Einsprachefrist) darzutun. Der Steuerpflichtige reichte Unterlagen
ein, welche die Steuerkommission als ungenügend erachtete, weshalb sie auf die
Einsprache - zufolge verpasster Einsprachefrist und mangels Gründen für die
Wiedereinsetzung in den früheren Stand - nicht eintrat (Entscheid vom 1.
Dezember 2017). Das Spezialverwaltungsgericht wies die nunmehr erhobene
Beschwerde des Steuerpflichtigen am 21. Juni 2018 ab.

1.3. Am 24. Juli 2018 erhob der Steuerpflichtige beim Verwaltungsgericht des
Kantons Aargau fristgerecht Beschwerde gegen den Entscheid vom 21. Juni 2018.
Mit Entscheid WBE.2018.217 vom 14. Februar 2019 wies das Verwaltungsgericht die
Beschwerde ab. Dem "kurzen und unvollständigen" ärztlichen Attest der
Hausärztin vom 13. Juli 2017 sei der Beweiswert von vornherein abzusprechen
(mangels Fachausbildung der Hausärztin im Bereich Psychiatrie und
Psychotherapie), und die Bescheinigung der Fachärztin für Psychiatrie und
Psychotherapie vom 10. Juli 2017 erschöpfe sich in der wenig ergiebigen
Feststellung, dass der Steuerpflichtige "im Mai 2016" zu einem "längeren
Therapiegespräch im Sinne einer Krisenintervention" erschienen sei. Dies sei zu
unspezifisch. Insgesamt sei nicht nachgewiesen, dass der Steuerpflichtige im
Zeitraum ab Ende April 2016 aus gesundheitlichen Gründen verhindert gewesen
sein soll, rechtzeitig eine Einsprache zu verfassen oder dies an eine
Drittperson zu delegieren.

1.4. Mit Eingabe vom 23. März 2019 erhebt der Steuerpflichtige beim
Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Er
beantragt sinngemäss die Aufhebung des angefochtenen Entscheids und die
Wiedereinsetzung in den früheren Stand.

1.5. Der Abteilungspräsident als Instruktionsrichter (Art. 32 Abs. 1 BGG [SR
173.110]) hat von Instruktionsmassnahmen abgesehen. Mit Blick auf die
offensichtliche Unbegründetheit der Beschwerde kann die Sache im vereinfachten
Verfahren nach Art. 109 Abs. 1 lit. a BGG entschieden werden.

2.

2.1. Die Voraussetzungen der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten sind grundsätzlich gegeben (Art. 82 lit. a, Art. 83 e contrario
, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 90, Art. 100 Abs. 1 BGG in Verbindung
mit Art. 146 DBG [SR 642.121). 

2.2. Das Bundesgericht prüft das Bundesrecht von Amtes wegen (Art. 106 Abs. 1
BGG; BGE 144 III 462 E. 3.2.3 S. 465) und mit uneingeschränkter (voller)
Kognition (Art. 95 lit. a BGG; BGE 144 II 313 E. 5.1 S. 319).

2.3. Im Unterschied zum Bundesrecht geht das Bundesgericht der angeblichen
Verletzung verfassungsmässiger Individualrechte (unter Einschluss der
Grundrechte) und des rein kantonalen Rechts nur nach, falls und soweit eine
solche Rüge in der Beschwerde überhaupt vorgebracht und ausreichend begründet
worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; qualifizierte Rüge- und
Begründungsobliegenheit; BGE 144 II 313 E. 5.1 S. 319). In der Beschwerde ist
daher klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids
darzulegen, dass und inwiefern verfassungsmässige Individualrechte verletzt
worden sein sollen (BGE 143 I 1 E. 1.4 S. 5).

2.4. Das Bundesgericht legt seinem Urteil grundsätzlich den Sachverhalt
zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG; BGE 144 V
173 E. 1.2 S. 175). Die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen können von
Amtes wegen oder auf Rüge hin berichtigt werden, wenn sie offensichtlich
unrichtig, d.h. willkürlich, sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG beruhen und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang
entscheidend sein kann (Art. 105 Abs. 2 und Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 144 IV 35
E. 2.3.3 S. 42 f.). Tatfrage ist auch die Beweiswürdigung. Die Anfechtung der
vorinstanzlichen Feststellungen unterliegt der qualifizierten Rüge- und
Begründungsobliegenheit (BGE 144 V 50 E. 4.1 S. 52 f.; vorne E. 2.3). Neue
Tatsachen und Beweismittel dürfen vor Bundesgericht nur so weit vorgebracht
werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (unechte Noven;
Art. 99 Abs. 1 BGG; BGE 144 IV 35 E. 2.1 S. 40).

3. 

3.1. Streitig und zu prüfen ist einzig, ob die Vorinstanz verfassungsrechtlich
haltbar und bundesrechtskonform zum Ergebnis gelangte, es lägen keine Gründe
vor, die zu einer Wiedereinsetzung in den früheren Stand führen könnten (Art.
133 Abs. 3 DBG). Die Wiedereinsetzung in den früheren Stand ist
direktsteuerlich nur anzuordnen, wenn die steuerpflichtige Person einerseits
nachweist, dass sie durch erhebliche Gründe - namentlich Krankheit - an der
rechtzeitigen Einreichung verhindert war (materielle Voraussetzung) und
anderseits das Rechtsmittel innert 30 Tagen nach Wegfall der Hinderungsgründe
eingereicht wurde (formelle Voraussetzung; Art. 133 Abs. 3 DBG; Urteile 2C_609/
2018 vom 8. August 2018 E. 3.1; 2C_987/2017 vom 7. Dezember 2017 E. 3.2).

3.2. Wird eine Krankheit als Hinderungsgrund angerufen, muss die
Beeinträchtigung derart erheblich ausfallen, dass die steuerpflichtige Person
durch sie geradezu davon abgehalten wird, innert Frist zu handeln oder eine
Drittperson mit der notwendigen Vertretung zu betrauen (BGE 119 II 86 E. 2 S.
87; 112 V 255 E. 2a S. 255 f.). Der Nachweis der hinreichend schweren Krankheit
unterliegt der freien Beweiswürdigung und damit keiner festen Beweisregel. In
der Praxis kommt einem zeitnah erstellten, aussagekräftigen Arztzeugnis, dem
zufolge das Fristversäumnis gar nicht oder höchstens leicht verschuldet ist,
indes ausschlaggebende Bedeutung zu. Die Beweislast hierfür trägt die zur
Prozesshandlung verpflichtete Person, denn diese leitet aus dem unverschuldeten
Hindernis Rechte ab (Art. 8 ZGB; Urteil 2C_925/2018 vom 15. November 2018 E.
2.2.3).

3.3. Der Steuerpflichtige legt im bundesgerichtlichen Verfahren zwei
Austrittsberichte der Klinik D.________ in U.________/AG vom 3. Februar 2014
(handschriftlich korrigiert in 27. Februar 2012) und vom 21. Mai 2014 vor. Die
Veranlagungsverfügung, welche die 30-tägige Einsprachefrist auslöste, erging
indes erst am 29. April 2016 (vorne E. 1.1). Abgesehen davon, dass es sich bei
den Austrittsberichten um unzulässige Noven handeln dürfte (vorne E. 2.4), was
hier aber offenbleiben kann, vermögen die Berichte zum fraglichen Zeitraum (ab
Anfang Mai 2016) ohnehin nichts zur Erhellung beizutragen. Der Einwand der
Vorinstanz, dem der Steuerpflichtige scheinbar entgegentreten will, ging
vielmehr dahin, dass der Steuerpflichtige zur psychotherapeutischen Beratung
und Therapie im fraglichen Zeitraum nichts vorgelegt habe, wovon in der
ärztlichen Bescheinigung vom 13. Juli 2017 die Rede ist. Die angebliche
Hospitalisierung ist damit weder durch ein Arztzeugnis noch auf andere Weise
nachgewiesen.

3.4. Mit der Vorinstanz ist damit auf die beiden Atteste vom 10. und 13. Juli
2017 abzustellen. Beide sind knapp gehalten und wurden mehr als ein Jahr nach
Ablauf der Einsprachefrist erstellt. Die ärztliche Bescheinigung vom 10. Juli
2017, erstellt von med. pract. B.________, umfasst gut drei Zeilen. Sie mündet
darin, dass der Steuerpflichtige sich "im Mai 2016" "für ein längeres
Therapiegespräch im Sinne einer Krisenintervention" gemeldet habe. Dabei seien
"seine beruflich und privat sehr belastenden Lebensumstände deutlich" geworden.
Wenn die Vorinstanz beweiswürdigend von einem unspezifischen Attest ausgeht,
ist dies verfassungsrechtlich jedenfalls nicht unhaltbar.

3.5.

3.5.1. Aus dem Attest vom 13. Juli 2017 von Dr. med. C.________ geht
übersichtsartig hervor, dass der Steuerpflichtige "seit 2011" "teils
internistisch-allgemeinmedizinisch, teils psychosomatisch" betreut worden sei.
In den "Jahren 2014 bis 2016" habe der Steuerpflichtige "aufgrund schwieriger
psychologischer, gesundheitlicher und beruflicher Konstellationen erhebliche
Probleme in der Lebensgestaltung" erfahren, "teilweise auch bei der Bewältigung
von Alltagsproblemen". In einer Krisensituation habe er sich "zum Beispiel
[befunden], als er am 12. Januar 2016 meine Sprechstunde aufsuchte und wir ein
langes Gespräch über seine Situation und seine Möglichkeiten hatten". Er habe
sich "folgerichtig in psychotherapeutische Beratung und Therapie, einige Wochen
stationär, dann auch in der Tagesklinik" begeben. "Phasenweise" sei es ihm
"nicht möglich" gewesen, zu arbeiten.

3.5.2. Die Darlegungen der Ärztin erschöpfen sich weitgehend in Gemeinplätzen,
die zur hier interessierenden Rechtsfrage nichts beitragen. Zum "Ob" und "Wann"
der angeblich bestehenden krankheitsbedingten Verhinderung spricht sich die
Hausärztin des Steuerpflichtigen in keiner Weise aus. Dies allein reicht aus,
um verfassungsrechtlich haltbar zum Schluss zu gelangen, dass auch dem Zeugnis
vom 13. Juli 2017 keinerlei Beweiswert zukommt.

3.6. Damit ist die Vorinstanz willkürfrei zum Ergebnis gelangt, ein
hinreichender Hinderungsgrund im Sinne von Art. 133 Abs. 3 DBG sei unerwiesen
geblieben. Die Beschwerde erweist sich als unbegründet. Sie ist abzuweisen.

4.

Nach dem Unterliegerprinzip (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG) trägt der
Beschwerdeführer die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens. Dem Kanton
Aargau, der in seinem amtlichen Wirkungskreis obsiegt, steht keine
Entschädigung zu (Art. 68 Abs. 3 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.

Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 1'000.-- werden dem
Beschwerdeführer auferlegt.

3.

Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Aargau, 2. Kammer, und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 4. April 2019

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Der Gerichtsschreiber: Kocher