Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.263/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

2C_263/2019

Urteil vom 27. Juni 2019

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Seiler, Präsident,

Bundesrichter Donzallaz,

Bundesrichter Haag,

Gerichtsschreiber Hugi Yar.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

Beschwerdeführer,

gegen

Amt für Migration und Bürgerrecht des Kantons Basel-Landschaft.

Gegenstand

Ausschaffungshaft,

Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts

Basel-Landschaft, Einzelrichter für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, vom 15.
Februar 2019 (860 19 33).

Sachverhalt:

A.

A.a. A.________ (geb. 1963) stammt aus der Türkei. Er reiste am 7. Februar 1985
als Asylbewerber in die Schweiz ein. In der Folge kam er in den Genuss einer
Niederlassungsbewilligung. A.________ heiratete 1986 eine Schweizer Bürgerin,
von der er sich im Jahr 2000 scheiden liess. A.________ pflegte neben seiner
Ehe eine Parallelbeziehung; aus dieser gingen drei Söhne (geb. 1995, 1996 und
1998) und eine Tochter (geb. 2011) hervor.

A.b. Das Kantonsgericht Basel-Landschaft verurteilte A.________ am 29. April
2003 unter anderem wegen mehrfacher Körperverletzung, Drohung sowie mehrfach
versuchter Gewalt und Drohung gegen Behörden zu einer Freiheitsstrafe von 12
Monaten. Das Amt für Migration verwarnte ihn in diesem Zusammenhang am 21.
Oktober 2005. Es kam anschliessend zu diversen weiteren Anzeigen gegen
A.________ wegen Nötigungen, Tätlichkeiten und Drohungen in Bezug auf Personen
in seinem näheren Umfeld sowie gegen Mitarbeiter diverser Amtsstellen.

A.c. Das Strafgericht Basel-Landschaft verurteilte A.________ am 2. Februar
2018 unter anderem wegen versuchter Zwangsheirat, versuchter einfacher
Körperverletzung mit einem gefährlichen Gegenstand und mehrfacher Drohung zu
einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten; gleichzeitig verwies es ihn für zehn
Jahre des Landes. A.________ hat hiergegen Berufung eingereicht. Der
entsprechende Entscheid steht noch aus.

A.d. Am 8. September 2017 widerrief das Amt für Migration und Bürgerrecht des
Kantons Basel-Landschaft die Niederlassungsbewilligung von A.________; es
ordnete gleichzeitig dessen Wegweisung auf den Zeitpunkt der (bedingten)
Entlassung aus dem Strafvollzug an. A.________ gelangte hiergegen erfolglos an
den Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft, welcher einer allfälligen
Beschwerde die aufschiebende Wirkung entzog. Gegen den Entscheid des
Regierungsrats vom 13. März 2018 erhob A.________ Beschwerde an das
Kantonsgericht Basel-Landschaft. Dieses sistierte sein Verfahren bis zur
rechtskräftigen Erledigung des Strafprozesses.

B.

A.________ befand sich vom 13. Februar 2017 bis zum 12. Februar 2019 unter
verschiedenen Titeln strafprozessualrechtlich in Haft (Untersuchungshaft,
vorzeitiger Strafvollzug, Sicherheitshaft). Die Abteilung Strafrecht des
Kantonsgerichts Basel-Landschaft hiess am 4. Februar 2019 ein
Haftentlassungsgesuch teilweise gut und entliess A.________ auf den 12. Februar
2019 zu Handen des Amts für Migration und Bürgerrecht aus der Sicherheitshaft.
Dieses nahm A.________ noch gleichentags in Ausschaffungshaft. Der
Einzelrichter für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht des Kantonsgerichts
Basel-Landschaft prüfte diese am 15. Februar 2019 und bestätigte sie für drei
Monate bis zum 11. Mai 2019.

C.

A.________ beantragt vor Bundesgericht, die Haftgenehmigung vom 15. Februar
2019 aufzuheben und das Amt für Migration und Bürgerrecht des Kantons
Basel-Landschaft anzuweisen, ihn aus der Ausschaffungshaft zu entlassen. Es sei
zudem festzustellen, dass er in seinen Rechten verletzt worden sei und der
haftrichterliche Entscheid als unverhältnismässig zu gelten habe.

Das Kantonsgericht Basel-Landschaft reichte am 19. März 2019 die
Verfahrensakten ein und verzichtete darauf, zur Beschwerde Stellung zu nehmen.
Das Amt für Migration und Bürgerrecht sowie das Staatssekretariat für Migration
(SEM) äusserten sich nicht.

D.

Mit Schreiben vom 29. März 2019 teilte das Amt für Migration und Bürgerrecht
des Kantons Basel-Landschaft dem Bundesgericht mit, dass A.________ am 22. März
2019 in Begleitung von zwei Polizeibeamten sowie eines Arztes "per Flug von
Zürich nach Istanbul ausgeschafft" worden ist.

Erwägungen:

1.

1.1. Gegen den kantonal letztinstanzlichen Entscheid über eine Zwangsmassnahme
im Ausländerrecht kann der Betroffene mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten an das Bundesgericht gelangen (Art. 82 i.V.m. Art. 86 Abs. 1
lit. d und Art. 89 Abs. 1 BGG; Urteile 2C_312/2018 vom 11. Mai 2018 E. 1).
Wegen des mit der Anordnung ausländerrechtlicher Administrativhaft verbundenen
schweren Eingriffs in die persönliche Freiheit kommt dem entsprechenden
Freiheitsentzug eigenständige Bedeutung zu; die Haft erscheint nicht als bloss
untergeordnete Vollzugsmassnahme zur Wegweisung, weshalb der Ausschlussgrund
von Art. 83 lit. c Ziff. 4 BGG der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten nicht entgegensteht (BGE 142 I 135 E. 1.1.3 S. 139 f.; 135 II
94 E. 5.5 S. 101 f.; Urteil 2C_466/2018 vom 21. Juni 2018 E. 1.1).

1.2. Nach Art. 89 Abs. 1 BGG ist zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten nur legitimiert, wer u.a. ein schutzwürdiges Interesse an der
Beurteilung seiner Eingabe hat (lit. c). Dieses muss nicht nur bei der
Beschwerdeeinreichung, sondern auch noch im Zeitpunkt der Urteilsfällung
aktuell und praktisch sein. Fällt das aktuelle Interesse im Verlaufe des
Verfahrens dahin, wird die Sache als erledigt abgeschrieben; fehlte es schon
bei Beschwerdeeinreichung, ist auf die Eingabe nicht einzutreten (BGE 142 I 135
E. 1.3.1 S. 143; 139 I 206 E. 1.1 S. 208; 137 I 296 E. 4.2 S. 299). Kommt es
vor Abschluss des bundesgerichtlichen Verfahrens zur Freilassung oder
Ausschaffung des Ausländers, entfällt bzw. fehlt regelmässig das aktuelle und
praktische Interesse an einer Überprüfung des Haftentscheids auf seine
Vereinbarkeit mit dem anwendbaren Recht (vgl. BGE 142 I 135 E. 1.3.1 S. 143;
137 I 296 E. 4.2 S. 299). Das Bundesgericht tritt ausnahmsweise unter Verzicht
auf das Erfordernis des aktuellen praktischen Interesses auf eine Beschwerde
dennoch ein, wenn sich die aufgeworfenen Fragen unter gleichen oder ähnlichen
Umständen jederzeit wieder stellen können, eine rechtzeitige Überprüfung im
Einzelfall kaum je möglich wäre und die Beantwortung wegen deren
grundsätzlicher Bedeutung im öffentlichen Interesse liegt (BGE 142 I 135 E.
1.3.1 S. 143; 139 I 206 E. 1.1 S. 208). In Fällen, in denen durch die EMRK
geschützte Ansprüche zur Diskussion stehen (Art. 5 bzw. 6 EMRK), tritt das
Bundesgericht regelmässig auf die Beschwerde ein, auch wenn kein aktuelles
praktisches Interesse mehr besteht (vgl. BGE 142 I 135 E. 1.3.1 S. 143; 139 I
206 E. 1.2.1 S. 208 f.; 137 I 296 E. 4.3 S. 299 f.). Die entsprechenden
Voraussetzungen sind - trotz der Ausschaffung des Beschwerdeführers in die
Türkei aufgrund des vollstreckbaren ausländerrechtlichen Wegweisungsentscheids
- gegeben; auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 42 und 100 Abs. 1 BGG) des hierzu
legitimierten Beschwerdeführers (Art. 89 Abs. 1 BGG) ist inbezug auf sein
Feststellungsbegehren einzutreten.

2.

2.1. Wurde ein erstinstanzlicher Weg- oder Ausweisungsentscheid eröffnet, kann
die zuständige Behörde den betroffenen Ausländer zur Sicherstellung von deren
Vollzug unter anderem in Ausschaffungshaft nehmen bzw. in dieser belassen, wenn
er andere Personen ernsthaft bedroht oder an Leib und Leben erheblich gefährdet
und deshalb strafrechtlich verfolgt wird oder verurteilt worden ist (Art. 76
Abs. 1 lit. b Ziff. 1 in Verbindung mit Art. 75 Abs. 1 lit. g AIG [bis 1.
Januar 2019: AuG; SR 142.20]). Dasselbe gilt seit dem 1. Oktober 2016 für
erstinstanzliche strafrechtliche Landesverweisungen nach Art. 66a oder 66a bis
StGB (SR 311.0) : Da es sich dabei um eine strafrechtliche Massnahme handelt,
stellen primär Art. 220 Abs. 2 und Art. 231 Abs. 1 lit. a StPO (SR 312.0;
Sicherheitshaft nach dem erstinstanzlichen Urteil) die gesetzliche Grundlage
dar, um eine ausländische Person zur Sicherstellung des Vollzugs der
ausgesprochenen Landesverweisung in Sicherheitshaft zu nehmen bzw. zu belassen,
soweit die entsprechenden strafprozessualrechtlichen Voraussetzungen gegeben
sind (BGE 143 IV 168 E. 3.2 S. 171 f.; Botschaft zur Änderung des
Strafgesetzbuchs und des Militärstrafgesetzes vom 26. Juni 2013 [Umsetzung von
Art. 121 Abs. 3 - 6 BV über die Ausschaffung krimineller Ausländer und
Ausländerinnen]: BBl 2013 5975 ff., dort S. 6050; MATTHIAS ZURBRÜGG/CONSTANTIN
HRUSCHKA, in: Niggli/Wiprächtiger [Hrsg.], BSK Strafrecht I, 4. Auflage 2019,
N. 12 zu Art. 66c StGB).

2.2. Die Zuständigkeit der Strafbehörden, welche bis zum Ende des
Strafverfahrens reicht, hindert die Verwaltungsbehörden nicht daran, in Fällen,
in denen die strafprozessualrechtlichen Anforderungen der Sicherheitshaft nicht
mehr gegeben sind, die Möglichkeit der Anordnung einer ausländerrechtlichen
Zwangsmassnahme zu prüfen (MATTHIAS ZURBRÜGG/CONSTANTIN HRUSCHKA, A.A.O., N. 11
UND 16-20 ZU ART. 66C STGB) : Gemäss Art. 76 Abs. 1 AIG kann die
Verwaltungsbehörde die betroffene Person ab der Eröffnung der erstinstanzlichen
Landesverweisung nach Art. 66a oder Art. 66a bis StGB - und damit noch vor
deren Rechtskraft - in ausländerrechtliche Administrativhaft versetzen (BGE 143
IV 168 E. 3.3 S. 172 f.). Dies ergibt sich aus der bundesrätlichen Botschaft:
Danach können die Kantone sich sowohl auf die StPO (Sicherheitshaft) als auch
auf das AIG (Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht) stützen, um den künftigen
Vollzug der strafrechtlichen Landesverweisung sicherzustellen (BGE 143 IV 168
E. 3.3 S. 172; BBl 2013 5975 ff., dort S. 6050 zu Art. 220 Abs. 1 und 2 StPO).

2.3. Im vorliegenden Fall hat das Kantonsgericht Basel-Landschaft (Abteilung
Strafrecht) am 4. Februar 2019 die Sicherheitshaft aufgehoben, da deren Dauer
am 12. Februar 2019 in grosse zeitliche Nähe zur erstinstanzlich
ausgesprochenen Freiheitsstrafe von 24 Monaten gerückt war und zu wenig
konkrete Anhaltspunkte dafür bestanden, dass die Sanktion im
Rechtsmittelverfahren verschärft werden könnte ("Verbot der Überhaft"). Der
Beschwerdeführer ist mit dem Widerruf seiner Niederlassungsbewilligung
ausländerrechtlich weggewiesen worden; das entsprechende Beschwerdeverfahren
ist vor dem Kantonsgericht hängig und dort bis zur rechtskräftigen Erledigung
des Strafverfahrens sistiert worden. Der Regierungsrat des Kantons
Basel-Landschaft hatte der Beschwerde an das Kantonsgericht die aufschiebende
Wirkung entzogen, ohne dass der Beschwerdeführer um deren Wiederherstellung
ersucht hat, womit ein vollstreckbarer Wegweisungsentscheid vorlag, der die
Ausschaffung des Beschwerdeführers zuliess. Das Strafverfahren befindet sich -
auch hinsichtlich der Landesverweisung - im Stadium der Berufung. Die
angeordnete Ausschaffungshaft diente einerseits der Sicherung des Vollzugs des
ausländerrechtlichen Wegweisungsentscheids und andererseits der Sicherstellung
des Vollzugs der erstinstanzlich ausgesprochenen strafrechtlichen
Landesverweisung, nachdem diese im konkreten Fall nicht mehr
strafprozessualrechtlich gesichert werden konnte. Weder der ausländerrechtliche
Wegweisungsentscheid noch die strafrechtliche Landesverweisung müssen bei der
Haftanordnung bereits rechtskräftig sein (vgl. das Urteil 2C_260/2018 vom 9.
April 2018 E. 4.1). Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut von Art. 76 Abs.
1 AIG: Danach kann die zuständige Behörde die betroffene Person zur
Sicherstellung des Vollzugs in Haft nehmen, "wenn ein erstinstanzlicher Weg-
oder Ausweisungsentscheid eröffnet oder eine erstinstanzliche Landesverweisung
nach Art. 66a oder 66a bis StGB ausgesprochen wurde". Somit liegen zwei
Entscheide vor, deren Vollzug - unter Beachtung der übrigen Haftvoraussetzungen
("Zweckgebundenheit", Haftgrund, Verhältnismässigkeit, Beschleunigungsgebot
usw.) - mit einer Ausschaffungshaft sichergestellt werden konnten. 

3.

3.1. Der Beschwerdeführer erfüllt - entgegen seiner Kritik - grundsätzlich den
Haftgrund der ernsthaften Bedrohung und der erheblichen Gefährdung Dritter an
Leib und Leben (Art. 76 Abs. 1 lit. b Ziff. 1 i.V.b. mit Art. 75 Abs. 1 lit. g
AIG). Der entsprechende Haftgrund umfasst im hängigen Ausschaffungsverfahren
neben der Sicherstellung des Vollzugs der aufenthaltsbeendenden
Entfernungsmassnahme auch ein sicherheitspolizeiliches Element. Wer Dritte
durch seine Handlungen ernsthaft bedroht oder an Leib und Leben erheblich
 gefährdet, bei dem besteht - so die bundesrätliche Botschaft (zu Art. 13a lit.
e AuG: Botschaft vom 22. Dezember 1993 zur Bundesgesetz über Zwangsmassnahmen
im Ausländerrecht, BBl 1994 I 305 ff. dort S. 322 f.) - "typischerweise" auch
die Gefahr, dass er sich ohne administrative Festhaltung dem Vollzug des
aufenthaltsbeendenden Entscheids bzw. dem entsprechenden Verfahren entziehen
wird ("objektivierter" Haftgrund). Ziel des Haftgrunds ist es, den Vollzug der
aufenthaltsbeendenden Massnahme sicherzustellen (Art. 5 Ziff. 1 lit. f EMRK);
als Nebenfolge und Konsequenz daraus werden dadurch gleichzeitig weitere
Delikte während der Dauer des Verfahrens verhindert (vgl. das Urteil 2C_304/
2012 vom 1. Mai 2012 E. 2.2.1; BBl 1994 I 322 f.). Der Haftgrund der Bedrohung
und der Gefährdung an Leib und Leben soll aber nicht in erster Linie
strafprozessualen Sicherungszwecken dienen; hierfür steht die Sicherheitshaft
zur Verfügung, soweit deren Voraussetzungen gegeben sind. Der Haftgrund muss
prioritär dem zulässigen Haftzweck, nämlich der Sicherstellung des Vollzugs der
Wegweisung bzw. der Landesverweisung dienen, andernfalls er den Vorgaben von
Art. 5 Ziff. 1 lit. f EMRK widerspricht ("Zweckgebundenheit"; vgl. GREGOR
CHATTON/LAURENT MERZ, in: Nguyen/Amarelle [Editeurs], Code annoté de droit des
migrations, Vol. II, Loi sur les étrangers, 2017, N. 30 zu Art. 75 Letr;
ANDREAS ZÜND, in: Spescha et al. [Hrsg.], Kommentar Migrationsrecht, 4. Aufl.
2015, N. 10 zu Art. 75 AuG; kritisch: MARTIN BUSINGER, Ausländerrechtliche
Haft, Die Haft nach Art. 75 ff. AuG, 2015 S. 175 ff.; TARKAN GÖKSÜ, in: Caroni/
Gächter/ Thurnherr [Hrsg.], SHK Bundesgesetz über die Ausländerinnen und
Ausländer [AuG], Bern 2010, N. 20 zu Art. 75 AuG). 

3.2. Der Haftgrund erfasst namentlich strafbare Handlungen gegen Leib und Leben
(Art. 111 ff. StGB), gegen die Freiheit (Art. 180 ff. StGB) und - zumindest
teilweise auch - gegen die sexuelle Integrität (Art. 189 ff. StGB). Selbst bei
Straftaten gegen Leib und Leben ist indessen eine "erhebliche" Gefährdung
erforderlich. Ein blosser Tatverdacht genügt nicht; der Betroffene muss
"strafrechtlich verfolgt" oder "verurteilt worden sein". Die Ernsthaftigkeit
der Drohung bzw. der erheblichen Gefährdung an Leib und Leben muss im
Einzelfall geprüft werden, auch wenn der Gesetzgeber vermutungsweise davon
ausgeht, dass wer straffällig geworden ist, eher dazu neigt, sich allgemein den
behördlichen Anordnungen zu widersetzen. Delikte mit Bagatellcharakter genügen
für die Anwendung des Haftgrunds nicht. Dieser entfällt zudem, wenn im Rahmen
einer pflichtgemässen Prognose aufgrund klarer Anhaltspunkte auf ein künftiges
Wohlverhalten geschlossen werden kann (keine Rückfallgefahr; Urteile 2C_304/
2012 vom 1. Mai 2012 E. 2.2.1 und 2A.480/2003 vom 26. August 2004 E. 4; vgl.
CHATTON/MERZ, a.a.O., N. 32 f. zu Art. 75 AuG; ZÜND, a.a.O., N. 10 zu Art. 75
AuG; GÖKSÜ, a.a.O. N. 21 f.; THOMAS HUGI YAR, § 10 Zwangsmassnahmen im
Ausländerrecht, in: Uebersax/Rudin/Hugi Yar/Geiser, [Hrsg.], Ausländerrecht, 2.
Aufl. 2008, N. 10.71 - 10.73). Die absehbare Rückfallgefahr und die
entsprechenden künftigen Taten müssen den Schluss zulassen, dass der Betroffene
beim Vollzug der Wegweisung oder der strafrechtlichen Landesverweisung nicht
kooperieren bzw. sich dem entsprechenden Verfahren entziehen wird (vgl.
BUSINGER, a.a.O, S. 178).

3.3.

3.3.1. Der Beschwerdeführer wurde am 29. April 2003 vom Kantonsgericht
Basel-Landschaft unter anderem wegen mehrfacher Körperverletzung, Drohung sowie
mehrfach versuchter Gewalt und Drohung gegen Behörden zu einer Freiheitsstrafe
von 12 Monaten verurteilt. Das Strafgericht Basel-Landschaft befand ihn am 2.
Februar 2018 unter anderem der versuchten Zwangsheirat, der versuchten
einfachen Körperverletzung mit einem gefährlichen Gegenstand und der mehrfachen
Drohung für schuldig und verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von 24
Monaten; es verwies ihn zudem für zehn Jahre des Landes. Mit der versuchten
einfachen Körperverletzung mit einem gefährlichen Gegenstand erfüllte der
Beschwerdeführer den Haftgrund der Bedrohung und der Gefährdung an Leib und
Leben: Bei einer der zahlreichen häuslichen Auseinandersetzungen richtete er
gemäss dem erstinstanzlichen Strafurteil ein Rüstmesser gegen seine Partnerin,
worauf diese (in Angst und Schrecken versetzt) sich rückwärts aus der Küche
hinaus bewegte. Der Beschwerdeführer folgte ihr und führte im Abstand von 20
bis 30 Zentimeter vor ihrem Körper (Bauchhöhe) insgesamt zwei bis drei
Stichbewegungen in ihre Richtung aus, wobei er sein Opfer indessen nicht traf,
da es diesem gelang, auszuweichen und sich zurückzuziehen. Die Sachverständigen
im Strafverfahren kamen zum Schluss, dass vom Beschwerdeführer eine gewichtige
Rückfallgefahr bezüglich Drohungen und Nötigungen im Allgemeinen und im
häuslichen Bereich im Besonderen ausgehe; vor allem in zwischenmenschlichen
Beziehungen bestehe eine hohe Wahrscheinlichkeit einer erneuten Begehung von
Delikten der bisherigen Art, zumal der Beschwerdeführer unter einer schweren
kombinierten Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen, dissozialen und
emotional-instabilen Anteilen bzw. einer Psychopathie leide. Dem
Beschwerdeführer ist einzuräumen, dass er gemäss den Akten oft "leere"
Drohungen ausspricht und dabei Leute mit dem Tod oder demjenigen von
Angehörigen bedroht; bei den für die Opfer traumatisierend wirkenden Drohungen
(Art. 180 StGB) besteht aufgrund seines bisherigen Verhaltens indessen dennoch
eine Ausführungsgefahr, andernfalls es kaum zu den Strafverfahren gekommen wäre
(vgl. TARKAN GÖKSU, a.a.O., N. 22 zu Art. 75 AuG).

3.3.2. Was der Beschwerdeführer hiergegen einwendet, überzeugt nicht: Er
verkennt, dass die Ausschaffungshaft eine Administrativmassnahme bildet, die -
trotz des Haftgrunds der Bedrohung und Gefährdung an Leib und Leben - der
Sicherstellung des Vollzugs der aufenthaltsbeendenden Massnahme dient (CHATTON/
MERZ, a.a.O., N. 31 zu Art. 75 AuG: "la mise en danger ne sert ainsi que
d'élément déclencheur mais non de raison d'être de la détention fondée sur
l'al. 1 let. g"). Die Unschuldsvermutung wird dadurch nicht verletzt.
Entscheidend ist, ob der Vollzug der Wegweisung oder der strafrechtlichen
Landesverweisung in absehbarer Zeit möglich und zulässig erscheint; hierauf
muss die Administrativhaft ausgerichtet sein ("Zweckgebundenheit").

3.3.3. Die Bedrohung und Gefährdung an Leib und Leben bildet im
Administrativverfahren nach dem Willen des Gesetzgebers ein Indiz dafür, dass
der Betroffene sich dem Vollzug der aufenthaltsbeendenden Massnahme bzw. dem
entsprechenden Verfahren mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit widersetzen oder
entziehen wird. Soweit der Beschwerdeführer sich - als an sich unzulässiges
Novum (Art. 99 Abs. 1 BGG; Urteil 2C_730/2018 vom 20. März 2019 E. 2.3.2 mit
Hinweisen) - auf ein Schreiben einer Kinder- und Jugendpsychiaterin vom 9. März
2019 beruft, wonach er mit seinem Redefluss sehr aufdringlich und rücksichtslos
wirke, aber körperlich zu keiner Gewalttätigkeit neige, ändert dies nichts an
der durch die psychiatrischen Gutachten im Strafverfahren festgestellten
Rückfallsgefahr. Die in seinem Namen beigezogene Psychiaterin hat lediglich 50
Minuten mit dem Beschwerdeführer verbracht, was im Gegensatz zu den Abklärungen
im Strafverfahren kaum eine seriöse Aussage zulassen dürfte.

3.3.4. Die Rüge des Beschwerdeführers, er sei statt in Administrativhaft zu
nehmen, einer intensiven psychotherapeutischen Behandlung zuzuführen, überzeugt
insofern nicht, als im Strafurteil festgehalten wurde, dass von seiner
therapeutischen Arbeit "keinerlei Erinnerungen haften geblieben" seien; auch in
Freiheit habe er sich nicht auf eine nachhaltige psychiatrische Behandlung
eingelassen, schliesslich konnte bei ihm - so der Gutachter - auch keine
tiefere "Krankheitseinsicht" erwirkt werden.

3.4.

3.4.1. Soweit der Beschwerdeführer die im Strafverfahren erstellten Gutachten
als einseitig kritisiert, bilden diese nicht Gegenstand der administrativen
Haftprüfung. Der Haftrichter hat zu beurteilen, ob die ausländerrechtlichen
Voraussetzungen gegeben sind, um den Vollzug der Wegweisung oder der
strafrechtlichen Landesverweisung durch eine administrative Festhaltung
sicherstellen zu können. Einwendungen gegen die Wegweisung oder die
Landesverweisung sind im ordentlichen Beschwerde- oder Berufungsverfahren
vorzubringen oder gegebenenfalls mit einem Wiedererwägungs- oder
Revisionsgesuch geltend zu machen (BGE 125 II 217 E. 2 S. 221). Der Haftrichter
kann die Haftgenehmigung nur verweigern, wenn der zu sichernde
Wegweisungsentscheid oder die Landesverweisung als offensichtlich unzulässig zu
gelten haben (vgl. BGE 121 II 59 E. 2c S. 62).

3.4.2. Der Haftrichter muss indessen einer allfälligen Verletzung von Art. 3
EMRK bzw. Art. 10 Abs. 3 BV (drohende unmenschliche oder erniedrigende
Behandlung bzw. Strafe) im Rahmen des Vollzugs der Weg- oder Landesverweisung
Rechnung tragen, soweit ein entsprechender Einwand konkret und auf den
Einzelfall bezogen substanziiert erhoben wird und eine tatsächliche
Beeinträchtigung im Sinne eines "real risk" nicht ausgeschlossen werden kann
(Urteil 2C_312/2018 vom 11. Mai 2018 E. 4.2 mit Hinweisen). Der
Beschwerdeführer erhebt vorliegend im Zusammenhang mit seinem
Gesundheitszustand diesbezüglich keine hinreichend begründeten Rügen. Er macht
nicht geltend, nicht hafterstehungsfähig gewesen zu sein, und bestreitet nicht,
dass er in der Haft die erforderliche minimale medizinische Betreuung erhalten
hat und ihm auch Psychopharmaka zur Verfügung gestellt wurden. Zu allfälligen
künftigen medizinischen Betreuungsdefiziten in der Heimat äusserte er sich
nicht.

4.

4.1. Die Ausschaffungshaft soll - wie bereits dargelegt - den Vollzug der
Entfernungsmassnahme sicherstellen und muss deshalb ernsthaft geeignet sein,
diesen Zweck zu erreichen, was nicht (mehr) der Fall ist, wenn die Weg- oder
Ausweisung trotz der behördlichen Bemühungen nicht in einem dem konkreten Fall
angemessenen Zeitraum vollzogen werden kann. Die Festhaltung hat, weil
unverhältnismässig, dann als unzulässig zu gelten und ist gestützt auf Art. 80
Abs. 6 lit. a AuG (rechtliche oder tatsächliche Undurchführbarkeit des Vollzugs
der Weg- oder Ausweisung) zu beenden, wenn triftige Gründe für eine solche
Verzögerung sprechen (BGE 130 II 56 E. 4.1.3 S. 61 mit Hinweisen). Die
Ausschaffungshaft muss verhältnismässig und zweckbezogen auf die Sicherung des
Wegweisungsverfahrens ausgerichtet sein; es muss jeweils aufgrund sämtlicher
Umstände geklärt werden, ob sie (noch) geeignet bzw. erforderlich erscheint und
nicht gegen das Übermassverbot, d.h. das sachgerechte und zumutbare Verhältnis
von Mittel und Zweck, verstösst (zur Ausschaffungshaft: BGE 133 II 1 E. 5.1 S.
5 und unpublizierte E. 7; 126 II 439 E. 4 S. 440 ff.; zur Durchsetzungshaft:
BGE 134 I 92 E. 2.3.2 S. 97; 133 II 97 E. 2.2 S. 100).

4.2. Der Haftrichter hält zur Frage der Verhältnismässigkeit in seinem
Entscheid fest, dass "angesichts der bisherigen strafrechtlichen Delinquenz des
Beschwerdeführers" davon ausgegangen werden müsse, dass die Ausschaffungshaft
die einzig geeignete Massnahme darstelle, mit welcher der Vollzug der
Wegweisung sichergestellt werden könne. Diese erweise sich als erforderlich. Es
sei dem Beschwerdeführer zwar zuzustimmen, dass die Ausschaffungshaft nicht
einfach zu einer Verlängerung einer strafrechtlich motivierten
"Quasi-Sicherheitshaft" führen dürfe; inwiefern prognostische Befürchtungen
strafrechtlicher Natur das Amt für Migration und Bürgerrecht hier letztlich
dazu bewogen hätten, die beanstandete Haft anzuordnen, spiele indessen keine
Rolle. Relevant sei, dass das ausländerrechtliche Wegweisungsverfahren bzw. der
Vollzug der strafrechtlichen Landesverweisung gefährdet erschienen, weil der
Betroffene wiederholt klar zu erkennen gegeben habe, die Schweiz nicht
verlassen zu wollen.

4.3.

4.3.1. Die Haft hat bei Vorliegen eines Haftgrundes immer auch verhältnismässig
zu sein (so das EGMR-Urteil vom 2. Dezember 2010 Jusic gegen die Schweiz [Nr.
4691/06], §§ 68 ff. zur Anordnung der Inhaftierung "auf die gesetzlich
vorgeschriebene Weise"). Art. 64e lit. a AuG (in der Fassung vom 18. Juni 2010)
sieht in Konkretisierung des Verhältnismässigkeitsgebots zur Sicherung des
Vollzugs der Weg-, Aus- oder Landesverweisung als mildere Massnahmen etwa vor,
dass die zuständige Behörde die ausländische Person nach der Eröffnung der
erstinstanzlichen Wegweisungsverfügung oder Landesverweisung - statt zu
inhaftieren - verpflichten kann, sich regelmässig bei einer Behörde zu melden
(vgl. DANIÈLE REVEY, in: Nguyen/Amarelle [Editeurs], Code annoté de droit des
migrations, Volume II: Loi sur les étrangers [LEtr], N. 2 u. 3 zu Art. 64e
LEtr; MARC SPESCHA, in: Spescha et al. [Hrsg.], Migrationsrecht, 4. Aufl. 2015,
N. 1 zu Art. 64e AuG); denkbar ist allenfalls auch die Anordnung einer Ein-
oder Ausgrenzung (Art. 74 AIG) oder die Hinterlegung der Reisepapiere bzw. die
Pflicht, eine angemessene finanzielle Sicherheit zu leisten. 

4.3.2. Im Rahmen der Kontrolle der Verhältnismässigkeit der Haft muss der
Haftrichter die Möglichkeit milderer ausländerrechtlicher Massnahmen 
tatsächlich prüfen und begründen, weshalb diese seiner Ansicht nach nicht
geeignet sind, den Wegweisungsvollzug bzw. den Vollzug der strafrechtlichen
Landesverweisung wirksam sicherzustellen und das Übermassverbot nicht zu
verletzen (so Urteil 2C_466/2018 vom 21. Juni 2018 E. 5.2.2). Die Ausführungen
des Haftrichters erfüllen diese Anforderungen vorliegend nur knapp. Immerhin
ergibt sich aber aus dem Gesamtzusammenhang des Falles, dass der Haftrichter im
Hinblick auf die - teilweise schweren - Straftaten und wegen des wiederholten
Drohverhaltens des Beschwerdeführers den Behörden gegenüber (Drohungen gegen
diese und deren Angehörigen usw.) davon ausgehen durfte, dass sich der
Beschwerdeführer ohne Ausschaffungshaft zum Vollzug der Wegweisung bzw. der
Landesverweisung nicht zur Verfügung halten würde und der Nebenzweck, weitere
Straftaten zu verhindern, mit einer milderen Massnahme kaum hätte erfüllt
werden können.

5.

Die Beschwerde ist somit unbegründet und hinsichtlich der Feststellungsbegehren
abzuweisen. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung (Art.
64 BGG) ist abzuweisen, soweit es nicht gegenstandslos wird, da im
bundesgerichtlichen Verfahren nur zugelassene Anwälte als Rechtsbeistände
bezeichnet werden können und das Bundesgericht praxisgemäss vorliegend davon
absieht, Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.

Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen,
soweit es nicht gegenstandslos geworden ist.

3.

Es werden keine Kosten erhoben.

4.

Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Kantonsgericht
Basel-Landschaft, Einzelrichter für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, und dem
Staatssekretariat für Migration (SEM) schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 27. Juni 2019

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar