Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.247/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

2C_247/2019

Urteil vom 13. März 2019

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Seiler, Präsident,

Gerichtsschreiber Kocher.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

Beschwerdeführerin,

gegen

Gemeinde B.________, vertreten durch Rechtsanwalt Peder Cathomen.

Gegenstand

Gemeindesteuer der Einwohnergemeinde B.________, Steuerperioden 2013 bis 2016,
Steuererlass,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden, 4.
Kammer, Einzelrichter, vom 23. Januar 2019 (A 18 50).

Erwägungen:

1.

1.1. A.________ hat steuerrechtlichen Wohnsitz im Kanton Zürich und ist kraft
Grundeigentums im Kanton Graubünden bzw. in der Einwohnergemeinde B.________
wirtschaftlich zugehörig. Am 30. Mai 2016/5. April 2017 ersuchte die
Steuerpflichtige die Belegenheitsgemeinde um Erlass kommunaler Steuern aus den
Steuerperioden 2013 bis 2015. Mit Beschluss vom 19. Dezember 2017 wies die
Belegenheitsgemeinde das Gesuch ab, wobei sie ihr anbot, auf Wunsch eine
Verfügung zu erlassen. Mit Eingabe vom 20. März 2018 erhob die Steuerpflichtige
beim Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden Beschwerde gegen den Beschluss
vom 19. Dezember 2017. Aufgrund dessen, dass ein taugliches Anfechtungsobjekt
fehle, trat das Verwaltungsgericht, 4. Kammer, mit Entscheid A 18 14 vom 18.
Juni 2018 darauf nicht ein. Dagegen gelangte die Steuerpflichtige an das
Bundesgericht, das auf die offensichtlich an einer genügenden Begründung
mangelnden Beschwerde mit Urteil 2C_693/2018 vom 27. August 2018 ebenfalls
nicht eintrat.

1.2. Noch während des hängigen bundesgerichtlichen Verfahrens ersuchte die
Steuerpflichtige die Belegenheitsgemeinde erneut um Erlass der offenen
Gemeindesteuerforderungen, Kosten und Zinsen im Gesamtbetrag von Fr. 738.90,
nunmehr die Steuerperioden 2013 bis 2016 umfassend. Das örtliche Steueramt wies
das Gesuch mit Entscheid vom 14. September 2018 ab, was das Verwaltungsgericht
des Kantons Graubünden, 4. Kammer, mit einzelrichterlichem Entscheid A 18 50
vom 23. Januar 2019 bestätigte. Das Verwaltungsgericht erwog, dass es sich
erübrige, zu prüfen, ob eine Notlage oder eine grosse Härte im
steuerrechtlichen Sinne vorliege, da die Steuerpflichtige ohnehin nicht
nachgewiesen habe, dass die privaten Gläubiger im entsprechenden Mass auf ihre
Forderungen verzichtet hätten. Das unerlässliche Element der Opfersymmetrie
fehle mithin.

1.3. Mit Eingabe vom 6. März 2019 erhebt die Steuerpflichtige beim
Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und
subsidiäre Verfassungsbeschwerde. Sie geht davon aus, dass ein besonders
bedeutender Fall vorliege und beantragt, der angefochtene Entscheid sei
aufzuheben unter Erlass sämtlicher Steuern, Gebühren und Zinsen zu den
Steuerperioden 2013 bis 2016. Eventualiter sei die Sache zur neuen Behandlung
an die Vorinstanz zurückzuweisen. Es sei ihr eine Entschädigung von mindestens
Fr. 1'000.-- zuzusprechen, eventuell höher, falls der Beizug eines Anwalts
nötig werde.

1.4. Der Abteilungspräsident als Instruktionsrichter (Art. 32 Abs. 1 BGG [SR
173.110]) hat von Instruktionsmassnahmen abgesehen.

2.

2.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist in Fällen der
abgaberechtlichen Stundung oder des abgaberechtlichen Erlasses nur zulässig,
wenn zum einen ein direktsteuerlicher Entscheid zu den Einkommens- und
Gewinnsteuern und zum andern eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung
oder ein besonders bedeutender Fall vorliegt (Art. 83 lit. m BGG in der Fassung
vom 20. Juni 2014, in Kraft seit 1. Januar 2016 [AS 2015 9]). "Besonders
bedeutend" ist ein Fall namentlich, wenn er Auswirkungen auf andere Fälle haben
kann oder wenn elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind. Die
Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs des besonders bedeutenden Falles
obliegt dem Bundesgericht (BGE 143 II 459 E. 1.2.1 S. 462 f.; Urteil 2D_44/2018
vom 16. November 2018 E. 2.1).

2.2. Die Steuerpflichtige macht einen besonders bedeutenden Fall geltend, was
sie damit begründet, dass die kommunalen und kantonalen Behörden in
willkürlicher, mannigfacher Weise in ihre höchstpersönlichen Rechte
eingegriffen hätten. Selbst wenn es sich so verhalten hätte, könnte indes nicht
davon gesprochen werden, ihr Fall könnte gewissermassen Signalwirkung für
zahlreiche künftige Fälle entwickeln. Dies nachzuweisen, wäre Sache der
Steuerpflichtigen gewesen (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 142 V 26 E. 1.2 S. 28).
Ebenso unklar bleibt, dass und inwiefern die angeblich fehlende Vereinbarkeit
des kantonalen Steuererlassrechts mit dem eidgenössischen Erbrecht den Ausgang
des vorliegenden Verfahrens beeinflussen könnte. Wie dem Bundesgericht bekannt
ist, trägt die Steuerpflichtige zurzeit zwar tatsächlich eine erbrechtliche
Streitigkeit aus (zuletzt Urteil 5A_781/2017 vom 20. Dezember 2017), doch fehlt
jeder Bezug zur hier einzig interessierenden Erlassfrage. Die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist unzulässig.

2.3.

2.3.1. Dagegen fällt grundsätzlich die subsidiäre Verfassungsbeschwerde in
Betracht (Art. 83 lit. m Teilsatz 1 in Verbindung mit Art. 113 ff. BGG). Mit
diesem Rechtsmittel kann ausschliesslich die Verletzung verfassungsmässiger
Individualrechte gerügt werden (Art. 116 BGG; BGE 140 I 285 E. 1.2 S. 290),
wobei die qualifizierte Rüge- und Begründungsobliegenheit herrscht (Art. 117 in
Verbindung mit Art. 106 Abs. 2 BGG). Gemäss Art. 156 Abs. 1 des Steuergesetzes
[des Kantons Graubünden] vom 8. Juni 1986 (StG/GR; BR 720.000) "können" die
Staatssteuern, Kosten oder Bussen ganz oder teilweise erlassen werden", was zum
Ausdruck bringt, dass kein Rechtsanspruch besteht. Entsprechendes gilt
hinsichtlich der Gemeindesteuern (siehe das Gesetz [des Kantons Graubünden] vom
31. August 2006 über die Gemeinde- und Kirchensteuern [GKStG/GR; BR 720.200]).
Daher kann die Steuerpflichtige alleine durch eine willkürliche Auslegung und/
oder Anwendung des kantonalen oder kommunalen Rechts in keinen rechtlich
geschützten Interessen betroffen sein (Art. 115 lit. b BGG; zum Ganzen Urteil
2C_693/2018 vom 27. August 2018 E. 2.4).

2.3.2. Fehlt ein rechtlich geschütztes Sachinteresse, bleibt es der
Steuerpflichtigen immerhin möglich, mit der Verfassungsbeschwerde diejenigen
Rechte als verletzt zu rügen, deren Missachtung auf eine formelle
Rechtsverweigerung hinausläuft. Das erforderliche rechtlich geschützte
Verfahrensinteresse ergibt sich diesfalls aus der Berechtigung der Partei, am
Verfahren teilzunehmen und ihre Parteirechte auszuüben ("Star-Praxis"; Urteil
6B_773/2017 vom 21. Februar 2018 E. 1.1, nicht publ. in: BGE 144 IV 57; BGE 141
IV 1 E. 1.1 S. 5). Unter diesem Titel kann etwa vorgebracht werden, auf ein
Rechtsmittel sei zu Unrecht nicht eingetreten worden, die beschwerdeführende
Person sei nicht angehört worden, habe keine Gelegenheit erhalten,
Beweisanträge zu stellen oder sie habe nicht Akteneinsicht nehmen können (BGE
114 Ia 307 E. 3c S. 313). Unzulässig sind dagegen Vorbringen, die im Ergebnis
auf eine materielle Überprüfung des angefochtenen Entscheids hinauslaufen, wie
etwa die Behauptung, die Begründung sei unvollständig oder zu wenig
differenziert bzw. die Vorinstanz habe sich nicht oder in willkürlicher Weise
mit den Argumenten der Partei auseinandergesetzt und Beweisanträge in
offensichtlich unhaltbarer antizipierter Beweiswürdigung abgelehnt (BGE 137 II
305 E. 2 S. 308).

2.3.3. Die Steuerpflichtige weist in ihrer umfangreichen Eingabe zur Hauptsache
auf ihre unvorteilhaften finanziellen Verhältnisse hin. Sie lebe seit Jahren
unter dem Existenzminimum, auch aufgrund der ungeregelten bzw. blockierten
Erbsache. Die Vorinstanz habe dies aber mit dem Scheinargument der
"Opfersymmetrie" aus der Welt zu schaffen versucht. Auch das Bundesgericht
erhebe von ihr für das bundesgerichtliche Verfahren keine Kosten. Mit dieser
Argumentation würde, wollte man ihr folgen, die Konzeption des kantonalen und
kommunalen Erlassrechts ausgehebelt, die beide keinen Rechtsanspruch auf Erlass
vorsehen (vorne E. 2.3). Ob und inwiefern die Steuerpflichtige mittellos und
der Erlass auszusprechen sei, kann das Bundesgericht unter den gegebenen
Umständen nicht prüfen. Im Übrigen trifft es nicht zu, dass das Bundesgericht
durchwegs auf das Erheben von Gerichtskosten verzichtet hat, wie die
Steuerpflichtige glaubhaft machen will (vgl. Urteil 6B_1052/2018 vom 28.
November 2018). Dies ist aber von keinem weiteren Belang.

2.3.4. Entscheidend ist vielmehr, dass die Rügen der Beschwerdeführerin auf
eine unzulässige (vorne E. 2.3.2) materielle Überprüfung des angefochtenen
Entscheids hinauslaufen, soweit sie nicht überhaupt ausserhalb des
Streitgegenstands liegen, weil sie nicht die Erlassfrage, sondern die
rechtskräftige entschiedene Steuerforderung betreffen, oder sonstwie in
allgemeiner Weise das Verhalten der bündnerischen Behörden kritisieren.

2.3.5. Zulässig sind des weiteren Rügen betreffend die Verletzung selbständiger
verfassungsmässiger Rechte. Die Beschwerdeführerin weist auf das Recht auf
Hilfe in Notlagen gemäss Art. 12 BV hin. Sie legt aber nicht dar, inwiefern
sich daraus ein Anspruch auf Steuererlass ergeben sollte, und dies ist auch
nicht ersichtlich, zumal die Sicherung des existenznotwendigen Bedarfs bereits
durch das Betreibungsrecht erfüllt ist, welches auch für staatliche
Steuerforderungen das pfändbare Einkommen beschränkt auf denjenigen Betrag, der
das Existenzminimum übersteigt (Art. 93 SchKG; vgl. BGE 122 I 101 E. 3b). Die
Beschwerdeführerin kommt damit ihrer Rügepflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG) nicht
nach. Dasselbe gilt für die Kritik, Art. 127 BV sei verletzt, zumal sich auch
diese Kritik nicht auf den streitgegenständlichen Steuererlass, sondern auf die
Steuerforderung bezieht.

2.4. Die Beschwerde leidet folglich an einer offensichtlich ungenügenden
Begründung, weshalb darauf nicht einzutreten ist. Dies kann im vereinfachten
Verfahren durch einzelrichterlichen Entscheid des präsidierenden Mitglieds
geschehen (Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG).

3.

Nach dem Unterliegerprinzip (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG) sind die Kosten des
bundesgerichtlichen Verfahrens der Steuerpflichtigen aufzuerlegen. Dem Kanton
Graubünden, der in seinem amtlichen Wirkungskreis obsiegt, steht keine
Entschädigung zu (Art. 68 Abs. 3 BGG).

Demnach erkennt der Präsident:

1.

Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.

Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 500.-- werden der
Beschwerdeführerin auferlegt.

3.

Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Verwaltungsgericht des
Kantons Graubünden, 4. Kammer, Einzelrichter, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 13. März 2019

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Der Gerichtsschreiber: Kocher