Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.162/2019
Zurück zum Index II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2019
Retour à l'indice II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2019


TypeError: undefined is not a function (evaluating '_paq.toString().includes
("trackSiteSearch")') https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/aza/http/
index.php?highlight_docid=aza%3A%2F%2Faza://26-02-2020-2C_162-2019&lang=de&zoom
=&type=show_document:1910 in global code 
 

Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

2C_162/2019

Urteil vom 26. Februar 2020

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Seiler, Präsident,

Bundesrichter Zünd,

Bundesrichterin Hänni,

Gerichtsschreiber Errass.

Verfahrensbeteiligte

A.________ AG,

Beschwerdeführerin,

vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Vera Delnon,

gegen

Kantonales Laboratorium des Kantons Thurgau,

Departement für Finanzen und Soziales

des Kantons Thurgau.

Gegenstand

Kennzeichnung und Werbung für ein Nahrungsergänzungsmittel,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 5.
Dezember 2018 (VG.2018.113/E).

Sachverhalt:

A.

Die A.________ AG produziert und vertreibt unter anderem das Produkt
"B.________". Dabei handelt es sich um ein Nahrungsergänzungsmittel mit
Methylsulfonylmethan (MSM), Curcuma-Wurzelextrakt, Molybdän, Vitamin C und
Mineralstoffen. Auf der Verpackung von "B.________" ist eine stilisierte
menschliche Marionettenfigur (sog. Gliederpuppe) abgebildet, deren Gelenke
zunächst rot waren und sich nun in einer leicht helleren Farbe vom Rest des
blau eingefärbten Körpers unterscheiden.

B.

Der Kantonschemiker des Kantons Thurgau verfügte am 16. Februar 2018
bezugnehmend auf den am gleichen Tag erstellten Untersuchungsbericht des
kantonalen Laboratoriums Thurgau, dass gestützt auf Art. 34 des
Lebensmittelgesetzes vom 20. Juni 2014 (LMG; SR 817.0) das Produkt und das
Werbematerial für "B.________" in dieser Form per sofort nicht mehr
ausgeliefert bzw. abgegeben werden dürfen und die Einträge auf den Webseiten
der A.________ AG, die sich auf "B.________" beziehen würden, bis 28. Februar
2018 zu löschen seien. Begründet wurde die Verfügung damit, dass die
Bezeichnung "arthro" u.a. einen Bezug zum Begriff "Arthrose" schaffe, was zudem
mit den roten Gelenkkugeln unterstrichen werde. Die Bezeichnung sei im Sinne
von Art. 12 Abs. 2 der Lebensmittel- und Gebrauchsgegenständeverordnung vom 16.
Dezember 2016 (LGV; SR 817.02) täuschend. Zudem seien einige in der Werbung und
auf dem Beipackzettel vermerkte Angaben nicht wissenschaftlich belegt.
Insgesamt liege eine grobe Verletzung des Täuschungsverbots vor. Einsprache ans
kantonale Laboratorium (12. März 2018), Rekurs ans Departement für Finanzen und
Soziales des Kantons Thurgau ([nachfolgend: Departement] 18. August 2018) und
Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau (5.
Dezember 2018) waren erfolglos.

C.

Vor Bundesgericht beantragt die A.________ AG, die Beschwerde gutzuheissen und
den angefochtenen Entscheid ersatzlos aufzuheben, eventuell den angefochtenen
Entscheid zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen zurückzuweisen,
subeventuell bei zu ergreifenden Massnahmen von der Änderung des Produktenamens
abzusehen.

Das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und das Departement beantragen ohne
Vernehmlassung die Abweisung der Beschwerde. Das kantonale Laboratorium und das
Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) beantragen mit
ausführlicher Begründung die Abweisung der Beschwerde. Die Beschwerdeführerin
hat sich dazu vernehmen lassen.

Antragsgemäss hat das präsidierende Mitglied der II. öffentlich-rechtlichen
Abteilung des Bundesgerichts der Beschwerde am 5. März 2019 aufschiebende
Wirkung zuerkannt.

Erwägungen:

1.

1.1. Das angefochtene Urteil ist ein verfahrensabschliessender, kantonal
letztinstanzlicher Gerichtsentscheid in einer Angelegenheit des öffentlichen
Rechts, weshalb es der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
unterliegt (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d, Art. 90 BGG). Die
Beschwerdeführerin ist nach Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerdeerhebung
legitimiert. Auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde (Art. 42
und 100 Abs. 1 BGG) ist einzutreten.

1.2. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG), prüft jedoch unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und
Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) nur die geltend gemachten
Vorbringen, sofern rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE
138 I 274 E. 1.6 S. 280 f.). Hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten gilt
eine qualifizierte Rügepflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 142 II 369 E. 2.1 S.
372).

1.3. Streitgegenstand bildet die Frage, ob das Produkt der Beschwerdeführerin
gesetzeskonform in Verkehr gebracht worden ist bzw. die Vorinstanzen zu Recht
davon ausgegangen sind, dass das Produkt der Beschwerdeführerin das
lebensmittelrechtliche Täuschungsverbot verletzt hat und darum nicht mehr
ausgeliefert bzw. abgegeben werden darf und die entsprechenden Anpreisungen zu
unterlassen sind. Unbestritten ist demgegenüber, dass die Zusammensetzung des
Produkts der Beschwerdeführerin zulässig ist, was bereits der oben erwähnte
Untersuchungsbericht des kantonalen Laboratoriums Thurgau zum Ausdruck gebracht
hat.

Die Beschwerdeführerin verwendete auf ihrer Website und im Beipackzettel eine
Gliederpuppe, bei welcher die Gelenke rot und der restliche Körper blau
eingefärbt waren. In der Zwischenzeit hat die Beschwerdeführerin die Gelenke
mit einer hellblauen Farbe eingefärbt. Damit entfällt der Streitgegenstand
nicht, bildet doch vor allem der Name des Produkts Anlass für die der
Beschwerdeführerin vorgeworfene Verletzung des Täuschungsverbots.

2.

Die Beschwerdeführerin macht mehrfach eine Verletzung von Art. 29 Abs. 2 BV
geltend. Zum einen handelt es sich dabei um eine Frage der Rechtsanwendung,
weshalb die Rügen in diesem Zusammenhang zu prüfen sind, zum anderen ist die
Vorinstanz nicht verpflichtet, sich mit allen Parteistandpunkten einlässlich
auseinander zu setzen und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich zu widerlegen.
Vielmehr kann sie sich - was hier zu Recht erfolgt ist - auf die für den
Entscheid wesentlichen Punkte beschränken und die Begründung so abfassen, dass
sich der Betroffene über die Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und
ihn in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann (BGE
142 II 324 E. 3.6 S. 337 f.).

3.

3.1.

3.1.1. Unbestritten handelt es sich beim Produkt (Nahrungsergänzungsmittel),
dessen Anpreisung hier strittig ist, um ein solches, das unter das
Lebensmittelgesetz fällt. Dieses bezweckt u.a. die Konsumentinnen und
Konsumenten im Zusammenhang mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen vor
Täuschungen zu schützen sowie den Konsumentinnen und Konsumenten die für den
Erwerb von Lebensmitteln oder Gebrauchsgegenständen notwendigen Informationen
zur Verfügung zu stellen (Art. 1 lit. c und d LMG). Umgesetzt hat der
Gesetzgeber die zwei Ziele einerseits in den Kennzeichnungsartikeln (Art. 12
f., 16 LMG), andererseits im Täuschungsschutz nach Art. 18 LMG. Er hat somit
die beiden Ziele unabhängig voneinander verwirklicht.

3.1.2. Die Beschwerdeführerin rügt in diesem Zusammenhang eine Verletzung von
Art. 9, 16, 27 BV. Die genannten Grundrechte spielen bei der
grundrechtskonformen Auslegung von Gesetz und Verordnung eine Rolle. Soweit
notwendig und genügend detailliert gerügt (Art. 106 Abs. 2 BGG), ist bei der
Rechtsanwendung darauf einzugehen. Dass die LGV gesetzes- oder
verfassungswidrig wäre (dazu BGE 144 II 454 E. 3.2 f. S. 460 f.), macht die
Beschwerdeführerin nicht geltend. Inwiefern Art. 6 und 10 EMRK sowie Art. 19
UNO-Pakt II verletzt sind, führt die Beschwerdeführerin nicht aus, weshalb
nicht darauf einzugehen ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Abgesehen davon hat das
Bundesgericht in BGE 127 II 91 in Bezug auf die praktisch identische Regelung,
die "unverändert aus dem [aufgehobenen] Recht" übernommen worden war (BGE 144
II 386 E. 4.2.3 i.f. S. 391 mit Hinweisen), eine Gesetzes- und EMRK-Konformität
festgehalten.

3.2. Nach Art. 18 LMG müssen sämtliche Angaben u.a. über Lebensmittel den
Tatsachen entsprechen (Abs. 1). Die Aufmachung, Kennzeichnung und Verpackung
der Produkte nach Abs. 1 und die Werbung für sie dürfen die Konsumentinnen und
Konsumenten nicht täuschen (Abs. 2). Täuschend sind nach Art. 18 Abs. 3 LMG
namentlich Aufmachungen, Kennzeichnungen, Verpackungen und Werbungen, die
geeignet sind, bei den Konsumentinnen und Konsumenten falsche Vorstellungen
über Herstellung, Zusammensetzung, Beschaffenheit, Produktionsart, Haltbarkeit,
Produktionsland, Herkunft der Rohstoffe oder Bestandteile, besondere Wirkungen
oder besonderen Wert des Produkts zu wecken.

3.3. Den gesetzlichen Täuschungsschutz hat der Bundesrat in Art. 12 LGV
konkretisiert. Danach müssen für Lebensmittel verwendete Bezeichnungen,
Angaben, Abbildungen, Umhüllungen, Verpackungen, Umhüllungs- und
Verpackungsaufschriften, die Arten der Aufmachung, die Werbung und die
Informationen über Lebensmittel den Tatsachen entsprechen und dürfen nicht zur
Täuschung namentlich über Natur, Herkunft, Herstellung, Produktionsart,
Zusammensetzung, Inhalt und Haltbarkeit der betreffenden Lebensmittel Anlass
geben. Nach Art. 12 Abs. 2 LGV sind verschiedene Angaben, Hinweise oder
Aufmachungen verboten. Verboten sind, worauf sich die Vorinstanzen stützen, so
nach Art. 12 Abs. 2 lit. c LGV auch Hinweise, die einem Lebensmittel
Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen
Krankheit zuschreiben oder die den Eindruck entstehen lassen, dass solche
Eigenschaften vorhanden sind. Erlaubt sind hingegen Hinweise auf die Wirkung
von Zusätzen mit ernährungsbezogener oder physiologischer Wirkung zu
Lebensmitteln (Art. 25) zur Förderung der Gesundheit der Bevölkerung (Art. 12
Abs. 2 lit. c Ziff. 1 LGV) oder nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben nach
Art. 38 LGV (Art. 12 Abs. 2 lit. c Ziff. 2 LGV; siehe auch Art. 3 und 4 VNem
[SR 817.022.14]). Art. 12 Abs. 2 lit. c LGV dient aus gesundheitspolizeilichen
Gründen vor allem der Abgrenzung der Anwendung der Heilmittel- von der
Lebensmittelgesetzgebung und soll Irrtümern des Publikums entgegenwirken, indem
eine allenfalls untaugliche Selbstmedikation wegen behaupteter
krankheitsbezogener Wirkung von Lebensmitteln verhindert werden soll (vgl. BGE
127 II 91 E. 3 und 4a S. 95 ff., 101). Vorbeugende, behandelnde oder heilende
Wirkungen sollen wissenschaftlich erhärtet sein und in einem
heilmittelrechtlichen Verfahren geprüft werden (BGE 127 II 91 E. 4b S. 102).

3.4. Art. 12 Abs. 2 lit. c LGV verfolgt ein doppeltes Ziel: Einerseits das
Verbot der Heilanpreisung und andererseits die Umschreibung zulässiger
gesundheitsbezogener Werbung, wenn kein Krankheitsbezug geschaffen wird. Je
weiter der Begriff der menschlichen Krankheit verstanden wird, desto enger ist
der Spielraum für zulässige gesundheitsbezogene Werbung. Bereits die Tatsache,
dass ein Lebensmittel als Mittel gegen Krankheitszustände angepriesen oder eine
solche Wirkung auch nur suggeriert wird, genügt, um gegen das Verbot der
Heilanpreisung zu verstossen (vgl. Urteil 2A.62/2002 vom 19. Juni 2002 E. 3.2
und 4.2).

3.5.

3.5.1. Die Vorinstanzen werfen der Beschwerdeführerin vor, dass durch das
Wortpartikel "arthro" ein Bezug zum Begriff "Arthrose" oder damit allgemein zu
Gelenkerkrankungen geschaffen werde und dem Nahrungsergänzungsmittel dadurch
eine Heilanpreisung eigne. Mit der Bezeichnung des Nahrungsergänzungsmittels
"B.________" werden nicht Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung
einer menschlichen Krankheit explizit zugeschrieben (Art. 12 Abs. 2 lit. c
erster Teil LGV). Es stellt sich deshalb die Frage, ob der Name des
Nahrungsergänzungsmittels bei der Bevölkerung den Eindruck entstehen lässt,
dass solche Eigenschaften aber vorhanden sind (Art. 12 Abs. 2 lit. c zweiter
Teil LGV). Wie auch die Beschwerdeführerin anmerkt, handelt es sich bei
"arthro" um ein aus dem altgriechischen Begriff "arthron" abgeleitetes
Kurzwort, das mit Gelenk übersetzt wird. Gelenk verweist primär noch nicht auf
eine Krankheit, lässt aber im Zusammenhang mit dem Nahrungsergänzungsmittel
doch bereits eine gewisse Funktion dieses Mittels vermuten. Entscheidend ist
allerdings, welche Vorstellungen beim durchschnittlichen Konsumenten mit dem
Wortpartikel bzw. dem Namen des Nahrungsergänzungsmittels geweckt werden (vgl.
BGE 144 II 386 E. 4.4 S. 397). Dieser verbindet mit dem Partikel "arthro" nicht
das altgriechische Wort "arthron", dies kennt er in aller Regel nicht, sondern
sucht nach Worten, welche diesen Partikel enthalten. Er assoziert mit "arthro"
Worte, welche diesen Partikel z.B. als Präfix aufweisen, wie Arthrose oder
Arthroskopie oder Arthritis. Auch der von der Beschwerdeführerin bei den
Vorinstanzen ins Recht gelegte Entscheid des deutschen Bundespatentgerichts
verbindet das Wort "arthron" ohne Weiteres mit dem Wort "Arthrose". Entgegen
der Auffassung der Beschwerdeführerin trifft diese Assoziation auch in der
französischen (z.B. arthrographie, arthroscopie, arthrose) und in der
italienischen Sprache (artrosi, artroscopia) zu. 

Diese Verbindung zwischen "arthro" und einer Gelenkkrankheit wird zudem durch
die Gliederpuppe zweifach verstärkt : Bei diesen sind die einzelnen
Extremitäten durch sichtbare, in aller Regel in einer anderen Holzfarbe
ausgestattete Gelenke verbunden. Die Gelenke heben sich vom Körper ab. Es
ändert sich deshalb nichts bezüglich dieser Hervorhebung, wenn die Gelenke in
roter Farbe oder in einer etwas anderen Farbe als die Extremitäten dargestellt
werden. Wichtiger scheint aber die Haltung der auf dem Beipackzettel zu unterst
aufgeführten Gliederpuppe. Diese hat offensichtlich sehr starke
Rückenschmerzen. Mit der rechten Hand stützt sie ihren Rücken, einer der Orte,
wo die Arthrose auftritt, dehnt den Rücken nach hinten und mit der linken Hand
greift sie sich an den Kopf, wie wenn der Rückenschmerz zugleich Kopfschmerzen
verursachen würde. Damit entsteht der Eindruck, dass das strittige
Nahrungsergänzungsmittel mit MSM (Methylsulfonylmethan) in Kombination mit
Curcuma die Gelenkschmerzen mildern oder heilen oder dagegen vorbeugen würde,
was eine unzulässige Heilanpreisung darstellt.

3.5.2. Die Vorinstanz hat ferner zur Stützung ihrer Argumente zu Recht auf das
Gesundheitsmagazin Vista verwiesen: Darin informiert die Beschwerdeführerin auf
einer Seite über ihr Nahrungsergänzungsmittel. Ins Auge stechen vier
Blickfänger: In sehr grosser und fetter Schriftgrösse findet sich erstens im
oberen Drittel das Wort "Rheumawunder?", welches mit einem Fragezeichen
verbunden wird, in etwas kleinerer Schrift darunter zweitens die Passage "MSM,
Curcuma und Mineralstoffe", leicht darunter drittens das Produkt der
Beschwerdeführerin und viertens daneben die Gliederpuppe, welche
Rückenschmerzen hat. All dies vermittelt den Eindruck, dass das
Nahrungsergänzungsmittel der Beschwerdeführerin ein Heilmittel gegen "Arthrose
oder andere Rheumaformen" sei. Die Beschwerdeführerin fügt allerdings an, dass
im Text unmittelbar nach dem Wort "Rheumawunder" eine Relativierung erfolge.
Diese vermittelt - entgegen ihren Ausführungen - nicht eine solche in Bezug auf
das Wunder, sondern eher auf die Produkte, welche im Onlinehandel oder über
Freunde im Provisionssystem gekauft werden. Im Text findet sich ferner die
Passage "neu zugelassen", was ebenfalls impliziert, dass das Produkt von einer
staatlichen Stelle geprüft und die Wirksamkeit des Produkts festgestellt wurde.
Schliesslich trägt zu diesem Verständnis auch das Partikel "med" bei, das die
Beschwerdeführerin in ihrem Namen führt. Dass der Beitrag erst nach der
kantonalen Intenvention durch den Kantonschemiker erschien, ist nicht relevant,
bringt die Beschwerdeführerin doch mit ihrer eigenen Präsentation ihres
Produkts ihre Intention, was dieses bezwecken soll, zum Ausdruck.

3.5.3. Zutreffend ist allerdings, dass allein aus der Aufmachung des
Beipackzettels und der Verpackung nicht geschlossen werden kann, dass das
Produkt ein Heilmittel sei. Nahrungsergänzungsmittel sind nach der Verordnung
des EDI über Nahrungsergänzungsmittel (VNem; SR 817.022.14) zu kennzeichnen,
wobei damit auch wichtige Informationen gemeint sind, die Anweisungen bilden,
wie das Nahrungsergänzungsmittel zu verwenden ist. Ob hierfür ein Beipackzettel
zu verwenden ist, ist Sache der Inverkehrbringerin. Nach Art. 3 Abs. 7 VNem
sind anzugeben etwa die empfohlene tägliche Verzehrsmenge in Portionen des
Erzeugnisses, ein Warnhinweis, die angegebene empfohlene Tagesdosis nicht zu
überschreiten, ein Hinweis, dass Nahrungsergänzungsmittel nicht als Ersatz für
eine abwechslungsreiche Ernährung verwendet werden sollen, ein Hinweis, dass
die Produkte ausserhalb der Reichweite von kleinen Kindern zu lagern sind, die
Warnhinweise (z.B. für Diabetikerinnen und Diabetiker, Jugendliche, schwangere
und stillende Frauen nicht geeignet; Personen, die Medikamente einnehmen,
sollten vor der Einnahme ihren Arzt konsultieren; Patientinnen und Patienten,
die Antikoagulantien einnehmen, sollten vor der Einnahme von Vitamin
K-Präparaten ihren Arzt konsultieren) oder der Hinweis auf die spezifische
Zielgruppe oder die Verwendungsbedingungen nach Anh. 1. Angesichts der
gesundheitsrechtlichen Vorgaben der VNem für Nahrungsergänzungsmittel, welche
allenfalls eine gewisse Assoziation zu Heilmitteln auslösen können, muss indes
derjenige, der ein solches Produkt in Verkehr bringt, umso mehr beachten, dass
die sonstigen Hinweise nicht den Eindruck entstehen lassen, dass Eigenschaften
des Produkts der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen
Krankheit dienen. Dies hat - wie dargelegt - die Beschwerdeführerin nicht
getan.

3.5.4. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass mittels der dargelegten Hinweise
der Eindruck entsteht, dass das strittige Nahrungsergänzungsmittel positive
Eigenschaften in Bezug auf Gelenkschmerzen hat, was eine unzulässige
Heilanpreisung darstellt.

3.6.

3.6.1. Nehmen die Hinweise nicht Bezug auf eine Krankheit (Art. 12 Abs. 2 lit.
c erster Halbsatz LGV e contrario), sind sie als gesundheitsbezogene Angaben
zulässig, sofern sie den in Art. 12 Abs. 2 lit. c Ziff. 1 und 2 LGV
festgehaltenen Vorgaben entsprechen, welche auf Art. 25 bzw. Art. 38 LGV Bezug
nehmen. Umgekehrt heisst dies: Entsprechen Hinweise den Hinweisen nach Art. 12
Abs. 2 lit. c Ziff. 1 und 2 LGV, sind sie keine verpönten krankheitsbezogenen
Hinweise.

3.6.2. Die Vorgaben für die nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben hat das
EDI in der Verordnung vom 16. Dezember 2016 betreffend die Information über
Lebensmittel (LIV; SR 817.022.16) festgelegt (Art. 29 f. LIV für
nährwertbezogene Angaben, Art. 31 ff. LIV für gesundheitsbezogene Angaben und
Art. 35 LIV für beide).

Art. 31 Abs. 1 LIV nennt, was gesundheitsbezogene Angaben sind. Art. 31 Abs. 2
LIV führt sodann aus, dass solche Angaben nur gemacht werden dürfen, wenn sie
in Anh. 14 vorgesehen sind und die Anforderungen des 12. Abschnitts des 2.
Kapitels der LIV erfüllen. Sind gesundheitsbezogene Angaben nicht in Anh. 14
aufgeführt, so bedürfen diese einer Bewilligung nach Art. 32 f. LIV des
Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV). Dabei hat das
Gesuch verschiedene Angaben nach Art. 32 Abs. 2 LIV zu enthalten, so u.a. auch
wissenschaftliche Studien, die die gesundheitsbezogenen Angaben belegen.

3.6.3. Anh. 14 LIV kennt keine gesundheitsbezogenen Angaben mit Bezug auf den
Begriff "Gelenk". In diesem Zusammenhang macht die Beschwerdeführerin unter
Berücksichtigung einer grundrechtskonformen Auslegung mit einem gewissen Recht
geltend, dass Knochen, Knorpel und Bindegewebe Bestandteile von Gelenken
bilden. Die Frage braucht hier indes nicht abschliessend entschieden zu werden,
ist die Aufmachung des Nahrungsergänzungsmittels der Beschwerdeführerin doch
deshalb zu beanstanden, weil sie - wie dargelegt - eine Heilbehandlung von
Arthrose suggeriert und nicht bloss darauf verweist, dass das
Nahrungsergänzungsmittel gesundheitsfördernd ist.

3.7. Ob in den umliegenden Ländern gelenkbezogene Angaben im Marken- bzw.
Patentregister eingetragen werden können, ist für die Schweiz nicht relevant;
entscheidend bleibt das Schweizerische Lebensmittel- und
Gebrauchsgegenständerecht. Für das schweizerische Recht ist das
Markenschutzgesetz zudem nur für Angaben zur schweizerischen Herkunft
vorbehalten (Art. 18 Abs. 2 Satz 2 LMG; dazu einlässlich BGE 144 II 386 E.
4.2.4 S. 391 ff.; Botschaft vom 25. Mai 2011 zum Bundesgesetz über Lebensmittel
und Gebrauchsgegenstände, BBl 2011 5571, 5610).

4.

4.1. Die Beschwerdeführerin macht sodann eine Verletzung von Art. 16a-16d des
Bundesgesetzes vom 6. Oktober 1995 über die technischen Handelshemmnisse (THG;
SR 946.51) geltend.

4.2. Das Kapitel 3a des THG regelt das Inverkehrbringen von nach ausländischen
technischen Vorschriften hergestellten Produkten. Der 1. Abschnitt (Art. 16a f.
THG) handelt von den allgemeinen Bestimmungen, der 2. Abschnitt (Art. 16c f.
THG) von Lebensmitteln. Diese sind demnach gesondert geregelt (vgl. BÜHLER/
TOBLER, Produktsicherheit in der EU und in der Schweiz, 2011, S. 347). Nach
Art. 16c THG bedarf das Inverkehrbringen von Lebensmitteln, für die Art. 16a
Abs. 1 THG gilt und die den schweizerischen technischen Vorschriften nicht
entsprechen, einer Bewilligung des BLV. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ
erfüllt sein. Ob die Voraussetzungen von Art. 16a Abs. 1 THG gegeben sind, kann
offen gelassen werden, da das Produkt der Beschwerdeführerin ohnehin die
technischen Vorschriften der Schweiz nicht erfüllt: Technische Vorschriften
sind nach Art. 3 lit. b THG rechtsverbindliche Regeln, deren Einhaltung die
Voraussetzung bildet, damit Produkte u.a. angeboten und in Verkehr gebracht
dürfen. Zu den Voraussetzungen für das Inverkehrbringen gehören auch die
korrekte Bezeichnung und Kennzeichnung. Das Produkt ist - wie bereits dargelegt
- nicht rechtsgemäss im Verkehr gebracht worden. Insofern bedarf das Produkt
einer Bewilligung nach Art. 16c THG vom BLV, welche die Beschwerdeführerin
nicht beantragt hat und deshalb auch nicht vorliegt. Art. 16b THG ist
dementsprechend nicht anwendbar.

5.

Die Vorinstanz hat zu Recht festgestellt, dass das Produkt der
Beschwerdeführerin weder die Voraussetzungen von Art. 12 Abs. 2 lit. c LGV noch
diejenigen von Art. 16c THG erfüllt. Die kantonale Verwaltung hat gestützt auf
Art. 34 LMG verfügt, dass das Produkt per sofort nicht mehr ausgeliefert bzw.
abgegeben werden dürfe und die entsprechenden Einträge auf der Webseite der
Beschwerdeführerin zu löschen seien. Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass
eine weniger einschneidende Massnahme, wie eine Umfärbung der beweglichen Teile
der Holzfiguren auf der Verpackung innert einer gewissen Frist,
verhältnismässig wäre. Da die Verletzung von Art. 12 Abs. 2 lit. c LGV vor
allem im Namen des Nahrungsergänzungsmittels, d.h. des Partikels "arthro" in
Verbindung mit MSM (Methylsulfonylmethan) in Kombination mit Curcuma, besteht,
womit der Eindruck entsteht, dass das Produkt die Gelenkschmerzen mildern oder
heilen oder dagegen vorbeugen würde, ist die Umfärbung kein geeignetes Mittel,
um den gesetzlichen Vorgaben nachzukommen. Andere Massnahmen nennt die
Beschwerdeführerin nicht und sind auch nicht ersichtlich.

6.

Nach dem Gesagten ist die Beschwerde unbegründet und abzuweisen. Bei diesem
Verfahrensausgang hat die Beschwerdeführerin die Kosten des bundesgerichtlichen
Verfahrens zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht
zuzusprechen (Art. 68 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.

Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.

Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Thurgau und dem Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen
BLV schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 26. Februar 2020

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Der Gerichtsschreiber: Errass