Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 918/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
9C_918/2017  
 
 
Urteil vom 6. November 2018  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin, 
Bundesrichter Parrino, Bundesrichterin Moser-Szeless, 
Gerichtsschreiber Attinger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Vorsorgestiftung A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Andreas Gnädinger, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Solothurn, 
Allmendweg 6, 4528 Zuchwil, 
Beschwerdegegnerin, 
 
B.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Eliane Schürch. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente; Revision), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn 
vom 13. November 2017 (VSBES.2016.315). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Mit Verfügung vom 26. Juni 2013 sprach die IV-Stelle des Kantons Solothurn dem
1960 geborenen B.________ ab 1. Mai 2011 eine ganze Rente der
Invalidenversicherung zu. Im Rahmen eines Revisionsverfahrens holte die
Verwaltung verschiedene psychiatrische Berichte ein (u.a. über zwischenzeitlich
erfolgte stationäre Klinikaufenthalte) und gab beim Zentrum für Medizinische
Begutachtung, Basel (ZMB), eine polydisziplinäre Expertise in Auftrag. Das
allgemeinmedizinische, rheumatologische, psychiatrische und neuropsychologische
Gutachten wurde am 1. Juli 2015 erstattet (vgl. auch die Beantwortung der
Zusatzfrage durch den psychiatrischen Teilgutachter vom 26. Oktober 2015).
Gestützt darauf bestätigte die IV-Stelle die bisherige ganze Invalidenrente
mangels einer leistungsrelevanten Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen
(Revisionsverfügung vom 31. Oktober 2016). 
 
B.   
Die Vorsorgestiftung A.________, bei welcher B.________ bis Ende Oktober 2010
berufsvorsorgerechtlich versichert gewesen war, führte gegen die Verfügung vom
31. Oktober 2016 Beschwerde beim Versicherungsgericht des Kantons Solothurn und
beantragte sinngemäss die Aufhebung der bisher ausgerichteten Rente. Mit
Entscheid vom 13. November 2017 wies das kantonale Gericht die Beschwerde ab. 
 
C.   
Mit Beschwerde ans Bundesgericht erneuert die Vorsorgestiftung ihr
vorinstanzliches Rechtsbegehren, eventuell sei die Sache zur ergänzenden
medizinischen Abklärung an die Verwaltung zurückzuweisen. 
Die IV-Stelle und der als Mitinteressierter beigeladene B.________ schliessen
auf Abweisung der Beschwerde, während sich das Bundesamt für
Sozialversicherungen hiezu nicht hat vernehmen lassen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzung gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt
hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes
wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder
auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG
; vgl. auch Art. 97 Abs. 1 BGG). Mit Blick auf diese Kognitionsregelung ist
aufgrund der Vorbringen in der Beschwerde ans Bundesgericht zu prüfen, ob der
angefochtene Gerichtsentscheid in der Anwendung der massgeblichen materiell-
und beweisrechtlichen Grundlagen (u.a.) Bundesrecht verletzt (Art. 95 lit. a
BGG), einschliesslich einer allfälligen rechtsfehlerhaften
Tatsachenfeststellung (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG). Hingegen hat eine
freie Überprüfung des vorinstanzlichen Entscheids in tatsächlicher Hinsicht zu
unterbleiben. Ebenso entfällt eine Prüfung der Ermessensbetätigung nach den
Grundsätzen zur Angemessenheitskontrolle.  
 
1.2. Eine Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich
unrichtig, wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und
augenfällig unzutreffend ist. Es liegt noch keine offensichtliche Unrichtigkeit
vor, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in Betracht fällt, selbst wenn sie
als die plausiblere erscheint. Diese Grundsätze gelten auch in Bezug auf die
konkrete Beweiswürdigung; in diese greift das Bundesgericht auf Beschwerde hin
nur bei Willkür ein, insbesondere wenn die Vorinstanz offensichtlich unhaltbare
Schlüsse zieht, erhebliche Beweise übersieht oder solche grundlos ausser Acht
lässt. Solche Mängel sind in der Beschwerde aufgrund des strengen Rügeprinzips
(Art. 106 Abs. 2 BGG) klar und detailliert aufzuzeigen (BGE 144 V 50 E. 4.2 S.
53 mit Hinweisen).  
 
2.  
 
2.1. Ändert sich der Invaliditätsgrad eines Rentenbezügers erheblich, so wird
die Rente von Amtes wegen oder auf Gesuch hin für die Zukunft entsprechend
erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben (Art. 17 Abs. 1 ATSG). Anlass zur
Rentenrevision gibt jede wesentliche Änderung in den tatsächlichen
Verhältnissen seit Zusprechung der Rente, die geeignet ist, den
Invaliditätsgrad und damit den Anspruch zu beeinflussen. Insbesondere ist die
Rente bei einer wesentlichen Änderung des Gesundheitszustandes revidierbar.
Hingegen ist die lediglich unterschiedliche Beurteilung eines im Wesentlichen
gleich gebliebenen Sachverhalts in revisionsrechtlichem Kontext unbeachtlich (
BGE 141 V 9 E. 2.3 S. 10 mit Hinweisen). Wegen des vergleichenden Charakters
des revisionsrechtlichen Beweisthemas und des Erfordernisses, erhebliche
faktische Veränderungen von bloss abweichenden Bewertungen abzugrenzen, muss
deutlich werden, dass die Fakten, mit denen die Veränderung begründet wird, neu
sind oder dass sich vorbestandene Tatsachen in ihrer Beschaffenheit oder ihrem
Ausmass substantiell verändert haben (SVR 2013 IV Nr. 44 S. 134, 8C_441/2012 E.
6.1.3; 2012 IV Nr. 18 S. 81, 9C_418/2010 E. 4.3).  
 
2.2. Die auf der Würdigung der ärztlichen Befunde beruhende vorinstanzliche
Feststellung, dass seit der ursprünglichen Rentenzusprechung eine Veränderung
in den gesundheitlichen Verhältnissen und im funktionellen Leistungsvermögen
eingetreten ist, bindet das Bundesgericht (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 1 und
2 BGG). Insoweit hat die Frage, ob im Einzelfall eine substantielle Veränderung
der Faktenlage oder aber bloss eine abweichende Beurteilung an sich
unveränderter Fakten vorliegt, tatsächlichen Charakter. Rechtlicher Natur ist
hingegen die Frage, ob die vorinstanzliche Beweiswürdigung den
beweisrechtlichen Vorgaben (vollständige Feststellung der erheblichen
Tatsachen, Beachtung von Untersuchungsmaxime und Beweiswürdigungsregeln nach 
Art. 61 lit. c ATSG, Anforderungen an den Beweiswert von Arztberichten) gerecht
wird (SVR 2016 IV Nr. 27 S. 80, 8C_19/2016 E. 1.3; 2012 IV Nr. 18 S. 81, 9C_418
/2010 E. 4.3).  
 
3.   
Prozessthema bildet die von der beschwerdeführenden Vorsorgeeinrichtung
bejahte, von IV-Stelle, kantonalem Gericht und Beigeladenem hingegen verneinte
Frage, ob der Gesundheitszustand und seine funktionellen Auswirkungen im
Vergleichszeitraum zwischen der ursprünglichen Rentenverfügung vom 26. Juni
2013 und der streitigen Revisionsverfügung vom 31. Oktober 2016 eine erhebliche
Veränderung erfahren haben. 
 
3.1. Ihre frühere Bejahung eines Rentenanspruchs stützte die IV-Stelle im
Wesentlichen auf den Bericht des Zentrums C.________ vom 19. Februar 2013.
Darin wurden eine rezidivierende depressive Störung (aktuell mittelgradig) und
eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit zwanghaften, negativistischen,
narzisstischen sowie histrionischen Anteilen diagnostiziert und eine
vollständige Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. Es sei zurzeit nicht absehbar,
wann eine berufliche Tätigkeit, und sei es auch nur in beschränktem Masse,
wieder möglich sein werde, da der Versicherte wegen der Krankheitssymptomatik
schon seit langem keinen Arbeitsalltag mehr bewältigen könne. Er neige dazu,
bei kleinsten Belastungen psychisch zu dekompensieren.  
Für den Revisionszeitpunkt stellte die Verwaltung in erster Linie auf das von
ihr in Auftrag gegebene polydisziplinäre ZMB-Gutachten vom 1. Juli 2015 ab,
worin (mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit) u.a. die psychiatrischen
Diagnosen akzentuierte Persönlichkeitszüge mit narzisstisch verletzlichen
Anteilen und rezidivierende depressive Störung (gegenwärtig leichtgradig)
gestellt wurden. Eine Persönlichkeitsstörung könne nicht bescheinigt werden,
weil die Eingangskriterien nicht erfüllt seien; so liessen sich zum Beispiel
keine relevanten Störungen in die Kindheit und Jugend zurückverfolgen. Vielmehr
habe sich der Versicherte trotz knappen schulischen Ressourcen beruflich gut
entwickelt und sei in der Lage gewesen, sich während Jahren in einer
tragfähigen Ehe zu bewähren. Im Rahmen einer Konsenskonferenz attestierten die
beteiligten Fachärzte eine (rein psychisch bedingte) 30%ige Einschränkung der
funktionellen Leistungsfähigkeit. Die ZMB-Gutachter setzten sich auch mit der
ärztlichen Stellungnahme des Zentrums C.________ vom 19. Februar 2013 und der
darin bescheinigten vollständigen Arbeitsunfähigkeit auseinander und hielten
fest, sie hätten ihrerseits bei gleich gebliebener Problematik eine
diagnostische und leistungsbezogene Umwertung vorgenommen. Diese Feststellung
der medizinischen Experten wurde vom psychiatrischen Teilgutachter Dr.
D.________ am 26. Oktober 2015 wiederholt, als er im Nachgang zum Gutachten von
der IV-Stelle um Beantwortung der Zusatzfrage ersucht wurde, ob sich der
Gesundheitszustand aus psychiatrischer Sicht verbessert habe oder ob es sich
lediglich um eine andere Beurteilung eines im Wesentlichen unverändert
gebliebenen Gesundheitszustandes handle. 
 
3.2. Die Vorinstanz hat nach einlässlicher und sorgfältiger Würdigung der
Aktenlage und insbesondere gestützt auf das ZMB-Gutachten in tatsächlicher
Hinsicht für das Bundesgericht verbindlich festgestellt (vgl. E. 1 und 2.2
hievor), dass im hier relevanten Zeitraum die gesundheitlichen Verhältnisse und
ihre funktionellen Auswirkungen keine wesentliche Verbesserung erfahren haben.
Weder die bloss nominellen Differenzen diagnostischer Art noch die
unterschiedliche Bewertung ein und derselben Leistungsbeeinträchtigung belegen
einen Revisionsgrund. Die beschwerdeführende Vorsorgeeinrichtung wirft in ihrer
ausführlichen Beschwerdeschrift blosse Tat- und Ermessensfragen auf, welche -
wie dargelegt - der freien Überprüfung durch das Bundesgericht entzogen sind.
Eine willkürliche Beweiswürdigung durch die Vorinstanz, wie sie im Übrigen
aufgrund des strengen Rügeprinzips klar und detailliert aufzuzeigen wäre (vgl.
E. 1.2 hievor), wird nirgends geltend gemacht. Mit der blossen Erläuterung der
eigenen Sicht der Dinge lässt sich jedenfalls keine Willkür dartun. Ebenso
wenig kann daraus eine Verletzung von Art. 17 Abs. 1 ATSG abgeleitet werden.
Dass das kantonale Gericht beweisrechtliche Vorgaben verletzt hätte, wie sie in
E. 2.2 hievor angeführt werden, macht die Beschwerdeführerin zu Recht nicht
geltend. Fehlt es demnach an einer revisionsbegründenden erheblichen
Gesundheitsveränderung entfällt von vornherein die (gegebenenfalls) erst in
einem zweiten Schritt vorzunehmende allseitige Prüfung des Rentenanspruchs in
tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht (BGE 141 V 9). Es muss mit der von der
IV-Stelle verfügten, vorinstanzlich bestätigten Weiterausrichtung der ganzen
Invalidenrente sein Bewenden haben.  
 
4.   
Ausgangsgemäss hat die beschwerdeführende Vorsorgeeinrichtung die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG) und dem Beigeladenen eine
Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 2 BGG). Die ebenfalls obsiegende
IV-Stelle hat keinen Anspruch auf Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Die Beschwerdeführerin hat B.________ für das bundesgerichtliche Verfahren mit
Fr. 2400.- zu entschädigen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, B.________, dem Versicherungsgericht des
Kantons Solothurn und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich
mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 6. November 2018 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Pfiffner 
 
Der Gerichtsschreiber: Attinger 

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