Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 890/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
9C_890/2017  
 
 
Urteil vom 22. Oktober 2018  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin, 
Bundesrichterin Glanzmann, Bundesrichter Parrino, 
Gerichtsschreiber Grünenfelder. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Ausgleichskasse des Kantons Uri, Dätwylerstrasse 11, 6460 Altdorf, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Erwerbsersatz für Dienstleistende, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Uri,
Verwaltungsrechtliche Abteilung, vom 10. November 2017 (OG V 17 10). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________, geboren 1990, schloss seine Ausbildung zum Sekundarlehrer an der
Pädagogischen Hochschule Luzern am 23. Januar 2016 erfolgreich ab. Vom 7. bis
15. Januar 2016 und vom 29. März bis 22. April 2016 übernahm er zwei
Stellvertretungen an der Sekundarstufe I in U.________. Anschliessend rückte
A.________ in einen vierwöchigen militärischen Wiederholungskurs ein, der vom
25. April bis 20. Mai 2016 dauerte. Für diese Zeit sprach ihm die
Ausgleichskasse des Kantons Uri (nachfolgend: Ausgleichskasse) mit Verfügung
vom 19. Juli 2016 eine Erwerbsausfallentschädigung von Fr. 1'540.90 zu. Auf
Einsprache des Versicherten hin nahm sie zu deren Bemessung Stellung und hielt
fest, vor dem Einrücken in den Militärdienst habe kein auf Dauer ausgerichtetes
Arbeitsverhältnis bestanden. Daher müsse für die Berechnung der
Erwerbsausfallentschädigung auf das von Januar bis April 2016 erzielte und auf
den Tag umgerechnete Durchschnittseinkommen abgestellt werden
(Einspracheentscheid vom 24. Januar 2017). 
 
B.   
Die dagegen erhobene Beschwerde des A.________ wies das Obergericht des Kantons
Uri mit Entscheid vom 10. November 2017 ab. 
 
C.   
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem
Rechtsbegehren, in Aufhebung der Verfügung vom 19. Juli 2016 sei die
Ausgleichskasse zu verpflichten, eine angemessene Erwerbsausfallentschädigung
für den Wiederholungskurs vom 25. April bis 20. Mai 2016 auszurichten, nämlich
80 % des Lohnes für die einmonatige Lehrerstellvertretung in U.________ vom 29.
März bis 22. April 2016; eventualiter sei der Höchstbetrag einer
Grundentschädigung ohne Kinder von Fr. 196.- pro Tag heranzuziehen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Rechtsbegehren sind nach Treu und Glauben auszulegen, insbesondere im
Lichte der dazu gegebenen Begründung. Solche Folgerungen aus dem
Vertrauensprinzip stellen eine vom Bundesgericht frei überprüfbare Rechtsfrage
dar (Urteil 9C_671/2014 vom 30. Januar 2015 E. 2.1 mit Hinweis).  
 
1.2. Der Hauptantrag in der Beschwerde lautet auf Aufhebung der Verfügung vom
19. Juli 2016 und Bemessung der Erwerbsausfallentschädigung anhand des Lohnes,
der bei der letzten Stellvertretung in U.________ (vom 29. März bis 22. April
2016) erzielt wurde. Der Beschwerdebegründung ist indes klar zu entnehmen, dass
der Beschwerdeführer den angefochtenen Entscheid vor allem deshalb für
bundesrechtswidrig hält, weil das kantonale Gericht willkürlich einen
Durchschnittsverdienst über vier Monate herangezogen und dabei auch die
verdienstlosen Tage berücksichtigt habe. Auf die Beschwerde ist daher
einzutreten.  
 
2.   
Streitgegenstand bildet demnach die Frage, auf welcher Grundlage die
Erwerbsausfallentschädigung des Beschwerdeführers zu berechnen ist. 
 
2.1. Personen, die in der schweizerischen Armee oder im Rotkreuzdienst Dienst
leisten, haben für jeden besoldeten Diensttag Anspruch auf eine Entschädigung (
Art. 1a Abs. 1 EOG). Nach Art. 10 Abs. 1 EOG beträgt die tägliche
Grundentschädigung während Diensten, die - wie hier - nicht unter Art. 9 EOG
fallen, 80 % des durchschnittlichen vordienstlichen Erwerbseinkommens. Als
Erwerbstätige in diesem Sinne gelten Personen, die in den letzten zwölf Monaten
vor dem Einrücken während mindestens vier Wochen erwerbstätig waren (Art. 1
Abs. 1 EOV). Grundlage für die Ermittlung des durchschnittlichen
vordienstlichen Einkommens bildet das Einkommen, von dem die Beiträge nach dem
AHVG erhoben werden (Art. 11 Abs. 1 EOG). Der Bundesrat kann für
Dienstleistende, die nur vorübergehend nicht erwerbstätig waren oder wegen des
Dienstes keine Erwerbstätigkeit aufnehmen konnten, besondere Vorschriften über
die Bemessung ihrer Entschädigung erlassen (Art. 11 Abs. 2 EOG).  
 
2.2. Die Entschädigung wird auf Grund des letzten vor dem Einrücken erzielten
und auf den Tag umgerechneten massgebenden Lohnes berechnet (Art. 4 Abs. 1 Satz
1 EOV).  
Art. 5 und 6 EOV enthalten Regelungen für die Ermittlung des vordienstlichen
Durchschnittseinkommens bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mit
regelmässigem (Art. 5 EOV) bzw. unregelmässigem Einkommen (Art. 6 EOV). Laut 
Art. 5 Abs. 1 lit. a EOV gelten als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit
regelmässigem Einkommen Personen, die in einem unbefristeten oder mindestens
für ein Jahr eingegangenen Arbeitsverhältnis stehen und deren Einkommen keinen
starken Schwankungen ausgesetzt ist. Für Versicherte, die kein regelmässiges
Einkommen haben, wird gemäss Art. 6 EOV zur Ermittlung des vordienstlichen
Durchschnittseinkommens auf das während der drei letzten Monate vor
Dienstbeginn erzielte und auf den Tag umgerechnete Erwerbseinkommen abgestellt
(Abs. 1). Ist auf diese Weise die Ermittlung eines angemessenen
Durchschnittseinkommens nicht möglich, so wird das Einkommen einer längeren
Zeitspanne berücksichtigt (Abs. 2). 
 
3.   
Die Vorinstanz hat das vordienstliche Erwerbseinkommen des Versicherten anhand
des Lohnes festgelegt, den dieser in den letzten vier Monaten vor Dienstantritt
(Januar bis April 2016) durchschnittlich erzielte. Sie hat den Standpunkt der
Beschwerdegegnerin übernommen, wonach der Beschwerdeführer in dieser Zeit
insgesamt Fr. 9'374.40 verdient habe, was einem Jahreslohn von Fr. 28'123.20
(Fr. 9'374.40 : 4 x 12) oder einem Monatslohn von Fr. 2'343.60 entspreche.
Daraus ergebe sich ein durchschnittliches Tageseinkommen von Fr. 79.- und damit
ein Tagessatz von Fr. 63.20 (Fr. 79.- x 80 %). Bei insgesamt 26 Soldtagen
resultiere eine Entschädigung von brutto Fr. 1'643.20 bzw. netto Fr. 1'540.90
(Fr. 1'643.20 - Fr. 102.30 [6.225 % EO]). Gestützt darauf hat das kantonale
Gericht den abweisenden Einspracheentscheid der Ausgleichskasse vom 24. Januar
2017 bestätigt. 
 
4.   
 
4.1. Das kantonale Gericht hat für das Bundesgericht verbindlich (Art. 105 Abs.
1 und 2 BGG) festgestellt, der Versicherte habe vom 7. bis 15. Januar 2016
sowie vom 29. März bis 22. April 2016 je eine Stellvertretung an der
Oberstufenschule der Gemeinde U.________ übernommen. Andere Erwerbstätigkeiten
in diesem Zeitraum seien nicht bekannt.  
Somit steht fest, dass der Beschwerdeführer in den letzten zwölf Monaten vor
Dienstantritt am 25. April 2016 während mindestens vier Wochen im Sinne des 
Art. 1 Abs. 1 EOV erwerbstätig war. Er hat deshalb grundsätzlich Anspruch auf
eine Erwerbsausfallentschädigung (E. 2.1). 
 
4.2. Was der Beschwerdeführer gegen die Berechnung des vordienstlichen
Durchschnittseinkommens vorbringt, verfängt nicht: Wohl mag er bei seiner
zweiten Stellvertretung in U.________ einen Lohn erzielt haben (Fr. 7'786.80
monatlich), wie ihn ein ausgebildeter Sekundarlehrer nach Angaben in der
Beschwerde üblicherweise verdient. Gegen ein alleiniges Abstellen auf diesen
Verdienst spricht indes, dass der Versicherte vorher zu keinem Zeitpunkt ein
Einkommen in auch nur ansatzweise vergleichbarer Höhe erwirtschaftete (nämlich
einzig Fr. 1'587.60 bei der ersten Stellvertretung in U.________). Mit anderen
Worten unterlag der vor dem Einrücken erzielte Lohn starken Schwankungen.
Überdies stand der Beschwerdeführer in der fraglichen Zeit nicht in einem
unbefristeten oder mindestens für ein Jahr eingegangenen Arbeitsverhältnis
(vgl. Art. 5 Abs. 1 lit. a EOV e contrario). Beides stützt eindeutig die
Auffassung der Vorinstanz, wonach er als Arbeitnehmer mit unregelmässigem
Einkommen gemäss Art. 6 EOV einzustufen ist (vgl. auch Rz. 5032 der Wegleitung
des Bundesamts für Sozialversicherungen [BSV] zur Erwerbsersatzordnung für
Dienstleistende und Mutterschaft; gültig ab 1. Juli 2005, Stand 1. Januar 2016
[nachfolgend: WEO]). Dies gilt umso mehr, als der Versicherte selber einräumt,
er sei erst seit August 2016 als "Lehrperson Sek I" in V.________ mit einem
Monatslohn von Fr. 7'145.- in einem festen Arbeitsverhältnis angestellt (vgl.
öffentlich-rechtlicher Arbeitsvertrag vom 19. Mai 2016). Gegen die Ausdehnung
der massgebenden Zeitspanne von drei auf - hier - vier Monate vor Dienstantritt
gemäss Art. 6 Abs. 2 EOV (vgl. E. 2.2 in fine), bringt der Beschwerdeführer
nichts vor. Die Vorinstanz hat in diesem Zusammenhang zu Recht auf Rz. 5033 WEO
verwiesen, wonach die Wahl der massgebenden Periode der Ausgleichskasse
obliegt. Kann der pro Tag massgebende Verdienst nach dem Gesagten durchaus
gestützt auf das vordienstliche Erwerbs- bzw. Durchschnittseinkommen ermittelt
werden, so schliesst dies im Übrigen - anders als in der Beschwerde (implizit)
geltend gemacht wird - auch einen "Sonderfall" nach Rz. 5037 WEO (e contrario)
aus. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer seine zweite Stellvertretung in
U.________ erst einen Monat vor dem Einrücken in den Wiederholungskurs antrat,
hilft nicht weiter, zumal dieses Arbeitsverhältnis bei Dienstantritt bereits
wieder (ordentlich) beendet war.  
 
4.3. Wenn der Versicherte sodann für sich in Anspruch nimmt, er sei im Sinne
der Rz. 5008 WEO (Art. 4 Abs. 1 lit. c EOV) arbeitslos gewesen, weshalb es
unzulässig sei, die Tage ohne Verdienst zum massgebenden durchschnittlichen
Erwerbseinkommen hinzu zu zählen, dringt er ebenfalls nicht durch: Das
kantonale Gericht hat zutreffend erwogen, die geltend gemachte Arbeitslosigkeit
könne nicht berücksichtigt werden, da eine solche nur anzunehmen sei, wenn sich
der Arbeitssuchende beim Arbeitsamt zur Arbeitsvermittlung gemeldet habe; dies
sei jedoch unbestrittenermassen nicht erfolgt (vorinstanzliche Erwägung 5).
Darauf kann mit Blick auf das formelle Anmeldungserfordernis nach Art. 10 Abs.
3 AVIG, das vorliegend ohne Weiteres gilt, verwiesen werden (anders beim
Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung; vgl. BGE 142 V 502 E. 4.1 S. 507). Der
Beschwerdeführer beschränkt sich demgegenüber im Wesentlichen darauf, seine
eigene Sichtweise zu diesem Punkt wiederzugeben, ohne den vorinstanzlichen
Erwägungen etwas Entscheidendes entgegen zu halten, was nicht genügt.
Insbesondere kann dahingestellt bleiben, ob er bei erfolgter Anmeldung Aussicht
auf eine Arbeitslosenentschädigung gehabt hätte oder nicht. Inwieweit der
Versicherte an den verdienstfreien Tagen aus (anderen) Gründen, die nicht auf
sein Verschulden zurückzuführen sind, kein Erwerbseinkommen erzielt haben soll
(vgl. Art. 4 Abs. 1 lit. f EOV), vermag er nicht aufzuzeigen. Auch anhand der
sonstigen Vorbringen ist keine Rechtsverletzung ersichtlich. Folglich durfte
das kantonale Gericht das vordienstliche Durchschnittseinkommen des
Beschwerdeführers gestützt auf Art. 4 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2
EOV festlegen, ohne Bundesrecht zu verletzen. Die Beschwerde ist unbegründet.  
 
5.   
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der unterliegende Beschwerdeführer
die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Uri,
Verwaltungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen
schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 22. Oktober 2018 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Pfiffner 
 
Der Gerichtsschreiber: Grünenfelder 

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