Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 883/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
9C_883/2017  
 
 
Urteil vom 28. Februar 2018  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Meyer, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichterin Glanzmann, Bundesrichter Parrino. 
Gerichtsschreiberin Stanger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Michael Grimmer, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Thurgau, Rechts- und Einsprachedienst, St. Gallerstrasse
11, 8500 Frauenfeld, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom
1. November 2017 (VV.2016.355/E). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die verheiratete A.________ ist Mutter zweier Kinder. Nach einem Autounfall
meldete sie sich im März 2007 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug
an. Nach Abklärung der gesundheitlichen und erwerblichen Verhältnisse verneinte
die IV-Stelle des Kantons Thurgau mit Verfügungen vom 16. September 2014 den
Anspruch auf eine Invalidenrente sowie auf berufliche Massnahmen. Mit Entscheid
vom 1. April 2015 hob das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau als
Versicherungsgericht in Gutheissung der Beschwerde die Verfügung betreffend
Invalidenrente auf und wies die Sache zu einer Abklärung im Haushalt an die
IV-Stelle zurück; betreffend berufliche Massnahmen wies es die Beschwerde ab.
Am 18. August 2015 führte die IV-Stelle die angeordnete Abklärung durch
(Bericht vom 25. August 2015). Mit Verfügungen vom 10. November 2016 sprach die
IV-Stelle der Versicherten eine befristete Dreiviertelsrente vom 1. Februar
2007 bis 31. März 2014 zu. 
 
B.   
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau
als Versicherungsgericht mit Entscheid vom 1. November 2017 ab. 
 
C.   
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem
hauptsächlichen Rechtsbegehren, der Entscheid des kantonalen
Versicherungsgerichts vom 1. November 2017 sei aufzuheben, und es sei ihr ab 1.
Januar 2010 bis 31. März 2014 eine ganze Invalidenrente und ab 1. April 2014
eine Viertelsrente zuzusprechen. 
Die IV-Stelle ersucht um Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für
Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter
anderem die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG), die
Feststellung des Sachverhalts nur, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder
auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung
des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs.
1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren
Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
1.2. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur soweit vorgebracht werden, als
erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG), was
näher darzulegen ist (BGE 133 III 393 E. 3 S. 395). Dabei handelt es sich um
Tatsachen, die weder im vorangegangenen Verfahren vorgebracht noch von der
Vorinstanz festgestellt worden sind. Eine Tatsache, die sich aus den
vorinstanzlichen Akten ergibt, ist nicht neu (BGE 136 V 362 E. 3.3.1 S. 364;
BERNHARD CORBOZ, in: Commentaire de la LTF, 2. Aufl. 2014, N. 13 zu Art. 99 BGG
; ULRICH MEYER/JOHANNA DORMANN, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2.
Aufl. 2011, N. 20 zu Art. 99 BGG).  
 
2.   
Aufgrund der Begehren (und deren Begründung) in der Beschwerde ist
Streitgegenstand, ob die Beschwerdeführerin vom 1. Januar 2010 bis 31. März
2014 Anspruch auf eine ganze Rente und ab 1. April 2014 Anspruch auf eine
Viertelsrente der Invalidenversicherung hat. Gemäss vorinstanzlichem Entscheid
besteht vom 1. Januar 2010 bis 31. März 2014 lediglich Anspruch auf eine
Dreiviertelsrente und ab 1. April 2014 ist kein Anspruch mehr gegeben. 
 
3.   
Das kantonale Versicherungsgericht ermittelte den Invaliditätsgrad in Anwendung
der gemischten Methode nach Art. 28a Abs. 3 IVG nach der bis 31. Dezember 2017
gültigen Rechtsprechung (grundlegend BGE 125 V 146; vgl. Art. 27 und Art. 27bis
IVV, in der seit 1. Januar 2018 geltenden Fassung, sowie Übergangsbestimmungen
zur Änderung vom 1. Dezember 2017; AS 2017 7581 f.). Dabei ging sie davon aus,
dass die Versicherte im Gesundheitsfall einem Teilerwerb von 85 % nachginge und
daneben im Aufgabenbereich tätig wäre. Bei einer unbestrittenen
Arbeitsfähigkeit von 25 % bis 31. Dezember 2013 und von 50 % ab 1. Januar 2014
berechnete sie eine Einschränkung im erwerblichen Bereich von 70.59 % bis 31.
Dezember 2013 und von 41.17 % ab Januar 2014. Im Aufgabenbereich ging sie bis
31. Dezember 2013 von einer Einschränkung von 15 % und ab 1. April 2014
(richtig: 1. Januar 2014) von 13.75 % aus und stellte hierzu auf den
Abklärungsbericht Haushalt vom 25. August 2015 ab. Daraus ergab sich für die
Zeit bis 31. Dezember 2013 ein Invaliditätsgrad von 62.25 % (0.85 x 70.59 % +
0.15 x 15 %) und ab 1. Januar 2014 (mit Wirkung ab 1. April 2014, Art. 88a Abs.
1 IVV) von 37.06 % (0.85 x 41.17 % + 0.15 x 13.75 %), welcher keinen
Rentenanspruch begründet (Art. 28 Abs. 2 IVG). 
Umstritten sind die Gewichtung des Erwerbsbereichs bzw. ob die
Beschwerdeführerin im Gesundheitsfall zu 100 % erwerbstätig wäre, wie sie
geltend macht, sowie die Einschränkung im Aufgabenbereich. 
 
4.  
 
4.1.  
 
4.1.1. Ob eine versicherte Person als ganztägig oder zeitweilig erwerbstätig
oder als nichterwerbstätig einzustufen ist (Statusfrage), was je zur Anwendung
einer anderen Methode der Invaliditätsbemessung (Einkommensvergleich, gemischte
Methode, Betätigungsvergleich) führt, ergibt sich aus der Prüfung, was die
Person bei im Übrigen unveränderten Umständen täte, wenn keine gesundheitliche
Beeinträchtigung bestünde. Entscheidend ist somit nicht, welches Ausmass der
Erwerbstätigkeit der versicherten Person im Gesundheitsfall zugemutet werden
könnte, sondern in welchem Pensum sie hypothetisch erwerbstätig wäre. Bei im
Haushalt tätigen Versicherten im Besonderen sind die persönlichen, familiären,
sozialen und erwerblichen Verhältnisse ebenso wie allfällige Erziehungs- und
Betreuungsaufgaben gegenüber Kindern, das Alter, die beruflichen Fähigkeiten
und die Ausbildung sowie die persönlichen Neigungen und Begabungen zu
berücksichtigen. Massgebend sind die Verhältnisse, wie sie sich bis zum Erlass
der Verwaltungsverfügung entwickelt haben, wobei für die hypothetische Annahme
einer im Gesundheitsfall ausgeübten (Teil-) Erwerbstätigkeit der im
Sozialversicherungsrecht übliche Beweisgrad der überwiegenden
Wahrscheinlichkeit erforderlich ist (BGE 141 V 15 E. 3.1 S. 20; 137 V 334 E.
3.2 S. 338; 125 V 146 E. 2c S. 150).  
 
4.1.2. Die Statusfrage ist hypothetisch zu beurteilen. Dabei sind die ebenfalls
hypothetischen Willensentscheidungen der versicherten Person zu
berücksichtigen, welche als innere Tatsachen einer direkten Beweisführung nicht
zugänglich sind und in aller Regel aus äusseren Indizien erschlossen werden
müssen. Soweit die Beurteilung hypothetischer Geschehensabläufe auf
Beweiswürdigung beruht, handelt es sich um eine Tatfrage, selbst wenn darin
auch Schlussfolgerungen aus der allgemeinen Lebenserfahrung mitberücksichtigt
werden. Die auf einer Würdigung konkreter Umstände basierende Festsetzung des
hypothetischen Umfanges der Erwerbstätigkeit ist für das Bundesgericht daher
verbindlich, ausser wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung beruht. Rechtsfragen sind hingegen Folgerungen, die
ausschliesslich - losgelöst vom konkreten Sachverhalt - auf die allgemeine
Lebenserfahrung gestützt werden, oder die Frage, ob aus festgestellten Indizien
mit Recht auf bestimmte Rechtsfolgen geschlossen worden ist (BGE 133 V 504 E.
3.2 S. 507; Urteile 9C_926/2015 vom 17. Oktober 2016 E. 1.2, in: SVR 2017 IV
Nr. 2 S. 2, und 9C_779/2015 vom 4. Mai 2016 E. 4 mit Hinweisen).  
 
4.2. Das kantonale Verwaltungsgericht erwog zur Höhe des hypothetischen
erwerblichen Pensums unter Verweis auf seinen Rückweisungsentscheid vom 1.
April 2015, die Beschwerdeführerin habe ab April 1996 bei der B.________ in
einem 85 %-Pensum gearbeitet und ihr Pensum nicht erhöht, als sie per 1. Mai
2005 von der Abteilung C.________ in die Abteilung D.________ gewechselt habe.
Auch aufgrund des IK-Auszugs ergebe sich nicht, dass sie je über längere Zeit
voll erwerbstätig gewesen wäre, dies auch nicht vor der Geburt ihres Sohnes im
Jahr 1988. Es lasse sich zwar grundsätzlich nicht ausschliessen, dass die
Beschwerdeführerin ihr Arbeitspensum auf 100 % erhöht hätte, als die 1997
geborene Tochter älter geworden sei. Es bestünden jedoch keinerlei
Anhaltspunkte, welche einen solchen Schritt mit dem Beweisgrad der
überwiegenden Wahrscheinlichkeit belegen würden.  
Die Vorinstanz sah sich grundsätzlich an die Beurteilung in ihrem
Rückweisungsentscheid gebunden. Sie zog zudem in Erwägung, dass die
vorgenommene Qualifikation auch aufgrund der bei ihr eingereichten Dokumente
nach wie vor als nachvollziehbar erscheine. Selbst unter der Annahme einer
vollen E rwerbstätigkeit vor der Geburt des Sohnes sei nicht mit dem Beweisgrad
der überwiegenden Wahrscheinlichkeit erstellt, dass die Beschwerdeführerin
bereits im Jahr 2009, als die Tochter zwölfjährig geworden sei, ihr
Arbeitspensum trotz des auch nach dem 12. Altersjahr bestehenden
Betreuungserfordernisses von 85 % auf 100 % erhöht hätte. Weiter sei im Jahr
2011 ihr Ehemann erkrankt, und sie dürfte daher im Aufgabenbereich stärker
gefordert gewesen sein. Es sei daher nicht nachvollziehbar, dass sie zu diesem
Zeitpunkt eine Pensumserhöhung angestrebt hätte, nachdem beim Ehemann
entsprechende Versicherungsleistungen (Taggelder und anschliessend
Rentenleistungen aus erster und zweiter Säule) zur Auszahlung gelangt seien. 
 
4.3. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin h at sich die Vorinstanz zu Unrecht
an die Erwägungen im Rückweisungsentscheid gebunden gesehen und als Folge
dieser unzulässigen Kognitionsbeschränkung die im vorinstanzlichen Verfahren
neu ins Recht gelegten Dokumente nicht gewürdigt. Damit habe sie ihren Anspruch
auf rechtliches Gehör gemäss Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 42 ATSG verletzt. Diese
Rügen sind unbegründet.  
 
4.3.1. Mit Dispositiv-Ziffer 2 des Entscheides vom 1. April 2015 wurde die
Sache zu einer Abklärung im Haushalt und anschliessend neuem Entscheid über den
Rentenanspruch an die Beschwerdegegnerin zurückgewiesen. Daraus ergibt sich
klar, dass die Vorinstanz die Beschwerdeführerin nicht als im Gesundheitsfall
Vollerwerbstätige betrachtete, sondern als Teilerwerbstätige mit einem
Aufgabenbereich. Es verletzt daher kein Bundesrecht, dass sie ihre
diesbezüglichen Erwägungen grundsätzlich als bindend erachtete. Daran ändert
nichts, dass die Rückweisung an die IV-Stelle zur neuen Entscheidung nicht
ausdrücklich "im Sinne der Erwägungen" erfolgte (BGE 120 V 233 E. 1a S. 237 mit
Hinweis; Urteil 9C_742/2016 vom 11. Oktober 2017 E. 7.3.1).  
 
4.3.2. Sodann hat die Vorinstanz die wesentlichen Erwägungen zur Statusfrage in
ihrem Rückweisungsentscheid wiedergegeben, welche somit Bestandteil des
angefochtenen Entscheides wurden. Ebenfalls hat sie dargelegt, weshalb die
neuen Vorbringen, unter anderem dass die Beschwerdeführerin vor der Geburt
ihres Sohnes voll erwerbstätig gewesen sei, zu keinem anderen Ergebnis führen.
Unerwähnt gelassen hat die Vorinstanz hingegen, dass die Beschwerdeführerin
aufgrund der mit Eingabe vom 3. März 2017 und 4. Mai 2017 eingereichten
Unterlagen (auch) nach der Geburt ihres Sohnes 1988 bis zur Geburt der Tochter
1997 erwerbstätig gewesen war. Es kann offen bleiben, ob sie diese Dokumente
bei der Beurteilung der Statusfrage hätte berücksichtigen müssen und insofern
eine Gehörsverletzung vorliegt. Jedenfalls war eine sachgerechte Bestreitung
möglich (Urteil 9C_711/2015 vom 21. März 2016 E. 1.2). Ebenso braucht nicht
entschieden zu werden, ob die in diesem Verfahren eingereichten Bestätigungen
zulässige Noven sind (E. 1.2). Selbst unter der Annahme einer vollen
Erwerbstätigkeit zwischen der Geburt der beiden Kinder ändert sich nichts am
Ergebnis.  
 
4.4. Die Beschwerdeführerin macht geltend, sie würde ohne gesundheitliche
Beeinträchtigungen in einem 100 %-Pensum tätig sein. Sie begründet dies damit,
dass sie vor der Geburt ihrer Tochter 1997 stets voll erwerbstätig - dies
selbst nach der Geburt ihres Sohnes 1988 - und für sie klar gewesen sei, dass
sie ab dem 12. Lebensjahr ihrer Tochter wieder eine volle Erwerbstätigkeit
aufgenommen hätte, da der Betreuungsbedarf zu diesem Zeitpunkt stark abnehme.
Zudem sei es gerichtsnotorisch, dass die Versicherungsleistungen an ihren
Ehemann nicht den ganzen Lohnausfall decken würden, weshalb die
Beschwerdeführerin zur Deckung des über Jahre gelebten familiären
Lebensstandards ihr Pensum erhöht hätte. Diese Vorbringen sind aus folgenden
Gründen nicht stichhaltig:  
 
4.4.1. Die Vorinstanz hielt zur Höhe des hypothetischen erwerblichen Pensums
unter anderem fest, die Beschwerdeführerin sei aufgrund der Erkrankung ihres
Ehemannes im Aufgabenbereich stärker gefordert gewesen, weshalb nicht
nachvollziehbar sei, dass sie zu jenem Zeitpunkt im Gesundheitsfall eine
Pensumserhöhung angestrebt hätte. Im Zusammenhang mit der Beurteilung der
Einschränkung im Aufgabenbereich führte sie demgegenüber aus, es sei nicht
nachvollziehbar, weshalb der Ehemann die Beschwerdeführerin nicht aktiv im
Haushalt unterstützen könnte, zumal er zwischenzeitlich eine ganze
Invalidenrente beziehe und nicht mehr einer ausserhäuslichen Tätigkeit
nachgehe. Aus den medizinischen Unterlagen ergebe sich zudem nicht, dass er im
Haushalt nicht mehr mithelfen könnte, wenn er die Arbeiten selber einteilen und
wenn nötig Pausen einlegen könne.  
Diese Sachverhaltsfeststellungen stehen durchaus in einem gewissen Widerspruch
zueinander. 
 
4.4.2. Die für die Beschwerdeführerin günstigere "Sachverhaltsvariante", wonach
der Ehemann eine spürbare Entlastung im Haushalt ist und namentlich den
Betreuungsaufwand für die Tochter übernehmen kann, spricht grundsätzlich für
die Vollzeittätigkeit im Gesundheitsfall. Dem stehen indessen die tatsächlich
gelebten Verhältnisse nach Eintritt der gesundheitlichen Beeinträchtigung
entgegen. Gemäss unbestrittener Feststellung der Vorinstanz verwertet die
Beschwerdeführerin ihre Arbeitsfähigkeit von 50 % ausserhäuslich nicht bzw.
nicht vollumfänglich. Aus den Akten ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin
laut eigenen Angaben einzig im Zeitraum von September 2014 bis April 2015 zu
einem Pensum von 40 % bzw. 36 % erwerbstätig war, dies obschon sie
unbestrittenermassen ab 1. Januar 2014 zu 50 % arbeitsfähig war. Damit hat sie
ihre Restarbeitsfähigkeit von Januar bis August 2014 und seit Mai 2015 bis zum
Erlass der Verfügungen vom 10. November 2016, welche den gerichtlichen
Prüfungszeitraum begrenzt (BGE 129 V 1 E. 1.2 S. 4), nicht ausgeschöpft, obwohl
auch das Alter der Tochter (Jahrgang 1997) und der damit einhergehende geringe
bzw. nicht mehr bestehende Betreuungsaufwand mit einer 50 %-Tätigkeit ohne
Weiteres zu vereinbaren gewesen wäre. Diese Umstände sprechen gegen die Annahme
einer vollen Erwerbstätigkeit im Gesundheitsfall.  
Weiter bringt die Beschwerdeführerin vor, es sei gerichtsnotorisch, dass die
Versicherungsleistungen an ihren Ehemann nie dessen vollständigen Lohn decken
würden. Ohne gesundheitliche Beeinträchtigung hätte sie daher ihr Pensum
erhöht, um den über Jahre gelebten familiären Lebensstandard
aufrechtzuerhalten. Unter diesen Umständen wäre jedoch zu erwarten gewesen,
dass die vom Ehemann und den Kindern in der Hausarbeit spürbar entlastete
Beschwerdeführerin ihre Arbeitsfähigkeit von 50 % auch nach Eintritt der
gesundheitlichen Beeinträchtigung vollständig verwerten würde, zumal inzwischen
auch ihr Einkommen aus einer 85 %-Tätigkeit weggefallen war. Das hat sie
indessen nur teilweise bzw. ab Mai 2015 überhaupt nicht gemacht. Diese Tatsache
ist ein gewichtiges Indiz dafür, dass sie im Gesundheitsfall nicht aus
finanziellen Gründen voll erwerbstätig gewesen wäre. 
 
4.4.3. Zum gleichen Ergebnis führt die zweite "Sachverhaltsvariante", wonach
die Beschwerdeführerin aufgrund der Erkrankung des Ehemannes im Aufgabenbereich
stärker gefordert ist. Kann dieser aufgrund seiner gesundheitlichen
Beeinträchtigungen die Beschwerdeführerin im Haushalt nicht wesentlich
unterstützen, ist umso mehr davon auszugehen, dass sie ihr Erwerbspensum nicht
von 85 % auf 100 % erhöht hätte.  
 
4.5. Nach dem Gesagten ist die Annahme einer Erwerbstätigkeit von 85 % im
Gesundheitsfall und damit die Anwendung der gemischten Methode der
Invaliditätsbemessung weder willkürlich noch sonstwie bundesrechtswidrig.  
 
5.  
 
5.1. In Bezug auf die Einschränkung im Aufgabenbereich rügt die
Beschwerdeführerin eine Verletzung von Art. 43 Abs. 1 und Art. 61 lit. c ATSG
sowie Art. 29 Abs. 2 BV. Sie macht geltend, die Vorinstanz habe es unterlassen,
die Auswirkungen der gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Ehemannes auf die
zumutbare Mithilfe im Haushalt abzuklären, und beantragt die Einholung eines
gerichtlich angeordneten Haushaltsgutachtens unter Berücksichtigung der
Leistungsfähigkeit sämtlicher Familienmitglieder.  
 
5.2. Es mag zutreffen, dass die Vorinstanz im Zusammenhang mit der
Schadenminderungspflicht von Familienangehörigen (vgl. dazu BGE 133 V 504 E.
4.2 S. 509 f.) wiederholt auf die Mithilfe des Ehemannes verweist, ohne jedoch
näher darzulegen, inwiefern ihm diese zumutbar ist. Zu berücksichtigen ist
indessen, dass die Beschwerdeführerin im Rahmen der Abklärung vor Ort vom 18.
August 2015 selber angab, sie werde neben der Tochter auch von ihrem Ehemann,
der seit 1. April 2013 eine ganze Invalidenrente bezieht, im Haushalt
unterstützt. Dieser kümmere sich um den Kehricht, helfe ihr beim Gemüserüsten
und beim Wegräumen der Wäsche, beziehe mit ihr zusammen das Bett neu und
schüttle die Decke aus. In Bezug auf die Tochter gab sie an, dass diese ab
Januar 2014 am Abend meistens für alle koche, ihr viel bei der Wäsche und
gelegentlich mit den Pflanzen in den Töpfen helfe. Auf diese glaubhafte
"Aussage der ersten Stunde" ist im Rahmen der Beweiswürdigung abzustellen. Denn
sie ist unbefangener und zuverlässiger als spätere Darstellungen, die bewusst
oder unbewusst von nachträglichen Überlegungen versicherungsrechtlicher oder
anderer Art beeinflusst sein können (vgl. BGE 121 V 45 E. 2a S. 47 mit
Hinweisen). Soweit die Beschwerdeführerin eine Verschlechterung des
Gesundheitszustandes des Ehemannes geltend macht, so ist darauf nicht weiter
einzugehen (E. 1.2). Auch aus den von der Vorinstanz beigezogenen IV-Akten des
Ehemannes lässt sich eine solche nicht ersehen.  
Im Übrigen ist dem Abklärungsbericht vom 25. August 2015 nicht zu entnehmen,
dass der Sohn der Beschwerdeführerin wesentliche Arbeiten im Haushalt
übernehmen würde. Zwar ist dieser gemäss ihrer Aussage oft im Ausland, doch
kann von ihm erwartet werden, dass er sich in der Zeit, in der er zu Hause ist,
umso mehr im Haushalt einbringt und auf diese Weise zur Entlastung der
Beschwerdeführerin und der anderen Familienmitglieder beiträgt. Denn die im
Rahmen der Invaliditätsbemessung bei einer Hausfrau zu berücksichtigende
Mithilfe von Familienangehörigen geht weiter als die ohne Gesundheitsschädigung
üblicherweise zu erwartende Unterstützung (BGE 133 V 504 E. 4.2 S. 509 f.; 130
V 97 E. 3.3.3 S. 101). Nicht bestritten wird denn auch die vorinstanzliche
Feststellung, wonach von den Kindern, auch wenn diese geschäftlich oder
aufgrund des Studiums zwischenzeitlich abwesend seien, ohne Weiteres erwartet
werden dürfe, dass sie ihre Mutter im Haushalt unterstützten und viele Arbeiten
zeitlich eingeteilt und daher erledigt werden könnten, wenn die Kinder zu Hause
seien. 
Da von zusätzlichen beweisrechtlichen Massnahmen - wie der beantragten
Einholung eines gerichtlich angeordneten Haushaltsgutachtens unter
Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit sämtlicher Familienmitglieder - keine
neuen entscheidwesentlichen Aufschlüsse zu erwarten sind, durfte auf
weitergehende Erhebungen verzichtet werden (antizipierte Beweiswürdigung; BGE
136 I 229 E. 5.3 S. 236). Es liegt weder ein Verstoss gegen den
Untersuchungsgrundsatz (Art. 61 lit. c ATSG) noch eine Verletzung des Anspruchs
auf rechtliches Gehör bzw. Beweisabnahme (Art. 29 Abs. 2 BV) vor. Von
willkürlicher Beweiswürdigung der Vorinstanz kann ebenfalls keine Rede sein. 
 
6.   
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerde unbegründet ist. 
 
7.   
Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens hat die Beschwerdeführerin die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und
dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 28. Februar 2018 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Meyer 
 
Die Gerichtsschreiberin: Stanger 

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