Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 830/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
9C_830/2017  
 
 
Urteil vom 16. März 2018  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin, 
Bundesrichterinnen Glanzmann, Moser-Szeless. 
Gerichtsschreiberin Oswald. 
 
Verfahrensbeteiligte 
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Ursula Sintzel, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich vom 27. September 2017 (IV.2016.00227). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die 1959 geborene A.________, zuletzt bis Mai 2010 über die B.________ bei der
C.________ als Sortiererin tätig gewesen (letzter effektiver Arbeitstag: 8.
Januar 2010) meldete sich im Dezember 2010 unter Verweis auf (seit dem 8.
Januar 2010 bestehende) Schmerzen am Rücken, dem linken Arm, dem Kopf sowie der
Halswirbelsäule, Müdigkeit und Lustlosigkeit, bei der Invalidenversicherung zum
Leistungsbezug an. Die IV-Stelle des Kantons Zürich (fortan: IV-Stelle) nahm
erwerbliche und medizinische Abklärungen vor. Dabei holte sie u.a. die Akten
der SUVA, ein polydisziplinäres Gutachten des Ärztlichen Begutachtungsinstituts
(ABI), Basel, in den Disziplinen Allgemeine Innere Medizin, Handchirurgie,
Neurologie, Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates,
Psychiatrie sowie Nephrologie (Expertise vom 27. August 2013), sowie ein
Verlaufsgutachten des ABI in den Disziplinen Allgemeine Innere Medizin,
Handchirurgie, Neurologie, Rheumatologie und Psychiatrie (Expertise vom 4. Juni
2015) ein. Mit Verfügung vom 14. Januar 2016 sprach die IV-Stelle der
Versicherten für die Zeit von Juni 2011 bis April 2013 eine ganze
Invalidenrente zu; ab Mai 2013 verneinte sie einen Rentenanspruch
(Invaliditätsgrad: 29 %). 
 
B.   
Die hiergegen gerichtete Beschwerde der A.________ hiess das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 27. September
2017 insoweit gut, als es erkannte, dass ab dem 1. Juli 2015 Anspruch auf eine
Viertelsrente bestehe (Invaliditätsgrad: 44 %). Im Übrigen bestätigte es die
Verfügung der IV-Stelle. 
 
C.   
Die IV-Stelle führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit
dem Antrag, das Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom
27. September 2017 sei aufzuheben und ihre Verfügung vom 14. Januar 2016 zu
bestätigen. 
A.________ schliesst auf Abweisung der Beschwerde und ersucht um unentgeltliche
Rechtspflege. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine
Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Umstritten ist, ob die Vorinstanz zu Recht einen leidensbedingten Abzug vom
Tabellenlohn (Invalideneinkommen) gewährte, und ob sie dabei ihrer
Begründungspflicht nachkam. 
 
2.   
Das kantonale Gericht hat die für die Beurteilung der Streitsache massgeblichen
Grundsätze sowie die Rechtsprechung zum sogenannten "Leidensabzug"
(insbesondere BGE 126 V 75 E. 5 S. 78 ff.) zutreffend dargelegt, worauf
verwiesen wird. 
 
3.   
Das Sozialversicherungsgericht erwog, gestützt auf die Expertise des ABI vom 4.
Juni 2015 sei ab April 2015 von einer Arbeitsfähigkeit von 70 % auszugehen, was
einem zumutbaren Einkommen von Fr. 36'775.50 (gemäss der durch das Bundesamt
für Statistik periodisch durchgeführten Lohnstrukturerhebung [LSE], Tabelle TA1
2012, Kompetenzniveau 1, Frauen) entspreche. Der Beschwerdeführerin seien
nurmehr körperlich leichte, wechselbelastende Tätigkeiten, überwiegend sitzend,
ohne Arbeiten mit Überkopfbewegungen, ohne Oberkörpervorneigeposition, ohne
Rotationsbewegungen der Lenden- und Halswirbelsäule, mit nur kurzfristigem
Zurücklegen von Gehstrecken, zumutbar. Den Einschränkungen selbst bei
körperlich leichten Tätigkeiten sei mit der um 30 % verminderten
Leistungsfähigkeit (in einer ideal angepassten Tätigkeit) gemäss Gutachten
nicht hinlänglich Rechnung getragen, weshalb sich die Verweigerung eines
Tabellenlohnabzugs durch die Verwaltung als ermessensmissbräuchlich erweise. In
Würdigung der gesamten Umstände erscheine ein leidensbedingter Abzug von 10 %
angezeigt, was zu einem Invalideneinkommen von Fr. 33'097.95 und - bei einem
(unbestrittenen) Valideneinkommen von Fr. 59'519.30 - einem Invaliditätsgrad
von rund 44 % führe ([Fr. 59'519.30 - Fr. 33'097.95] x 100 / Fr. 59'519.30). 
 
4.   
Die Beschwerdeführerin rügt, das kantonale Gericht habe durch Gewährung eines
Tabellenlohnabzugs von 10 % den Invaliditätsgrad in Verletzung von Art. 16 ATSG
festgelegt; ausserdem sei es seiner Begründungspflicht nicht nachgekommen und
habe damit ihr rechtliches Gehör verletzt. Aus rheumatologischer,
neurologischer sowie handchirurgischer Sicht sei eine Einschränkung von
insgesamt 30 % attestiert worden. Das dabei formulierte Belastungsprofil (vgl.
E. 3 soeben) rechtfertige, entgegen der Vorinstanz, keinen zusätzlichen Abzug
vom Tabellenlohn, umfasse doch der von der Verwaltung zur Berechnung des
Invalideneinkommens beigezogene Tabellenwert für Hilfsarbeiten gemäss LSE
bereits eine Vielzahl von leichten Tätigkeiten. 
 
5.   
Die gesundheitlich bedingte Unmöglichkeit, körperlich schwere Arbeit zu
verrichten, führt nicht automatisch zu einer weiteren Verminderung des
hypothetischen Invalidenlohns, da der Tabellenlohn gemäss der LSE-Tabelle TA1,
Kompetenzniveau 1, bereits eine Vielzahl von leichten und mittelschweren
Tätigkeiten umfasst (vgl. etwa Urteil 8C_381/2017 vom 7. August 2017 E. 4.2.2).
Indes sind im hier zu beurteilenden Fall die Voraussetzungen für einen
derartigen Abzug - mit dem kantonalen Gericht - insofern erfüllt, als die
Beschwerdegegnerin selbst bei leichten Arbeiten insbesondere durch die Vorgabe,
Rotationsbewegungen der Lenden- und Halswirbelsäule zu vermeiden, eingeschränkt
und ihr erwerbliches Leistungsvermögen entsprechend beschränkt ist, so dass sie
sich (überwiegend wahrscheinlich; vgl. zum im Sozialversicherungsrecht
massgeblichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit etwa BGE 138 V
218 E. 6 S. 221; Urteil 8C_756/2017 vom 7. März 2018 E. 2) mit einem geringeren
Lohn zu begnügen haben wird als voll leistungsfähige und entsprechend
einsetzbare Arbeitnehmer (vgl. auch BGE 129 V 472 E. 4.2.3 S. 481). Von einer
unzulässigen Doppelanrechnung, wie sie die Beschwerdeführerin geltend macht,
kann nicht die Rede sein. 
Die Gewährung eines Abzugs vom Tabellenlohn ist unter diesem Blickwinkel - auch
in Anbetracht ähnlich gelagerter Fälle (vgl. etwa Urteile 9C_302/2017 vom 6.
Juli 2017 E. 3.1 und 3.5; 9C_160/2012 vom 6. Juni 2012 E. 3.1 und 4.1.2; 8C_259
/2011 vom 28. Juni 2011 E. 3.3) - bundesrechtskonform. In Bezug auf die Höhe
des Abzugs hat die Vorinstanz ihr Ermessen nicht rechtsfehlerhaft ausgeübt,
weshalb das Bundesgericht nicht korrigierend einzugreifen hat (vgl. etwa BGE
132 V 393 E. 3.3 S. 399; zitiertes Urteil 9C_302/2017 E. 3.5). 
Schliesslich begründete das kantonale Gericht seinen Entscheid auch hinlänglich
(vgl. E. 3 oben), so dass der Beschwerdeführerin eine sachgerechte Anfechtung
aufgrund der vorinstanzlichen Erwägungen möglich war. Eine Verletzung der
Begründungspflicht bzw. des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV)
ist nicht erkennbar (BGE 134 I 83 E. 4.1 S. 88). Folglich hat es beim gewährten
Abzug von 10 % und dem Anspruch auf eine Viertelsrente ab 1. Juli 2015 sein
Bewenden. 
 
6.   
Die Beschwerde ist nach dem Gesagten unbegründet. 
 
7.   
Als unterliegende Partei hat die Beschwerdeführerin die Kosten des
bundesgerichtlichen Verfahrens zu tragen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG) und der
Beschwerdegegnerin eine Parteientschädigung zu entrichten (Art. 68 Abs. 1 und 2
BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Die Beschwerdeführerin hat die Rechtsvertreterin der Beschwerdegegnerin für das
bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2400.- zu entschädigen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 16. März 2018 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Pfiffner 
 
Die Gerichtsschreiberin: Oswald 

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