Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 815/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
9C_815/2017  
 
 
Urteil vom 17. April 2018  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin, 
Bundesrichter Meyer, Parrino, 
Gerichtsschreiber Fessler. 
 
Verfahrensbeteiligte 
IV-Stelle des Kantons Zürich, 
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Kaspar Gehring, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich 
vom 28. September 2017 (IV.2016.01054). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________ meldete sich im November 2013 bei der Invalidenversicherung zum
Bezug von Leistungen (berufliche Integration/Rente) an. Nach Abklärung der
gesundheitlichen und erwerblichen Verhältnisse (u.a. Gutachten Dr. med.
B.________, Facharzt FMH für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 11. Januar
2016) und nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren verneinte die IV-Stelle des
Kantons Zürich mit Verfügung vom 22. August 2016 mangels eines
invalidisierenden Gesundheitsschadens den Anspruch auf IV-Leistungen,
insbesondere eine Rente. 
 
B.   
Dagegen erhob A.________ Beschwerde, welche das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich mit Entscheid vom 28. September 2017 guthiess, indem es die
Verfügung vom 22. August 2016 aufhob und feststellte, dass ab 1. Mai 2014
Anspruch auf eine Viertelsrente bestehe. 
 
C.   
Die IV-Stelle des Kantons Zürich führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten mit dem Rechtsbegehren, der Entscheid vom 28. September 2017
sei aufzuheben und die Verfügung vom 22. August 2016 zu bestätigen. 
A.________ beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, eventualiter die Sache an
das kantonale Sozialversicherungsgericht zurückzuweisen zur Urteilsbegründung
in Anwendung des strukturierten Beweisverfahrens. Das Bundesamt für
Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Der angefochtene Entscheid spricht der Beschwerdegegnerin ab       1. Mai 2014
(frühest möglicher Rentenbeginn: Art. 29 Abs. 1 und 3 IVG) eine Viertelsrente
der Invalidenversicherung zu (Art. 28 Abs. 2 IVG), was die Beschwerde führende
IV-Stelle als bundesrechtswidrig rügt (Art. 95 lit. a BGG). 
 
2.   
Die Vorinstanz hat durch Einkommensvergleich (Art. 16 ATSG i.V.m. Art. 28a Abs.
1 IVG) einen Invaliditätsgrad von 41 % ermittelt. Zu diesem Ergebnis ist sie
wie folgt gelangt: Gemäss dem Gutachten des Dr. med. B.________ vom 11. Januar
2016 seien eine gemischte Persönlichkeitsstörung mit ängstlich-abhängigen Zügen
(ICD-10 F62) sowie eine chronische, teilremittierte, aktuell noch leichtgradige
Depression seit 2012 bei vorbestehender Dysthymie und bisher drei Episoden
(ICD-10 F33.0) gegeben. Aufgrund der Einschätzung des Experten, von welcher
abzuweichen kein Anlass bestehe, sei von einer Arbeitsfähigkeit von 60 % in den
dannzumal konkret ausgeübten Tätigkeiten auszugehen. In der psychisch relativ
belastenden Tätigkeit als Pflegehelferin bestehe eine 50%ige Arbeitsfähigkeit
neben einer 10%igen Arbeitsfähigkeit als Raumpflegerin. 
2014 habe die Beschwerdegegnerin im Rahmen ihrer 50%igen Tätigkeit als
Pflegehelferin ein Einkommen (zuzüglich Schichtzulagen) von Fr. 33'526.50
erzielt. Dazu komme das Einkommen als Raumpflegerin in einem 10 %-Pensum von
Fr. 5'447.25. Daraus ergebe sich ein Invalideneinkommen von Fr. 38'973.75. Im
Gesundheitsfall wäre die Beschwerdegegnerin in den gleichen Tätigkeiten als
Pflegehelferin zu 90 % und als Raumpflegerin zu 10 % erwerbstätig. Damit würde
sie ein Valideneinkommen von Fr. 65'794.95 ([Fr. 33'526.50 x [90 %/      50 %]]
+ Fr. 5'447.25) erzielen. Daraus ergebe sich ein Invaliditätsgrad von 41 %
([[Fr. 65'794.95 - Fr. 38'973.75]/Fr. 65'794.95] x 100 %; zum Runden BGE 130 V
121). Ab........ habe die Beschwerdegegnerin nicht mehr als Raumpflegerin
gearbeitet und damit ihr Leistungsvermögen nicht mehr voll ausgeschöpft. In
einer in psychischer Hinsicht ähnliche Anforderungen stellenden Tätigkeit im
zeitlichen Umfang von 10 % könnte sie auf der Grundlage der Schweizerischen
Lohnstrukturerhebung des Bundesamtes für Statistik 2012 (vgl. BGE 124 V 321 und
BGE 142 V 178) unter Berücksichtigung der Nominallohnentwicklung Fr. 5'298.65
verdienen, was zu keiner rentenrelevanten Änderung der Vergleichseinkommen
führe. 
 
3.  
 
3.1. Die vorinstanzliche Invaliditätsbemessung erfolgte somit auf der Grundlage
der konkreten beruflich-erwerblichen Situation. Voraussetzung hierfür sind ein
besonders stabiles Arbeitsverhältnis, volles Ausschöpfen der verbliebenen
Arbeitsfähigkeit in zumutbarer Weise und eine angemessene Entlöhnung der
Arbeitsleistung ohne Soziallohnkomponente (BGE 139 V 592 E. 2.3 S. 593; 126 V
75 E. 3b/aa S. 76; Urteil 9C_762/2015 vom 26. Januar 2016 E. 4.1). Die
Beschwerdeführerin bestreitet u.a., dass die zweite Bedingung (volles
Ausschöpfen der Arbeitsfähigkeit) erfüllt ist. Was sie vorbringt, ist indessen
nicht stichhaltig.  
 
3.2. Die Vorinstanz hat implizit festgestellt, die Beschwerdegegnerin habe als
Pflegehelferin (50 %) und Raumpflegerin (10 %) ihre verbliebene
Arbeitsfähigkeit in zumutbarer Weise voll ausgeschöpft. Mit ihren Vorbringen
vermag die Beschwerdeführerin nicht aufzuzeigen, inwiefern diese Feststellung
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer willkürlichen Beweiswürdigung
beruht (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 142 II 433 E. 4.4 S. 444). In Bezug auf die
Frage der Zumutbarkeit, die Tätigkeit als Pflegehelferin aufzugeben und einer
anderen (den Anspruch auf eine Rente allenfalls ausschliessenden) erwerblichen
Beschäftigung nachzugehen (Pflicht zur Selbsteingliederung; BGE 113 V 22 E. 4a
S. 28), weist sie selber darauf hin, dass gemäss dem psychiatrischen
Adminstrativgutachter die Versicherte durch eine neue berufliche Situation
übermässig belastet, eine Umstellung mit dem Risiko einer Dekompensation
verbunden wäre. Wie im Übrigen die Beschwerdegegnerin in ihrer Vernehmlassung
vorbringt, hatte sich der Experte an den normativen Vorgaben gemäss BGE 141 V
281 orientiert und dementsprechend bei seiner Beurteilung nicht nur Ressourcen
berücksichtigt, sondern auch die Belastungen, welche in der Beschwerde selektiv
und damit bundesrechtswidrig ausgeblendet würden (unter Hinweis auf das Urteil
9C_596/2016 vom 26. September 2017 E. 5.3, in: SVR 2018 IV Nr. 15 S. 45).  
 
3.3. Der angefochtene Entscheid verletzt kein Bundesrecht (Art. 95   lit. a
BGG). Die Beschwerde ist unbegründet.  
 
4.   
Ausgangsgemäss hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66
Abs. 1 BGG) und der Beschwerdegegnerin eine Parteientschädigung zu bezahlen (
Art. 68 Abs. 2 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche
Verfahrens mit Fr. 2'400.- zu entschädigen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 17. April 2018 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Pfiffner 
 
Der Gerichtsschreiber: Fessler 

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