Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 779/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
9C_779/2017  
 
 
Urteil vom 9. April 2018  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin, 
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Glanzmann. 
Gerichtsschreiberin Oswald. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ AG, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
AXA Stiftung Berufliche Vorsorge, 
General-Guisan-Strasse 40, 8400 Winterthur, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Berufliche Vorsorge (Beiträge), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich vom 24. August 2017 (BV.2017.00026). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Die A.________ AG schloss sich per 1. Januar 2013 zur Durchführung der
beruflichen Vorsorge der AXA Stiftung Berufliche Vorsorge (fortan: AXA) an
(Anschlussvertrag vom 21. März 2013).  
 
A.b. Aus diesem Vertrag bestand am 4. März 2016 noch ein (Beitrags-) Ausstand
in der Höhe von Fr. 10'728.35. Am 26. April 2016 überwies die A.________ AG Fr.
3'000.- an die AXA. Dabei verwendete sie einen Einzahlungsschein der -
ebenfalls bei der AXA angeschlossenen - B.________ AG. Der Präsident von deren
Verwaltungsrat fungierte im Zahlungszeitpunkt gleichzeitig als einziger
Verwaltungsrat der A.________ AG. Die AXA schrieb den Betrag dem Konto der
B.________ AG gut.  
 
A.c. Die AXA setzte mit Zahlungsbefehl vom 11. Mai 2016 (zugestellt am 25. Mai
2016) die Beträge von Fr. 10'728.35 zuzüglich Zins sowie von Fr. 600.- in
Betreibung, wogegen die A.________ AG am 25. Mai 2016 Rechtsvorschlag erhob.  
 
B.   
Mit Klage vom 20. März 2017 beantragte die AXA dem Sozialversicherungsgericht
des Kantons Zürich, es sei die A.________ AG zu verpflichten, ihr Fr. 10'728.35
nebst Zins zu 5 % seit dem 27. Januar 2016 sowie Fr. 600.- Bearbeitungsgebühr
zu bezahlen, abzüglich Fr. 2'500.- (Teilzahlungen vom 15. Juli, 17. August und
14. November 2016). In diesem Umfang sei der Rechtsvorschlag in der Betreibung
Nr. xxxxxx des Betreibungsamts U.________ aufzuheben und der AXA die definitive
Rechtsöffnung zu erteilen. 
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich hiess die Klage mit Entscheid
vom 24. August 2017 insoweit gut, als es die A.________ AG verpflichtete, der
AXA Fr. 8'228.35, Bearbeitungsgebühren in Höhe von Fr. 600.-, sowie Zins zu 5 %
- vom 5. März bis 14. Juli 2016 auf dem Betrag von Fr. 10'728.35, vom 15. Juli
bis 16. August 2016 auf dem Betrag von Fr. 10'228.35, vom 17. August bis 13.
November 2016 auf dem Betrag von Fr. 9'728.35 und ab dem 14. November 2016 auf
dem Betrag von Fr. 8'228.35 - zu bezahlen. In entsprechender Höhe beseitigte es
den Rechtsvorschlag in der Betreibung Nr. xxxxxx des Betreibungsamtes
U.________. 
 
C.   
Die A.________ AG führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
mit dem Antrag, der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich vom 24. August 2017 sei dahingehend abzuändern, dass sie statt Fr.
8'228.35 nurmehr Fr. 5'228.35 schulde. Die zinsbestimmenden Beträge (gemäss
vorinstanzlicher Dispositiv-Ziffer 1) seien ab dem 27. April 2016 entsprechend
neu zu bestimmen. 
Die AXA ersucht um Abweisung der Beschwerde; das Bundesamt für
Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Mit Blick auf die
allgemeinen Begründungsanforderungen an eine Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2
BGG) behandelt es aber grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern
die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Es ist jedenfalls
nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden
rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr
vorgetragen werden (BGE 140 III 86 E. 2 S. 88 f. mit Hinweisen).  
 
1.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren
Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht
und die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein
kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
2.   
Im berufsvorsorgerechtlichen Beitragsprozess ist es Sache der
Vorsorgeeinrichtung, die Beitragsforderung so weit zu substanziieren, dass sie
überprüft werden kann. Der Arbeitgeberin obliegt es, substanziiert darzulegen,
weshalb und gegebenenfalls in welchen Punkten die eingeklagte Beitragsforderung
unbegründet bzw. unzutreffend ist (BGE 141 V 71 E. 5.2.2 S. 78 f., 138 V 86 E.
5.2.3 S. 97). Bei mehreren Schuld- bzw. Forderungsverhältnissen  zwischen
denselben Parteien ist nicht nur die Zahlung an sich zu substanziieren, sondern
auch, dass sich diese auf die eingeklagte Forderung bezog (vgl. Urteil 4A_625/
2015 vom 29. Juni 2016 E. 5, nicht publiziert in BGE 142 III 581, mit Hinweis).
Hat dagegen eine Gläubigerin mehrere Forderungen gegenüber verschiedenen
Schuldnern, ist im Geschäftsverkehr nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon
auszugehen, dass die Zahlungen der jeweiligen Schuldnerinnen zur Tilgung der je
eigenen Verbindlichkeiten erfolgen (vgl. Urteile 4A_451/2017 vom 22. Februar
2018 E. 5.3, 4D_13/2015 vom 3. Juni 2015 E. 4.1 [dazu, dass im Geschäftsverkehr
i.d.R. keine Schenkungsabsicht anzunehmen ist]).  
 
3.   
Das kantonale Gericht erwog, durch Überweisung des Betrags von Fr. 3'000.- an
die Beschwerdegegnerin mit einem Einzahlungsschein der B.________ AG habe die
Beschwerdeführerin in diesem Umfang nicht ihre eigene Schuld, sondern diejenige
der B.________ AG getilgt. Folglich habe die Beschwerdegegnerin den Betrag
"ohne Weiteres" auf deren Konto anrechnen dürfen. Soweit die Beschwerdeführerin
sich in einem Irrtum befunden habe, könne sie gegenüber der B.________ AG einen
Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung geltend machen. 
Die Beschwerdeführerin anerkennt grundsätzlich die von der Beschwerdegegnerin
geltend gemachten Forderungen (Sachverhalt lit. A.c), erhebt indes im Umfang
von Fr. 3'000.- (Zahlung vom 26. April 2016) die Einrede der teilweisen Tilgung
(vgl. Urteil 4C.114/2001 vom 28. Juni 2001 E. 2b). 
 
4.  
 
4.1. Die Beschwerdegegnerin begründete ihre Verbuchung zu Gunsten der
B.________ AG vor Vorinstanz damit, dass ein Einzahlungsschein der B.________
AG verwendet worden sei, diese ebenfalls grössere Ausstände aufgewiesen habe
und sowohl die B.________ AG als auch die Beschwerdeführerin vereinbarte
Ratenpläne nicht eingehalten hätten. Es seien nur wenige Teilzahlungen in
reduziertem Umfange und in sehr unregelmässigen Zeitabständen überwiesen
worden. Die Beschwerdegegnerin macht zu keinem Zeitpunkt geltend, sie hätte von
der Identität der Beschwerdeführerin als Auftraggeberin der Überweisung keine
Kenntnis gehabt.  
 
4.2.  
 
4.2.1. Die Verwendung eines falschen Einzahlungsscheins ist jedenfalls dann für
die Zuordnung eines Zahlungseingangs nicht entscheidend, wenn die
Zahlungsempfängerin in guten Treuen nicht davon ausgehen durfte, dass die mit
der Referenznummer zum Ausdruck gebrachte Willenserklärung der Schuldnerin
deren wirklichem Willen entsprach (vgl. Urteil 2C_239/2014 vom 9. Februar 2015
E. 3.4 mit Hinweisen). Dies gilt hier umso mehr, als die Beschwerdegegnerin
gegenüber der Beschwerdeführerin zur Führung eines separaten Vorsorgewerks
verpflichtet war (vgl. Anschlussvertrag Ziff. 1.1 "Zweck des Vertrages" Abs.
2). Dabei liegt auf der Hand, dass die sorgfältige Erfüllung dieser
vertraglichen Pflicht u.a. die korrekte Zuordnung und Verbuchung der
eingegangene Beitragszahlungen beinhaltete.  
 
4.2.2. Die Beschwerdeführerin beruft sich darauf, mit Schreiben vom 7. Juni
2016 gegenüber der Beschwerdegegnerin vorgebracht zu haben, sie habe am 26.
April 2016 eine Zahlung in der Höhe von Fr. 3'000.- geleistet, die
fälschlicherweise bei der Ermittlung ihrer Ausstände nicht berücksichtigt
worden sei (vgl. dazu auch den Mailverkehr vom 11./12. Juli 2016 zwischen den
Parteien). Selbst wenn diese Erklärung erst nach Einleitung der Betreibung und
Erhebung des Rechtsvorschlages erfolgte (vgl. Sachverhalt lit. A.c vorne), traf
die Beschwerdeführerin bereits auf Grund des widersprüchlichen
Zahlungseinganges ("falsche" Begünstigte, vgl. E. 4.1 hiervor) die vertragliche
Sorgfaltspflicht (E. 4.2.1 soeben), durch weitere Abklärung das ihrige zur
Vermeidung einer Fehlbuchung beizutragen, erst recht angesichts des in E. 2
vorne in fine Gesagten und der bestehenden personellen Verflechtungen
(Sachverhalt lit. A.b vorne). Nachdem offensichtlich sowohl die
Beschwerdeführerin als auch die B.________ AG gleichermassen unzuverlässig
geschäfteten (vgl. E. 4.1 vorne), verblieb kein Raum für eine Auslegung (vgl.
BGE 126 III 20 E. 3a/aa S. 22).  
 
4.2.3. Schliesslich verfängt der Einwand der Beschwerdegegnerin, sie dürfe
nicht lediglich gestützt auf die Aussage der Beschwerdeführerin über eine
Zahlung verfügen, die bei einer anderen Versicherungsnehmerin verbucht worden
sei, angesichts der bereits dargelegten Personalunion (Sachverhalt lit. A.b)
nicht.  
 
4.3. Nach dem Gesagten hat das Sozialversicherungsgericht Bundesrecht verletzt,
indem es - ohne auf die Diskrepanz zwischen Überweisungsherkunft und
begünstigter Person der Beitragszahlung einzugehen - die Tilgung einer
Drittschuld annahm. Die Beschwerdeführerin hat mit Überweisung vom 26. April
2016 ihre Schuld gegenüber der Beschwerdegegnerin im Umfang von Fr. 3'000.-
getilgt; die Beschwerde ist gutzuheissen.  
 
5.   
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Die Gerichtskosten werden dem
Prozessausgang entsprechend der Beschwerdegegnerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1
Satz 1 BGG). 
Der obsiegenden (unvertretenen) Beschwerdeführerin ist keine
Parteientschädigung zuzusprechen, weil ihr Arbeitsaufwand den Rahmen dessen
nicht überschritt, was sie üblicher- und zumutbarerweise zur Besorgung der
eigenen Angelegenheiten auf sich zu nehmen hat (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG; vgl.
etwa Urteil 9C_511/2017 vom 6. September 2017 E. 6 mit Hinweisen). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird gutgeheissen und die Dispositiv-Ziffer 1 des Urteils des
Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 24. August 2017 wird wie
folgt abgeändert: 
 
"In teilweiser Gutheissung der Klage wird die Beklagte verpflichtet, der
Klägerin Fr. 5'228.35 zuzüglich Fr. 600.- Bearbeitungsgebühren nebst 
- Zins zu 5 % auf den Betrag von Fr. 10'728.35 vom 5. März bis 26. April 2016, 
- Zins zu 5 % auf den Betrag von Fr. 7'728.35 vom 27. April bis 14. Juli 2016, 
- Zins zu 5 % auf den Betrag von 7'228.35 vom 15. Juli bis 16. August 2016, 
- Zins zu 5 % auf den Betrag von Fr. 6'728.35 vom 17. August bis 13. November
2016, 
- Zins zu 5 % auf den Betrag von 5'228.35 seit dem 14. November 2016 
zu bezahlen, und es wird der Rechtsvorschlag in der Betreibung Nr. xxxxxx des
Betreibungsamtes U.________ (Zahlungsbefehl vom 11. Mai 2016) in entsprechender
Höhe aufgehoben." 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 700.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 9. April 2018 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Pfiffner 
 
Die Gerichtsschreiberin: Oswald 

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